VwGH 94/04/0227

VwGH94/04/022719.3.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des G in H, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 29. September 1994, Zl. 91.508/83-III/7/94, betreffend Verweigerung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Normen

IngG 1990 §4 Abs1 Z1 lita;
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 lita;
IngG 1990 §4 Abs1 Z1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. September 1994 gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten dem Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 des Ingenieurgesetzes 1990 (BGBl. Nr. 461) nicht statt.

Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage aus, der Beschwerdeführer habe am 19. Oktober 1993 an der Höheren Lehranstalt für Berufstätige - Maschinenbau die Reifeprüfung abgelegt. Bis zu seiner Freistellung als Arbeiterbetriebsratsobmann im Februar 1990 sei der Beschwerdeführer nach den vorgelegten Praxiszeugnissen als Montagehelfer im Rohrleitungstiefbau, als Elektroden-Rohrschweißer sowie als bauleitender Monteur bei der Mannesmann Anlagenbau Austria Aktiengesellschaft beschäftigt gewesen. Für die Vornahme dieser Tätigkeiten seien jedoch nicht höhere HTL-Fachkenntnisse, sondern die im Rahmen der gewerblichen Berufsausbildung im Lehrberuf Monteur bzw. Anlagenmonteur vermittelten Kenntnisse erforderlich. Auch für die Ausübung der Funktion eines Betriebsratsobmannes seien keine höheren HTL-Fachkenntnisse erforderlich. Dem Arbeitsverfassungsgesetz sei nur zu entnehmen, daß die Organe der Arbeitnehmerschaft die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb wahrzunehmen und zu fördern hätten, nicht aber, daß die Wahrnehmung dieser Aufgaben höhere HTL-Fachkenntnisse voraussetzen würde. Der Beschwerdeführer verfüge nicht über eine mindestens 3-jährige Berufspraxis, die höhere Fachkenntnisse auf dem Gebiet voraussetze, auf dem er die Reifeprüfung abgelegt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf "Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung Ingenieur nach § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 durch unrichtige Anwendung dieses Gesetzes, sowie des § 2 der Verordnung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Durchführung des Ingenieurgesetzes 1990, sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung" verletzt.

In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (zusammengefaßt) geltend, die belangte Behörde habe die im angefochtenen Bescheid angenommene Gleichsetzung seiner Tätigkeit als gewöhnlicher Monteur mit der als bauleitender Monteur nur mangelhaft begründet. Vor allem habe sich die belangte Behörde aber mit seiner Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender nicht ausreichend auseinandergesetzt. Richtigerweise hätte die belangte Behörde nämlich feststellen müssen, daß für diese Tätigkeit höhere Fachkenntnisse auf dem Sektor Anlagenbau erforderlich seien und er sich solche Fachkenntnisse angeeignet und auch umgesetzt habe. Unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit rügt der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid erfolgte Beurteilung hinsichtlich seiner Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender. Die belangte Behörde habe insoweit verkannt, daß für diese von ihm bei der Mannesmann Anlagenbau ausgeübte Tätigkeit im Hinblick auf den Umfang der Belegschaft (420 Arbeiter und Angestellte) und der ihm in diesem industriellen Unternehmen gestellten Aufgabe auch profundes technisches (und wirtschaftliches) Wissen erforderlich sei. Auch wenn ein auf diesem Gebiet bestehendes Manko im Einzelfall durch andere Fähigkeiten wie etwa Verhandlungsgeschick kompensiert werden könne, müsse der Betriebsratsobmann im Normalfall sich mit der Unternehmensleitung auf gleicher Ebene auseinandersetzen können und damit auch entsprechenden "technischen Einblick" haben. Entsprechend seiner (im Verwaltungsverfahren gegebenen) Sachverhaltsdarstellung habe er "weitgehende Voraussetzungen punkto sowohl theoretischer wie praktischer Ausbildung" mitgebracht und dadurch sei es ihm möglich gewesen, "den Anforderungen auch schon vor Ablegung der Reifeprüfung zu entsprechen". Auf Grund seiner Tätigkeit als Betriebsratsvorsitzender hätte die belangte Behörde seinem Ansuchen stattgeben müssen, weil "ausreichende Elemente der qualitativen Anforderungen laut § 2 VO-IngG erfüllt sind".

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Die in Betracht zu ziehende Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 (BGBl. Nr. 461/1990 in der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung anzuwendenden Fassung) lautet:

"(1) Die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" ist Personen zu verleihen, die

a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde;"

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0163, vom 22. November 1994, Zl. 94/04/0210, und vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0246) dargelegt hat, kann als Praxis, die höhere Fachkenntnisse voraussetzt, nur jene praktische Betätigung berücksichtigt werden, die der Bewerber um die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" in einem Zeitraum absolvierte, in welchem er bereits über diese höheren Fachkenntnisse verfügte. Auch kann es, wie sich aus dem systematischen Zusammenhang ergibt, keinem Zweifel unterliegen, daß als höhere Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. b Ingenieurgesetz 1990 nur solche Kenntnisse verstanden werden können, über die Absolventen der in lit. a dieser Gesetzesstelle genannten Lehranstalten regelmäßig verfügen.

Der Beschwerdeführer hat sich im zugrundeliegenden Verwaltungsverfahren darauf gestützt, daß er seine Reifeprüfung am 19. Oktober 1993 abgelegt hat. Zu der Frage, ob er bereits vor dem Zeitpunkt der Ablegung seiner Reifeprüfung höhere Fachkenntnisse erworben hätte, die Absolventen der in lit. a des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 genannten Lehranstalten regelmäßig verfügen, hat der Beschwerdeführer in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 29. April 1994 lediglich behauptet, "viele dieser Kenntnisse habe ich mir im Laufe meiner HTL-Ausbildung erworben".

Nach § 6 Abs. 2 Ingenieurgesetz 1990 sind dem (im Beschwerdefall gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zu richtenden) Antrag auf Verleihung insbesondere anzuschließen:

  1. a) Nachweise über die Identität des Bewerbers;
  2. b) Nachweise über die Ausbildung und - ausgenommen in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z. 3 - über die Berufspraxis;

    c) Nachweise über die Berechtigung zur Führung der entsprechenden ausländischen Berufs- oder Standesbezeichnung in den Fällen des § 4 Abs. 1 Z. 3;

    d) Prüfungszeugnisse öffentlicher oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteter inländischer Schulen, die Kenntnisse gemäß § 4 Abs. 1 Z. 4 nachweisen.

    Zufolge § 6 Abs. 3 leg. cit. sind sämtliche Nachweise im Original oder in gerichtlich oder notariell beglaubigter Abschrift oder Ablichtung, fremdsprachige Zeugnisse über Verlangen der Behörde überdies in beglaubigter Übersetzung, vorzulegen.

    Der belangten Behörde kann nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Hinblick auf das vorgelegte Reifeprüfungszeugnis und die bloße Behauptung des Beschwerdeführers "viele dieser Kenntnisse habe ich mir im Laufe meiner HTL-Ausbildung erworben" zur Auffassung gelangte, daß der Beschwerdeführer die erforderlichen Fachkenntnisse im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ingenieurgesetz 1990 erst ab dem 19. Oktober 1993 (Datum der erfolgreichen Ablegung der Reifeprüfung) nachgewiesen hat.

    Denn mit der genannten Behauptung hat der Beschwerdeführer nicht (nachvollziehbar) dargelegt auf welchem konkreten Ausbildungsweg bzw. auf welche Art und Weise er die behaupteten Kenntnisse erworben habe bzw. welche Umstände es ihm schon vor Ablegung seiner Reifeprüfung ermöglicht haben sollen, über Kenntnisse zu verfügen, die Absolventen einer im § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. a leg. cit. genannten Lehranstalt regelmäßig erst mit Ablegung der Reifeprüfung aufweisen. In diesem Zusammenhang übersieht der Beschwerdeführer überdies die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. b Ingenieurgesetz 1990, wonach er seinem Antrag NACHWEISE über seine Ausbildung und über seine Berufspraxis anzuschließen hatte.

    Es bildet daher schon aus diesem Grund keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit, daß die belangte Behörde - wie der Beschwerdeführer meint - nicht für eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes hinsichtlich seiner praktischen Tätigkeiten gesorgt hat, weil sie im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer erst am 19. Oktober 1993 abgelegte Reifeprüfung und demnach erst ab diesem Zeitpunkt nachgewiesenen höheren Fachkenntnisse mit Rücksicht auf die dargelegte Rechtslage zu keinem anderen Bescheid hätte kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).

    Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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