Normen
KVG 1934 §2 Z2;
KVG 1934 §2 Z3 litb;
KVG 1934 §4;
KVG 1934 §2 Z2;
KVG 1934 §2 Z3 litb;
KVG 1934 §4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine GmbH & Co KG. Komplementär ist die deutsche Otto B GmbH. Als Kommanditisten waren bis zum 30. November 1988 Otto B. und Martin N. beteiligt; ab diesem Zeitpunkt hält die deutsche Otto B Handels-GmbH & Co (kurz:
OBH GmbH & Co) den Kommanditanteil.
Die Beschwerdeführerin erhielt von der deutschen Otto B Maschinenfabrik GmbH & Co KG (kurz: OBM GmbH & Co KG) auf Grund schuldrechtlicher Vereinbarungen, die jährlich abgeschlossen wurden, in den Jahren 1984, 1987 und 1988 Zuschüsse zur Verlustabdeckung in der Höhe von S 2.648,--, S 3,589.416,32 und S 4,136.661,72. Diese Vereinbarungen lauten auszugsweise:
"Die Devisenknappheit der Oststaaten ..., in denen die Otto B
Ges.m.b.H. & KG, Wien ... die Produkte der OBM GmbH & Co KG als
Eigenhändlerin vertreibt, läßt nicht erwarten, daß die
österreichische Vertriebsgesellschaft ... die laufenden Kosten
aus erwirtschafteten Erträgen wird decken können.
Die OBM GmbH & Co KG verpflichtet sich daher, der Otto B
Ges.m.b.H. & Co KG, Wien ... einen Zuschuß zu gewähren, der
ihren Verlust ... abdeckt."
An der OBM GmbH & Co KG sind als Komplementär die deutsche Otto B Verwaltungs-GmbH und als Kommanditisten Otto B. und Martin N. beteiligt. Am 1. Jänner 1988 übertrugen Otto B. und Martin N. ihre Kommanditanteile an die deutsche OBH GmbH & Co.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern setzte für die genannten Zuschüsse gemäß § 2 Z. 2 iVm § 4 KVG die Gesellschaftsteuer fest.
In der Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie vertreibe die Erzeugnisse der OBM GmbH & Co KG als Eigenhändlerin in Österreich sowie bestimmten benachbarten Staaten und sei verpflichtet, ihre Vertriebsbemühungen in diesen Ländern hinsichtlich Umfang und Intensität mit der "deutschen Firma" abzustimmen. Die ungünstige Absatzsituation in den Vertragsgebieten und die Devisenknappheit in den Oststaaten ließe keine Kostendeckung aus den erwirtschafteten Erträgen erwarten. Da die Erhaltung der Oststaaten als Absatzmarkt im Interesse der OBM GmbH & Co KG liege, decke diese die aus dem Vertrieb der Produkte resultierenden Verluste. Die Zuschüsse seien nicht als gesellschaftsteuerpflichtige Leistungen, sondern als nachträgliche Preisnachlässe einzustufen.
Nach Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes führte die Beschwerdeführerin im Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ergänzend aus, ihre Vertriebstätigkeit werde von der OBM GmbH & Co KG vorgegeben und werde nicht von Kostendeckungsgesichtspunkten bestimmt. Die langfristige Zielsetzung der deutschen Firma sei es, den Kunden auch bei schlechtem Geschäftsgang gleichbleibende Qualität zu bieten. Die Zuschüsse bzw. Preisnachlässe seien der Ersatz der Kosten für die vorgeschriebenen Vertriebshandlungen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde qualifizierte die Zuschüsse als Leistungen gemäß § 2 Z. 2 KVG, weil sich weder aus den Bilanzen, noch aus dem Berufungsvorbringen ein Hinweis ergebe, daß diese Zuschüsse auf einem Titel beruhten, der nicht im Gesellschaftsverhältnis begründet sei. Es fehle jeglicher Hinweis wie z.B. Leistungen aus Warenlieferungen vom ... , der darauf hindeute, daß es sich um Preisnachlässe handle. § 4 KVG sei verwirklicht, weil sowohl Otto B. und Martin N. als auch nach deren Ausscheiden die OBH GmbH & Co an der Beschwerdeführerin bzw. der OBM GmbH & Co KG beteiligt gewesen seien.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen diese Berufungsentscheidung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom 25. Februar 1992, B 1312/91-3, wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese mit Beschluß vom 14. Mai 1992, B 1312/91-5, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird von der Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf Gesellschaftsteuerfreiheit der Zuschüsse verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Z. 2 erster Satz KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer Leistungen, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden (Beispiele: weitere Einzahlungen, Nachschüsse, Zubußen).
Nach § 2 Z. 3 lit. b KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (Beispiele:
Verzicht auf Forderungen; Überlassung von Gegenständen an die Gesellschaft zu einer den Wert nicht erreichenden Gegenleistung; Übernahme von Gegenständen der Gesellschaft durch die Gesellschafter zu einer den Wert übersteigenden Gegenleistung).
Gemäß § 4 KVG wird die Steuerpflicht nicht dadurch ausgeschlossen, daß Leistungen (§ 2) nicht von Gesellschaftern bewirkt werden, sondern von Personenvereinigungen, an denen die Gesellschafter als Mitglieder oder Gesellschafter beteiligt sind.
Die streitgegenständliche Festsetzung der Gesellschaftsteuer wurde von der belangten Behörde auf § 2 Z. 2 KVG gestützt, weil weder aus den Bilanzen noch aus dem Berufungsvorbringen ersichtlich sei, daß die Zuschüsse auf einem Titel beruhten, der nicht im Gesellschaftsverhältnis begründet sei.
Voraussetzung für die Steuerpflicht nach § 2 Z. 2 KVG ist, daß die Leistung auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Erkenntnisse vom 21. Jänner 1982, 15/3649/80 und vom 26. Oktober 1959, 2463/58, VwSlg. Nr. 2101 F/1959) ist "eine im Gesellschaftsverhältnis begründete Verpflichtung" auch dann gegeben, wenn sie Ergebnis der auf der Gesellschafterstellung beruhenden tatsächlichen Herrschaftsmacht ist. Ausfluß einer solchen Herrschaftsmacht ist z.B. die Verlustübernahme im Rahmen eines Ergebnisabführungsvertrages. Im Beschwerdefall verpflichtete sich die OBM GmbH & Co KG jährlich, in jeweils getrennt abgeschlossenen Vereinbarungen, die Verluste der Beschwerdeführerin abzudecken. Den Verwaltungsakten ist weiters zu entnehmen, daß diese Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Vertriebstätigkeit der Beschwerdeführerin für Erzeugnisse der OBM GmbH & Co KG stehen. Aus diesen Sachverhaltselementen kann nicht ohne weitere Feststellungen geschlossen werden, daß die Zuschüsse ihre Grundlage in einer im Gesellschaftsverhältnis gegründeten Verpflichtung haben.
Gemäß § 2 Z. 3 lit. b iVm § 4 KVG unterliegen auch freiwillige Leistungen von Personenvereinigungen, an denen die Gesellschafter beteiligt sind, soweit sie den Wert der Gesellschaftsrechte erhöhen, der Gesellschaftsteuer.
Leistungen sind dann freiwillig, wenn sie weder auf einer
im Gesellschaftsvertrag noch auf einer im Gesetz begründeten Verpflichtung, sondern auf einem anderen Rechtsgrund beruhen. Als freiwillig sind vor allem alle Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt. Voraussetzung für die Steuerpflicht ist, daß der Vertrag freiwillig abgeschlossen wird. Zur Steuerpflicht führt jede Zuwendung eines Vermögensteiles durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird und die zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes verwendet wird (Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz, Kurzkommentar, Seite 61 f, Randzahlen 1 bis 1.2 samt Rechtsprechung).
Die Freiwilligkeit einer Kapitalzuführung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Kapitalzuführung in Erfüllung eines Vertrages erfolgte; allerdings ist Voraussetzung, daß der zu erfüllende Vertrag freiwillig abgeschlossen wurde (siehe die Nachweise bei Egly-Klenk, Gesellschaftsteuer-Kommentar4, 144, mit Bezugnahme auf Leistungen zwischen Schwestergesellschaften). Daß die hier gegenständlichen Vereinbarungen zur Verlustabdeckung nicht freiwillig eingegangen worden wären, wird aber nicht behauptet.
Voraussetzung für die Steuerpflicht gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG ist neben der Freiwilligkeit der Leistungen, die im Beschwerdefall im Hinblick auf das Fehlen gesetzlicher oder gesellschaftsvertraglicher Verpflichtungen zur Leistung der Zuschüsse gegeben ist, daß die Leistungen objektiv geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, 92/16/0065). Dies liegt insbesondere dann vor, wenn ein Gesellschafter bzw. eine Personenvereinigung gemäß § 4 KVG Leistungen zur Abdeckung von Verlusten erbringt, soweit diese Leistungen ohne Gegenleistungen erfolgen (siehe die hg. Erkenntnisse vom 24. Februar 1992, 91/15/0096 und vom 27. April 1987, 85/15/0192). Demnach unterliegen nicht der Steuer gemäß § 2 Z. 3 lit. b KVG Leistungen, die der Durchführung eines Austausches dienen oder als bloßer Ersatz für bestimmte Aufwendungen anzusehen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1993, 91/15/0056).
Die Beschwerdeführerin vermeint nun, die Zuschüsse basierten auf einem Leistungsaustausch, weil sie als Eigenhändlerin ihrer Vertriebsbemühungen mit der OBM GmbH & Co KG abstimmen müsse. Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, daß weder die Unterstützung der Vertriebsbemühungen noch das Vorbringen im Berufungsverfahren, es handle sich dabei um nachträgliche Preisnachlässe, einen Leistungsaustausch bzw. Aufwandersatz zwischen den beiden Gesellschaften aufzeigen. Wesensmerkmal eines Leistungsaustausches bzw. eines Aufwandsersatzes ist, daß sich konkrete und bestimmbare Leistungen gegenüberstehen. Wie jedoch schon aus den schriftlichen Vereinbarungen über die Zuschußgewährung ersichtlich ist, ersetzte die OBM GmbH & Co KG der Beschwerdeführerin ihre Verluste aus ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit. Die Abdeckung des Verlustes als Ergebnis einer wirtschaftlichen Gesamtgebarung begründet aber keinesfalls einen Leistungsaustausch.
Obwohl die belangte Behörde unzutreffend den Tatbestand des § 2 Z. 2 KVG anstelle des § 2 Z. 3 lit. b iVm § 4 KVG herangezogen hat, ändert sich an der Steuerpflicht im Ergebnis nichts. Sowohl im Fall des § 2 Z. 2 KVG als auch nach § 2 Z. 3 lit. b KVG wird die Steuer gemäß § 8 Z. 2 KVG bei Leistungen vom Wert der Leistung bemessen, sodaß durch die Anwendung des § 2 Z. 3 lit. b KVG anstelle des § 2 Z. 2 KVG auch keine Änderung des Steuermaßstabes eintritt.
§ 4 KVG enthält eine Zurechnungsvorschrift, mit deren Hilfe die Umgehung der Steuerpflicht auf Grund der Haupttatbestände (§ 2 KVG) verhindert werden soll. Denn die Steuerpflicht wäre bei den mannigfaltigen Zusammenschlußformen des Wirtschaftslebens leicht zu umgehen, wenn die Gesellschafter sich einer anderen Gesellschaft, auf die sie kraft ihrer Beteiligung Einfluß nehmen, für die Leistungen bedienten (vgl. VfGH 12. Oktober 1965, B 18/65, VfSlg. 5085/1965).
Zum Tatbestand des § 4 KVG gehört, daß die Gesellschafter an der Kapitalgesellschaft, die die Leistung erhält, und ZUGLEICH an der Personenvereinigung, die die Leistung erbringt, beteiligt sind. Gefordert wird in der Literatur auch, daß der Doppelgesellschafter über Vermögenswerte der gebenden Personenvereinigung - sei es, kraft erheblicher Beteiligung, sei es, kraft Organstellung - verfügen kann. Die Personenvereinigung kann eine Kapitalgesellschaft, aber etwa auch eine KG sein; an ihr müssen die Gesellschafter der (empfangenden) Kapitalgesellschaft rechtlich beteiligt sein (Brönner-Kamprad, Kommentar zum KVG4, 79).
Eine diesen Kriterien entsprechende Doppelgesellschafterstellung hatten Otto B. und Martin N. bis 1. Jänner 1988 jedenfalls inne, zumal sie, wie aus der Auskunft des Finanzamtes Kaufbeuren hervorgeht, gemeinsam eine 100%-Gewinnbeteiligung an der OBM GmbH & Co KG hielten. Für das Jahr 1988 und damit für den in diesem Jahr ausbezahlten, in der Bilanz zum 30. November 1988 ausgewiesenen Zuschuß kommt die Zurechnung gemäß § 4 KVG jedoch nicht in Betracht, weil - nach der Aktenlage - kein Gesellschafter zugleich an der Personenvereinigung und an der Kapitalgesellschaft beteiligt war. Die OBH GmbH & Co KG ist erst seit 30. November 1988 an Stelle von Otto B. und Martin N. getreten und seither Kommanditistin der Beschwerdeführerin und damit Doppelgesellschafterin.
Daher belastete die belangte Behörde, soweit sie den Zuschuß für 1988 in der Höhe von S 4,136.661,72 der Besteuerung unterzog, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, während hinsichtlich der vorangegangenen Zuschüsse die Steuerbarkeit zu bejahen ist.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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