VwGH 95/01/0076

VwGH95/01/007631.1.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1995, Zl. 4.345.772/1-III/13/95, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16;
AVG §45 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16;
AVG §45 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Februar 1995 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Jänner 1995 der an diesem Tag gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen der "Jugosl. Föderation", der am 22. Jänner 1995 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach sich die belangte Behörde "den Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich anschließt und diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erhebt", ist ersichtlich, daß sie aus dem im erstinstanzlichen Bescheid genannten Gründen dem Beschwerdeführer die Gewährung von Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 sowohl mangels Vorliegens seiner Flüchtlingseigenschaft als auch aufgrund der Annahme, es sei bei ihm der Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben, versagt hat.

Der Beschwerdeführer hat bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 24. Jänner 1995 angegeben, der albanischen Volksgruppe im Kosovo anzugehören. Er habe am 10. Dezember 1994 einen Einberufungsbefehl erhalten, diesem jedoch nicht Folge geleistet. Er habe sich in der Folge etwa 5 Tage bei seinem Onkel in einem 30 km von seinem Wohnort entfernten Ort aufgehalten. Daraufhin sei er wieder nach Hause zurückgekehrt, wo die Polizei am 15. Dezember 1994 nach ihm gesucht habe. In diesem Zeitpunkt habe er sich in der Nähe des Anwesens auf einem Berg aufgehalten, um dort zu arbeiten. Während dieser Hausdurchsuchung sei sein Vater von einem Polizeibeamten mißhandelt worden. Nach diesem Ereignis haber er sich wieder zu seinem Onkel begeben, von wo er dann seine Flucht über Ungarn nach Österreich angetreten habe. Er dürfe seinen Wehrdienst nicht leisten, da er sonst in den "bosnischen Krieg" geschickt würde. Das wisse er vom Hörensagen und habe es in der Zeitung gelesen. Es seien ihm keine Personen bekannt, die ihren Grundwehrdienst in Bosnien ableisten hätten müssen. Zum Zivildienst habe er sich deshalb nicht gemeldet, weil er "zu den Serben kein Vertrauen habe". In Ungarn habe er nicht um Asyl angesucht, weil er im Kosovo erfahren habe, daß man dort kein Asyl erhalten könne.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt die Verweigerung der Ableistung des Militärdienstes grundsätzlich die Zuerkennung der Flüchtlingseingeschaft nicht. Allerdings kann eine darauf zurückzuführende Furcht vor Verfolgung dann asylrechtlich relevant sein, wenn die Einberufung bzw. unterschiedliche Behandlung während des Militärdienstes aus einem der im § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) genannten Gründen erfolgt wäre oder aus solchen Gründen schärfere Sanktionen drohen (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 29. Juni 1994, Zl. 93/01/0377). Der Beschwerdeführer hat nach dem oben wiedergegebenen Inhalt seiner Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren einen Zusammenhang zwischen seiner Einberufung und derartigen Gründen nicht hergestellt, zumal ein solcher aufgrund des bloßen Umstandes, daß er der albanischen Minderheit im Kosovo angehört, nicht erkennbar war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zlen. 95/01/0042, 0080).

Der Beschwerdeführer, der im übrigen selbst in der Beschwerde nicht behauptet, überhaupt mit Sanktionen wegen seiner Wehrdienstverweigerung rechnen zu müssen, hat erstmals in der Berufung eine "den Kosovo-Albanern beim jugoslawischen Militär drohende extreme Benachteiligung" geltend gemacht. Dieses Vorbringen wiederholt er in der Beschwerde, wobei er darüber hinaus unter dem Beschwerdegrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht, daß sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen nicht auseinandergesetzt habe und "im Oberflächlichen verweilt, wenn sie ausführt, daß die Befürchtung vieler Wehrpflichtiger, in den Krieg geschickt zu werden, nicht nachvollziehbar sei und sich auch nicht mit den bestehenden Erkenntnissen decke". Es sei nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde, zu diesen Feststellungen gelangt sei.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß die belangte Behörde als Berufungsbehörde gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen hatte. Es lag insoweit keiner der Fälle des § 20 Abs. 2 leg. cit. (in der bereinigten Fassung nach der Kundmachung BGBl. Nr. 610/1994), aufgrund dessen eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen gewesen wäre, vor, insbesondere auch nicht der der Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, weil der Beschwerdeführer - der im übrigen in der Berufung eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens gar nicht geltend machte - im erstinstanzlichen Verfahren, wie oben ausgeführt, einen Zusammenhang zwischen seiner Einberufung und der Eigenschaft als Angehöriger der albanischen Volksgruppe nicht behauptet hat. Der Beschwerdeführer hat somit die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel nicht aufgezeigt. Davon, daß "die Repressalien, welcher Kosovo-Albaner während der Ableistung des Militärdienstes ausgesetzt sind, eine notorische Tatsache sind", kann jedoch keine Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 1995, Zl. 95/01/0077).

Da sich somit die Beschwerde mangels Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers als unbegründet erweist, war sie schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, weshalb eine Auseinandersetzung damit, ob die belangte Behörde zu Recht zusätzlich vom Ausschließungsgrund der Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hat, entbehrlich war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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