VwGH 95/11/0179

VwGH95/11/017914.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des Ludwig G in W, vertreten durch Dr. Mag. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 24. März 1995, Zl. 734.226/19-2.7/94, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
AVG §37;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1994 auf - gänzliche - Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990, BGBl. Nr. 305, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 690/1992 (WG), abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß der Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 3. August 1994 gemäß § 36a Abs. 1 Z. 1 und Abs. 4 WG auf seine Anregung hin von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes wegen festgestellter gesamtwirtschaftlicher Interessen von Amts wegen bis einschließlich 31. Dezember 1996 befristet befreit wurde. Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 26. Mai 1994 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes abgewiesen. Die belangte Behörde anerkannte nach der Begründung des angefochtenen Bescheides das Vorliegen wirtschaftlicher und familiärer Interessen des Beschwerdeführers, verneinte jedoch deren besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne des Wehrgesetzes. Dem Beschwerdeführer sei insgesamt viermal, zuletzt bis 15. August 1992 der Antritt des ordentlichen Präsenzdienstes zum Zwecke seines Hochschulstudiums aufgeschoben worden. Der Beschwerdeführer halte 50 % der Anteile am Stammkapital der Firma "Ludwig G GesmbH" seit 20. Juli 1990 und 10 % der Gesellschaftsanteile der Firma "L. G und Sohn GesmbH", welche Beteiligung er am 4. Oktober 1993 übernommen habe. Bereits auf Grund des Ergebnisses seiner Stellung am 19. Februar 1982, jedenfalls aber innerhalb der Zeit der gewährten Aufschübe, habe der Beschwerdeführer zur Kenntnis nehmen müssen, daß er seinen ordentlichen Präsenzdienst werde ableisten müssen. Wenn er nun die angeführten Beteiligungen eingegangen und geschäftsführender Gesellschafter geworden und insbesondere im zweitgenannten Unternehmen unabkömmlich sei, sei dies die Folge der Verletzung der der ihn treffenden Harmonisierungspflicht. Er und sein inzwischen verstorbener Vater hätten jedenfalls dafür Sorge tragen müssen, durch geeignete Maßnahmen die Ableistung des Grundwehrdienstes zu ermöglichen. Konkrete Hinweise, welche Versuche sein Vater bzw. der Beschwerdeführer unternommen hätten, daß eine Vertretung gewährleistet wäre, habe der Beschwerdeführer nicht dargetan. Die besondere Rücksichtswürdigkeit seiner wirtschaftlichen Interessen sei daher auszuschließen. Was die von ihm behaupteten familiären Interessen anlange, habe sich zwar ergeben, daß die Mutter des Beschwerdeführers mehrere - näher bezeichnete - organische Leiden aufweise, es sei aber zu berücksichtigen, daß nicht nur der Beschwerdeführer zur Sorge für seine Mutter berufen sei, sondern auch seine beiden Schwestern Dorothea Alexandra und Belinda, wobei die belangte Behörde auch berücksichtigte, daß die erstgenannte Schwester infolge ihrer längerdauernden Berufsausbildung im Ausland mittelfristig nicht zur Verfügung stehe. Für eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Mutter über den Befreiungszeitraum hinaus bestünden keine Anhaltspunkte. Es seien auch die familiären Interessen des Beschwerdeführers nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne des Wehrgesetzes.

Der Beschwerdeführer wendet dagegen im wesentlichen ein, daß die Ludwig G GesmbH keine nennenswerte Geschäftstätigkeit ausübe und seine Beteiligung daran nicht von Relevanz sei. Seine faktische Verknüpfung mit dem hundertjährigen Familienunternehmen L. G und Sohn GesmbH resultiere aus dem Umstand, daß er der einzige Sohn in der Familie des letzten Alleininhabers gewesen sei, und aus seinem "von Haus aus vorgegebenen" und ohne sein Zutun erfolgenden "Hineinwachsen" in dieses Unternehmen. Als er seine Tätigkeit für dieses Unternehmen im Jahre 1980 begonnen habe, sei dies noch vor seiner Stellung gewesen, sodaß er keine Veranlassung gehabt habe, Vorkehrungen für eine spätere Präsenzdienstpflicht zu treffen. Abgesehen davon, daß die Behörde zu Unrecht auf eine Dispositionspflicht des Vaters abstelle, weil keine "Sippenhaftung" bestehe, habe die belangte Behörde auch nicht berücksichtigt, daß er vorgebracht und Zeugen dafür namhaft gemacht habe, daß "während der vergangenen zumindest 10 Jahre durchaus permanent versucht wurde, in Erfüllung der diesbezüglichen Dispositionspflicht einen entsprechend qualifizierten Vertreter zu rekrutieren oder firmenintern aufzubauen, daß dies aber aus Gründen, die außerhalb der Einflußphäre meiner Angehörigen oder mir liegen, nicht erfolgreich war". Zu den familiären Interessen habe die belangte Behörde nicht berücksichtigt, daß seine Schwester Belinda im Burgenland den Haushalt ihrer eigenen Familie einschließlich eines Kindes führe und seine Schwester Dorothea Alexandra sich für eine längerdauernde Berufsausbildung im Ausland aufhalte und daher der Beschwerdeführer es sei, der seiner Mutter die laufende Betreuung und Obsorge, die sie benötige, zukommen lasse.

Gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 WG können Wehrpflichtige auf ihren Antrag von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Mehrmals, zuletzt bis 15. August 1992, war dem Beschwerdeführer der Antritt des ordentlichen Präsenzdienstes zum Zwecke des Abschlusses seines Hochschulstudiums aufgeschoben worden. Dabei wurde der Beschwerdeführer auch darauf hingewiesen, daß er anschließend mit seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes zu rechnen habe. Der Beschwerdeführer verweist insbesondere auf seine Unabkömmlichkeit an der "L. G und Sohn Gesellschaft mbH". Die belangte Behörde hat unbekämpft festgestellt, daß der Beschwerdeführer die zehnprozentige Beteiligung hieran am 4. Oktober 1993 eingegangen ist. Wenn der Beschwerdeführer somit für das Unternehmen seines Vaters eine Tätigkeit bereits ab 1980 im gegebenen Zusammenhang ins Treffen führt, vermag ihm dies nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil er EIGENE wirtschaftliche Interessen erst ab dem Zeitpunkt geltend machen kann, an dem er selbst am Unternehmen beteiligt ist. Dies erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem er längst wissen mußte, daß er den Grundwehrdienst ableisten muß. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1994, Zl. 93/11/0258, mit weiterem Judikaturhinweis), hat der Wehrpflichtige die Planung und Gestaltung seiner privaten und wirtschaftlichen (beruflichen) Angelegenheiten im Interesse einer Harmonisierung mit der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes so vorzunehmen, daß für den Fall seiner Einberufung vorhersehbare Schwierigkeiten vermieden oder möglichst verringert, nicht aber vergrößert oder gar erst geschaffen werden. Im übrigen ist in diesem Zusammenhang auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1992, Zl. 92/11/0113) zu verweisen, wonach - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - auch die Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend macht, ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des Wehrpflichten einzurichten haben. Sie haben so zu disponieren, daß der Wehrpflichtige während der Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht ausreichend vertreten werden kann.

Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zu dem Ergebnis gelangte, daß der Beschwerdeführer diesbezügliche Bemühungen nicht konkretisiert hat. Er hat sich zwar bereits im Verwaltungsverfahren darauf bezogen, daß er vergeblich eine Vertretung gesucht habe, er hat dies jedoch nicht hinreichend konkretisiert. Auch das vorgelegte Schreiben der Wirtschaftskammer Wien vom 10. Juni 1994, in dem u.a. ausgeführt wird, daß es "nicht möglich sein dürfte", einen Angestellten zu finden oder auszubilden, der in der Lage sei, ein Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten interimistisch zu führen, läßt keinen KONKRETEN Hinderungsgrund erkennen. Schließlich stellt der Beschwerdeführer auch in seiner Beschwerde keine konkreten Behauptungen auf, welchen Versuch er unternommen habe, um für eine Vertretung während der Ableistung seines Präsenzdienstes zu sorgen, sodaß auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels durch Nichtvernehmung von Zeugen nicht erkennbar ist.

Was die familiären Interessen des Beschwerdeführers anlangt, hat die belangte Behörde mit Recht darauf verwiesen, daß alle Familienmitglieder gemeinsam dazu verhalten sind, für das unterstützungsbedürftige Familienmitglied zu sorgen, damit auch die Schwestern des Beschwerdeführers. Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweist, daß die eine Schwester im Burgenland mit ihrer eigenen Familie wohne und die andere Schwester sich zur Berufsausbildung im Ausland aufhalte, läßt er unberücksichtigt, daß er bis 31. Dezember 1996 befristet von der Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes befreit ist und aus seinen Behauptungen sich keinerlei Anhaltspunkt dafür ergibt, daß seine derzeit im Ausland studierende Schwester nicht in der Lage sein werde, zumindest danach insoweit für die Mutter zu sorgen, daß der Beschwerdeführer seinen Grundwehrdienst ableisten kann. Auf Grund der ärztlichen Bestätigungschreiben vom 17. Juni 1994 und vom 28. Juni 1994 wie auch der Äußerung des Truppenarztes vom 20. Juli 1994 ist ersichtlich, daß es für den Gesundheitszustand der Mutter des Beschwerdeführers wohl förderlich wäre, wenn sich ein naher Angehöriger in ihrer Nähe befände. Es ist daraus jedoch keineswegs ersichtlich, daß ansonsten lebenswichtige Interessen der Mutter gefährdet wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 93/11/0014). Es besteht auch kein Anhaltspunkt, daß nicht zumindest kurzfristig mit dem Beiziehen einer Pflegeperson das Auslangen gefunden werden könnte. Daß es dem Beschwerdeführer unmöglich oder unzumutbar wäre, eine derartige Pflegeperson zu beschäftigen, ist nicht ersichtlich.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die wirtschaftlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers als nicht besonders rücksichtswürdig im Sinne des Wehrgesetzes beurteilt hat.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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