Normen
AsylG 1991 §2 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z2;
AsylG 1991 §2 Abs3;
AsylG 1991 §2 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AsylG 1991 §2 Abs1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z2;
AsylG 1991 §2 Abs3;
AsylG 1991 §2 Abs4;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Zaires, hat am 25. Jänner 1989 den Antrag gestellt, ihm Asyl zu gewähren. Dieser Antrag wurde rechtskräftig abgewiesen. Am 5. Februar 1990 brachte der Beschwerdeführer neuerlich einen Asylantrag ein. In diesem wiederholte er die bereits dem ersten Asylantrag zugrundegelegten Angaben und brachte zusätzlich neu vor, daß er seinen nunmehrigen Asylantrag nicht bloß auf die bereits vorgebrachten Fluchtgründe stütze, sondern auch darauf, daß ihm bei seiner Rückkehr nach Zaire eine langjährige Haftstrafe und unter Umständen auch Folter drohe. Es liege daher "der Nachfluchtgrund der drohenden Freiheitsstrafe und Folter bei Rückkehr in seinen Heimatstaat" vor.
Anläßlich seiner ergänzenden Befragung durch die Bundespolizeidirektion Wien vom 25. Juni 1990 gab der Beschwerdeführer an, er sei ein Neffe des ehemaligen Präsidenten L; dies sei für seine Verfolgungssituation in Zaire sehr wichtig. Im übrigen ersuchte der Beschwerdeführer, weitere Mitteilungen und Fragen zu dem schriftlichen Asylantrag an seinen ausgewiesenen Rechtsfreund zu richten. Anläßlich einer weiteren Einvernahme vor der Bundespolizeidirektion Wien am 27. September 1990 erklärte der Beschwerdeführer, daß es eine Urkunde über seine "provisorische Haftentlassung" gebe; das Original befinde sich bei Amnesty International. Diese Urkunde sei von der Gefängnisbehörde ausgestellt worden. Hieraufhin wurde der ausgewiesene Vertreter des Beschwerdeführers vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt. In dieser Verständigung wurde darauf hingewiesen, daß nach Ansicht der erstinstanzlichen Behörde keine neuen Tatsachen vorlägen, über die nicht schon mit dem bereits rechtskräftigen Bescheid abgesprochen worden wäre. Gleichzeitig wurde eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme gesetzt. Diese Verständigung wurde dem ausgewiesenen Rechtsfreund des Beschwerdeführers am 8. Oktober 1990 zugestellt. Mit Bescheid vom 5. November 1990 wies die Sicherheitsdirektion Wien den Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft wegen entschiedener Sache zurück.
In seiner dagegen erhobenen Berufung beantragte der Beschwerdeführer zum Beweis des Nachfluchtgrundes im Sinne seiner erstinstanzlichen Ausführungen die Vernehmung des Einschreiters sowie die Vernehmung seines Rechtsfreundes.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. § 2 Abs. 3 des AsylG 1991, das gemäß § 25 Abs. 2 dieses Gesetzes nunmehr anzuwenden sei, sei ein Sonderfall der allgemeinen Regelung des § 68 Abs. 1 AVG, soweit der erste Asylantrag durch eine österreichische Behörde abgewiesen worden sei. Die bloße Behauptung von Verfolgungen als Nachfluchtgrund, ohne eine konkrete Änderung des Sachverhalts nach Erlassung des negativen Asylbescheides, aus der ein solcher Nachfluchtgrund abgeleitet werden könne, anzuführen, reiche jedenfalls nicht aus, eine Durchbrechung der Rechtskraft zu erwirken. Eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes nach dem hier entscheidenden Datum (21. Juni 1989) werde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Auf die erst im Berufungsverfahren vorgebrachten Umstände (drohende Freiheitsstrafe, da sich der Beschwerdeführer ohne Zustimmung der Regierung viele Monate im Ausland aufgehalten habe sowie ein "Fahndungsbefehl des Staatsanwaltes der Republik") könne nicht eingegangen werden, da die belangte Behörde nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu entscheiden habe.
Mit Beschluß vom 30. November 1992, Zl. B 1688/92, lehnte der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Dieser hat erwogen:
Zutreffend hat die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 dieses Gesetz im Hinblick für die Beurteilung des Falls des Beschwerdeführers herangezogen.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 2 AsylG 1991 lauten:
"(2) Kein Asyl wird einem Flüchtling gewährt, wenn ...
2. er die Umstände, mit denen er seine Furcht vor Verfolgung begründet, in Österreich mit der Absicht herbeigeführt hat, Asyl gewährt zu erhalten; ... .
(3) Kein Asyl wird weiters Fremden gewährt, die bereits einen Asylantrag in Österreich oder einem anderen Staat, der die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet, gestellt hatten und deren Antrag abgewiesen wurde.
(4) Abs. 3 findet auf Fremde keine Anwendung, die nach rechtskräftiger Abweisung ihres Asylantrages in ihren Heimatstaat oder, soweit sie staatenlos sind, in den Staat, in dem sie ihren früheren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, zurückgekehrt sind und einen Asylantrag auf Umstände stützen, die nach diesem Zeitpunkt eingetreten sind."
Da ein Asylantrag des Beschwerdeführers in Österreich bereits abgewiesen wurde, ist der neuerliche Asylantrag vom Wortlaut des § 2 Abs. 3 AsylG 1991 umfaßt. Nach dem unstrittigen Sachverhalt ist auch die in Abs. 4 der zitierten Bestimmung normierte Ausnahme von der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 3 AsylG 1991 nicht gegeben.
Da § 2 Abs. 2 Z. 2 AsylG 1991 von der Asylgewährung nur die Fälle ausnimmt, in denen der Asylwerber die Umstände, mit denen er seine Furcht vor Verfolgung begründet, in Österreich mit der Absicht herbeigeführt hat, hier Asyl gewährt zu erhalten, folgt daraus, daß Umstände, die während des Aufenthaltes des Asylwerbers in Österreich eingetreten sind, von ihm aber nicht mit der genannten Absicht herbeigeführt wurden, zur Asylgewährung führen können. Derartige Umstände können auch
- ohne daß ein Wiederaufnahmsgrund vorläge - nach rechtskräftigem Abschluß eines Verfahrens über einen (vorangegangenen) Asylantrag eintreten. Insoweit könnte einem auf diese Umstände gestützten neuerlichen Asylantrag die Bestimmung des § 2 Abs. 3 AsylG 1991 nicht mehr entgegengehalten werden, da dann ein neu zu beurteilender Sachverhalt vorläge. Auf diesen kann auch die Regelung des § 2 Abs. 4 AsylG 1991 nicht bezogen werden: Diese Bestimmung setzt
- neben der Änderung der Umstände - voraus, daß der Fremde, dessen Asylantrag abgewiesen wurde, in seinen Heimatstaat (den Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes) zurückgekehrt ist, damit die Ausnahme von Abs. 3 des zitierten Gesetzes Platz greift. Sie regelt damit offenbar den "Normalfall" asylrechtlich relevanter geänderter Umstände. Für den oben erwähnten Fall des Eintrittes eines asylrechtlich bedeutsamen Nachfluchtgrundes würde dies aber zu dem Ergebnis führen, daß der Fremde in seinen Heimatstaat (den Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes) trotz der bestehenden (nunmehrigen) Verfolgungsgefahr zurückkehren müßte, damit er nach (allenfalls) geglückter Flucht nach Österreich einen Asylantrag mit Aussicht auf Erfolg stellen könnte. Eine derartige Regelungsabsicht kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden (vgl. § 2 Abs. 1 AsylG 1991); auch den Materialien kann derartiges nicht entnommen werden (vgl. RV 270 BlgNR 18. GP 12 f, abgedruckt bei Schmidt-Aigner-Taucher-Petrovic, Fremdenrecht, 284). § 2 Abs. 4 AsylG 1991 ist daher in diesem Falle teleologisch dahin zu reduzieren, daß im geschilderten Fall des Vorliegens eines Nachfluchtgrundes das Tatbestandsmerkmal der Rückkehr in den Heimatstaat (den Staat des früheren gewöhnlichen Aufenthaltes) entfallen kann, trotzdem aber eine Ausnahme von § 2 Abs. 3 AsylG 1991 eintritt. Ein derartiger Ausnahmetatbestand liegt aber im Fall des Beschwerdeführers nicht vor.
Die zutreffende Rechtsansicht der belangten Behörde, daß die als Nachfluchtgrund herangezogene drohende Freiheitsstrafe im Zusammenhang mit den im rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren behandelten Fluchtgründen nicht zu einer Asylgewährung gemäß § 2 Abs. 3 AsylG 1991 führen könnte, wird vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Er bringt in der Berufung aber vor, daß er die von ihm behaupteten Verfolgungsmaßnahmen seines Heimatstaates aufgrund seines langen Auslandsaufenthaltes zu erwarten habe, wobei dies sich aber erst nach Abschluß des ersten Asylverfahrens verwirklicht habe. Da er eine derartige Behauptung in erster Instanz nicht aufgestellt hat, entfernt er sich - ohne damit eine Mangelhaftigkeit aufzuzeigen - vom Ergebnis des Verfahrens in dieser Instanz, das die belangte Behörde gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hatte. Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zutreffend das Berufungsvorbringen insoweit als unbeachtlich angesehen. Aber selbst dann, wenn man das Vorliegen eines Verfahrensmangels annehmen wollte, ist dem zu entgegnen, daß der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, daß in der Befürchtung wegen Übertretung den Aufenthalt im Ausland regelnder Vorschriften bestraft zu werden, kein Fluchtgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention erblickt werden kann (vgl. die Erkenntnisse vom 9. September 1992, Zl. 92/01/1014, vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0345 und vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0039).
Da somit die belangte Behörde auch bei Wahrnehmung einer allfälligen Mangelhaftigkeit zu keinem anderen Ergebnis hätte kommen können, muß auf die weiteren Ausführungen der Beschwerde schon deshalb nicht eingegangen werden, weil sie für die Entscheidung der Sache nicht von Bedeutung sein können.
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Befürchtung seiner Zurückschiebung in das Heimatland und der ihm dort drohenden Bestrafung kann von ihm im Falle eines Verfahrens über die Rückschiebung geltend gemacht werden (§ 37 FremdenG), vermag aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu bewirken.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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