VwGH 95/05/0047

VwGH95/05/004719.1.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde

1. der Ingrid Fak und 2. des Rudolf Fak, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Gerald Göbel, Rechtsanwalt in Wien I, Weihburggasse 9, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Jänner 1995, Zl. R/1-V-93249/00, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Himberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z1;
BauRallg;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1999:1995050047.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Niederösterreich insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Marktgemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Velm vom 1. Oktober 1970 wurde J. und M.K., den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführer, die Baubewilligung für die Errichtung einer Badehütte mit einer Fläche von 49,6 m2 (gemäß dem Einreichplan) bzw. von 49 m2 (gemäß der Baubeschreibung) und einer 14,4 m2 großen, nach drei Seiten offenen überdachten Terrasse am Kienersee, Baulos 44, Grundstück Nr. 362/1 (gemeint wohl: 362/5), EZ 161, KG Velm, unter Vorschreibungen erteilt. Dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Am 13. September 1973 fand auf Grund des Ansuchens des J. und der M.K. um Erteilung der Benützungsbewilligung eine Verhandlung statt; in der Niederschrift wurde diese Verhandlung als "Bauverhandlung" bezeichnet. In dieser Verhandlung wurde ausgeführt:

"An Planabweichungen, die in einem gemäß § 94 der NÖ. Bauordnung nachträglich zur Kenntnis genommen werden, wurde festgestellt:

...

3. Nächst der südlichen Seite des Badehauses wurde eine offene Pergola hergestellt.

Die Baulichkeit wurde, wie bescheidgemäß bedungen, in gekuppelter Bauweise an der nördlichen Grundgrenze errichtet.

..."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 11. Oktober 1973 wurde J. und M.K. die begehrte Bewohnungs- und Benützungsbewilligung erteilt. Die beglaubigte Abschrift der Verhandlungsniederschrift vom 13. September 1973 wurde zum wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Im Jahre 1990 wurde das gegenständliche Grundstück an die

Beschwerdeführer verkauft.

Aufgrund einer Anzeige fand am 4. März 1993 eine mündliche

Verhandlung "zur Überprüfung der Einhaltung der

Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Himberg" bzw. "der

Verbauungsvorschrift der ehemaligen Gemeinde Velm vom

6. November 1969" auf dem gegenständlichen Baulos statt. In dieser

Verhandlung wurde festgestellt:

"Die mit Bescheid vom 01.10.1970, Zahl 338/70 baubehördlich genehmigte 'Badehütte' wurde insoferne nicht plangemäß ausgeführt, als im Inneren eine andere Raumaufteilung vorgenommen und die überdachte Terrasse seeseitig mit einem Raumabschluß versehen wurde. Damit ist die verbaute Fläche größer als das maximal zulässige Maß von 49 m2. Für das gegenständliche Bauvorhaben gelten die Verbauungsvorschriften vom Jahre 1969. Die Beheizung erfolgt über einen Ölofen, und einen Festbrennstoffofen. Gemäß den Verbauungsvorschriften ist jedoch eine Festbrennstoffheizung untersagt. Die zulässige Bauhöhe darf max. 3,00 m betragen.

Es ist eine Bauhöhe von 3,70 m vorhanden. Weiters wurden im linken Bauwich ein Nebengebäude (Einstellraum mit Sauna) im Ausmaß von 3,95 x 7,65 m, eine Holzhütte an der linken Parzellengrenze im Ausmaß von 3,15 x 1,20 und eine überdachte Holzlage (Brennstofflager) im Ausmaß von 5,00 x 1,00 m errichtet. Unter der Holzlage wird Brennholz und diverse Gartengeräte gelagert. Das Nebengebäude ist mit einer Verbindungsmauer mit der Badehütte verbunden.

Gemäß den rechtskräftigen Verbauungsvorschriften dürfen Nebenobjekte auf den Baulosen nicht errichtet werden. Das Badehaus besitzt ein Außenmaß von 10,65 x 6,40 m. Die Terrasse am Seeufer besitzt eine Tiefe von ca. 4,00 und eine Länge von 10 m. Die Terrasse, die mit Waschbetonplatten befestigt ist, überragt das Seeufer um ca. 1,60 m. In den See führt eine Betonstiege, die mit einem einseitigen Stahlrohrgeländer versehen ist. An der Straßengrundgrenze ist eine Einfriedung vorhanden. Eine baubehördliche Bewilligung für die Uferverbauung und die Einfriedung liegt nicht vor.

Gutachten:

Das Bauvorhaben 'Badebungalow' ist nicht plangemäß ausgeführt. Eine nachträgliche Genehmigung ist aufgrund der Größe des Objektes und der Bauhöhe nicht möglich. Ebenso ist eine baubehördliche Genehmigung für die Nebenobjekte und die uferseitige Verbauung im Hinblick auf die Verbauungsvorschriften nicht möglich. Es ist daher der Abbruch der bestehenden Baulichkeiten unter Festsetzung einer angemessenen Frist zu veranlassen. Als angemessene Frist kann ein Zeitraum von einem halben Jahr angesehen werden. Baubehördlich genehmigungsfähig ist die straßenseitige Einfriedung. Hiefür sind Planunterlagen und Baubeschreibungen vorzulegen."

Die Verhandlungsteilnehmer (u.a. die Beschwerdeführer) nahmen das Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis.

Jeweils mit Bescheiden des Vizebürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 4. August 1993 wurde den Beschwerdeführern "gemäß § 109 Abs. 3, § 109 Abs. 4 und § 113 Abs. 2 Zif. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976. LGBl. 8200-0 in der derzeit gültigen Fassung" der Auftrag erteilt, die in den See ragende Betonstiege samt einseitigem Stahlrohrgeländer sowie das Nebengebäude im Ausmaß von 3,95 m x 7,65 m, welche ohne baubehördliche Bewilligung errichtet worden seien, bis zum 4. Februar 1993 (später berichtigt auf 4. Februar 1994) zu entfernen. In der Begründung wurde u.a. folgendes ausgeführt:

"Gemäß Punkt 6.7.5. der Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Himberg sind alle Überragungen über die vordere Stützmauer des Uferverbaues in Form von Platten, schwimmenden Stegen, Stufen und dergleichen, nicht gestattet. Sie haben im Bereich Ihres Uferverbaues eine Stiege mit Stahlrohrhandlauf in den See errichtet. Diese Bauweise entspricht nicht den geltenden Bebauungsvorschriften.

Gemäß Punkt 6.5.1. der Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Himberg darf die bebaute Fläche eines Badehauses nicht mehr als 49 m2 betragen. Sämtliche Überdachungen von Vorplätzen, Loggien, Innenhöfen und dergleichen, werden der bebauten Fläche zugeschlagen und sind im maximalen Ausmaß der zulässigen bebauten Fläche (49 m2) unterzubringen. In Ihrem Fall wurde ein Nebengebäude, welches als Sauna und Einstellraum in Verwendung ist, mit einem Gesamtausmaß von 30,22 m2 errichtet. Sie haben damit das erlaubte Höchstmaß überschritten. Gemäß Pkt. 6.5.7. der Bebauungsvorschriften der Marktgemeinde Himberg wäre lediglich ein Gartengerätehäuschen bzw-Abstellraum in einem Ausmaß von maximal 6 m2 verbauter Fläche im seitlichen oder hinteren (seeseitigen) Bereich gestattet. Da Sie jedoch bereits ein solches Gebäude auf Ihrer Liegenschaft errichtet haben (Holzhütte), mußte der Abbruchauftrag erteilt werden."

Jeweils mit weiteren Bescheiden des Vizebürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 4. August 1993 wurde den Beschwerdeführern der Auftrag erteilt, für andere Abweichungen vom Konsens unter Vorlage von entsprechenden Plänen und Baubeschreibungen um die nachträgliche baubehördliche Bewilligung anzusuchen bzw. eine Bauanzeige zu erstatten.

Gegen die Bescheide vom 4. August 1993, mit welchen den Beschwerdeführern der Auftrag zur Entfernung der Betonstiege samt Stahlrohrgeländer und des Nebengebäudes erteilt worden war, erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Soweit es sich bei den zu entfernenden Bauteilen um Planabweichungen gehandelt habe, seien diese in der "Bauverhandlung" vom 13. September 1973 samt der nachfolgenden Benützungsbewilligung genehmigt worden. Das in den Bescheiden genannte Nebengebäude sei identisch mit der Pergola. Als die "Bauverhandlung vom 13. September 1973" durchgeführt und in der Folge die Benützungsbewilligung erteilt worden sei, sei die Pergola noch nach zwei Seiten offen gewesen; an der dritten Seite habe sie unmittelbar an die Hausmauer angeschlossen, was auch heute noch der Fall sei. Die vordere, direkt an das Haus anschließende Wand sei bereits damals gemauert und durch den auch heute noch bestehenden Rundbogeneingang unterbrochen gewesen. An den beiden anderen Seiten befänden sich insgesamt acht Steher. Die gesamte Pergola sei mit Holzlatten oben gedeckt gewesen. Die beiden nicht durchgehend zugemauerten Wände, an denen sich lediglich die Steher befunden hätten, seien 1983 zugemauert worden. Diese Maßnahme sei zumindest nach der Auffassung des damaligen Grundeigentümers baubehördlich nicht bewilligungspflichtig gewesen, weil die Grundkonstruktion genehmigt gewesen sei. Die nachträgliche Baubewilligung beziehe sich nicht nur auf die in der Niederschrift über die Bauverhandlung vom 13. September 1973 ausdrücklich erwähnten Planabweichungen, sondern auf den gesamten vorhandenen Baubestand, sofern er für die Kommissionsmitglieder erkennbar gewesen und diesen nicht verheimlicht worden sei. Weder im Zeitpunkt des Baues der Stiege und der halb offenen Pergola im Jahre 1970 noch im Zeitpunkt der Ergänzung der Pergola durch Schließung der beiden Seitenwände im Jahre 1983 habe es einen Bebauungsplan gegeben. Die Betonstiege samt Stahlrohrgeländer sei im Jahre 1970 nicht bewilligungspflichtig gewesen.

Jeweils mit Bescheiden vom 13. Oktober 1993 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde dieser Berufung keine Folge. Diese - den Beschwerdeführern am 21. Oktober 1993 zugestellten - Bescheide wurden im wesentlichen auf § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 gestützt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Vorstellungen der Beschwerdeführer gegen die Bescheide des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. Oktober 1993 (sowohl die gegenständlichen Abbruchaufträge als auch Aufträge zur Antragstellung betreffend) keine Folge. Für die in den See führende Betonstiege bzw. das Nebengebäude im Ausmaß von 3,95 x 7,65 m sei nie eine Baubewilligung erteilt worden. Gegenstand des Benützungsbewilligungsverfahrens sei ausschließlich das 1970 bewilligte Badehaus gewesen. Auch 1974 (gemeint wohl: 1973) sei die Baubehörde lediglich berechtigt gewesen, gemäß § 111 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1968 die Benützungsbewilligung bei geringfügigen Abweichungen unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen. Aus einer Benützungsbewilligung könne kein Recht auf die Belassung eines der Bauordnung oder dem Baukonsens nicht entsprechenden Zustandes abgeleitet werden. Die Betonstiege sei im Errichtungszeitpunkt gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 der NÖ Bauordnung 1968 bewilligungspflichtig gewesen. Eine Bewilligungspflicht nach dieser Bestimmung komme nicht nur dann in Betracht, wenn für den Bauplatz Bebauungsbestimmungen existierten. Aufgrund der nunmehr geltenden Bebauungsbestimmungen seien alle Überragungen der vorderen Stützmauer in Form von Platten, schwimmenden Stegen u.dgl. nicht gestattet, sodaß eine Baubewilligung für die Errichtung der Betonstiege heute nicht erteilt werden dürfte. Daß die Erteilung früher möglich gewesen wäre, könne nichts daran ändern. Ferner dürfe die verbaute Fläche des Badehauses nicht mehr als 49 m2 betragen, sodaß der gegenständliche Raum ebenfalls nicht bewilligt werden dürfte. Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ Bauordnung 1976 seien somit vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer insoweit Beschwerde, als mit ihm ihren Vorstellungen gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. Oktober 1993 betreffend den Entfernungsauftrag keine Folge gegeben worden war.

Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Beibehaltung des derzeitigen Bauzustandes auf ihrem Grundstück dadurch beschwert, daß die belangte Behörde zu Unrecht erkannt habe, daß die Betonstiege samt Stahlrohrgeländer und das "Nebengebäude" abzubrechen seien; die genannten Gebäudeteile seien rechtmäßig errichtet. Weiters erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Durchführung eines vollständigen Beweisverfahrens dadurch beschwert, daß die von den Beschwerdeführern zum Beweis über den Ablauf der seinerzeitigen Bauverhandlungen angeführten Zeugen nicht gehört wurden. Die Beschwerdeführer begehren die Aufhebung des angefochtene Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 113 Abs. 2 Z. 3 der NÖ Bauordnung 1976, LGBl. 8200-0 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-9 (im folgenden: BO 1976), lautet:

"...

(2) Die Baubehörde hat den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn

3. für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und

a) die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist oder

b) der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat."

Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a BO 1976 setzt voraus, daß das den Gegenstand des Verfahrens bildende Bauwerk sowohl im Zeitpunkt seiner Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist. Für die Klärung der Frage, ob die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung im Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages möglich ist, ist die in diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage maßgeblich (hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1998, Zl. 97/05/0325, ergangen zu § 49

OÖ Bauordnung 1994, mit einem weiteren Nachweis).

Ein den Gegenstand des Abtragungsauftrages bildendes

Nebengebäude wurde in der Verhandlungsschrift vom 13. September 1973 nicht genannt; damals hat sich - wie der Verhandlungsschrift zu entnehmen ist - (an dieser Stelle) eine offene Pergola befunden. Erst in der Verhandlungsschrift vom 4. März 1993 ist das Nebengebäude angeführt.

Die Beschwerdeführer führen in der Beschwerde aus, daß 1983 von den Vorbesitzern die Seitenwände der Pergola geschlossen worden seien, ohne daß diesbezüglich eine Bauanzeige erfolgt oder eine Baubewilligung beantragt worden wäre.

Selbst wenn man davon ausginge, daß für die offene Pergola in der Verhandlung am 13. September 1973 eine Baubewilligung erteilt wurde, ändert dies nichts an der Konsenslosigkeit des - einen Einstellraum und eine Sauna beinhaltenden - Nebengebäudes:

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 der NÖ. Bauordnung vom 13. Dezember 1968, LGBl. Nr. 166/1969 (im folgenden: BO 1968) und der BO 1976 bedurften Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden einer Bewilligung der Baubehörde.

Gemäß § 2 Z. 5 BO 1968 galt im Sinne dieses Gesetzes als Baulichkeit ein durch bauliche Vorhaben hergestelltes Objekt, welches nach seiner Funktion und äußeren Erscheinungsform ein Gebäude (z.B. Haus, Stall, Hütte, Scheune) oder ein anderes Bauwerk (z.B. Stütz- und Einfriedungsmauer, Tiefgarage, Keller) oder eine sonstige bauliche Anlage (z.B. Kanalstrang, Brunnen, Schächte, Senkgrube, Blitzableiter) sein kann.

Gemäß § 2 Z. 5 BO 1976 in der im behaupteten Herstellungsjahr 1983 maßgeblichen Fassung galt im Sinne dieses Gesetzes als Baulichkeit ein durch bauliche Vorhaben hergestelltes Objekt, welches nach seiner Funktion und äußeren Erscheinungsform ein Gebäude (z.B. Haus, Stall, Hütte, Scheune, Mobilheim, Traglufthalle) oder ein anderes Bauwerk (z.B. Stütz- und Einfriedungsmauer, Tiefgarage, Keller) oder eine sonstige bauliche Anlage (z.B. Kanalstrang, Brunnen, Schächte, Senkgrube, Blitzableiter) sein kann.

Gemäß § 2 Z. 5 BO 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-9 gilt im Sinne dieses Gesetzes als Bauwerk ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist; enthält ein Bauwerk ein Dach und wenigstens zwei Wände, kann es von Menschen betreten werden und ist es dazu bestimmt, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen, dann ist es ein Gebäude, ansonsten ist es eine bauliche Anlage.

Unter "Pergola" (= Rankgerüst) wird im allgemeinen ein nicht überdeckter Laubengang in einer Gartenanlage verstanden; die auf Stützen liegenden Unterzüge tragen ein Gebälk, das von Pflanzen umrankt ist (hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 93/05/0143, unter Hinweis auf Koepf, Bildwörterbuch der Architektur2). Eine Pergola ist somit kein Gebäude (siehe das zuletzt genannte hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995 mit einem weiteren Nachweis). Selbst eine allenfalls für sie erteilte Baubewilligung gilt daher keinesfalls für das Nebengebäude.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Neubau die Errichtung eines neuen Gebäudes und ein Zubau jede Vergrößerung eines Gebäudes in waag- oder lotrechter Richtung (Hauer/Zaussinger, NÖ Bauordnung4, 315, Anmerkung 4 zu § 92 BO 1976).

In der Verhandlungsschrift vom 4. März 1993 wurde ausgeführt, das Nebengebäude sei mit einer Mauer mit der Badehütte verbunden. Somit entstand durch das Errichten der zwei Seitenwände ein Neubau, der gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 BO 1976 sowohl in dem im Jahre 1983 gelegenen Zeitpunkt seiner Errichtung als auch im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages (Zustellung an die Beschwerdeführer am 21. Oktober 1993) bewilligungspflichtig war und ist.

Die Bewilligungsfähigkeit einer Baulichkeit ist ausschließlich nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Abbruchauftrages zu prüfen (hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1994, Zl. 94/05/0093).

Gemäß Punkt 6.5.7. der Bebauungsvorschriften der mitbeteiligten Marktgemeinde, die zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde galten, ist lediglich ein Gartengerätehäuschen bzw. Abstellraum in einem Ausmaß von maximal 6 m2 verbauter Fläche im seitlichen oder hinteren (seeseitigen) Bereich gestattet.

Diese Bebauungsvorschriften sind Teil eines Bebauungsplanes im Sinne der §§ 3 ff BO 1976 (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 97/05/0027, betreffend gleichfalls eine nicht dem Konsens entsprechende Badehütte am Kienersee).

Gemäß § 100 Abs. 2 BO 1976 ist die Baubewilligung zu versagen, wenn durch die Ausführung des Vorhabens Bestimmungen (u.a.) dieses Gesetzes, einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung oder des NÖ Raumordnungsgesetzes, LGBl. 8000, über die Zulässigkeit von Bauführungen auf Flächen mit bestimmten Widmungs- und Nutzungsarten sowie über Vorbehaltsflächen und Bausperren verletzt werden. Das 30,22 m2 große Nebengebäude könnte daher keinesfalls bewilligt werden.

Wenn die Ansicht der Beschwerdeführer zuträfe, daß das Nebengebäude ein Zubau zum Badehaus sei, käme eine Bewilligung trotzdem nicht in Betracht:

Gemäß Punkt 6.5.1. der Bebauungsvorschriften der mitbeteiligten Marktgemeinde darf die bebaute Fläche eines Badehauses nicht mehr als 49 m2 betragen. Sämtliche Überdachungen von Vorplätzen, Loggien, Innenhöfen u.dgl. werden der bebauten Fläche zugeschlagen und sind im maximalen Ausmaß der zulässigen bebauten Fläche (49 m2) unterzubringen. Schon das Badehaus der Beschwerdeführer, für das mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Velm vom 1. Oktober 1970 die Baubewilligung erteilt worden ist, weist eine Fläche von 49,6 m2 (gemäß dem Einreichplan) bzw. von 49 m2 (gemäß der Baubeschreibung) auf, sodaß kein Zubau in horizontaler Richtung zulässig ist.

Die Betonstiege mit dem Stahlrohrgeländer wurde im Geltungsbereich der BO 1968 errichtet.

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BO 1968 und BO 1976 bedurfte die Errichtung anderer Bauwerke und Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen entstehen oder das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten, einer Bewilligung der Baubehörde.

In bezug auf die Betonstiege samt Stahlrohrgeländer sind die Kriterien einer möglichen Gefahr für Personen und Sachen und einer möglichen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes gegeben. Daraus ergibt sich eine Bewilligungspflicht für dieses Bauvorhaben nach § 92 Abs. 1 Z. 2 BO 1968 und BO 1976.

Eine baubehördliche Bewilligung für die Betonstiege samt Stahlrohrgeländer liegt - auch von den Beschwerdeführern unbestritten - nicht vor.

Die Bewilligungsfähigkeit ist an der geltenden Rechtslage zu messen:

Gemäß Punkt 6.7.5. der Bebauungsvorschriften der mitbeteiligten Marktgemeinde sind alle Überragungen über die vordere Stützmauer des Uferverbaues in Form von Platten, schwimmenden Stegen, Stufen u.dgl. nicht gestattet. Gemäß § 100 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 3 ff BO 1976 und Punkt 6.7.5. der Bebauungsvorschriften wäre somit für die Errichtung der Betonstiege samt Stahlrohrgeländer die Baubewilligung zu versagen.

Sowohl für das Nebengebäude als auch für die Betonstiege mit Stahlrohrgeländer erging der Abbruchauftrag somit zu Recht.

Schließlich ist es nicht Voraussetzung zur Erlassung eines Abbruchauftrages gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 BO 1976, daß der Bescheidadressat auch selbst die konsenslose Baulichkeit errichtet hat (siehe das zitierte hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1994). Es hat daher keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit der gegenständlichen Abbruchaufträge vom 13. Oktober 1993, daß die Beschwerdeführer die Abweichungen vom Konsens nicht selbst herbeigeführt haben.

Der Umstand, daß Baulichkeiten seit langer Zeit ohne entsprechende Bewilligung bestehen, vermag keine Rechtswidrigkeit des Beseitigungsauftrages zu begründen (hg. Erkenntnis vom 25. April 1995, Zl. 95/05/0019). Daß eine Beanstandung bisher nicht stattgefunden hat, vermag daher im Beschwerdefall das Fehlen des Konsenses nicht zu sanieren.

Ein wohlerworbenes Recht, also auch eine bestehende Baubewilligung, ist nur hinsichtlich dessen Weiterbestandes geschützt, kann aber nicht einen Anspruch auf den Erwerb neuer gleichartiger Rechte gewährleisten (hg. Erkenntnis vom 25. März 1974, Zl. 1263/72). Da die Beschwerdeführer in bezug auf das Nebengebäude und die Betonstiege mit dem Stahlrohrgeländer nicht Inhaber einer Baubewilligung sind, kann diesbezüglich auch nicht in ihre wohlerworbenen Rechte eingegriffen worden sein.

Die Beschwerdeführer machen als Verfahrensrüge geltend, daß die von ihnen namhaft gemachten Zeugen nicht gehört wurden. Sie hätten Auskunft darüber gegeben, wie weit die Pergola bei der Verhandlung vom 13. September 1973 schon ausgebaut war.

Zu Recht haben die Behörden von einer solchen Beweisaufnahme abgesehen, weil auch die Beschwerdeführer nie behauptet haben, daß 1973 schon ein (Neben‑)Gebäude errichtet worden wäre.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr.88/1997. Der Antrag der mitbeteiligten Partei auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand war demnach gemäß § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG abzuweisen, weil die mitbeteiligte Partei bei der Einbringung der Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten war (hg. Erkenntnis vom 20. April 1998, Zl. 97/17/0247, mit einem weiteren Nachweis). Einen Ersatz des Vorlageaufwandes sieht § 48 Abs. 3 VwGG für die Mitbeteiligten nicht vor.

Wien, am 19. Jänner 1999

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