VwGH 95/02/0176

VwGH95/02/017628.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat duch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des E in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 3. März 1995, Zlen. E 13/02/94.079/2, E 13/02/94.080/3 und E 13/02/94.093/3, betreffend Festnahme nach dem Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
FrG 1993 §85 Abs2;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
FrG 1993 §85 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. März 1995 wurde unter anderem die an diese gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wegen behaupteter Rechtswidrigkeit "des Festnahmeauftrages" und der Festnahme des Beschwerdeführers am 27. September 1994 unter Berufung auf § 52 Abs. 2 Fremdengesetz als unbegründet abgewiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, zufolge der im Akt erliegenden Anzeige sei der Beschwerdeführer am 27. September 1994 um 7.25 Uhr von einer Gendarmeriepatrouille aufgegriffen und in die Flüchtlingssammelstelle Neusiedl/See eskortiert worden. Im "Sachverhalt" der Anzeige sei vermerkt, daß sich der Beschwerdeführer "bereits seit längerem illegal im Bundesgebiet aufgehalten habe".

Der Gendarmeriebeamte - so die belangte Behörde weiter - habe anläßlich einer Verkehrskontrolle festgestellt, daß im Reisepaß des Beschwerdeführers kein gültiger Sichtvermerk bzw. keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz eingetragen gewesen sei. Der Beamte sei auch offenbar von einem gültigen Aufenthaltsverbot ausgegangen. Er habe daher damals mit gutem Grunde annehmen können, daß der Beschwerdeführer "bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung ... betreten" worden sei, weshalb das erste Tatbestandselement des § 85 Abs. 2 Fremdengesetz zu Recht als erfüllt anzusehen gewesen sei. Zum anderen habe der maßgebliche Sachverhalt auch die Annahme gerechtfertigt, daß die Vorführung des Beschwerdeführers zur Sicherung des Strafverfahrens auch zur Verhinderung eines fortgesetzt strafbaren Verhaltens unerläßlich gewesen sei. Da der bloß behauptete und vom Beschwerdeführer selbst in Frage gestellte "Festnahmeauftrag" nicht vorhanden gewesen sei, sei die diesbezügliche Beschwerde abzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Was das Vorliegen eines behördlichen "Festnahmeauftrages" anlangt, so pflichtet der Verwaltungsgerichtshof der belangten Behörde entsprechend ihren Ausführungen in der Gegenschrift bei, daß ein "spezieller" Auftrag der Bezirkshauptmannschaft an die Gendarmerie nicht aktenkundig ist und für das Vorliegen desselben auch keine Indizien vorliegen. Vielmehr handelt es sich bei den entsprechenden Worten "BH-Anordnung:" in der Anzeige vom 27. September 1994 offenbar um einen (im Beschwerdefall inhaltsleeren) Vordruck. Es kann daher dahingestellt bleiben, was rechtens wäre, wenn ein solcher "Festnahmeauftrag" existiert hätte. Jedenfalls wurde der Beschwerdeführer durch die "Abweisung" statt "Zurückweisung" seiner an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde in diesem Umfang in keinem Recht verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juli 1995, Zl. 95/02/0206).

Gemäß § 82 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (§ 15).

Nach § 85 Abs. 2 Fremdengesetz können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einen Fremden, den sie bei der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 82 oder 83 Z. 2 lit. b betreten, zum Zwecke einer für die Sicherung des Verfahrens unerläßlichen Vorführung vor die Behörde festnehmen, es sei denn, es wäre aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen, er werde das Bundesgebiet unverzüglich verlassen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 95/02/0203) ist die Rechtmäßigkeit einer solchen Festnahme schon dann zu bejahen, wenn das einschreitende Sicherheitsorgan ein Verhalten unmittelbar selbst wahrnahm, das es zumindest vertretbarerweise als eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat qualifizieren konnte, wenn also das Organ mit gutem Grund annehmen konnte, daß eine Verwaltungsübertretung begangen wurde. Daß diese Voraussetzungen im Beschwerdefall gegeben waren, konnte die belangte Behörde zu Recht schon deshalb annehmen, weil sich der Beschwerdeführer lediglich mit einem türkischen Reisepaß ausweisen konnte und kein konkreter Anhaltspunkt für das Bestehen eines gültigen Sichtvermerkes vorlag. Was schließlich die Rüge des Beschwerdeführers anlangt, er sei nicht zum Zwecke der Vorführung vor die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See, sondern vor die "Flüchtlingssammelstelle" festgenommen worden, so vermag er damit schon deshalb eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil der Verwaltungsgerichtshof auch insofern der belangten Behörde in der Gegenschrift folgt, daß es sich bei der erwähnten Einrichtung um eine solche der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl/See als Fremdenbehörde handelt.

Bei diesem Ergebnis können die vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängel nicht wesentlich sein, sodaß sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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