VwGH 94/05/0004

VwGH94/05/000428.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Agnes H in L, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. November 1993, Zl. BauR-011114/1-1993 Gr/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1) Helmut B, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in A, 2) Gemeinde T, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. Juni 1993 wurde der erstmitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung "für die Errichtung einer Stützmauer" auf dem Grundstück Nr. 11/52, EZ 243 des Grundbuches über die Kat. Gem. X, erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden "als unzulässig zurückgewiesen, weil sie nicht Gegenstand der Verhandlung sind und an ihrer Grundgrenze weder eine Stützmauer noch eine Geländeanschüttung durchgeführt ... wird".

Mit dem auf dem Beschluß des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 4. Oktober 1993 beruhenden Bescheid (welcher offensichtlich irrtümlich das Datum "6. 9. 1993" trägt) wurde der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Baubewilligungsbescheid eingebrachten Berufung keine Folge gegeben. Die Berufungsbehörde hob in ihrem Bescheid hervor, daß an der Grundstücksgrenze der Beschwerdeführerin weder eine Baulichkeit errichtet noch eine Veränderung des Geländes durch Aufschüttung vorgenommen werde und das geplante Vorhaben im übrigen den Bestimmungen der OÖ Bauordnung sowie des Bebauungsplanes entspreche.

Der dagegen eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 22. November 1993 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch diesen Berufungsbescheid nicht in ihren Rechten verletzt werde. Die Aufsichtsbehörde ging im Spruch ihres Bescheides davon aus, daß das Datum des Berufungsbescheides "richtig wohl: 4.10.1993" zu lauten habe.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die erstmitbeteiligte Partei erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde nicht geprüft habe, ob "das Wohnhaus und die Schwimmbeckenanlage" des Erstmitbeteiligten in Übereinstimmung mit der rechtskräftigen Baubewilligung ausgeführt worden seien, womit "die Ursache der eigentlichen Beschwer, nämlich die nicht plangemäße Errichtung der Schwimmbeckenanlage auf aufgeschüttetem Gelände ungeprüft geblieben" sei.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, daß dem angefochtenen Bescheid ein Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde zugrunde liegt, mit welchem der erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid vom 8. Juni 1993 bestätigt worden ist. Gegenstand dieses Bescheides war aber lediglich, wie sich aus der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ergibt, die baubehördliche Bewilligung "für die Errichtung einer Stützmauer", weshalb im Beschwerdefall nur zu prüfen ist, ob durch die Errichtung der bewilligten Stützmauer subjektiv-öffentliche Nachbarrechte der Beschwerdeführerin verletzt werden. Die belangte Behörde hatte daher im gegebenen Zusammenhang nicht zu untersuchen, ob das Wohnhaus und die "Schwimmbeckenanlage" des mitbeteiligten Bauwerbers in Übereinstimmung mit der dafür gesondert erteilten, bereits rechtskräftigen Baubewilligung ausgeführt worden sind. Im übrigen ist nicht zu erkennen und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht aufgezeigt, inwiefern ihre subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte dadurch verletzt sein könnten, daß die nunmehr bewilligte Stützmauer nicht bereits Gegenstand jenes Verfahrens war, in welchem die Baubewilligung für das Haus und die "Schwimmbeckenanlage" erteilt worden ist, zumal die Beschwerdeführerin auch in diesem Baubewilligungsverfahren berechtigt war, ihre allfälligen Nachbarrechte wahrzunehmen.

Als weiteren Verfahrensmangel macht die Beschwerdeführerin geltend, daß die belangte Behörde das Datum des Berufungsbescheides "vom 6. 9. 1993 von sich aus auf 4. 10. 1993 umdeutete, weil es wohl nicht angeht, daß ein möglicherweise dem Gemeinderat der Gemeinde T unterlaufener Irrtum nicht von diesem Organ selbst, sondern von einer Rechtsmittelbehörde richtiggestellt wird".

Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil das Datum eines Bescheides und die Angabe des Sitzungstages eines Kollegialorganes grundsätzlich keine wesentlichen Bescheidmerkmale darstellen (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., auf S. 402 zitierte hg. Entscheidung vom 2. März 1984, Zl. 84/02/0008), sodaß dem offensichtlich unrichtigen Datum des nach der Beschlußfassung im Gemeinderat im Wege der Zustellung erlassenen und auf einem diesbezüglichen Beschluß dieses Organs beruhenden Bescheides für die Frage der Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin keine rechtliche Bedeutung zukommt.

Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erblickt die Beschwerdeführerin ferner in dem Umstand, daß die belangte Behörde die Feststellung der Baubehörden übernommen habe, wonach die in Rede stehende Stützmauer "bloß an der nördlichen Grundgrenze" des mitbeteiligten Bauwerbers "entlanggeführt" werde und "nur zu dieser Grundgrenze hin Geländeaufschüttungen vorgesehen" seien, aber nicht zum Grundstück der Beschwerdeführerin, und verweist in diesem Zusammenhang auf die der Beschwerde beigelegten Pläne.

In Erwiderung auf dieses Vorbringen genügt der Hinweis, daß die von der Beschwerdeführerin übermittelten Pläne nicht mit den der Baubewilligung für die Stützmauer zugrunde liegenden übereinstimmen, sodaß die Beschwerdeführerin offensichtlich von einem nicht den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildenden und daher im gegebenen Zusammenhang nicht zu prüfenden Bauvorhaben ausgeht. Die Beschwerdeführerin nimmt unter Zugrundelegung der bewilligten Pläne daher fälschlich an, "daß zum einen die Stützmauer bis" an ihr "Grundstück hinreicht und zum anderen, daß" der mitbeteiligte Bauwerber "sein Grundstück im Bereich zur Grundgrenze der Beschwerdeführerin unmittelbar an der Grenze um 1,80 Meter aufböscht, um daran eine weitere steil abfallende Böschung anzuschließen".

Den in der Beschwerde im Zusammenhang mit der Frage, "ob tatsächlich als Aufschüttungsmaterial Bitumen-Straßendecken verwendet wurden", geäußerten Bedenken muß entgegengehalten werden, daß einerseits nach dem bei der Bauverhandlung aufgenommenen Befund "entlang der westlichen Grundgrenze" (also gegenüber der Liegenschaft der Beschwerdeführerin) "keine Geländeaufschüttungen durchgeführt werden", und andererseits die Art des für Geländeaufschüttungen zu verwendenden Materials nicht Gegenstand eines bescheidmäßigen Abspruches war, sodaß auch nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Verwendung von "Bitumen-Straßendecken" als Aufschüttungsmaterial baubehördlich bewilligt worden ist.

Den weiteren, unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vorgetragenen Beschwerdeausführungen ist zu erwidern, daß die Abstandsbestimmungen des § 32 Abs. 2 der OÖ Bauordnung 1976 nur für Gebäude, also nicht für die im Gegenstande bewilligte Stützmauer, gelten und der im Beschwerdefall maßgebende Teilbebauungsplan keine Abstandsvorschriften für STÜTZMAUERN enthält. Ob die "effektiv vorhandenen Aufschüttungen" baubehördlich bewilligt worden sind, kann dahingestellt bleiben, weil es bei einem Baubewilligungsverfahren als Projektgenehmigungsverfahren auf die Bewilligungsfähigkeit des den Gegenstand des Bauansuchens bildenden Vorhabens ankommt.

Schließlich ist zu dem unter Berufung auf § 48 der OÖ Bauverordnung erstatteten Beschwerdevorbringen nochmals darauf hinzuweisen, daß das bewilligte Vorhaben im Bereich der Grundgrenze der Beschwerdeführerin keine Geländeaufschüttungen vorsieht, weshalb sie im Sinne des Abs. 1 lit. a der zitierten Norm keine "Verschlechterung der Geländeverhältnisse oder der Ausnutzbarkeit der Grundfläche in bezug auf die vorhandene oder künftige Bebauung" zu erwarten hat.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin durch die Abweisung der Vorstellung nicht in ihren Rechten verletzt worden ist, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

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