European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1983130158.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer erklärte in seiner Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1978 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit eine einmalige Konsulentenprovision für die Jahre 1976, 1977 und 1978 in Höhe von S 342.000,-- als sonstige Einkünfte und beantragte hiefür die Anwendung des begünstigten Steuersatzes gemäß § 37 Abs. 2 Z. 1 EStG (Entlohnung für mehrjährige Tätigkeit).
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid beurteilte die belangte Behörde die genannten Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb und versagte die Anwendung des begünstigten Steuersatzes mit der Begründung, daß Einkünfte aus einer gewerblichen Tätigkeit nur dann unter die genannte Begünstigung fallen könnten, wenn sie das Merkmal der Außerordentlichkeit hätten, was wiederum nur dann der Fall sei, wenn sich die Tätigkeit als deutlich abgrenzbarer Teil einer darüber hinausgehenden gewerblichen Tätigkeit darstelle. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers, für die der begünstigte Steuersatz gemäß § 37 EStG beantragt werde, sei aber in ihrer Gesamtheit die Haupttätigkeit seines gewerblichen Unternehmens, so daß das Erfordernis einer abgrenzbaren Nebentätigkeit nicht erfüllt sei.
Der Beschwerdeführer hat seine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren wie folgt beschrieben:
„Meine Tätigkeit bestand vorwiegend darin, das sogenannte Leasinggeschäft der Firma C‑GesmbH durch mein Wissen in der Gestaltungsform und vor allem im Vertragswesen so zu etablieren, daß insbesondere die Haftungsfrage bzw. die Zahlungsmodalität sowie der Leistungsumfang genau abgegrenzt wurden. Ich erarbeitete den Leasingvertrag und schloß aufgrund dessen die ersten Geschäfte ab. Das Unternehmen arbeitet nun weiter und baut - wie mir von meiner Frau mitgeteilt wurde - diese Geschäftssparte aus. ...“
Die Abrechnung der C‑GesmbH über die vom Beschwerdeführer erbrachten Leistungen lautete auszugsweise wie folgt:
„Bezugnehmend auf die mündliche Zusage und die diversen Absprachen erhalten Sie vereinbarungsgemäß für den Aufbau unseres LKW‑Leasing‑Geschäftes ein Konsulentenhonorar für Ihre Tätigkeit von 5 % des Umsatzes. Es sind damit alle Ansprüche aus diesem Titel an unsere Gesellschaft abgegolten. Sie brächten folgende dreijährige Leasingverträge zustande:
...“
In seiner Berufung gegen die Bescheide betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1978 hat der Beschwerdeführer weitere Angaben über Art und Umfang seiner Tätigkeit gemacht: Es sei davon auszugehen, daß er ausschließlich für die C‑GesmbH tätig gewesen sei und daß sich diese Tätigkeit auf die Ausarbeitung von Leasingverträgen beschränkt habe. In den drei Jahren seiner Tätigkeit seien mit drei Kunden der C‑GesmbH insgesamt fünfzehn Verträge betreffend Leasing von Lastkraftwagen abgeschlossen worden.
In der wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beurteilung seiner Einkünfte aus der genannten Tätigkeit als solche aus Gewerbebetrieb, wobei er das Vorliegen einer Betriebsstätte, die Nachhaltigkeit seiner Tätigkeit sowie die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr in Abrede stellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 23 EStG führt eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, es sei denn, daß sich die Betätigung als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft oder als selbständige Arbeit darstellt.
Der Gewerbesteuer unterliegt gemäß § 1 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz jeder stehende Gewerbebetrieb, für den im Inland eine Betriebsstätte Unterhalten wird.
Der Beschwerdeführer weist darauf hin, daß er seine „kaufmännische und rechtliche Beratung“ vorwiegend in Cafehäusern Wiens ausgeübt habe. Seine Wohnung sei hiefür ungeeignet gewesen und auch Räumlichkeiten der C‑GesmbH seien ihm mit Rücksicht auf die dort herrschende Raumnot nicht zur Verfügung gestanden. Vereinzelte Besprechungen hätten in den Räumen von Kunden der C‑GesmbH stattgefunden. Auch sei er nicht mit der schriftlichen Ausfertigung der Verträge befaßt gewesen; dies hätte die C‑GesmbH besorgt. Mangels Vorliegens einer Betriebsstätte, sei seine Heranziehung zur Gewerbesteuer rechtswidrig.
Zu diesem Vorbringen ist festzustellen: Der Beschwerdeführer umschreibt seine Tätigkeit im Beschwerdeschriftsatz mit „kaufmännische und rechtliche Beratung“. Im Verwaltungsverfahren (Berufung) hat er ausgeführt, daß seine Aufgabe im Verfassen und Abändern eines Vertragsmusters für den Abschluß von Leasinggeschäften bestanden habe. Eine derartige beratende Tätigkeit kann, ähnlich der Tätigkeit eines selbständigen Handelsvertreters, weitgehend außerhalb einer festen örtlichen Einrichtung ausgeübt werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist als Betriebsstätte im Sinne des § 1 Gewerbesteuergesetz nicht nur eine feste örtliche Einrichtung zu verstehen, in der der Steuerpflichtige regelmäßig seine Tätigkeit ausübt, sondern auch eine solche, von der aus die Tätigkeit ausgeübt wird. Als solche kann auch mangels betrieblich genutzter Räumlichkeiten die Wohnung des Beschwerdeführers angesehen werden, von der aus er seine geschäftliche Tätigkeit entfaltet und die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit als Kontaktadresse dient. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Wohnung sei für Verhandlungen und Besprechungen absolut ungeeignet, so daß er für solche Zwecke verschiedene Wiener Cafehäuser verwendet habe, kommt keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Da es für die grundsätzliche Gewerbesteuerpflicht einer gewerblichen Tätigkeit genügt, daß eine Betriebsstätte im Inland unterhalten wird, ist der belangten Behörde keine Rechtswidrigkeit unterlaufen, wenn sie keine weiteren Erhebungen darüber angestellt hat, ob außer bzw. statt der Wohnung des Beschwerdeführers noch andere feste örtliche Einrichtungen als Betriebsstätten in Betracht gekommen wären.
Zu der Behauptung des Beschwerdeführers, seiner Tätigkeit mangle es am Merkmal der Nachhaltigkeit genügt es darauf hinzuweisen, daß er selbst im Verwaltungsverfahren die Dauer seiner Tätigkeit wiederholt mit drei Jahren angegeben hat. Eine einheitlich zu beurteilende, gleichartige, durch drei Jahre hindurch ausgeübte Tätigkeit erfüllt aber das Merkmal der Nachhaltigkeit auch dann, wenn sie nur einem Auftraggeber gegenüber und ohne Wiederholungsabsicht erfolgt. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht die Nachhaltigkeit der Tätigkeit des Beschwerdeführers als erwiesen annehmen.
Schließlich bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid mit der Begründung, er habe sich im Rahmen seiner Tätigkeit nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, weil er nur der C‑GesmbH gegenüber bzw. für diese tätig geworden sei. Diesem Argument ist entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, daß eine Tätigkeit auch dann das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr aufweist, wenn sie nur einem einzigen Auftraggeber gegenüber erfolgt. Voraussetzung ist lediglich, daß es sich dabei um die Erbringung einer Leistung handelt, die ihrer Art nach geeignet ist, eine Auftragserteilung nicht nur durch einen einzigen Auftraggeber zu ermöglichen (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 11. April 1972, Zl. 2286/71). Die Ausarbeitung von Musterverträgen für das Kraftfahrzeug-Leasing-Geschäft ist zweifelsfrei eine Leistung, nach der im Wirtschaftsleben Bedarf besteht und mit der der Leistungserbringer auch dann am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, wenn er sie nur einem einzigen Auftraggeber gegenüber erbringt.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß die belangte Behörde die Einkünfte des Beschwerdeführers zu Recht als solche aus Gewerbebetrieb beurteilt hat. Auf dem Boden dieser rechtlichen Subsumtion fehlt den Einkünften aber, wie der Beschwerdeführer selbst erkennt, das für die Anwendbarkeit des § 37 EStG erforderliche Merkmal der Außerordentlichkeit. Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 12. Juni 1985
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