Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An der im Jahr 1982 gegründeten Beschwerdeführerin, einer das Speditionsgewerbe und die gewerbliche Beförderung mit Kraftfahrzeugen betreibenden GmbH mit einem Stammkapital von 500.000 S, war im Streitzeitraum die IT Company zu 100 % beteiligt. Die IT Company ist eine von der Islamischen Republik Iran betriebene Speditionsgesellschaft, deren Geschäfte von Bediensteten einer Sektion des Ministeriums für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran geleitet werden.
Um ihren Betrieb aufnehmen zu können, gewährte die IT Company der Beschwerdeführerin im Jahr 1982 ein zinsenloses Darlehen von 8 Mio S. In den Jahren 1983 bis 1985 gewährte die IT Company der Beschwerdeführerin ein weiteres, in Teilbeträgen zugezähltes zinsenloses Darlehen von 31,8 Mio S, um so den Ankauf einer Liegenschaft samt Halle finanzieren zu können. Bis zum Ablauf des Streitzeitraumes erfolgte keine Darlehenstilgung.
In den von der Beschwerdeführerin erstellten Bilanzen wurde das von der IT Company in den Jahren 1983 bis 1985 gewährte Darlehen von 31, 8 Mio S als nachrangiges Gesellschafterdarlehen bzw nur als Darlehen ausgewiesen. In den von der Beschwerdeführerin eingereichten Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens wurde das eben erwähnte Darlehen unter den Schulden ausgewiesen. Im Verfahren betreffend die devisenbehördliche Bewilligung für die Aufnahme eines Darlehens bezeichnete die Beschwerdeführerin stets die IT Company als Darlehensgeber. In ihrem Schreiben vom 15. Oktober 1984, in dem die österreichische Nationalbank um die devisenbehördliche Bewilligung für die Aufnahme eines Darlehens von der IT Company ersucht wurde, wies die Beschwerdeführerin darauf hin, es sei ihr nicht möglich, von österreichischen Banken ein Darlehen zu bekommen, das sie aus ihren Erträgen bedienen könnte. Die Erhöhung ihres Stammkapitals erscheine aus steuerlichen Gründen nicht zweckmäßig, weil das von der IT Company eingesetzte Kapital nach Maßgabe der von ihr erzielten Erträge in die Islamische Republik Iran zurückfließen solle. Eine Herabsetzung des Stammkapitals würde zu einer 20 %igen Belastung mit Kapitalertragsteuer führen. Unter Hinweis auf § 33 TP 8 Abs 4 GebG erklärte die Beschwerdeführerin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern, die IT Company habe ihr Darlehen von insgesamt 31,8 Mio S gewährt, wofür sie die Gebührenschuld bereits selbst berechnet und abgeführt habe. Im einzigen aktenkundigen Originalschreiben der IT Company vom 21. Februar 1986 betreffend die Nachrangigkeit des Gesellschafterdarlehens scheint als Briefkopf in großer Schrift "Islamic Republic of Iran" und darunter in normaler Schrift die Firma der IT Company auf.
In einem gemäß § 150 BAO erstatteten Bericht vertrat der Prüfer die Ansicht, der von der IT Company der Beschwerdeführerin gewährte Betrag von 31,8 Mio S sei nicht als Darlehen anzusehen, sondern stelle verdecktes Stammkapital dar. Es sei von vornherein klar gewesen, dass mit dem Mindeststammkapital der Betrieb der Beschwerdeführerin nicht geführt werden könne. Bereits kurz nach Gründung der Beschwerdeführerin habe die IT Company Mittel bereit stellen müssen, um überhaupt die Aufnahme des Betriebes der Beschwerdeführerin zu ermöglichen. Der von der IT Company gewährte Betrag von 31,8 Mio S überschreite das Stammkapital der Beschwerdeführerin um mehr als das Sechzigfache. Bei einer derartigen Relation werde nicht bloß ein vorübergehender Geldbedarf gedeckt, sondern in wirtschaftlicher Betrachtungsweise das Stammkapital aufgestockt. Wie sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin ergebe, hätte sie auf Grund ihrer Vermögenslage die von ihr zur Führung ihres Betriebes benötigten Mittel nicht fremd finanzieren können. Der von der IT Company der Beschwerdeführerin gewährte Betrag sei daher als verdecktes Stammkapital nicht bei der Feststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens als Schuld abzuziehen.
Das Finanzamt schloss sich den Ausführungen des Prüfers an und erließ prüfungskonforme Bescheide betreffend Einheitswert des Betriebsvermögens, wobei es zur Begründung auf den erstatteten Bericht verwies.
Im Berufungsverfahren führte die Beschwerdeführerin zunächst aus, es entspreche Lehre und Rechtsprechung, bei einem groben Missverhältnis zwischen Stammkapital und einem von einem Gesellschafter als Darlehen gewährten Betrag vom Vorliegen verdeckten Stammkapitals auszugehen. Im Gegensatz zur Annahme der Abgabenbehörde sei jedoch das Darlehen von 31,8 Mio S nicht von der IT Company, sondern vom Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran gewährt worden. Die IT Company sei lediglich auf Grund der komplexen iranischen Rechtslage und aus devisenrechtlichen Gründen beauftragt worden, das Darlehen zuzuzählen. Da das Darlehen somit nicht von der IT Company, sondern von einer mit ihr in keinen Rechtsbeziehungen stehenden Körperschaft gewährt worden sei, könne von einem verdeckten Stammkapital keine Rede sein. Zum Beweis der Richtigkeit ihrer Behauptungen legte die Beschwerdeführerin eine beglaubigte Übersetzung eines Schreibens des Ministeriums für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran vom 23. Dezember 1992 vor, in dem ihre Behauptungen als richtig bestätigt wurden.
In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Behauptung, das Darlehen von 31,8 Mio S sei nicht von der IT Company, sondern vom Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran gewährt worden, sei erstmals drei Monate nach Beginn des Berufungsverfahrens aufgestellt worden. Diese Behauptung widerspreche sowohl den bisherigen Erklärungen der Beschwerdeführerin als auch der Aktenlage. In freier Beweiswürdigung werde daher angenommen, das Darlehen von 31,8 Mio S sei der Beschwerdeführerin nicht vom Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran, sondern von der IT Company gewährt worden.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz behauptete die Beschwerdeführerin, ihr ehemaliger steuerlicher Vertreter habe sachverhaltswidrige Angaben gemacht, weswegen sie das Vollmachtsverhältnis beendet habe. Erst ihrem nunmehrigen steuerlichen Vertreter sei es gelungen, den richtigen Sachverhalt darzustellen. Da somit feststehe, dass nicht die IT Company, sondern das Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran ihr ein Darlehen gewährt habe, sei die Annahme, es liege verdecktes Stammkapital vor, rechtswidrig.
In der mündlichen Verhandlung wies der steuerliche Vertreter auf Vorhalt der Vorsitzenden, dass bis zum Berufungsverfahren stets behauptet worden sei, die IT Company habe der Beschwerdeführerin ein Darlehen gewährt, nochmals auf den Umstand hin, dass es erst ihm gelungen sei, den richtigen Sachverhalt darzustellen. Überdies rügte der steuerliche Vertreter, der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt niemals befragt worden. Der bei der mündlichen Verhandlung anwesende Geschäftsführer der Beschwerdeführerin äußerte sich überhaupt nicht.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zu dem Schluss gelangte, das Darlehen sei der Beschwerdeführerin nicht vom Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran, sondern von der IT Company gewährt worden. Die belangte Behörde sah dies auf Grund der Tatsachen, dass lange nach Abschluss der abgabenbehördlichen Prüfung erstmals behauptet worden sei, nicht die IT Company, sondern das Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran habe der Beschwerdeführerin das Darlehen gewährt, wobei das zur Richtigkeit dieser Behauptung in beglaubigter Übersetzung vorgelegte Schreiben des Ministeriums für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran ebenfalls lange nach Abschluss der abgabenbehördlichen Prüfung verfasst worden sei, dass in zahlreichen aktenkundigen Schriftstücken wiederholt von der "Aufnahme eines Darlehens bei der Muttergesellschaft IT Company" die Rede gewesen sei (es folgen mit den vorgelegten Administrativakten übereinstimmende Zitate), dass sich der ehemalige steuerliche Vertreter wohl nicht jahrelang in den von ihm erstellten Eingaben, Bilanzen und Abgabenerklärungen geirrt hätte und dass die Beschwerdeführerin in dem von ihr selbst verfassten Schreiben vom 15. Oktober 1984 an die österreichische Nationalbank ausdrücklich von einem Darlehen der IT Company gesprochen habe, wobei diese Vorgangsweise nach Auffassung der IT Company und der Beschwerdeführerin gewählt worden sei, um so zur abgabenrechtlich günstigsten Variante zu kommen, als erwiesen an.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Unter Wiederholung ihrer Ausführungen im Berufungsverfahren behauptet die Beschwerdeführerin, das Darlehen sei ihr nicht von der IT Company, sondern vom Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran gewährt worden, wobei sie rügt, die belangte Behörde habe die ihr obliegende Ermittlungspflicht verletzt, beantragte Beweise nicht aufgenommen und vorhandene Beweismittel unrichtig gewürdigt.
Mit diesen Ausführungen bekämpft die Beschwerdeführerin zunächst die Beweiswürdigung der belangten Behörde. Nach § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist. In den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zur ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl beispielsweise das hg Erkenntnis vom 7. August 2001, 95/14/0041).
Die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung hält der Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof stand. Die belangte Behörde hat auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse zu dem Schluss gelangen dürfen, das Darlehen von 31,8 Mio S sei der Beschwerdeführerin von der IT Company, nicht jedoch vom Ministerium für Straßen- und Transportwesen der Islamischen Republik Iran gewährt worden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, tritt die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörde bei Auslandssachverhalten gegenüber der Mitwirkungs- und Offenlegungspflicht der Partei zurück. Diesfalls besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei insbesondere bei der Schaffung und Beschaffung von Beweismitteln (vgl Ritz, Bundesabgabenordnung, Tz 10 zu § 115). Es wäre Sache der Beschwerdeführerin gewesen, bei dem von ihr im Nachhinein behaupteten Sachverhalt dementsprechend taugliche Beweismittel vorzulegen.
Zu den Ausführungen der Beschwerdeführerin, ihr ehemaliger steuerlicher Vertreter habe sachverhaltswidrige Angaben gemacht, genügt es darauf hinzuweisen, dass Erklärungen des Vollmachtnehmers als solche des Vollmachtgebers gelten und es überdies der Beschwerdeführerin frei gestanden ist, im eigenen Namen verbindliche Erklärungen abzugeben, was sie nach Ausweis der Verwaltungsakten auch getan hat (vgl beispielsweise die Erklärungen zur Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens und den Schriftverkehr mit der österreichischen Nationalbank).
Die Rüge der Beschwerdeführerin, von ihr beantragte Beweise seien nicht aufgenommen worden, ist aktenwidrig. Abgesehen davon, dass - wie bereits ausgeführt - es bei dem gegebenen Auslandssachverhalt Sache der Beschwerdeführerin gewesen wäre, Unterlagen über die IT Company vorzulegen, hat sie weder beantragt, die belangte Behörde möge Bilanzen der IT Company in beglaubigter Übersetzung anfordern, noch die Einvernahme ihres ehemaligen steuerlichen Vertreters verlangt. Auch in der mündlichen Verhandlung hat der anwesende Geschäftsführer der Beschwerdeführerin keinen Beweisantrag gestellt. Vielmehr hat sich der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin überhaupt nicht geäußert.
Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften durch die belangte Behörde liegt somit nicht vor. Ob bei dem von der belangten Behöre in einem mängelfreien Verfahren festgestellten Sachverhalt überhaupt verdecktes Stammkapital vorgelegen ist, war nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr 501/2001.
Wien, am 25. April 2002
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