Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Beide Beschwerdeführer sind angolanische Staatsangehörige, die am 15. September 1990 in das Bundesgebiet eingereist sind und am 28. September 1990 einen gemeinsamen schriftlichen Asylantrag gestellt haben, den sie mit ständiger Verfolgung seitens der angolanischen Behörden auf Grund ihrer aktiven Religionsausübung begründeten.
Anläßlich ihrer am 22. November 1990 vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland niederschriftlich erfolgten Befragungen gaben beide Beschwerdeführer im wesentlichen gleichlautend an, sie seien seit dem Jahre 1988 Angehörige der "Zeugen Jehovas", welche Religion in ihrem Heimatland verboten sei. Religiöse Zusammenkünfte seien streng verboten, Zuwiderhandeln würde mit Verhaftung und Straf(Arbeits-)Lager bestraft werden. Religionsausübung sei in Angola überhaupt nicht möglich gewesen. Dies sei der Grund für ihre Ausreise gewesen. Im Juni 1990 sei in der Nähe der Wohnung der Beschwerdeführer ein Bombenattentat verübt worden, die Polizei habe daraufhin im Zuge von Razzien auch ihre Wohnung betreten und dabei eine religiöse Zusammenkunft der Zweitbeschwerdeführerin mit anderen Glaubensbrüdern entdeckt. Dabei sei der "Leader" festgenommen worden. Andere Glaubensbrüder seien, ebensowenig wie die Zweitbeschwerdeführerin selbst, nicht verhaftet worden. Auch der Erstbeschwerdeführer sei nicht verhaftet worden, weil sich dieser zu dem Zeitpunkt nicht in seiner Wohnung, sondern auf seinem Arbeitsplatz aufgehalten habe. Von der Polizei seien jedoch wegen dieses Vorfalles das gesamte Mobiliar, die Bekleidung und Wertgegenstände der Beschwerdeführer beschlagnahmt worden, sie hätten in der Folge die Wohnung verloren, der Erstbeschwerdeführer habe infolge seiner Religionszugehörigkeit Probleme auch am Arbeitsplatz bekommen. Sie seien vor dem "Nichts" gestanden, was Grund für ihre Ausreise gewesen sei. Vor diesem Vorfall hätte es keine Probleme mit der Polizei gegeben, bei einem weiteren Verbleib in ihrer Heimat befürchteten die Beschwerdeführer jedoch, auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu den "Zeugen Jehovas" laufend Schwierigkeiten zu bekommen.
Anläßlich der ergänzenden Befragungen der Beschwerdeführer am 27. Dezember 1990 gaben sie nahezu wortgleich an, sie seien noch nicht getauft, da der Leiter ihrer Gemeinschaft sie noch nicht "reif genug für die Taufe" gehalten habe. Sie hätten daher zuerst noch ihr "Wissen über diese Religion erweitern müssen und ihren Glauben verbreiten" sollen, was auch geschehen sei, indem sie Personen angesprochen hätten, um diese zum Eintritt in ihre Glaubensgemeinschaft zu bewegen. Eine Namensgebung innerhalb der Religionsgemeinschaft sei nicht üblich, deshalb hätten sie beide auch keinen Taufnamen bekommen, wenn sie schon getauft worden wären. Die religiösen Versammlungen hätten zweimal wöchentlich in ihrer Wohnung stattgefunden, der Älteste der Versammlung heiße B und sei etwa 40 Jahre alt. Er habe die religiösen Versammlungen geleitet und sei als Ältester der Versammlung nicht gewählt, sondern von der Dachorganisation entsandt worden.
Mit Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland, jeweils vom 29. April 1991, wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Feststellung ihrer Flüchtlingseigenschaft nicht erfüllten.
Gegen diese Bescheide erhoben beide Beschwerdeführer fristgerecht Berufungen, in denen sie nochmals darauf verwiesen, wegen ihrer Religion in ihrem Heimatland verfolgt und - so die Berufung des Erstbeschwerdeführers - "mehrmals mit furchtbaren Sachen (wie Gefängnis usw.)" bedroht worden zu sein.
Auf den von der belangten Behörde im Zuge eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens veranlaßten Vorhalt, die Religionsgemeinschaft der "Zeugen Jehovas" sei seitens der angolanischen Regierung im April 1992 offiziell als Kirche anerkannt worden, entgegneten beide Beschwerdeführer im wesentlichen wiederum gleichlautend, sie hätten schon davon gehört, es gäbe jedoch nach wie vor Probleme, da bei den Versammlungen immer wieder durch bewaffnete Gruppen Übergriffe verübt und Leute getötet würden. Diese Übergriffe würden nicht mit der Verfolgung der Religion begründet, sondern es würde den Versammelten unterstellt, diese "Glaubensversammlung" zu politischen Zwecken zu mißbrauchen, um sich zum Zwecke der politischen Destabilisierung des Landes organisieren zu können. Deshalb könne offiziell von Religionsfreiheit gesprochen werden, de facto sei diese jedoch nicht gegeben. Beide Beschwerdeführer bekannten jedoch, seit ihrer Ausreise aus Angola zu diesem Land bzw. zu anderen angolanischen Staatsbürgern keinerlei Kontakte gehabt zu haben, sodaß sie nicht wirklich beurteilen könnten, wie es nach einer etwaigen Rückkehr sein würde. Es sei jedoch verboten, Angola für längere Zeit ohne Erlaubnis zu verlassen, sodaß solche Personen als Verräter bezeichnet und nach deren Rückkehr auch verfolgt würden.
Mit Bescheiden vom 7. September 1995 wies die belangte Behörde diese Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und sprach aus, Österreich gewähre den Beschwerdeführern kein Asyl.
Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof nach deren Verbindung infolge ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges erwogen hat:
Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführern deshalb kein Asyl gewährt, weil sie deren Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 nicht als "glaubhaft gemacht" angesehen hat. Insbesondere könne (entgegen den diesbezüglichen Behauptungen der Beschwerdeführer im ergänzenden Verfahren) nicht festgestellt werden, daß bei religiösen Versammlungen der "Zeugen Jehovas" in Angola immer wieder durch bewaffnete Gruppen Übergriffe verübt und Personen getötet würden. Das diesbezügliche Vorbringen erscheine lediglich als bloße Mutmaßung, da die Beschwerdeführer selbst hätten eingestehen müssen, seit 1990 keinen Kontakt mehr zu ihrem Heimatland bzw. einem anderen angolanischen Staatsbürger gehabt zu haben. Ihr Vorbringen erscheine daher widersprüchlich. Überdies hätten die rivalisierenden Gruppen der regierenden sozialistischen Volksbewegung zur Befreiung Angolas (MPLA) mit den Rebellen der UNITA am 20. November 1994 ein Friedensabkommen zur Beendigung des Bürgerkrieges beschlossen, dem auch die Mehrheit der UNITA-Delegierten im Februar 1995 zugestimmt habe.
Im Rahmen ihrer Sachverhaltsdarstellung bringen die Beschwerdeführer nunmehr in ihren - wortgleichen - Beschwerden neuerlich vor, es sei nicht so, daß es den tatsächlichen Verhältnissen entspreche, daß nunmehr die Religionsgemeinschaft der "Zeugen Jehovas" seitens der angolanischen Regierung als Kirche anerkannt werde. Nach wie vor würden Glaubensbrüder von der offiziellen Regierung verfolgt und seien Repressalien in Form von Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz und Inhaftierungen ausgesetzt.
Ausgehend von dem von den Beschwerdeführern bereits im Verfahren erster Instanz erstatteten und im ergänzenden Berufungsverfahren lediglich verdeutlichten Vorbringen hätte es die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 2 AsylG 1991 aufzugreifen gehabt, daß es die Behörde erster Instanz unterlassen hat, im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht Erhebungen darüber zu pflegen und Feststellungen zu treffen, wie sich die von den Beschwerdeführern behauptete Verfolgungssituation der "Zeugen Jehovas" FAKTISCH darstellt; der bloße Verweis auf die im Heimatstaat der Beschwerdeführer herrschende Rechtslage genügt im Hinblick auf die substantiierte Bestreitung der Beschwerdeführer, diese entspräche nicht den tatsächlichen Gegebenheiten, nicht. Die Behauptungen der Beschwerdeführer wären auch durch die belangte Behörde objektiv überprüfbar. Im übrigen hat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides unterlassen darzulegen, auf welche Informationen sie ihre Erkenntnisse über die Zustände im Heimatland der Beschwerdeführer gestützt hat.
Da die belangte Behörde im aufgezeigten Sinn Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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