VwGH 94/13/0157

VwGH94/13/015731.5.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde des Dkfm. Dr. H in W, vertreten durch Dr. Erich Hermann, Rechtsanwalt in Wien I, Wollzeile 6-8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 5. Mai 1994, Zl 6/3-3444/93-04, betreffend ua Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Umsatzsteuer 1988 und 1989 und Umsatzsteuer 1989, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13;
BAO §85;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §2 Abs1;
VwRallg;
AVG §13;
BAO §85;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §2 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er über die Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1988 und 1989 abspricht, wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.570,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

In einem Bericht über das Ergebnis einer beim Beschwerdeführer, einem Wirtschaftstreuhänder, ua über die Jahre 1988 und 1989 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wird hinsichtlich Umsatzsteuer ua festgehalten: Im Jahre 1982 sei eine Vereinbarung zwischen Herrn "Dr. S." und dem Abgabepflichtigen getroffen worden, aus welcher dieser die Haftung für alle eventuell anfallenden Kosten aus einem Amtshaftungsprozess übernehme bzw bei positivem Ausgang des Prozesses von den Zahlungen der Republik Österreich an Herrn "Dr. S." 50 % erhalte. Aus der Vereinbarung gehe hervor, dass es sich hiebei um eine so genannte Prozessrisikogemeinschaft handle. Eine ähnliche Vereinbarung (Prozessrisikogemeinschaft) sei weiters mit Dipl.-Ing. B. und Frau N. getroffen worden. Der Grund für die Führung der Amtshaftungsprozesse gegen die Republik Österreich sei die mangelnde Bankenaufsicht der Republik bei der AW AG gewesen, wodurch infolge eines Konkurses vorgenannte Personen (S., B. und N.) ihre Spareinlagen verloren hätten. Diese Verfahren seien 1988 bzw 1989 mit einem rechtskräftigen Vergleich abgeschlossen worden, sodass vom Beschwerdeführer auf Grund der Vereinbarungen S 79.182,-- (1988) und S 3,109.765,82 (1989) als sonstige Einkünfte erklärt worden seien.

Von den zugeflossenen Beträgen sei keine Umsatzsteuer abgeführt worden, da es sich nach Ansicht des Beschwerdeführers hiebei um Gewinnbeteiligungen (aus einer GesnbR) handle, welche umsatzsteuerfrei seien. Nach Ansicht der Betriebsprüfung handle es sich jedoch um eine sonstige Leistung (Haftungsübernahme für eine mögliche Erfolgsbeteiligung), die der Beschwerdeführer als Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausgeführt habe. Die Nachhaltigkeit der Leistung als Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft sei im gegenständlichen Fall durch die Wiederholung mehrerer aufeinander folgender gleichartiger Handlungen sehr wohl gegeben. (Wiederholungsabsicht müsse in diesem Fall nicht mehr nachgewiesen werden.)

In der Folge erließ das Finanzamt für die Jahre 1988 und 1989 ua hinsichtlich Umsatzsteuer Wiederaufnahme- und neue Sachbescheide, in welchen die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung bezüglich des vorangeführten Punktes Niederschlag fanden. Begründend wurde zu den Wiederaufnahmebescheiden auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw dem Prüfungsbericht zu entnehmen seien, verwiesen.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den Umsatzsteuerbescheid 1988 und 1989 Berufung und stellte den Antrag auf Sistierung folgender Umsatzsteuerbeträge:

1988 S 27.864,--

1989 S 853.294,--

S 881.158,--

Auf Tz 13 des Betriebsprüfungsberichtes werde verwiesen. In einem gesonderten, mit Begründung und Sachverhalt überschriebenen Schriftsatz wurde die vom Beschwerdeführer vertretene Ansicht, seine Gewinnbeteiligung aus der Prozessrisikogemeinschaft sei ein sonstiges Einkommen und kein umsatzsteuerbarer Tatbestand, wiederholt. Der Beschwerdeführer sei Wirtschaftstreuhänder und für ihn als beeideten Buchprüfer und Steuerberater seien die Bestimmungen der WTBO maßgebend. Insoweit er die in der WTBO spezifizierten Tätigkeiten ausübe, sei er Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens. Es gebe aber auch noch Tätigkeiten seinerseits, die über die WTBO hinausgingen und dazu gehöre in konkreto das Eingehen der Prozessrisikogemeinschaft mit Dentist S. Er habe seinerzeit Dentist S. als Wirtschaftstreuhänder erfolgreich vertreten, im Jänner 1982 sei dieses Mandat nicht mehr aufrecht gewesen; es sei vor zwei Jahren abgelaufen und erloschen und es sei auch nicht wieder begründet worden. Die Vereinbarung der Prozessrisikogemeinschaft mit Dentist S. sei nicht im Rahmen seiner Berufsbefugnis, sondern in seiner Funktion als private Rechtspersönlichkeit erfolgt. Darüber hinaus könne auch nicht mit Erfolg behauptet werden, dass eine Haftungsübernahme für eine mögliche Erfolgsbeteiligung in einer Prozessrisikogemeinschaft zu den Tätigkeiten im Rahmen der WTBO zu zählen sei. Dieses Risiko habe er als Privatmann übernommen. Das Finanzamt irre daher, wenn es davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer als Unternehmer im Namen seines Unternehmens gehandelt habe. Der im Akt aufliegenden Vereinbarung sei eindeutig zu entnehmen, dass zwischen Dentist S. und dem Beschwerdeführer ein Gesellschaftsverhältnis, nämlich eine Gesellschaft nbR, eine Gelegenheitsgesellschaft, gegründet worden sei. Das Finanzamt irre, wenn das Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses negiert und die dem Beschwerdeführer zugeflossene Gewinnbeteiligung in seine berufliche Sphäre als Wirtschaftstreuhänder transferiert werde. Die Gewinnbeteiligung sei im Rahmen der Gelegenheitsgesellschaft angefallen und habe keinerlei Entgeltscharakter. Das Finanzamt vermeine, dass die Nachhaltigkeit der Leistung als Voraussetzung für die Unternehmereigenschaft im gegenständlichen Fall durch die Wiederholung mehrerer aufeinander folgender gleichartiger Handlungen gegeben sei und diesbezüglich die Wiederholungsabsicht nicht mehr nachgewiesen werden müsse. Dabei gehe das Finanzamt jedoch von einem unrichtigen Sachverhalt aus. Der Beschwerdeführer habe nur mit Dentist S. eine Vereinbarung hinsichtlich der Begründung einer Prozessrisikogemeinschaft abgeschlossen. Im Laufe des Prozesses habe der Beschwerdeführer in Erfahrung gebracht, dass eine Frau Irmgard N. einen gleich gelagerten Amtshaftungsprozess gegen die Republik Österreich führe und ihr die Verfahrenshilfe bewilligt worden sei. Im Hinblick auf eine möglichste Kostenminimierung sei der Prozess Dentist S. - Republik Österreich bis zur Beendigung dieses Verfahrens unterbrochen worden. Voraussetzung dafür sei jedoch gewesen, das relativ geringe Kostenrisiko für Frau Irmgard N. zu tragen; Frau N. habe durch den Konkurs der AW AG alles verloren und sei vollkommen mittellos gewesen. Das Kostenrisiko N. sei letzten Endes Null gewesen, weil die Republik Österreich (Finanzprokuratur) die Kosten N. getragen habe. Das Kostenrisiko N. sei von einer Anzahl von Prozessparteien getragen worden, wobei der Beschwerdeführer im Interesse von Dentist S. für Dipl.-Ing. B. interveniert und dessen anteiliges Risiko N. abgedeckt und dafür den in seiner Einkommensteuererklärung 1988 enthaltenen Gewinnanteil (S 79.182,--) erhalten habe. Mit Frau N. selbst sei von seiner Seite keine Risikogemeinschaft vereinbart bzw eingegangen worden. Seine Intervention in Sachen B. sei nur in kausalem Zusammenhang mit dem Amtshaftungsprozess Dentist S. - Republik Österreich zu sehen und zu qualifizieren, und zwar mit der Zielrichtung einer optimalen Kostenminimierung. Daraus sei ersichtlich, dass keine Wiederholung mehrerer aufeinander folgender gleichartiger Handlungen vorliege und somit auch keine nachhaltige Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs 1 UStG.

Obwohl zum Sachverhalt - ausführlichst offen gelegt in der Beilage zur Einkommensteuererklärung 1989 - durch die Betriebsprüfung keinerlei Abweichungen oder Neuerungen festgestellt worden seien und somit an und für sich keine sachlichen oder tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für eine von der Veranlagung 1989 abweichende steuerrechtliche Würdigung vorgelegen seien, habe sich das Finanzamt der Rechtsansicht der Prüfungsorgane angeschlossen und die von ihm mit dieser Berufung bekämpften Bescheide erlassen.

Der erwähnten Beilage zur Einkommensteuererklärung 1989 ist zu entnehmen, der Beschwerdeführer habe laut der in Kopie angeschlossenen Vereinbarung vom 28. Jänner 1982 mit Walter S., Dentist i. R., eine Prozessrisikogemeinschaft abgeschlossen. Der Prozess sei bis Herbst 1989 gelaufen und sei mit rechtskräftigem Vergleich abgeschlossen worden. Der Prozess habe 1982 bis 1989 mehrmals verloren zu gehen gedroht, nicht zuletzt deshalb, weil es sich um juristisches und wirtschaftliches Neuland gehandelt habe und die präjudizielle Wirkung für die Republik Österreich (Bankenaufsicht) von entscheidender Bedeutung gewesen sei. Durch restlosen Einsatz von 1982 bis 1989 habe 1989 ein positiver rechtskräftiger Vergleich geschlossen werden können und seien dem Beschwerdeführer auf Grund der eingangs erwähnten Vereinbarung aus der Prozessrisikogemeinschaft S 5,119.765,82 als Gewinnbeteiligung zugeflossen. An Werbungskosten (Rechtsanwaltshonorar) seien S 2,010.000,-- (brutto) angefallen, sodass sich ein sonstiges Einkommen von S 3,109.765,82 ergeben habe.

Die erwähnte Kopie der Vereinbarung besteht in einem Schreiben des Dentist S. vom 28. Jänner 1982 an den Beschwerdeführer mit folgendem Text:

"Sehr geehrter Herr Doktor, wie Sie als mein Steuerberater und Ratgeber in wirtschaftlichen Angelegenheiten wissen, führe ich gegen die Republik Österreich zwei Amtshaftungsprozesse mit dem Ziel, jene Ersparnisse meiner Familie von der Republik Österreich zurückzuerhalten, die durch den Zusammenbruch der AW AG verloren gegangen sind. Über den derzeitigen Prozessstand hat Sie mein Anwalt Dr. W. informiert.

Die Führung dieser beiden Verfahren bedeutet ein erhebliches Prozesskostenrisiko. Aus diesem Grunde habe ich mit Rechtsanwalt Dr. W. am 20. Oktober 1981 eine Kostenvereinbarung getroffen, die Ihnen bekannt ist. Ich bin aber trotz dieser Kostenvereinbarung nicht in der Lage, angesichts meiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse diese Prozessrisken zu tragen.

Ich biete Ihnen daher in meinem und meiner Rechtsnachfolger Namen an, abzuschließen die nachstehende

Vereinbarung

bezüglich der Führung der beiden Amtshaftungsprozesse ...

w/S 61.000 und ... w/S 10,980.196 ...

Dkfm. Dr. M. ... kennt meine mit Rechtsanwalt Dr. W.

getroffene Kostenvereinbarung vom 20. Oktober 1981, tritt dieser auf meiner Seite zur ungeteilten Hand bei und verpflichtet sich, mich und meine Rechtsnachfolger daraus schad- und klaglos zu halten.

Dkfm. Dr. M. übernimmt es, alle Gerichts- und Sachverständigengebühren, einen allfälligen Kostenersatz an die Republik Österreich sowie alle anderen Auslagen, die mich auf Grund gesetzlicher Bestimmungen treffen könnten, zu bezahlen und mich und meine Rechtsnachfolger diesbezüglich schad- und klaglos zu halten.

Ich verpflichte mich, für mich und meine Rechtsnachfolger, die beiden Prozesse im eigenen Namen fortzuführen, einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zu stellen, sobald es Dkfm. Dr. M. wünscht, und genehmige schon jetzt alle Entscheidungen, die Dr. M. bezüglich der Prozessführung treffen wird. Dr. M. darf jedoch die Entscheidung, einen oder beide Prozesse zu beenden und zu vergleichen, nur mit meiner oder meiner Rechtsfolger Zustimmung treffen.

Zahlungen (an Kapital und Zinsen), die von der Republik Österreich auf Grund meiner Ansprüche, die ich mit den beiden Prozessen geltend gemacht habe, geleistet werden, sind wie folgt zu verwenden:

4.1. Zuerst sind davon alle Beträge zu bezahlen, bezüglich derer mich Dkfm. Dr. M. schad- und klaglos hält (Punkt 1. und 2. dieser Vereinbarung).

4.2. Der Rest wird zwischen Dkfm. Dr. M. und mir je zur Hälfte geteilt.

5. Etwaige Vermögen- oder andere Steuern bezahlt jeder der Vertragspartner für jene Teile des Prozesserfolges, die ihm zufließen.

6. Die Rechte und Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung gehen auf jeder Seite auf die Rechtsnachfolger unter Lebenden und von Todes wegen über. Ausdrücklich wird festgehalten, dass Dkfm. Dr. M. für den Fall seines Ablebens für die Übernahme seiner Rechte und Verpflichtungen aus dieser Vereinbarung durch seine Erben oder durch seinen Kanzleinachfolger sorgen muss.

Meine Tochter, Ingeborg S., ist mit dieser Vereinbarung einverstanden und fertigt das Schreiben zum Zeichen ihres Einverständnisses mit.

Ich ersuche um Gegenzeichnung auf dem angeschlossenen

Durchschlag und verbleibe mit herzlichen Grüßen

Unterschrift Walter

S. e.h.

Dent. Ingeborg S.

e. h."

In einer Stellungnahme der Prüfer zum Berufungsvorbringen wird zur Wiederaufnahme der Verfahren darauf hingewiesen, dass im Jahr 1989 die in Frage stehenden sonstigen Einkünfte erklärt und der Sachverhalt in einer Beilage dargestellt worden sei. Die schriftliche Vereinbarung des Beschwerdeführers mit "Dr. S." sei ebenfalls beigelegt worden. 1988 seien die sonstigen Einkünfte in einer Beilage erläutert worden. Die schriftliche Vereinbarung mit Dipl.-Ing. B. sei dem Finanzamt jedoch nicht bekannt gewesen, weshalb erst im Zuge der Betriebsprüfung der Zusammenhang zu den im Jahr 1989 erklärten Einkünften habe hergestellt werden können. Die Vereinbarung sei erst im Ermittlungsverfahren vorgelegt worden. Erst durch umfangreiche Ermittlungsarbeiten seien von Seiten der Betriebsprüfung Feststellungen getroffen worden, die als Wiederaufnahmegründe zu werten seien. Insbesondere sei zur Begründung der Nachhaltigkeit der Zusammenhang unter Berücksichtigung der genauen Kenntnis des Sachverhaltes erforderlich. Zum anderen sei darauf hinzuweisen, dass für die geprüften Jahre auch andere Feststellungen bezüglich der Umsatzsteuer getroffen worden seien, die zu einer Änderung der Besteuerungsgrundlage geführt hätten.

In der Sache wurde in der Stellungnahme zur Berufung darauf hingewiesen, dass eine der Vereinbarung mit Dentist S. ähnliche Vereinbarung am 18. Mai 1982 mit Dipl.-Ing. B. abgeschlossen worden sei, welche der Betriebsprüfung im Ermittlungsverfahren vorgelegt worden sei. Diese Vereinbarung sei den Einkommensteuererklärungen 1988 nicht beigelegt gewesen. Die Verpflichtung der Kostentragung für Amtshaftungsprozesse der Frau N. habe Dipl.-Ing. B. übernommen. Dies sei aus der Vereinbarung des Beschwerdeführers mit Dipl.-Ing. B. zu erkennen. In weiterer Folge habe der Beschwerdeführer die gesamten Prozesskosten (B. und N.) übernommen.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer auch eine Berufung gegen den Bescheid hinsichtlich Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1989, aber auch gegen den Bescheid hinsichtlich Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1988 erhoben habe und wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung ua gegen die angeführten Bescheide ab.

Nach Ausführungen zur Wiederaufnahme der Verfahren vertrat die belangte Behörde zur "Sache" die Ansicht, die sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs 9 UStG 1972 bestehe gegenständlich in der Übernahme der Kostenrisken bei der Prozessführung. In der Berufung habe der Beschwerdeführer im Detail dargestellt, dass er im Interesse von Dentist S. für Dipl.-Ing. B. interveniert und dessen anteiliges Risiko N. abgedeckt habe und dies in kausalem Zusammenhang mit dem Amtshaftungsprozess Dentist S. - Republik Österreich mit der Zielrichtung einer optimalen Kostenminimierung zu sehen und zu qualifizieren sei. In der Gegenäußerung zur Stellungnahme der Prüfer zur Berufung gestehe der Beschwerdeführer zu, dass es mit Dipl.-Ing. B. "eine ähnliche Vereinbarung" gegeben habe, die mit der Vereinbarung Dentist S. nicht ident gewesen sei. Damit sei bereits die Nachhaltigkeit der Tätigkeit zu bejahen, weil zur Begründung der Nachhaltigkeit nicht die Wiederholung identer, sondern bloß gleichartiger Handlungen erforderlich sei. Die Gleichartigkeit sei jedoch gegeben, weil es in beiden Fällen um Vereinbarungen im Zusammenhang mit Kostenrisiken von Prozessen gehe. Aber auch wenn man vom Erfordernis des Wiederholens identer Handlungen ausginge, wäre für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts gewonnen, weil der Beschwerdeführer dem Einwand der Prüfer (in der Stellungnahme), dass er seit Abschluss der Vereinbarungen im Jahr 1982 unternehmerisch tätig gewesen sei, daher bis zum Abschluss der "Amtshandlungsprozesse" (gemeint wohl: Amtshaftungsprozesse) laufend die Verfahren beobachten habe müssen, um seine Leistungen gegenüber den Vertragspartnern zu erbringen, nichts entgegengesetzt habe. Da die Umsatzsteuerpflicht auch bei von der Wirtschaftstreuhändertätigkeit losgelöster Beurteilung gegeben sei, komme dem Umstand, dass die in Rede stehende Tätigkeit nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht im Rahmen seiner (Wirtschaftstreuhand-)Berufsbefugnis erfolgt sei, keine entscheidende Bedeutung zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Unterlassung der Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren hinsichtlich der Jahre

1988 und 1989, sowie auf "Umsatzsteuerfreiheit" des zugeflossenen Betrages von "S 5,119.765,82" verletzt. Im Hinblick darauf, dass dieser Betrag im Jahr 1989 zugeflossen ist und die Beschwerde darüber hinaus auch kein auf die Umsatzsteuer 1988 beziehbares Vorbringen enthält, ist damit der Umfang der Anfechtung der Berufungentscheidung hinsichtlich Wiederaufnahme der Umsatzsteuerbescheide 1988 und 1989 sowie Umsatzsteuer 1989 umschrieben.

1.) Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1988 und 1989:

Wenngleich es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes ankommt (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 20. Februar 1998, 97/15/0153, 0154), kann im Beschwerdefall kein Zweifel bestehen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 1988 und 1989 keine Berufung erhoben hat. Die Berufung war diesbezüglich ausschließlich gegen die Umsatzsteuerbescheide 1988 und 1989 gerichtet. Der im Ergänzungsschriftsatz getroffene Hinweis, dass "an und für sich keine sachlichen und tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für eine von der Veranlagung 1989 abweichende steuerliche Würdigung vorgelegen" seien, rechtfertigt die Annahme einer auch gegen die Wiederaufnahmebescheide erhobenen Berufung nicht. Mangels erhobener Berufung gegen die Wiederaufnahme der Umsatzsteuerverfahren 1988 und 1989 war die belangte Behörde aber zur Entscheidung über eine solche Berufung nicht zuständig.

Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als er eine solche Entscheidung dennoch enthält, gemäß § 42 Ab 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

2.) Umsatzsteuer 1989:

Diesbezüglich bekämpft der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid vertretene Ansicht der belangten Behörde, dass gegenständlich der Tatbestand des § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1972 erfüllt sei. Entsprechende Tatbestandsmerkmale seien 1. eine sonstige Leistung (auch dann, wenn diese in einem Unterlassen oder Dulden einer Handlung oder eines Zustandes bestehe), 2. die Unternehmereigenschaft, 3. ein Entgeltscharakter und 4. eine nachhaltige Tätigkeit.

Nach Meinung der belangten Behörde bestehe das Tatbestandsmerkmal "sonstige Leistung" in der Übernahme des Prozesskostenrisikos. Dieser Rechtsansicht könne "nicht gefolgt werden, weil sich dafür keine Deckung aus dem Wortlaut des § 3 Abs 9 UStG 1972" ergebe. Vielmehr liege eine gesellschaftsrechtliche Vereinbarung vor, wonach der Beschwerdeführer für die Übernahme (das Tragen) des Prozessrisikos eine Gewinnbeteiligung erhalten solle. Eine Gewinnbeteiligung sei nicht umsatzsteuerbar.

Es kann nun sowohl dahingestellt bleiben, ob die zu Grunde liegende Vereinbarung des Beschwerdeführers mit Dentist S. tatsächlich eine solche gesellschaftsrechtlicher Art ist, aber auch, ob darin tatsächlich eine Vereinbarung über eine Gewinnbeteiligung erblickt werden kann. Sachverhaltsbezogen ist jedenfalls vereinbart, dass der Beschwerdeführer für eine bestimmte Leistung (Übernahme des Prozessrisikos und Übernahme aller Entscheidungen bezüglich der Prozessführung) unter bestimmten Umständen (nämlich im Fall eines Prozesserfolges) eine Gegenleistung (die Hälfte der von der Republik Österreich zufließenden Zahlungen nach Abzug bestimmter Beträge) erhalten sollte. Unter welchem Titel dem Beschwerdeführer diese Gegenleistung zufließen sollte, ist deswegen nicht von Bedeutung, weil nach den gesetzlichen Bestimmungen des UStG 1972 nur die Lieferung oder sonstige Leistung einen allenfalls steuerpflichtigen Umsatz darstellt, nicht aber die Gegenleistung. Mit der Behauptung, die - nach Ansicht des Beschwerdeführers eine Gewinnbeteiligung darstellende - Gegenleistung sei nicht steuerpflichtig, kann eine Rechtswidrigkeit der Beurteilung, die entgeltliche Leistung der Übernahme des Prozessrisikos und der Übernahme aller Entscheidungen bezüglich der Prozessführung sei als sonstige Leistung im Sinne des § 3 Abs 9 UStG 1972 steuerpflichtig, nicht begründet werden.

In diesem Zusammenhang ist zur Rüge des Beschwerdeführers, es sei ihm unverständlich, weshalb die belangte Behörde eine Gelegenheitsgesellschaft infolge Fehlens einer Vereinigung rechtlich selbstständiger Unternehmer in Abrede gestellt habe, wiewohl kein Zweifel bestehen könne, dass sowohl der Beschwerdeführer als auch Dentist S. zwei rechtlich selbstständige Personen (Rechtssubjekte) seien, Folgendes zu sagen: Unbestritten und vom Beschwerdeführer ausdrücklich dargetan ist, dass die gegenständlich nach Ansicht des Beschwerdeführers bestehende GesnbR, konkret Gelegenheitsgesellschaft, nach außen hin nicht in Erscheinung getreten ist, ihr daher keine Unternehmereigenschaft im Sinne des Umsatzsteuergesetzes zukommt. In einem solchen Fall stellen aber - selbst bei Bestehen einer GesnbR - die Lieferungen oder sonstigen Leistungen der einzelnen Gesellschafter untereinander umsatzsteuerbare Vorgänge dar

(vgl Kranich/Siegl/Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer, Rz 61 zu § 2). Dass der Beschwerdeführer Leistungen an Dentist S. erbracht hat, wird von ihm zu Recht nicht in Abrede gestellt.

Auch hinsichtlich der Nachhaltigkeit dieser Leistungen ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen: Zu Recht hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, dass auch eine längere Zeit hindurch ausgeübte Tätigkeit dann nachhaltig ist, wenn sie nur gegenüber einem einzigen Auftraggeber erfolgt und keine Wiederholungsabsicht besteht (vgl das Erkenntnis vom 12. Juni 1985, 83/13/0158, 0164 und 0165). Unter Berücksichtigung des gegenständlich vorliegenden Sachverhaltes, hinsichtlich dessen der Beschwerdeführer bereits in der Beilage zur Einkommensteuererklärung 1989 dargetan hat, dass - wiewohl der Prozess mehrmals verloren zu gehen drohte - durch restlosen Einsatz in den Jahren 1982 bis 1989 im Jahr 1989 ein positiver Vergleich habe abgeschlossen werden können, kann das Fehlen einer nachhaltigen Tätigkeit nicht mit Erfolg behauptet werden. Dies ungeachtet der Frage, ob in der Vereinbarung mit Dipl.-Ing. B. eine ähnliche Vereinbarung wie mit Dentist S. zu erblicken ist oder ob der Beschwerdeführer in der Sache Dipl.-Ing. B. nur in kausalem Zusammenhang mit dem Amtshaftungsprozess Dentist S. intervenierte. Soweit der Beschwerdeführer behauptet, er sei für keinen einzigen Auftraggeber tätig geworden, sondern habe Handlungen entsprechend der vertraglichen Regelungen in einem Gesellschaftsvertrag gesetzt, ist ihm zu erwidern, dass er sich in der Vereinbarung mit Dentist S. jedenfalls zu einer entsprechenden Tätigkeit verpflichtet hat. Ob es sich bei der Vereinbarung im Innenverhältnis allenfalls auch um einen Gesellschaftsvertrag gehandelt hat, kann (auch) für die Frage der Nachhaltigkeit der Tätigkeit dahingestellt bleiben.

Die Beschwerde erweist sich daher hinsichtlich der Wiederaufnahme des Umsatzsteuerverfahrens 1989 und der Umsatzsteuer 1989 als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994. Das Mehrbegehren an Stempelgebühren war abzuweisen, weil der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.

Wien, am 31. Mai 2000

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