VwGH 95/11/0038

VwGH95/11/003827.4.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des P in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 9. Dezember 1994, Zl. 757.137/1-2.7/94, betreffend Befreiung von der Präsenzdienstpflicht, zu Recht erkannt:

Normen

WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;
WehrG 1990 §36a Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des im Jahre 1972 geborenen Beschwerdeführers vom 24. Jänner 1994 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 in der Fassung BGBl. Nr. 690/1992 abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Dem Beschwerdeführer war mit Bescheid der Erstbehörde, des Militärkommandos Oberösterreich, vom 22. Dezember 1993 ein Aufschub des Antrittes des Grundwehrdienstes bis 31. März 1994 gewährt worden, damit er seine Ausbildung zum Berufspiloten abschließen könne. Dem war ein - der Aktenlage nach nicht bescheidmäßig erledigter - Antrag vom 3. Juni 1993 auf Aufschub bis zum Ende seines Studiums an der Wirtschaftsuniversität Wien vorausgegangen.

In seinem Befreiungsantrag vom 24. Jänner 1994 machte der Beschwerdeführer geltend, daß sich der Gesundheitszustand seines im Jahre 1911 geborenen Vaters stark verschlechtert habe, sodaß er gezwungen sei, im elterlichen Betrieb - einer in der Textilerzeugung tätigen Gesellschaft m.b.H. - mitzuarbeiten. Sein Vater sei zwar schon seit zwei Jahren in Pension (lt. Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft bezog er im Jahre 1992 eine Alterspension in der Höhe von rund S 32.000,-- monatlich), kümmere sich jedoch weiterhin um den technischen und kaufmännischen Bereich. Es sei erforderlich, daß ihm von seinem Vater dessen Erfahrung und Wissen nähergebracht würden. Könnte dies infolge seiner Abwesenheit vom Betrieb nicht geschehen, drohe die "Entlassung" der meisten Arbeitnehmer, "wenn nicht sogar die totale Schließung des Betriebes".

In seiner Berufung gegen den Erstbescheid vom 21. Oktober 1994 ergänzte der Beschwerdeführer dieses Vorbringen. Er brachte vor, daß die Einstellung eines EDV-Fachmannes und eines Chemikers, die im Falle seiner Präsenzdienstleistung notwendig würden, aus finanziellen Gründen und aus Gründen der Wahrung von Betriebsgeheimnissen ("Rezepten") nicht möglich sei. Diese - nicht schriftlich festgehaltenen - "Rezepte" müßten nunmehr "mit Hochdruck" an ihn weitergegeben werden, damit das "Know-how" des Unternehmens nicht verloren gehe.

Gemäß § 36a Abs. 1 Z. 2 des Wehrgesetzes 1990 können taugliche Wehrpflichtige von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes auf ihren Antrag befreit werden, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Vorauszuschicken ist, daß Gegenstand des angefochtenen Bescheides nur das Vorliegen von Interessen des Beschwerdeführers an seiner Befreiung sein konnte. Interessen dritter Personen, insbesondere von Arbeitnehmern des elterlichen Unternehmens, sowie öffentliche Interessen hatten außer Betracht zu bleiben.

Die belangte Behörde verneinte zu Recht das Vorliegen wirtschaftlicher Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Wehrgesetzes an seiner Befreiung. Daran ändert auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte in Aussicht genommene Übernahme des Unternehmens durch ihn nichts (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1990, Slg. Nr. 13261/A); dasselbe gilt für die Behauptung, er würde mit dem Untergang des elterlichen Unternehmens seine eigene wirtschaftliche Existenz verlieren, da er in dieser Hinsicht wie jeder Arbeitnehmer gestellt ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1990, Zl. 90/11/0064).

Die belangte Behörde anerkannte das Vorliegen familiärer Interessen des Beschwerdeführers, verneinte jedoch deren besondere Rücksichtswürdigkeit. Auch darin ist sie in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, da von solchen Interessen nur dann die Rede sein kann, wenn der unterstützungsbedürftige Familienangehörige durch die präsenzdienstbedingte Abwesenheit des Wehrpflichtigen in lebenswichtigen Belangen gefährdet wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1987, Zl. 87/11/0094). Davon kann nach den Feststellungen der belangten Behörde keine Rede sein, und zwar weder hinsichtlich der wirtschaftlichen (Mitarbeit des Beschwerdeführers im Unternehmen) noch hinsichtlich der persönlichen Komponente (Betreuung des alten und kranken Vaters durch den Beschwerdeführer). Zutreffend weist die belangte Behörde auf die nicht geringe Altersversorgung des Vaters hin, die ihm den Lebensunterhalt - und zwar unabhängig vom Bestand des Unternehmens - sichert.

Die vom Beschwerdeführer behauptete Notwendigkeit seiner Mitarbeit im Unternehmen berührt somit weder seine eigenen wirtschaftlichen Interessen im Sinne des Gesetzes noch begründet sie die besondere Rücksichtswürdigkeit seiner familiären Interessen an der Unterstützung seines Vaters.

Bemerkt wird, daß in den Eingaben des Beschwerdeführers an die Militärbehörden bis rund einen Monat vor seinem Befreiungsantrag von der Unterstützungsbedürftigkeit seines Vaters keine Rede war; in seinem Aufschiebungsantrag vom Dezember 1993 hatte der Beschwerdeführer vielmehr die Absicht und den Wunsch geäußert, den Grundwehrdienst vom April 1994 an zu leisten, um sodann seine Pilotenausbildung fortsetzen zu können. In seinem Befreiungsantrag führte er auch aus, daß er die Pilotenausbildung neben seiner Mitarbeit fortsetze. Die belangte Behörde schließt in diesem Zusammenhang zutreffend daraus, daß die Behauptung der plötzlichen Unabkömmlichkeit des Beschwerdeführers von dem Unternehmen im Ergebnis nicht als schlüssig zu werten ist.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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