VwGH 95/03/0123

VwGH95/03/01238.11.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Jagdgenossenschaft W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in H, gegen die Niederösterreichische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Jagdgebietsfeststellung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §8;
AVG §9;
JagdG NÖ 1974 §21 Abs1;
JagdRallg;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §8;
AVG §9;
JagdG NÖ 1974 §21 Abs1;
JagdRallg;
VwGG §27;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG wird der belangten Behörde aufgetragen, binnen acht Wochen den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung zu erlassen, daß die namens des Jagdausschusses der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 23. Dezember 1992, Zl. 9-J-92124/3, eingebrachte Berufung vom 12. Jänner 1993 der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen ist.

Das Land Niederösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 6.910,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf den hg. Beschluß vom 29. September 1993, Zl. 93/03/0139, und auf das hg. Erkenntnis vom 30. November 1994, Zl. 94/03/0278, verwiesen. Mit der vorliegenden, am 8. Mai 1995 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht die beschwerdeführende Partei die Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich der Berufung vom 12. Jänner 1993 geltend.

Die belangte Behörde vertritt in ihrer Stellungnahme zur Säumnisbeschwerde die Auffassung, es läge keine Verletzung der Entscheidungspflicht vor, weil die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den erstinstanzlichen Bescheid bereits mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 1994 zurückgewiesen worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wesentlich ist im vorliegenden Beschwerdefall zunächst, ob die namens des Jagdausschusses der beschwerdeführenden Partei durch Rechtsanwalt Dr. V eingebrachte Berufung vom 12. Jänner 1993 der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen ist. Da der Jagdausschuß keine Rechtspersönlichkeit besitzt und das Einschreiten des Dr. V im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren - wie im hg. Erkenntnis vom 30. November 1994, Zl. 94/03/0278, dargelegt - der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen war, mußte die belangte Behörde zumindest Zweifel hegen, ob nicht auch die Berufung vom 12. Jänner 1993 der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen ist. In einem solchen Fall besteht die Verpflichtung der Behörde, sich Klarheit über die Person des Rechtsmittelwerbers zu verschaffen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. Nr. 11625/A). Eine derartige Klärung erfolgte jedenfalls mit dem in den Verwaltungsakten erliegenden Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 6. Februar 1995, in dem der belangten Behörde gegenüber klar zum Ausdruck gebracht wurde, daß die Berufung vom 12. Jänner 1993 der beschwerdeführenden Partei zuzurechnen sei. Es ist somit davon auszugehen, daß diese Berufung von der beschwerdeführenden Partei erhoben wurde.

Zu prüfen ist somit nunmehr, ob die belangte Behörde mit der Entscheidung über diese Berufung im Sinne des § 27 VwGG säumig geworden ist. Diese Frage ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde zu bejahen: Wenn die belangte Behörde meint, daß sich ihr Bescheid vom 1. Juli 1994 auf diese Berufung bezogen habe, so übersieht sie, daß Gegenstand der genannten Entscheidung nur die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 8. März 1994 war. Da dieser Schriftsatz keine Ergänzung der Berufung vom 12. Jänner 1993, sondern ein formell selbständiges, inhaltlich aber über diese Berufung nicht hinausgehendes Rechtsmittel darstellt, welches - wie im hg. Erkenntnis vom 30. November 1994, Zl. 94/03/0278, ausgeführt - nicht innerhalb offener Berufungsfrist eingebracht worden war, bildete er auch keine Einheit mit der - rechtzeitig eingebrachten - Berufung vom 12. Jänner 1993 (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 517). Daß die Erledigung der belangten Behörde vom 21. April 1993, mit der die Berufung vom 12. Jänner 1993 als Berufung des Jagdausschusses der beschwerdeführenden Partei "mangels Parteistellung des Berufungswerbers" als unzulässig zurückgewiesen wurde, keine Bescheidqualität besitzt, wurde bereits im hg. Beschluß vom 29. September 1993, Zl. 93/03/0139, aufgezeigt. Schon aus diesem Grund kann diese Erledigung nicht als Entscheidung über die vorliegende Berufung der beschwerdeführenden Partei gewertet werden.

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß die belangte Behörde bisher noch nicht über die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 12. Jänner 1993 abgesprochen hat. Da diese Berufung bereits am 14. Jänner 1993 bei der erstinstanzlichen Behörde einlangte, ist die Säumnisbeschwerde im Grunde des § 27 VwGG zulässig.

Die Voraussetzungen zur Entscheidung über die Säumnisbeschwerde in der Sache selbst (§ 42 Abs. 4 VwGG) sind gegeben, weil die belangte Behörde innerhalb der ihr mit Verfügung vom 15. Mai 1995 (zugestellt am 28. Juni 1995) gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid nicht erlassen hat.

Gemäß § 42 Abs. 4 erster Satz VwGG hat es der Verwaltungsgerichtshof für zweckmäßig erachtet, sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung der aus dem Spruch ersichtlichen Rechtsfrage zu beschränken.

Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Stempelgebührenersatz nur im erforderlichen Ausmaß zuerkannt werden kann.

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