VwGH 94/18/1034

VwGH94/18/103421.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Rutter, über die Beschwerde der T in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Oktober 1994, Zl. 101.991/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 18. Oktober 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin vom 5. April 1994 auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung gemäß §§ 13 Abs. 1 und 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, gemäß § 13 Aufenthaltsgesetz könnten Fremde, die sich bei Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, einen Verlängerungsantrag gemäß § 6 Abs. 2 (zweiter Satz) leg. cit. stellen. Der letzte Sichtvermerk der Beschwerdeführerin habe eine Gültigkeit bis 30. Jänner 1994 gehabt; sie halte sich seither nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. In ihrem Fall hätte die Antragstellung für einen Verlängerungsantrag spätestens am 30. Jänner 1994 erfolgen müssen. Wegen Versäumung dieser Frist wäre ein Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 (erster Satz) Aufenthaltsgesetz vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen gewesen. Aufgrund der Unzulässigkeit der Antragstellung - entgegen dem § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz - sei ungeachtet der bestehenden privaten Interessen der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet eine weitere Auseinandersetzung mit diesen persönlichen Verhältnissen unzulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift die Verwaltungsakten vor und beantragt die Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Zusammenfassend wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Rechtsansicht der belangten Behörde, sie hätte wegen Versäumung der Stellung eines Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Sichtvermerkes am 30. Jänner 1994 einen Erstantrag auf Aufenthaltsbewilligung vom Ausland aus stellen müssen.

Unter Zugrundelegung der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 16. Juni 1995, B 1611-1614/94, und in der Folge etwa die Erkenntnisse vom 29. Juni 1995, B 2688, 2689/94, und vom 11. Oktober 1995, B 2619/94) sind Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung von Fremden, die sich seit vielen Jahren bzw. sogar seit der Geburt rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben und die aus welchen Gründen immer über keine Aufenthaltsbewilligung (mehr) verfügen, im Fall relativ geringfügiger Versäumung der Frist zur Antragstellung im Sinn des § 13 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz im Hinblick auf das Gebot verfassungskonformer Auslegung des durch § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz geschaffenen Regelungssystems dem zweiten Satz der zuletzt genannten Vorschrift zu unterstellen. Das heißt, daß solche Bewilligungsanträge - ungeachtet der Fristversäumnis - als rechtzeitig gestellte Anträge auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die auch vom Inland aus gestellt werden können, zu werten sind (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1996, Zl. 95/18/0759).

Die Beschwerdeführerin hat bereits im Antrag vom 21. März 1994 darauf verwiesen, erstmalig am 6. April 1989 nach Österreich eingereist zu sein. In ihrer Berufung vom 12. April 1994 gegen den erstinstanzlichen Bescheid brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei seit 20. September 1990 verheiratet, wohne mit ihrer Familie in P und ihr Gatte und ihre am 12. Oktober 1991 in Wien geborene Tochter seien österreichische Staatsbürger.

Infolge Verkennung der oben dargelegten Rechtslage unterließ die belangte Behörde die Prüfung, ob der Antrag der Beschwerdeführerin ungeachtet der Fristversäumung dem zweiten Satz des § 6 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz zu unterstellen ist.

2. Aus diesem Grund haftet dem angefochtenen Bescheid inhaltliche Rechtswidrigkeit an, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des Begehrens (§ 59 Abs. 1 VwGG) - auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung die Vorlage einer Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ausreichte.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte