VwGH 95/11/0345

VwGH95/11/034515.12.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des G in P, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 22. September 1995, Zl. 739.277/3-2.7/95, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwRallg;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z1;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
AVG §37;
AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 lita;
VwRallg;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z1;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich: Der im Jahr 1966 geborene Beschwerdeführer wurde zuletzt am 19. September 1994 einer Stellung unterzogen und für tauglich befunden. Mit Antrag vom selben Tag begehrte er eine befristete Befreiung von der Präsenzdienstpflicht bis 31. Dezember 1996; er begründete seinen Antrag mit der Unabkömmlichkeit von seinem Betrieb und - im Berufungsverfahren auch mit - der Pflegebedürftigkeit seines Vaters.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 19. September 1994 gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 (WG) können taugliche Wehrpflichtige von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes auf ihren Antrag befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Vorauszuschicken ist, daß in der Beschwerde mehrfach als belangte Behörde der Bundesminister für Inneres genannt ist. Diese Unrichtigkeiten schaden aber nicht, weil die belangte Behörde im Hinblick auf ihre Bezeichnung (§ 28 Abs. 1 Z. 2 VwGG) auf Seite 1 des Beschwerdeschriftsatzes, der Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes (§ 28 Abs. 1 Z. 1 VwGG) auf Seite 2 sowie im Hinblick auf die Vorlage des angefochtenen Bescheides (§ 28 Abs. 5 VwGG) hinlänglich feststeht, sodaß die Nennung des Bundesministers für Inneres nur auf offenkundige Schreibfehler zurückgeht.

Die belangte Behörde anerkannte das Vorliegen wirtschaftlicher und familiärer Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung von der Präsenzdienstpflicht. Sie verneinte aber deren besondere Rücksichtswürdigkeit.

1. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, im angefochtenen Bescheid sei davon die Rede, daß im erstinstanzlichen Bescheid (des Militärkommandos Oberösterreich vom 31. Jänner 1995) der schlechte Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers nicht als Befreiungsgrund anerkannt worden sei. Dies sei aktenwidrig, weil im erstinstanzlichen Bescheid davon überhaupt keine Rede sei. Ein diesbezügliches Vorbringen habe er erst in seiner Berufung gegen diesen Bescheid erstattet.

Damit vermag er nicht darzutun, daß er durch den 3ngefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt wäre. Die belangte Behörde setzt sich im angefochtenen Bescheid mit der Frage auseinander, ob im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers besonders rücksichtswürdige Interessen des Letzteren angenommen werden können. Sie geht damit auf entsprechendes Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren ein. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Beschwerdeführer dieses Vorbringen erst im Stadium des Berufungsverfahrens erstattet und ob die belangte Behörde allenfalls die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides unrichtig wiedergegeben hat. Selbst wenn das betreffende Beschwerdevorbringen zuträfe, wäre daraus keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid anzunehmen.

2. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG durch die Erstbehörde rügt, ist ihm zu erwidern, daß eine solche Pflicht nur in Ansehung der Verfahrensrechte, nicht aber auch in der Richtung besteht, daß die Partei zu einem Vorbringen verhalten wird, welches geeignet ist, ein von ihr gewünschtes Verfahrensergebnis herbeizuführen. Davon abgesehen sind Verfahrensfehler der Erstbehörde grundsätzlich nicht geeignet, eine die Aufhebung des angefochtenen (Berufungs-)Bescheides nach sich ziehende Rechtswidrigkeit des Letzteren darzutun. Im übrigen ist das Unterbleiben von Feststellungen zum Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers durch die Erstbehörde für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb ohne Bedeutung, weil der Beschwerdeführer seinem eigenen Vorbringen nach im erstinstanzlichen Verfahren nichts dergleichen vorgebracht hat.

3. Soweit der Beschwerdeführer Verfahrens- und Inhaltsmängel rügt, weil gesamtwirtschaftliche Interessen an seiner Befreiung bestünden, ist ihm zu entgegnen, daß dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war.

Gesamtwirtschaftliche Interessen sind gemäß § 36a Abs. 1 Z. 1 WG von Amts wegen wahrzunehmen, auf ihre Berücksichtigung besteht kein Rechtsanspruch. Gegenstand des Verfahrens waren demgemäß nur die vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren geltend gemachten privaten (wirtschaftlichen und familiären) Interessen im Sinne des § 36a Abs. 1 Z. 2 WG.

4. Wenn der Beschwerdeführer "die Ansicht teilt", daß die berufliche Tätigkeit der Geschwister des Beschwerdeführers die Unterstützung des Vaters erschwere, aber nicht unmöglich mache und daß dies bei entsprechender Disposition auch zumutbar und wirksam wäre, so ist es für den Verwaltungsgerichtshof unverständlich, wieso darin ein wesentlicher Verfahrensmangel gelegen sein soll, daß der Vater des Beschwerdeführers nicht einvernommen worden sei. Abgesehen davon, daß in der Beschwerde nicht ausgeführt wird, was die unterbliebene Einvernahme hätte erbringen können, ist festzuhalten, daß es auf "Wünsche", bzw. "Präferenzen" des Pflegebedürftigen nicht ankommt; m.a.W. kann der Wunsch (die Präferenz), vom betreffenden Wehrpflichtigen betreut zu werden, für sich noch keinen Befreiungsgrund begründen.

5. Im Zusammenhang mit der ihm im angefochtenen Bescheid vorgehaltenen Verletzung der Harmonisierungspflicht durch Gründung seines Unternehmens im Jahre 1991 - zu einer Zeit, da ihm der Antritt des Präsenzdienstes zum Zwecke des Abschlusses eines Hochschulstudiums aufgeschoben war - versucht der Beschwerdeführer darzutun, daß diese Entscheidung und die in der Folge herbeigeführte Erweiterung des Unternehmens zu dem Zweck erfolgt seien, um seine Präsenzdienstleistung nach dem 31. Dezember 1996 erst zu ermöglichen. Dieses Beschwerdevorbringen ist unschlüssig. Der Beschwerdeführer selbst gesteht nämlich damit ein, daß er durch die in Rede stehenden unternehmerischen Dispositionen seine Präsenzdienstleistung zumindest zunächst (vorübergehend) unmöglich gemacht und damit im Ergebnis wesentlich erschwert hat. Damit konnte die belangte Behörde in der Sache in Ansehung des Unternehmens des Beschwerdeführers sehr wohl eine Verletzung der Harmonisierungspflicht annehmen.

Der Gesundheitszustand des Vaters des Beschwerdeführers hat in diesem Zusammenhang - bei Beurteilung des Vorliegens wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers - außer Betracht zu bleiben.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den - zur hg. Zl. AW 95/11/0150 protokollierten - Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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