Normen
BauRallg;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs3;
BauRallg;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 22. August 1989 wurde dem Beschwerdeführer die Errichtung einer Garage mit Hebebühne für private Zwecke samt Geräteraum, Heiz- und Tankraum bewilligt.
Mit Bescheid vom 18. Mai 1994 wurde dem Beschwerdeführer die gewerbebehördliche Genehmigung zur Nutzung dieses Bauobjektes als Kfz-Werkstätte erteilt.
Mit Antrag vom 14. März 1994 hatte der Beschwerdeführer auch die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Betrieb einer Kfz-Werkstätte im bestehenden Garagengebäude beantragt. Der Antrag bezog sich auf das aufgrund der Bewilligung vom 22. August 1989 errichtete Gebäude und eine Kfz-Werkstätte ohne Lackiererei und ohne Spenglerei.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. September 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend führte der Bürgermeister aus, daß gemäß § 14 Abs. 3 (Vorarlberger) Raumplanungsgesetz Wohngebiete Gebiete seien, die für Wohngebäude bestimmt seien. Andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürften in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie den kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienten und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner mit sich bringe. Der Beschwerdeführer stütze seine Argumentation, die von ihm geplante Kfz-Werkstätte ohne Spenglerei und Lackiererei diene den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes, auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1979, Zl. 2439/77. In diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof eine Garage mit darauf abgestimmter Kfz-Werkstätte als den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Einwohner eines Wohngebietes dienend angesehen. Dazu sei zu bemerken, daß der § 3 Abs. 2 Z 1 lit. a des Steiermärkischen Gesetzes über die Flächennutzungs- und Bebauungspläne 1964 Garagen und "Betriebe aller Art, soweit sie keine den Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen", als Gebäude, die den im Gesetz angeführten Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes dienen, angeführt habe. Aus dem Erkenntnis ergebe sich (wie auch aus dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Erkenntnis vom 17. November 1983, Zl. 82/06/0114), daß der Umstand, daß die fragliche Werkstätte Teil eines widmungsrechtlich ex lege zulässigen Garagenbetriebes gewesen sei, für den Ausgang des Verfahrens eine wesentliche Rolle gespielt habe. Dieser wesentliche Umstand treffe im vorliegenden Fall nicht zu.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 14 Abs. 3 Raumplanungsgesetz gehörten zu den Anlagen, die den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienen, vor allem Einrichtungen der Nahversorgung. Dazu sei aber eine Kfz-Werkstätte nicht bestimmt. Ihre Leistungen würden nur von einzelnen Bewohnern eines Gebietes und auch nicht regelmäßig, sondern nur in größeren Zeitabständen beansprucht. Der Betrieb einer Kfz-Werkstätte sei vielmehr von vornherein darauf angelegt, einen weitaus größeren Kundenkreis zu betreuen, als dies die "Einwohner eines Gebietes" im Sinne des § 14 Abs. 3 RPG darstellten. Es sei damit davon auszugehen, daß eine Kfz-Werkstätte nicht den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dient.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung gegen diesen Bescheid.
Mit Bescheid vom 22. Dezember 1994 der Berufungskommission der mitbeteiligten Stadtgemeinde wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Begründend wird in diesem Bescheid insbesondere ausgeführt, daß sich aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. November 1983, Zl. 82/06/0114, ergebe, daß eine Kfz-Werkstätte, (auch) verbunden mit einer Garage, ein im "reinen Wohngebiet" im Sinne des § 23 Abs. 4 lit. a Steiermärkisches Raumordnungsgesetz unzulässiger Betrieb sei.
Wie im erstinstanzlichen Bescheid zutreffend festgestellt worden sei, sei davon auszugehen, daß eine Kfz-Werkstätte nicht den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Einwohner des betreffenden Wohngebietes diene. Die Errichtung einer solchen Werkstätte sei daher unabhängig davon, ob ihre ordnungsgemäße Benützung Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner mit sich bringe oder nicht, widmungsrechtlich unzulässig. Die in § 14 Abs. 3 zweiter Satz RPG genannten Voraussetzungen müßten kumulativ vorliegen. Die von der Bezirksverwaltungsbehörde erteilte gewerberechtliche Bewilligung sei für das gegenständliche Verfahren nicht von Relevanz.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde diese Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde aus, daß die Berufungsbehörde richtig erkannt habe, daß ein Betrieb, der in einem als Wohngebiet gewidmeten Gebiet errichtet werden solle, selbst wenn er keine Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner mit sich bringe, nur dann zulässig sei, wenn er den kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes diene. Daß schon diese Voraussetzung für den gegenständlichen Betrieb einer Kfz-Werkstätte nicht zutreffe, hätten die Baubehörden im Verwaltungsverfahren hinreichend dargelegt. Zu den Anlagen, die den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienten, zählten vor allem die Einrichtungen der Nahversorgung. Dazu sei aber eine Kfz-Werkstätte nicht bestimmt.
Zu dem vom Beschwerdeführer genannten hg. Erkenntnis vom 25. April 1979, Zl. 2439/77, wird die Argumentation der Behörde erster Instanz wiederholt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung im Recht auf Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 23 Abs. 1 lit. h iVm § 31 des Vorarlberger Baugesetzes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Abweisung der Vorstellung des Beschwerdeführers darauf gestützt, daß eine Kfz-Werkstätte nicht den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes diene.
§ 14 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973, in der Fassung LGBl. Nr. 31/1985, lautet:
"(3) Wohngebiete sind Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind. Andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie den kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner mit sich bringt. Unter den gleichen Voraussetzungen dürfen in Wohngebieten dem Fremdenverkehr dienende Gebäude und Anlagen errichtet werden."
Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß die in § 14 Abs. 3 RPG normierten Voraussetzungen, einerseits bestimmten Interessen zu dienen, andererseits nicht die näher genannten Belästigungen oder Gefahren hervorzurufen, kumulativ vorliegen müssen.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Kfz-Werkstätte den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner des Wohngebietes dient, kann der belangten Behörde jedoch nicht gefolgt werden.
Zunächst ist festzuhalten, daß die Behörde erster Instanz, deren Argumentation die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid übernimmt, die vom Beschwerdeführer genannten hg. Erkenntnisse insofern mißverstanden hat, als die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. April 1979, Zlen. 2439/77 und 295/78, zu beurteilende Rechtslage nach dem Steiermärkischen Gesetz über die Flächennutzungs- und Bebauungspläne 1964 sich nicht in der von der belangten Behörde angenommenen Weise von § 14 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz unterscheidet. Gemäß § 3 Abs. 2 Z 1 lit. a des genannten Gesetzes konnten in Wohngebieten auch Gebäude errichtet werden, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes dienen (z.B. Verwaltungsgebäude, Schulgebäude, Kirchen, Krankenanstalten, Kindergärten, Garagen, Geschäfte, Gasthäuser und Betriebe aller Art, soweit sie keine dem Wohncharakter des Gebietes widersprechenden Belästigungen der Bewohnerschaft verursachen). Die beispielsweise Nennung einzelner Anlagen (so auch von Garagen) bedeutet nicht, daß diese Anlagen schon ex lege in jedem Fall im Wohngebiet nach der genannten Gesetzesstelle zulässig gewesen wären (Garagen waren nicht in jeder Größe ohne weitere Prüfung als zulässig anzusehen, man denke an Park & Ride-Anlagen, darüber hinaus war in der Aufzählung die im damaligen Beschwerdefall und auch im vorliegenden Beschwerdefall zu beurteilende Betriebstype der Kfz-Werkstatt nicht enthalten). Es trifft daher weder zu, daß nach dieser Vorschrift die in der Aufzählung genannten Betriebe generell zulässig gewesen wären, noch gar, daß demnach eine Kfz-Werkstätte schon ex lege für zulässig erklärt gewesen wäre. Die Voraussetzung, den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes zu dienen, mußten auch die nach § 3 Abs. 2 Z 1 lit a des zitierten Gesetzes aus 1964 zulässigen Betriebe erfüllen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorliegen dieser Voraussetzung für die verfahrensgegenständliche Garage samt darauf abgestimmter Werkstätte im Erkenntnis vom 25. April 1979 ausdrücklich bejaht.
Der Grund, weshalb im Folgeerkenntnis im damaligen Verfahren (hg. Erkenntnis vom 17. November 1983, Zl. 82/06/0114) die damals gegenständliche Kfz-Werkstätte als unzulässig qualifiziert wurde, lag insbesondere darin, daß für das Gebiet, in dem die Anlage errichtet werden sollte, mittlerweile in einem aufgrund einer zulässigerweise verhängten Bausperre im fortgesetzten Verfahren maßgeblichen Entwurf eines Flächenwidmungsplanes die Widmung "reines Wohngebiet" vorgesehen worden war. Der Verwaltungsgerichtshof setzt sich in dem genannten Erkenntnis ausdrücklich mit dem Unterschied der Widmungen nach § 23 Abs. 4 lit. a und lit. b Stmk. ROG 1974 auseinander und kommt zu dem Schluß, daß eine Kfz-Werkstätte nicht den täglichen Bedürfnissen der Bewohner diene. Daß eine Kfz-Werkstätte aber auch nicht den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner dient, wird damit nicht ausgesagt. Im Gegenteil ergibt sich wie ausgeführt aus dem Vorerkenntnis zu jenem Beschwerdefall, dem Erkenntnis vom 25. April 1979, Zlen. 2439/77, 295/78, daß der Verwaltungsgerichtshof diese Eignung einer mit einer Garage zusammenhängenden und auf diese abgestimmte Kfz-Werkstätte ohne Spenglerei und ohne Lackiererei bejaht hat.
Nach der im Beschwerdefall, der dem Erkenntnis 82/06/0114 zugrunde lag, maßgeblichen Umschreibung mußte ein Betrieb somit den "täglichen Bedürfnissen der Bewohner" dienen. Wenn die belangte Behörde sich daher auf dieses Erkenntnis beruft, übersieht sie, daß die Rechtslage nach § 14 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz sich wesentlich von der im damaligen Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof zu beurteilenden Rechtslage unterscheidet.
Da gemäß § 14 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz nicht darauf abzustellen ist, ob der zu bewilligende Betrieb den täglichen Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dient, spielt der Umstand, daß die Dienste einer Kfz-Werkstätte von den Bewohnern nicht regelmäßig in Anspruch genommen werden müssen, keine ausschlaggebende Rolle. Auch der Umstand, daß ein Betrieb nicht nur von den Bewohnern eines Gebietes frequentiert wird, spielt bei der Beurteilung, ob der Betrieb den Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dient, keine ausschlaggebende Rolle. In diesem Zusammenhang ist etwa auf das hg. Erkenntnis vom 17. November 1994, Zl. 93/06/0246, zu § 14 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz zu verweisen. In diesem Erkenntnis qualifizierte der Verwaltungsgerichtshof eine Pizzeria mit dem Schwergewicht des Verkaufes über die Gasse als den Versorgungsbedürfnissen der dort lebenden Bevölkerung dienend (der Verwaltungsgerichtshof ging davon aus, daß daher die Frage, ob ein "nicht störender Kleinbetrieb" im Sinne des § 14 Abs. 4 Vorarlberger Raumplanungsgesetz vorliege, im Beschwerdefall nicht mehr zu prüfen war).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht keinen Grund, von der im mehrfach genannten Erkenntnis zur Steiermärkischen Rechtslage geäußerten Auffassung, daß auch eine Kfz-Werkstätte den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bewohner des Gebietes dienen kann, abzugehen. Inwiefern beim gegebenen Motorisierungsgrad der Bevölkerung Serviceleistungen im Zusammenhang mit dem Kfz nicht den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bevölkerung und damit den Bewohnern eines Wohngebietes dienen sollte, ist nicht ersichtlich.
Die von der belangten Behörde ergänzend herangezogenen Überlegungen, daß der Kundenkreis einer Kfz-Werkstätte über das jeweilige Wohngebiet hinausginge, sind nach dem Vorgesagten bei der Entscheidung des Falles insofern nicht von Relevanz, als die allfällige Inanspruchnahme der Einrichtung, die nicht von Haus aus auf die Versorgung eines größeren Kreises als der Bevölkerung des Gebietes ausgelegt ist, durch auswärtige Kunden bei einer Kfz-Werkstätte der vorliegenden Größenordnung ebensowenig zu schaden vermag wie bei einer Pizzeria.
Ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht hat es die belangte Behörde (auf der Grundlage ihrer Rechtsauffassung folgerichtig) unterlassen, die Frage zu prüfen, ob von der beantragten Betriebsanlage unzulässige Auswirkungen im Sinne des § 14 Abs. 3 RPG ausgehen (vgl. das oben genannte hg. Erkenntnis vom 25. April 1979, 2439/77, 295/78).
Die belangte Behörde hätte als Vorstellungsbehörde den insoweit gegebenen Feststellungs- und Begründungsmangel des bei ihr bekämpften Gemeindebescheides wahrnehmen müssen. Darin, daß sie dies nicht getan hat, bzw. in dem Umstand, daß sie (wozu die belangte Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt gewesen wäre) zu dieser Frage ausgehend von ihrer verfehlten Rechtsansicht keine eigenen Sachverhaltsfeststellungen getroffen bzw. keine ausreichende Begründung gegeben hat, liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die angesprochene Umsatzsteuer für den Schriftsatzaufwand, da die Pauschalsätze der genannten Verordnung die Umsatzsteuer bereits enthalten.
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