VwGH 95/16/0259

VwGH95/16/025925.4.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des Tiroler Bodenbeschaffungsfonds in I, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 24. August 1995, Zl. 60.568-6/95, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1987 §3 Abs1 Z5;
ROG Tir 1994 §72;
GrEStG 1987 §3 Abs1 Z5;
ROG Tir 1994 §72;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 11. November 1994 errichteten die damalige Eigentümerin der Liegenschaft N, EZ nn1 GB nn2 Ried (landwirtschaftlich genutztes Grundstück Nr. nn3 mit einer Fläche von 7.934 m2) E und der Beschwerdeführer einen notariellen Kaufvertrag über die genannte Liegenschaft. Vereinbart wurde ein Kaufpreis von S 9,500.000,--, wobei der Beschwerdeführer als Käufer ua erklärte, das Grundstück iS der Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes sowie der Richtlinien des Tiroler Bodenbeschaffungsfonds zu übernehmen. Der Verkäuferin wurde bis auf weiteres die präkaristische Liegenschaftsnutzung zugestanden.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im folgenden kurz: FA) setzte für diesen Erwerbsvorgang mit Bescheid vom 22. Dezember 1994 Grunderwerbsteuer fest.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit dem Argument, der Rechtserwerb sei gemäß § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG 1987 von der Steuer befreit, weil er nur zu den im Tiroler Raumordnungsgesetz angeführten Zwecken erfolgt sei. In der Abgabenerklärung sei irrtümlicherweise eine Antragstellung auf Steuerbefreiung unterblieben. In weiterer Folge legte der Beschwerdeführer eine Ausfertigung des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde Ried i.Z. vom 25. Jänner 1995, Zl. 5/1995 vor, dessen Spruch folgenden Wortlaut hat:

"Der Bürgermeister der Gemeinde Ried i.Z. stellt gemäß § 56 AVG, § 46 TGO und § 72 Tiroler Raumordnungsgesetz 1994 fest, daß

-- die Erlassung der Verordnung zur Änderung des Flächenwidmungsplanes im Bereich der Grundstücke nn3, nn4, GB nn2 Ried,

-- die Erlassung der Verordnung für einen Bebauungsplan, -- der Erwerb des Grundstückes Nr. nn3 GB nn2 Ried durch den Bodenbeschaffungsfonds,

-- die Teilung (Parzellierung) der Fläche samt Ausscheidung

von Verkehrsflächen

in ihrer Gesamtheit eine behördliche Maßnahme zur besseren Gestaltung von Bauland nach den, für die bessere Gestaltung von Bauland geltenden Vorschriften, nämlich nach den Bestimmungen der §§ 55 ff, insbesondere § 60 Abs. 4, §§ 72 ff und §§ 93 ff TROG 1994, darstellen."

In der Bescheidbegründung wurde unter anderem ausgeführt, der Erwerb des Grundstückes sei nur zu den im Gesetz angeführten Zwecken erfolgt. Der Beschwerdeführer habe Kauf und Verwertung des Grundstückes anstelle der Gemeinde und in Koordination mit dieser abgewickelt.

Das Finanzamt erließ daraufhin eine abweisliche Berufungsvorentscheidung, wogegen der Beschwerdeführer fristgerecht die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte.

Anläßlich einer Besprechung vom 1. Juni 1995 überreichte der Geschäftsführer des Beschwerdeführers der belangten Behörde ua den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Februar 1995, Zl. Vel-546-923/10-2, womit dem Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Ried i.Z. vom 16. Jänner 1995 auf Änderung des Flächenwidmungsplans im Bereich der Gp(n) nn3 KG Ried (Umwidmung von Freiland in gemischtes Wohngebiet) die aufsichtsbehördliche Genehmigung erteilt wurde.

Am 9. Juni 1995 überreichte der Bürgermeister der Gemeinde Ried der belangten Behörde verschiedene Urkunden, und zwar ua:

mit freundlichen Grüßen"

"(1) Die Gemeinden haben als Träger von Privatrechten die Verwirklichung der Festlegung des örtlichen Raumordnungskonzeptes, insbesondere die Sicherung ausreichender Grundflächen für den Wohnbau und für gewerbliche und industrielle Zwecke, anzustreben. Zu diesem Zweck können die Gemeinden anläßlich der Widmung von Grundstücken oder der Erlassung oder Änderung des allgemeinen oder des ergänzenden Bebauungsplanes Verträge mit den betroffenen Grundeigentümern abschließen. Die Einhaltung der Verträge ist auf geeignete Weise sicherzustellen. Die Gemeinde hat die betroffenen Grundeigentümer gleich zu behandeln. Derartige Verträge können die Verpflichtung des Grundeigentümers vorsehen, die jeweiligen Grundflächen innerhalb einer angemessenen Frist einer bestimmten Verwendung zuzuführen. Weiters kann die Verpflichtung vorgesehen werden, Grundflächen der Gemeinde oder dem Bodenbeschaffungsfonds (§ 93) für einen bestimmten Zweck, insbesondere für den geförderten Wohnbau, zu überlassen. ..."

Nach der schon zur mit § 3 Abs. 1 Z. 5 GrEStG 1987 im wesentlichen gleichlautenden Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 5 GrEStG 1955 ergangenen (und damit auch weiterhin maßgeblichen) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht das Wesen einer Einwirkung durch behördliche Maßnahmen darin, daß derjenige, gegen den sich die Maßnahme richtet, keine Möglichkeit hat, ihr auszuweichen; insbesondere nicht dadurch, daß er sein Vorhaben aufgibt (vgl. dazu das bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 63 letzter Absatz zu § 3 EStG referierte hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. März 1964, Slg. Nr. 3053/F). Eine solche Maßnahme, der man sich nicht entziehen kann, wurde zB im hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1971, Zl. 1034/70 (siehe bei Fellner aaO. Rz 64 Abs. 2 zu § 3 EStG) für den Fall verneint, daß der Grundeigentümer selbst die Enteignung seines Grundstückes beantragt hat.

Im hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1973, Slg. Nr. 4505/F wurde ausgesprochen, daß es im Fall eines freiwillig abgechlossenen Kaufvertrages an einer Maßnahme iS des § 4 Abs. 1 Z. 5 GrEStG 1955 fehlte.

Schließlich lag dem hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1993, Zlen. 92/16/0120, 0121, 0122, ein Fall zugrunde, in dem der Erwerbsvorgang durch einen Tauschvertrag verwirklicht wurde. Dazu hatte die dort zuständige Abgabenbehörde erster Instanz in ihren Berufungsvorentscheidungen u.a. ausdrücklich betont, daß dann, wenn ein Grundstückseigentümer selbst den Übergang des Grundstückes durch Abschluß einer Vereinbarung veranlaßt, die Steuerbefreiung zu verneinen sei. Dies wurde in der Folge vom Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandet.

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur - von der abzugehen insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, daß das GrEStG 1987 in § 3 Abs. 1 Z. 5 (gegenüber dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Z. 5 GrEStG 1955) das Attribut "behördlich" ausdrücklich hervorhebt, keinerlei Anlaß besteht - ist im Beschwerdefall davon auszugehen, daß die seinerzeitige Grundeigentümerin schon im Jahr 1993 dahingehend initiativ wurde, eine Umwidmung zu erlangen, um die Liegenschaft durch Verkauf finanziell verwerten zu können. Dieses Vorhaben wurde schließlich mit dem einen Erwerbsvorgang iS des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 darstellenden Kaufvertrag vom 11. November 1994 realisiert.

Da dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt (der auch in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nicht bestritten wird) keinerlei Hinweis darauf zu entnehmen ist, daß die Grundeigentümerin seitens einer Behörde durch eine Maßnahme, der sie sich nicht hätte entziehen können, so unter Druck gesetzt wurde, daß es ihr nicht mit Erfolg möglich gewesen wäre, die Errichtung des in Rede stehenden Kaufvertrages zu verweigern, fehlt es auch im Beschwerdefall (so wie in den von der oben zitierten Rechtsprechung behandelten Fällen) zur Zeit der Verwirklichung des Erwerbsvorganges an der für den angestrebten Befreiungstatbestand erforderlichen Zwangsmaßnahme.

Daran vermochte auch der in der Folge am 25. Jänner 1995 ergangene Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Ried i.Z. zufolge des für Verkehrsteuern geltenden Grundsatzes, daß die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden kann (vgl. die bei Fellner aaO. Rz 14 Abs. 2 zu § 8 GrEStG referierte Judikatur), nichts mehr zu ändern, sodaß auf die Frage einer allfälligen Bindung der Abgabenbehörde an diesen Bescheid ebensowenig eingegangen werden muß, wie auf die auf § 33 Abs. 1 TirROG gestützten Beschwerdeausführungen.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit im Ergebnis als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Mit Rücksicht auf die durch die angeführte hg.

Rechtsprechung klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.

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