VwGH 94/04/0265

VwGH94/04/026521.3.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des M in D/BRD, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. Oktober 1994, Zl. VwSen-220770/3/Kon/Fb, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VerG §12 Abs1;
VerG §4 Abs2 liti;
VStG §9 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
VerG §12 Abs1;
VerG §4 Abs2 liti;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 18. Oktober 1994 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt,

"es als Obmann es Vereines "T" und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufene Organ dieses Vereines zu verantworten (zu haben), daß zumindest am 2.4.1993 um 23.00 Uhr und am 3.4.1993 um 21.27 Uhr im Standort L, G-Straße 31, das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Restaurants ausgeübt wurde - wie aufgrund dienstlicher Wahrnehmungen von Organen der Bundespolizeidirektion Linz feststeht -, indem dort an Gäste (zum Zeitpunkt der Kontrolle waren 7 bzw. 20 Gäste im Lokal) Getränke ausgeschenkt bzw. Speisen verabreicht wurden, ohne im Besitz einer entsprechenden Konzession zu sein, die gemäß § 5 Z. 2 GewO 1973 idgF erforderlich ist."

Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 366 Abs. 1 Z. 2 iVm § 5 Z. 2 GewO 1973 verletzt, weshalb eine Geldstrafe von S 50.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen) verhängt wurde. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Erstbehörde habe dargelegt, daß die dem Beschuldigten angelastete Tat aufgrund der Anzeigen der Bundespolizeidirektion Linz und aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei. In Bezug auf das Strafausmaß sei als straferschwerender Umstand zu werten gewesen, daß das Gastgewerbe trotz Vorliegens eines Schließungsbescheides weiter unbefugt ausgeübt worden sei. Der Beschwerdeführer habe in der der belangten Behörde vorgelegenen Berufung gegen seine Bestrafung im wesentlichen eingewandt, ab 1. März 1993 in der Bundesrepublik Deutschland ansässig zu sein, sodaß er zum Zeitpunkt der Tat zum Verein keinerlei Beziehungen mehr gehabt habe. Die belangte Behörde habe in den erstbehördlichen Verfahrensakt Einsicht genommen und darin einen ausreichend ermittelten und unter Beweis gestellten Sachverhalt festgestellt. Da in der ihr vorliegenden Berufung nur rechtliche Einwände der dargestellten Art erhoben worden seien, sei die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich gewesen. Zum Berufungsvorbringen führte die belangte Behörde aus, der Verein "T" habe mit Schreiben vom "3. 2." (richtig: 2. März) 1992 der Bundespolizeidirektion Linz/Vereinsreferat mitgeteilt, daß in der außerordentlichen Generalversammlung am 27. Februar 1992 der Beschwerdeführer zum Obmann des Vereins gewählt worden sei. Diese Mitteilung, die bei der Vereinsbehörde am 4. März 1992 eingelangt sei, sei vom Beschwerdeführer unterfertigt worden. Der Verein habe zu den Tatzeitpunkten (2. April und 3. April 1993) noch Bestand gehabt. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Wohnsitzwechsel ins Ausland vermöge an seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG nichts zu ändern, da diese nicht an einen Wohnsitz im Inland gebunden sei. Ein inländischer Wohnsitz sei nur für die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG erforderlich.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich seinem Vorbringen zufolge "in den gesetzlich gewährleisteten Rechten, entgegen der Bestimmung des § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 5 Abs. 2 GewO 1973 nicht bestraft zu werden, und auf fehlerfreie Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verletzt." In Ausführung dieses so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer u.a. vor, er habe der belangten Behörde in der Beilage zu seiner Berufung die Anzeige der außerordentlichen Generalversammlung und Wahl vom 27. Februar 1992 übersandt, aus der ersichtlich sei, daß eine in der Beschwerde näher bezeichnete Person zum stellvertretenden Obmann gewählt worden sei. Als solcher sei diese Person in Abwesenheit des Beschwerdeführers für den Verein verantwortlich sowie auch zur Vertretung des Vereins befugt. Da der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der angelasteten Verwaltungsübertretung sich bereits in Deutschland aufgehalten sowie seine Funktion im Einvernehmen mit dem Vereinsvorstand zurückgelegt habe, hätte die belangte Behörde allenfalls den stellvertretenden Obmann als amtsführenden Obmann zur Verantwortung ziehen müssen.

Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:

Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die Frage, wer im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG im gegenständlichen Fall zu den von der Behörde genannten Tatzeitpunkten für den in Rede stehenden Verein zur Vertretung nach außen berufen war, ist anhand des Vereinsgesetzes 1951 zu lösen. Dieses wiederum verweist diesbezüglich auf die Statuten, die eine entsprechende Regelung zu enthalten haben (§ 4 Abs. 2 lit. i VG).

Nach den Statuten wird insbesondere auch die Frage zu beantworten sein, unter welchen Voraussetzungen der eigentlich zur Vertretung nach außen berufene Organwalter zeitweilig an der Ausübung seiner Funktion gehindert (zu einer solchen Möglichkeit vgl. Skarwada, Das österreichische Vereins- und Versammlungsrecht, Seite 39) oder ihrer dauernd verlustig gegangen (vgl. Fessler - Keller, Österreichisches Vereinsrecht7, Seite 50 f) ist und welche Person dann (stellvertretend bzw. amtsführend) zur Vertretung nach außen berufen ist; jedenfalls in der Regel - d.h. soferne die Statuten nicht ausdrücklich etwas anderes vorsehen (vgl. Fessler - Keller aaO Seite 51 f) - wird aber davon auszugehen sein, daß der zur Vertretung nach außen berufene Organwalter diese seine Funktion mit dem Verlust der Mitgliedschaft zu dem betreffenden Verein verliert (vgl. Fessler - Keller aaO Seite 52).

Der Beschwerdeführer hat in seiner gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobenen Berufung (vom 22. November 1993) substantiiert (d.h. unter Vorlage u.a. einer Ablichtung der am 5. März 1993 erfolgten Anmeldung an seiner nunmehrigen Wohnadresse in D/BRD und der korrespondierenden Abmeldung an seiner vormaligen Wohnadresse in E, Oberösterreich) vorgebracht, daß er "in dieser Angelegenheit überhaupt keine Beteiligung habe, weil ich am 1.3.1993 nach BRD eingezogen bin. Ab diesem Zeitpunkt (1.3.1993) habe ich alle meine Beziehungen mit diesem Verein und Österreich abgeschlossen und vom Verein zurückgetreten: das ist auch allen Mitgliedern des Vereins bekannt. Der Verein ist mit allen Organen bestehen geblieben."

Insoweit die belangte Behörde diesem Vorbringen die Mitteilung des Vereins vom 2. März 1992, wonach der Beschwerdeführer Obmann des Vereins sei, entgegenzuhalten zu können glaubte, ist ihr zu erwidern, daß der Vorlage solcher Mitteilungen (nach § 12 Abs. 1 VG) an die Vereinsbehörde keinerlei konstitutive Rechtswirkungen zukommen (vgl. Fessler-Keller aaO Seite 79). Daraus ist aber auch zu folgern, daß derartige Mitteilungen keinen Einfluß auf die Wirksamkeit geänderter Vertretungsverhältnisse haben (vgl. sinngemäß auch das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1991, Zl. 90/17/0112); die Verwaltungsstrafbehörde wird also durch die bloße Existenz einer solchen, bei der Vereinsbehörde aufliegenden Mitteilung nicht ihrer amtswegigen Verpflichtung enthoben, (auf dem Boden der Vereinsstatuten) festzustellen, ob zum Zeitpunkt der Tat die in der Mitteilung als vertretungsbefugt genannte Person tatsächlich (noch) im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG "zur Vertretung nach außen berufen" war.

Die belangte Behörde hat, ausgehend von einer falschen Rechtsansicht, taugliche Ermittlungsschritte zur Überprüfung des obzitierten, geradewegs diese Rechtsfrage aufwerfenden Berufungsvorbringens des Beschwerdeführers unterlassen. Schon aus diesem Grund hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, so daß ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht erforderlich war.

Die Kostenentscheidung gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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