Normen
AVG §45 Abs2;
FinStrG §98 Abs3;
VStG §45 Abs1 Z1;
AVG §45 Abs2;
FinStrG §98 Abs3;
VStG §45 Abs1 Z1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt für den
1. Bezirk in Wien wurde der Beschwerdeführer, ein ehemaliger Universitätsassistent, schuldig erkannt, unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht dadurch, daß er die von ihm in den Jahren 1984 bis 1988 bezogenen Honorare aus einer Gutachtertätigkeit nicht offenlegte, Verkürzungen von Umsatzsteuer und Einkommensteuer in Höhe von insgesamt S 629.098,-- bewirkt und damit das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 200.000,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in Dauer von 40 Tagen verhängt. Die Finanzstrafbehörde nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an: Der Beschwerdeführer sei bei Prof. Walter K., Wirtschaftstreuhänder in L., als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen; darüber hinaus habe er "auf Werkvertragsbasis" für die Prof. Walter K. zuzurechnende Wirtschaftstreuhandgesellschaft T. GmbH gearbeitet. Der Beschwerdeführer habe weder Umsatz- noch Einkommensteuererklärungen abgegeben. Im Jahre 1984 habe der Beschwerdeführer auf diese Weise Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von S 161.896,-- (brutto) und solche aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von S 225.590,-- brutto (= S 180.000,-- netto) bezogen.
In den folgenden Jahren habe der Beschwerdeführer aus nichtselbständiger Arbeit nachstehende Bruttoeinkünfte bezogen:
1985: S 176.976,-- (netto: S 98.260,--),
1986: S 99.696,-- (netto: S 42.140,--),
1987: S 94.056,-- (netto: S 50.310,--) und
1988: S 102.816,-- (netto: S 56.074,--).
Für seine Tätigkeit (bei der T. GmbH) habe der
Beschwerdeführer folgende Bruttobeträge erhalten:
1985: S 154.400,-- (netto: S 120.000,--),
1986: S 340.800,-- (netto: S 284.000,--),
1987: S 321.900,-- (netto: S 268.250,--) und
1988: S 288.960,-- (netto: S 240.800,--).
Überdies seien dem Beschwerdeführer in den Jahren
1986 S 492,12
1987 S 13.000,-- und
1988 S 36.345,83
für selbständige Tätigkeit von W., von zwei Steuerberatungsgesellschaften, von einem Rechtsanwalt und von einem Wirtschaftstreuhänder ausbezahlt worden.
Vom Beschwerdeführer sei vorgebracht worden, er habe im Jahre 1984 Subhonorare an 48 Studenten, die hinsichtlich Judikatur und Literatur Vorarbeit geleistet hätten, in der Gesamthöhe von brutto S 197.040,-- ausbezahlt. Für die Jahre 1985 bis 1988 seien die Honorare nicht ihm, sondern dem "Institut für experimentelle und angewandte Steuerrechtswissenschaft" "für das Aufsuchen, Zusammenstellen und Kopieren von Literatur- und Judikaturstellen" zugestanden; diese Honorare hätten die Institutsmitarbeiter, nämlich Studenten für das Auffinden, Ausheben, Sortieren, Zusammenstellen etc. von Judikatur- und Literaturstellen in Wien an der Universitätsbibliothek erhalten.
Dieses Vorbringen - das von den Abgabenbehörden hinsichtlich sämtlicher vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Personen in einem äußerst aufwendig geführten Verfahren überprüft worden ist - hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz als nicht den Tatsachen entsprechend erachtet. Hinsichtlich des Jahres 1984 habe nicht eine einzige Person ausfindig gemacht werden können, die den Erhalt eines Honorars durch den Beschwerdeführer habe bestätigen können. Zur Weitergabe der Honorare an ein "Institut für experimentelle und angewandte Steuerrechtswissenschaft, Universität Wien" - ein solches Institut existiert an der Universität Wien nicht - wurde in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ausgeführt, daß von den drei Proponenten des als Verein gedachten Institutes nur der Beschwerdeführer selbst existent sei. Die vom Beschwerdeführer (als Vereinsgründer bezeichneten) weiteren Personen Dr. Martha F. und Dr. Hans B. seien nicht aufzufinden gewesen, wobei auch die angegebenen Anschriften dieser Personen nicht existierten. Im gesamten Abgaben- und Strafverfahren habe kein Nachweis dafür erbracht werden können, daß das Institut eine Tätigkeit entfaltet habe. Die vorgelegten "Mitarbeiterrechnungen" für die Jahre 1985 bis 1988 enthielten teils nicht existierende Adressen, teils unbekannte Personen, teils solche Personen, die zwar existierten, aber bestritten, vom Beschwerdeführer oder vom Institut jemals Honorare erhalten zu haben. Die dazu angestellten Ermittlungen des Finanzamtes und der Berufungsbehörde (im Abgabenverfahren) seien ausführlich und zielführend gewesen. Sie hätten ergeben, daß der Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Honorare nicht an die von ihm bezeichneten Personen weitergeleitet habe. Trotz "eines geradezu ungeheuerlichen Aufwandes" sei nicht eine einzige Person ausfindig gemacht worden, die vom Beschwerdeführer ein Subhonorar erhalten habe.
Hinsichtlich der subjektiven Tatseite ging die Finanzstrafbehörde erster Instanz davon aus, daß aus dem festgestellten Verhalten des Beschwerdeführers zwingend auf einen Hinterziehungsvorsatz zu schließen sei. Die Unterlassung der Abgabe der Steuererklärungen und in der Folge die Geltendmachung von erfundenen Durchlaufposten zeige, daß der Beschwerdeführer vorgehabt habe, sich Einkünfte trotz bestehender Steuerpflicht unversteuert zuzueignen.
In der gegen das Straferkenntnis eingebrachten Berufung machte der Beschwerdeführer der Finanzstrafbehörde eine "gesetzwidrige Unterschlagung und Vertuschung aller entlastenden Beweismittel" und "der gegen die Sachverhaltsannahmen der Abgabenbehörde vorgebrachten Einwendungen" zum Vorwurf. Hinsichtlich der als Gründer des vorgenannten Institutes bezeichneten Personen Dr. B. und Dr. F. wurde insbesondere vorgebracht, die beiden Personen hätten sich dem Beschwerdeführer gegenüber mit Ausweisen legitimiert, aus denen ihre Namen und ihre Anschriften hervorgegangen seien. Auch wenn Anschriften und Universitätszugehörigkeit dieser Personen nicht gestimmt hätten, so hätten doch zwei natürliche Personen existieren müssen, mit denen der Beschwerdeführer in Kontakt gewesen sei und das Institut gegründet habe, die ihn aber über ihre Anschriften und über ihre wahre Identität getäuscht hätten. Hinsichtlich der Personen, die dem Beschwerdeführer bzw. dem Institut Rechnungen über Literatur- und Judikaturaushebung gelegt hätten, habe die Finanzstrafbehörde einfach übergangen, daß der Beschwerdeführer alleine ohne Mitarbeiter die Literatur- und Judikaturaushebung "vom ungeheuren Umfang her" gar nicht hätte bewältigen können, daß eigenhändige Unterschriften natürlicher Personen auf jeder einzelnen Rechnung aufschienen, daß einleuchtende Gründe dafür vorliegen, wenn ein und dieselbe Person unter jeweils anderem Namen zwei, drei oder mehrere Rechnungen unterschrieben habe, daß die Identität jedes einzelnen Mitarbeiters vom Beschwerdeführer genau überprüft worden sei, daß eine Täuschung des Beschwerdeführers bei dieser Identitätsprüfung nicht nur durch gefälschte Ausweise, sondern auch durch echte, jedoch auf andere Personen ausgestellte Ausweise hätte erfolgen können. Die natürlichen Personen hätten den Beschwerdeführer aus Angst vor Verlust ihrer Stipendien und Familienbeihilfen über ihre wahre Identität getäuscht, und zwar in 111 Fällen mittels gefälschter bzw. manipulierter Ausweispapiere, die jedoch auf andere Personen als die sich damit ausweisenden "Studenten" ausgestellt worden seien.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe - bei unverändertem Ausmaß der Ersatzfreiheitsstrafe - auf S 150.000,-- herabgesetzt, die Berufung im übrigen aber abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, es treffe nicht zu, daß die Finanzstrafbehörde die den Beschwerdeführer entlastenden Urkunden nicht berücksichtigt habe. Vielmehr habe sie diesen wohl begründet die Beweiskraft abgesprochen. Es wäre durchaus vorstellbar, daß einzelne Personen, deren Unterschriften auf Quittungen aufscheinen und die auch ausgeforscht wurden, zu Unrecht bestritten, vom Beschwerdeführer Subhonorare erhalten zu haben. Dies sei vor allem bei Leuten durchaus verständlich, die nicht nur vom Beschuldigten, sondern auch von anderer Seite Honorare bezogen hätten und damit steuerpflichtig geworden wären. Unvorstellbar sei aber, daß diese Voraussetzungen bei allen jenen Personen zugetroffen hätten, die ausgeforscht wurden und den Erhalt der in den vorgelegten Rechnungen ausgewiesenen Beträge betritten hätten. Noch viel weniger vorstellbar sei aber, daß in jenen 111 Fällen, in denen der Aussteller der Urkunden nicht ausgeforscht werden konnte, der Beschwerdeführer von den Empfängern der Gelder durch Vorlage verfälschter Ausweise getäuscht worden wäre. Eine solche Täuschung wäre in Einzelfällen denkbar, nicht aber in dieser Gesamtheit. Desgleichen sei unvorstellbar, daß der Beschwerdeführer in den von ihm erwähnten 134 Fällen unverfälschte Ausweispapiere von den Empfängern der Gelder vorgelegt erhalten hätte, die aber nicht auf die Empfänger, sondern auf andere Personen lauteten, ohne daß der Beschwerdeführer auch nur in einem dieser Fälle die Täuschung bemerkt hätte. Eine Beweiswürdigung, die nicht am einzelnen Beweismoment haften bleibe, sondern auch den inneren Zusammenhang der Beweismittel im Auge behalte und auf das Prüfungsziel aus sei, wie sich denn das Ganze sinnvoll erklären lasse, könne nur zu jenem Schluß kommen, daß der Beschwerdeführer lediglich vorgegeben habe, Subhonorare ausbezahlt zu haben, dies aber tatsächlich nicht getan habe.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache erwiesen ist oder nicht; bleiben Zweifel bestehen, so darf die Tatsache nicht zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten als erwiesen angenommen werden.
Es obliegt dem Verwaltungsgerichtshof in den Fällen, in denen die Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangte, insbesondere zu prüfen, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen sind. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle eines angefochtenen Bescheides beinhaltet also insbesondere die Aufgabe zu überprüfen, ob die bei der Beweiswürdigung angestellten Überlegungen der belangten Behörde schlüssig sind, das heißt, ob sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen.
Ausgangspunkt für die von der belangten Behörde vorgenommene, vom Beschwerdeführer bekämpfte Beweiswürdigung und damit tragend für den angefochtenen Bescheid ist der Umstand, daß in keinem einzigen von hunderten behaupteten Einzelfällen die Leistung eines Subhonorars seitens des Beschwerdeführers oder des von ihm behaupteten "Instituts für experimentelle und angewandte Steuerrechtswissenschaft, Universität Wien" erwiesen werden konnte, obgleich die Abgabenbehörden der Aktenlage nach allen diesen Behauptungen einzeln nachgegangen sind. Wenn die belangte Behörde auf Grund des zutreffend als maßgeblich erachteten inneren Gesamtzusammenhanges im Ergebnis zu der Auffassung gelangte, daß die vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptungen über die Auszahlung von Subhonoraren nicht der Wahrheit entsprochen haben, so steht diese Schlußfolgerung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut im Einklang. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß sämtliche seinen Behauptungen nach beauftragten Personen ihn bei der von ihm behaupteten Identitätskontrolle mit verfälschten oder auch unverfälschten Ausweispapieren in Irrtum geführt hätten, ist dermaßen unwahrscheinlich, daß eine bewußt wahrheitswidrige Darstellung des Sachverhaltes durch den Beschwerdeführer offen zu Tage tritt.
Auch aus der im letzten Halbsatz des § 98 Abs. 3 FinStrG enthaltenen Beweisregel ist bei dieser Sachlage für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Nur wenn nach Durchführung der Beweise trotz eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" die Einstellung des Verfahrens zu erfolgen (vgl. die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 1989, 88/03/0116, 0117). Demgegenüber hat die belangte Behörde in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen jeden Zweifel an der Schuld des Beschwerdeführers ausgeschlossen (verbis: "... nur zu jenem Schluß kommen kann, zu dem der Spruchsenat gekommen ist ..."), sodaß die Anwendung des letzten Halbsatzes des § 98 Abs. 3 FinStrG im Beschwerdefall nicht in Betracht kam.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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