Normen
ABGB §362
AVG §8
BauO Wr §101 Abs5
BauO Wr §134 Abs3 idF 1987/028
BauO Wr §75
BauO Wr §76
BauO Wr §81 Abs2
BauO Wr §81 Abs5
BauO Wr §81 Abs6
BauO Wr §85
BauRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1995:1994050172.X00
Spruch:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien anteilig Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Viert- und Fünftbeschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien anteilig Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.000,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Bundeshauptstadt Wien wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem am 8. September 1992 beim Magistrat der Stadt Wien (MA 37) eingelangten Ansuchen beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für ein Mehrfamilienwohnhaus mit Garage auf den Grundstücken Nr. 415/2 und 413, EZ 203 KG N. Über dieses Ansuchen wurde für 21. Juli 1993 eine Verhandlung anberaumt, zu der auch die Beschwerdeführer als Anrainer geladen wurden. Nach Durchführung der Verhandlung, in der die Beschwerdeführer und andere Anrainer Einwendungen erhoben haben, wurde das Projekt geändert, insbesondere die Gebäudehöhe reduziert. Über dieses Ansuchen wurde eine zweite Bauverhandlung am 15. November 1993 durchgeführt, zu der die Beschwerdeführer wieder als Nachbarn unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurden. Die Beschwerdeführer hielten in der Verhandlung ihre bisherigen Einwendungen im wesentlichen aufrecht. Mit Bescheid vom 21. Jänner 1994 wurde der mitbeteiligten Partei aufgrund der mit Bescheid vom 23. Jänner 1992, Zl. MA 37/V-19 N 2/9807/91, bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen die beantragte Baubewilligung gemäß § 70 der Bauordnung für Wien für ein Wohnhaus mit siebzehn Wohnungen, eine Garage, sowie eine weitere Wohnung, die direkt von der S-Gasse zugänglich ist, erteilt. Das Bauvorhaben ist so situiert, daß es westlich an die öffentliche Verkehrsfläche "N" und mit einer Wohnung an die S-Gasse angrenzt. Diese beiden öffentlichen Verkehrsflächen liegen zueinander im spitzen Winkel, das zu bebauende Grundstück ist ein unregelmäßig geformtes Sechseck, der vorgesehene Baukörper weist in etwa ein Rechteck auf, der im Nordosten durch einen schräg dazu versetzten Baukörper und im Südosten durch einen unregelmäßig geformten Baukörper verlängert wird. Die Liegenschaft des Erstbeschwerdeführers ist westlich des Bauvorhabens gegenüber der öffentlichen Verkehrsfläche "N" situiert, die des Zweitbeschwerdeführers grenzt südlich an die zu bebauende Liegenschaft, jene des Drittbeschwerdeführers liegt nordwestlich der zu bebauenden Liegenschaft zwischen der S-Gasse und der Verkehrsfläche "N". Die Liegenschaft der Viert- und Fünftbeschwerdeführer grenzt östlich an die zu bebauende Liegenschaft an. Das projektierte Gebäude besteht aus zwei Kellergeschoßen, einem Erdgeschoß, zwei Stockwerken und zwei ausgebauten Dachgeschoßen.
Die Einwendungen der Beschwerdeführer und anderer Anrainer betreffend die Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe, die Durchbrechung der Feuermauer, Überschreitung des zulässigen Gebäudeumrisses durch diverse Aufbauten, die Herstellung von Dachterrassen an der Grundgrenze, Schaffung von Wohnungen im zweiten Dachgeschoß, die Mangelhaftigkeit der Unterlagen, die Türen der Garage und des Müllraums, den Abstand der hinteren Fluchtlinie zum Bauplatz S-Gasse 6, die Anzahl der PKW-Abstellplätze und Herstellung von Sickerschächten wurden zum Teil als unbegründet abgewiesen, zum Teil als unzulässig zurückgewiesen. An die Erteilung der Baubewilligung wurden insgesamt dreißig Auflagen geknüpft.
Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer die Berufung ein. Während des Berufungsverfahrens wurden neue Einreichpläne vorgelegt, die hinsichtlich der Darstellung der Gaupen geändert wurden. Über diese Änderung wurde eine mündliche Verhandlung für den 18. April 1994 anberaumt, an der die Beschwerdeführer bzw. deren bevollmächtigte Vertreter teilgenommen haben.
Mit Bescheid vom 20. Mai 1994 hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 21. Jänner 1994 abgewiesen, wobei sich aber der Berufungsbescheid auf die im Berufungsverfahren abgeänderten Pläne bezog.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg.
Zl. 94/05/0172 protokollierte Beschwerde der Erst- bis Drittbeschwerdeführer und die zur hg. Zl. 94/05/0180 protokollierte Beschwerde der Viert- und Fünftbeschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten mit zwei Gegenschriften vorgelegt, auch die mitbeteiligte Partei hat zu jeder Beschwerde eine Gegenschrift eingebracht und jeweils die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat zunächst beschlossen, beide Beschwerden wegen des sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung zu verbinden.
In der Sache selbst hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Das Bauansuchen der Mitbeteiligten langte am 8. September 1992 bei der Behörde ein, weshalb zufolge Art. IV der Bauordnungsnovelle 1992, LGBl. Nr. 34, für das am 1. Oktober 1992 bereits anhängige Verfahren die Bauordnung für Wien in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 34/1992 anzuwenden war. Zur Beurteilung der subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführer ist daher § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) in der Fassung vor der Novelle 1992 heranzuziehen. Zu den Bestimmungen, die demnach dem Schutz der Nachbarn dienen, zählen jedenfalls alle Bestimmungen des Bebauungsplanes für die Bebauung der Liegenschaft sowie alle jene Bestimmungen, die Rechte zum Schutz vor Gefahren und Belästigungen, die sich auf die Nachbargrundstücke erstrecken können, zum Inhalt haben.
Die zu bebauende Liegenschaft liegt im Wohngebiet, Bauklasse II, bei einer Beschränkung der Gebäudehöhe auf maximal 10,5 m; es ist die geschlossene Bauweise festgelegt. Weiters ist zum Gartenbereich eine hintere Baufluchtlinie vorgesehen, die nicht zur Bebauung bestimmten Grundstücksflächen sind gärtnerisch auszugestalten.
Zunächst ist festzuhalten, daß weder aus dem Verhältnis der Nutzfläche zur Grundstücksgröße oder zur Bauklasse noch aus der Tatsache, daß dort ursprünglich 15 Wohnungseinheiten, später 18 Wohnungseinheiten projektiert worden sind, im Beschwerdefall die Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes dargetan werden kann, weil eine derartige Verletzung nur vorläge, wenn die zulässige Bauklasse überschritten würde oder eine Überschreitung der bebaubaren Fläche vorläge. Durch die maximale Ausnützung der baurechtlichen Vorschriften wird ein subjektiv-öffentliches Recht der Nachbarn nicht verletzt.
Der Nachbar hat grundsätzlich kein Recht darauf, daß die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig und der Rechtslage entsprechend der Baubehörde vorgelegt werden, sofern die Planunterlagen ausreichen, um ihm jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof benötigt (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1985, Zl. 84/05/0233, BauSlg. Nr. 418). Die im Akt einliegenden Pläne einschließlich der Schnitte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlungen waren und auf die sich der Berufungsbescheid bezieht, sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ausreichend detailliert, um die für die Nachbarn erforderlichen Informationen zu vermitteln. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind die Pläne auch nicht "verzerrt"; soweit es sich um Ansichten handelt, waren die perspektivischen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Die Pläne enthalten auch die erforderlichen Schnitte.
Gemäß § 81 Abs. 1 BO gilt bei Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie bis zu einer Gebäudetiefe von 15 m als Gebäudehöhe der lotrechte Abstand von der festgesetzten Höhenlage der Verkehrsfläche bis zum obersten Schnittpunkt der Außenwandfläche der Straßenfront ohne Berücksichtigung vorspringender Gebäudeteile wie Gesimse, Erker u. ä., mit der Oberfläche des Daches; nicht raumbildende Gebäudeteile und raumbildende Dachaufbauten gemäß Abs. 6 bleiben dabei außer Betracht. Ist die festgesetzte Höhenlage der Verkehrsfläche längs der Straßenfront nicht einheitlich, so ist der Bemessung der Gebäudehöhe das arithmetische Mittel der Höhenlagen an den Endpunkten der Front zugrundezulegen. Ist bei Straßenfronten von mehr als 30 m Länge der Unterschied zwischen den festgesetzten Höhenlagen der Verkehrsfläche an den Endpunkten der Front größer als 3 m, so ist das Gebäude an der Straßenfront so zu gliedern, daß der Unterschied zwischen den Höhenlagen der Verkehrsflächen an den Endpunkten der Gebäudeabschnitte nicht mehr als 3 m beträgt; die Gebäudehöhe ist für jeden Gebäudeabschnitt gesondert zu bemessen. Der oberste Abschluß aller anderen Fronten darf den der Straßenfront nicht überschreiten, doch bleiben die der Dachform entsprechenden Giebelflächen außer Betracht.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung darf bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein; hiebei darf die höchste zulässige Gebäudehöhe an der Grundgrenze und bis zu einem Abstand von 3 m von derselben überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als 3 m überschritten werden. Bei dieser Ermittlung sind die Feuermauern ab 15 m hinter der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie wie Fronten in Rechnung zu stellen. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen bleiben jedoch bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung dargelegt, daß jeder Nachbar ausschließlich hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften über die Gebäudehöhe an der jeweils seinem Grundstück zugekehrten Front ein subjektiv-öffentliches Recht hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. Februar 1977, Zl. 2093, 2097, 2099/76, vom 26. Juni 1990, Zl. 90/05/0034, u. v.a.). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsansicht abzugehen. Der Umstand, daß die "Fassadenabwicklung" eine rechnerische Einheit darstellt, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil jeder Nachbar nur eine Verletzung der ihm zukommenden subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen kann, wovon bei einer von seinem Grundstück abgekehrten Front nicht die Rede sein kann. Den Viert- und Fünftbeschwerdeführern ist die 10 m breite Front des rechten Seitentraktes von der Front N aus gesehen, sowie die linke Seitenfront des s-gassenseitig liegenden Gebäudeteiles und die 5,70 m breite Gartenfront zugekehrt. Keine dieser Fronten überschreitet eine Gebäudehöhe von 10,50 m. Wie der Schnittdarstellung C - C" zu entnehmen ist, beträgt die tatsächliche Gebäudehöhe der 10 m breiten Hinterfront des rechten Seitentraktes von N aus gesehen nur 10,43 m. Die belangte Behörde hat zutreffend erkannt, daß von einer Höhe des anschließenden Geländes auszugehen ist, wie es nach dem Bauvorhaben zum Zeitpunkt der Bauführung vorhanden sein wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1977, Slg. Nr. 9220/A). Dem Beschwerdevorbringen,wonach die linke Seitenfront, von der S-Gasse aus gesehen, die zulässige Gebäudehöhe überschreite, ist entgegenzuhalten, daß aus der Gartenansicht des Planes C 3 klar hervorgeht, daß es sich bei dem über den obersten Abschluß der Straßenfront hinausgehenden Wandteil um eine Giebelfläche handelt, wobei noch auszuführen ist, daß entgegen den Beschwerdebehauptungenden vorgelegten Plänen keine 6 m breiten Gaupen, die den Beschwerdeführern in irgendeiner Weise zugekehrt sein könnten, zu entnehmen sind.
Zutreffend hat die belangte Behörde darauf hingewiesen, daß die Regeln des § 81 Abs. 2 BO nur in der Bestimmung des § 85 BO (Stadtbild) ihre Grenzen finden, der Nachbar aber in bezug auf das Ortsbild kein Mitspracherecht besitzt. Entgegen der Ansicht des Zweitbeschwerdeführers läßt sich weder aus § 81 Abs. 2, noch aus einer anderen Bestimmung der Wiener Bauordnung herauslesen, daß nach einer Gebäudetiefe von 15 m die Dachfläche wieder auf das Niveau der straßenseitigen Gebäudehöhe heruntergeführt werden müßte.
Die belangte Behörde ist der Begründung ihres Bescheides zufolge davon ausgegangen, daß bei der hier gegebenen Überschneidung von zwei 15 m-Bereichen dem Bauwerber die gemäß § 81 Abs. 5 zulässige höhere Gebäudehöhe zuzugestehen ist. Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Rechtsansicht aus folgenden Gründen: Aus dem Recht des Eigentümers einer Liegenschaft, seine Sache nach Willkür zu benützen (§ 362 ABGB) hat der Verwaltungsgerichtshof den Grundsatz der Baufreiheit abgeleitet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 94/06/0245, und die dort angeführte Vorjudikatur). Gesetzliche Beschränkungen sind daher im Zweifel zu Gunsten der Baufreiheit auszulegen, beim Fehlen einer (gesetzlichen) Beschränkung ist von der Freiheitssphäre des Eigentümers auszugehen. Bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regel, wie die Gebäudehöhe bei der Überschneidung von zwei 15 m-Bereichen zu ermitteln ist, ist daher im Sinne der Baufreiheit von der für den Bauwerber günstigeren Regelung auszugehen. Für eine "Interessensabwägung", wie sie der Zweitbeschwerdeführer vertritt, fehlt die gesetzliche Grundlage.
Aus den Schnitten A - A" und C - C" auf Plan C 3 sowie den Ansichten der Gartenfronten bzw. der Ansicht "N" geht hervor, daß die insbesondere vom Erstbeschwerdeführer als "Pseudogaupen" und vom Zweitbeschwerdeführer als "französische Fenster" bzw. "Dacherker" bezeichneten Dachausbauten einige Zentimeter hinter die Gebäudefront zurückversetzt sind; dies gilt auch für die in der Mitte liegenden Säulen, die die Fenster teilen. Gemäß § 81 Abs. 6 BO darf der nach Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriß unter anderem durch einzelne Dachgaupen überschritten werden. Durch die von der mitbeteiligten Partei gewählte Gestaltungsform dieser Gaupen wird eine im Sinne des § 81 Abs. 6 BO zulässige Überschreitung des Gebäudeumrisses verwirklicht, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, daß die Fenster nicht die übliche Parapethöhe einhalten. Durch eine Verlängerung der Fenster in Fußbodenhöhe wird ein subjektiv-öffentliches Recht von Nachbarn nicht verletzt.
Nach der zitierten Bestimmung (§ 81 Abs. 6 BO) darf der zulässige Gebäudeumriß auch im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugstriebwerksräume und Stiegenhäuser überschritten werden. Entgegen der Ansicht des Zweitbeschwerdeführers bedeutet die Wortfolge "im unbedingt notwendigen Ausmaß" im gegebenen Zusammenhang nicht, daß die Überschreitung nur dann zulässig ist, wenn sie nicht durch eine andere Planung vermieden werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1980, Zl. 137/80), sondern ein an der Funktion der Stiegenhäuser und Aufzugstriebwerksräume orientiertes Ausmaß. Diesem Erfordernis entspricht sowohl das an der Südseite gelegene Stiegenhaus, dessen Stiegen nur die gemäß § 106 Abs. 6 BO erforderliche Mindestbreite der notwendigen Verbindungswege aufweist, als auch der Aufzugstriebwerksraum. Daß die Gaupe den dahinter liegenden Raum erweitert, liegt in der Natur der Sache, wenn der Gesetzgeber, wie hier in § 81 Abs. 6 BO, die Zulässigkeit von Gaupen grundsätzlich vorsieht. Ansonsten wäre der Gesetzgeber gehalten gewesen, bei ausgebauten Dachgeschoßen nur die Zulässigkeit von Dachschrägfenstern zu verfügen, was der Wiener Landesgesetzgeber aber nicht getan hat.
Der Rüge des Zweitbeschwerdeführers, wonach ihm die belangte Behörde die Parteistellung hinsichtlich des Stiegenhauses und des Aufzugstriebwerksraumes versagt hätte, ist zu entgegnen, daß dies der Aktenlage nicht zu entnehmen ist: Die belangte Behörde hat den Zweitbeschwerdeführer als Nachbarn behandelt und ist auf sein Vorbringen inhaltlich eingegangen, dies auch in bezug auf das Stiegenhaus und den Aufzugstriebwerksraum.
Der Beurteilung der belangten Behörde, wonach die hinter dem Aufzugstriebwerksraum liegende Fläche als Giebelfläche zu qualifizieren ist, kann an Hand der einen Bescheidbestandteil bildenden Pläne nicht entgegengetreten werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die Wortfolge "die der Dachfläche entsprechenden Giebelflächen" in § 81 Abs. 2 letzter Satz BO nicht so auszulegen ist, daß nur eine tatsächliche, von der vorhandenen Dachform gebildete Giebelfläche außer Betracht zu bleiben hat (in diesem Fall hätte der Gesetzgeber die Regelung in diesem Sinn treffen müssen), sondern eine gedachte Giebelfläche, die innerhalb der zulässigen Dachform möglich ist.
Auch der Zweitbeschwerdeführer gibt selbst zu, daß die in der Nähe seiner Grundgrenze errichtete Terrasse eben nicht bis an die Grundgrenze reicht, sondern durch einen (80 cm breiten) Putzgang von der Liegenschaftsgrenze getrennt wird. Das vom Zweitbeschwerdeführer zitierte hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1977, Zl. 1950/76, betraf einen anderen Sachverhalt, nämlich einen bis zur seitlichen Grundgrenze reichenden Balkon, der nicht durch Feuermauern abgeschlossen war. Im übrigen sieht § 101 Abs. 5 BO die Errichtung von Feuer- und Brandmauern, die mindestens 15 cm über die Dachflächen zu führen sind, dann nicht vor, wenn das Übergreifen eines Brandes durch andere geeignete Maßnahmen verhindert wird. Die Ansicht der belangten Behörde, daß die vorgesehenen Stahlbetonplatten als mindestens ebenso geeignete Maßnahme wie das Höherführen der Brandmauern anzusehen ist, kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Hinsichtlich des Abstandes der Baufluchtlinie zur Nachbarliegenschaft S ist festzustellen, daß die belangte Behörde von dem im Akt einliegenden Originallage- und Höhenplan des D.I. A ausgegangen ist, der eine Maßangabe von 11,94 enthält. Wenn die Beschwerdeführer die Bedenklichkeit einer Kopie darin erblicken, daß in diese von der mitbeteiligten Bauwerberin die Lage des zu errichtenden Gebäudes einschließlich der zu schaffenden Höhenkoten eingezeichnet worden ist, so vermag die Kopie eine Bedenklichkeit des Originals nicht darzutun. Der der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen zugrundeliegende Plan, in dem eine Entfernungsangabe von 12,33 m aufscheint, weist nicht jene Detailgenauigkeit auf, wie der Plan des D.I. A, sodaß die belangte Behörde ihrer Entscheidung zu Recht den Plan des D.I. A vom 17. März 1992 zugrundegelegt hat.
Zu den behaupteten Verfahrensverletzungen ist grundsätzlich festzustellen, daß die verfahrensrechtlichen Ansprüche des Nachbarn nicht weitergehen als seine materiellen Rechte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1974, Slg. Nr. 8713/A, u. a.). Da durch den angefochtenen Bescheid keine inhaltlichen Rechte der Beschwerdeführer verletzt wurden, war auf die Verfahrensrüge nicht weiter einzugehen.
Da sich die Beschwerden somit als unbegründet erweisen, waren sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der belangten Behörde war abzuweisen, da die Aktenvorlage nur einmal erfolgte.
Wien, 20. Juni 1995
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)