Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Gemeinderat der Stadtgemeinde Fischamend und Klubobmann der Gemeinderatsfraktion der Kommunistischen Partei Österreichs. Er brachte in der an die belangte Behörde gerichteten Aufsichtsbeschwerde vom 28. Juni 1994 vor, in der öffentlichen Bekanntmachung des Termins der Gemeinderatssitzung, welche am 27. Juni 1994 stattgefunden hat, sei das Datum (aufgrund eines Schreibfehlers) unrichtig mit "26. Juni 1994" bekanntgegeben worden. Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung, an die diese Aufsichtsbeschwerde abgetreten wurde, teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 23. August 1994 mit, daß sich die Aufsichtsbehörde nicht veranlaßt sehe, die in der Gemeinderatssitzung vom 27. Juni 1994 gefaßten Beschlüsse aufzuheben. Weiters brachte sie dem Beschwerdeführer die Stellungnahme des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Fischamend zu dieser Aufsichtsbeschwerde mit folgendem Inhalt zur Kenntnis:
"Die Stadtgemeinde Fischamend möchte im Zuge dessen ihrerseits zur Anzeige bringen, daß Herr Gemeinderat Ing. R, Klubobmann der KPÖ-Fraktion, durch sein Verhalten gegen § 21 der NÖ. Gemeindeordnung verstößt. Durch die Ablegung des Gelöbnisses, in dem er sich verpflichtet, seine Aufgaben unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen sowie das Wohl der Gemeinde Fischamend nach bestem Wissen und Gewissen zu fördern, wäre es seine Aufgabe gewesen, auf diesen Schreibfehler hinzuweisen. Die Kundmachung erfolgte bereits zehn Tage vorher, und es gelangte ihm daher vor dem Eintreten der gesetzlichen Kundmachungsfrist dieser Schreibfehler zur Kenntnis. Eine rechtzeitige Korrektur dieses Mißgeschickes wäre daher mit seiner Hilfe möglich gewesen. Er jedoch hat dieses bewußt verschwiegen und keineswegs uneigennützig im Lokalblatt der KPÖ die Situation verfälscht dargestellt, auf eventuell eintretende finanzielle Schäden hingewiesen, die durch einen einzigen Satz seinerseits, wären durch diesen Schreibfehler tatsächlich solche zu erwarten, schon im vorhinein hätten verhindert werden können. Er hat somit das Wohl der Gemeinde Fischamend nicht nach bestem Wissen und Gewissen gefördert, sondern der Gemeinde wissentlich Schaden zufügen wollen."
Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung schließe sich dieser Auffassung an. Es wäre die Pflicht des Beschwerdeführers gewesen, den Bürgermeister auf den Irrtum in der Kundmachung aufmerksam zu machen. Selbst wenn der Irrtum vom Beschwerdeführer erst knapp vor oder bei der Gemeinderatssitzung bemerkt worden sein sollte, könne es nicht dem Wohl der Gemeinde dienen und eine uneigennützige Erfüllung der Aufgaben eines Gemeinderates sein, die Sitzung nur wegen dieses Irrtumes zu verlassen (nach dem Inhalt des bei den Verwaltungsakten erliegenden Protokolls über die Sitzung des Gemeinderates vom 27. Juni 1994 ergibt sich, daß der Beschwerdeführer und die beiden anderen Gemeinderäte seiner Fraktion die Sitzung, welche um 20.14 Uhr endete, bereits um
18.11 Uhr verlassen haben). Der Beschwerdeführer werde daher aufgefordert, in Hinkunft im Interesse und zum Wohl der Gemeinde zu handeln.
Mit dem an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 23. September 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Erlassung eines Feststellungsbescheides "über das Nichtbestehen der Pflicht, daß ich als frei gewählter Gemeinderat verpflichtet bin, die Gemeindeverwaltung (Gemeindeamt) für die Erfüllung des Aufgabenbereiches, für den der Bürgermeister aufgrund seiner Verantwortlichkeit gemäß seiner Leitungsbefugnis zuständig ist, auf einen Schreibfehler in der schriftlichen Kundmachung über die Gemeinderatssitzung am Montag, den 26. Juni 1994 hinweisen zu müssen". Weiters beantragte er "die bescheidmäßige Feststellung über die Art der Verletzung des Gelöbnisses wegen Nichtbeachtung des Wohles der Gemeinde durch Nichtbekanntgabe des Schreibfehlers, obwohl dadurch weder die Beschlußfähigkeit der Gemeinderatssitzung behindert war und ausdrücklich die Vertagung oder Verschiebung der Gemeinderatssitzung beantragt wurde, die rechtlich nach den Bestimmungen der NÖ-Gemeindeordnung einwandfrei möglich war".
Mit Beschluß vom 7. November 1994 hat die belangte Behörde diese Anträge zurückgewiesen und dazu begründend ausgeführt, daß die Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides weder gesetzlich vorgesehen sei noch im öffentlichen Interesse liege. Da die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 23. August 1994 keinen Bescheidcharakter habe und daher nicht in die Rechtssphäre des Einschreiters eingreife, diene die begehrte Feststellung auch keinem berechtigten Interesse des Antragstellers.
Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Behörden können im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit - außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung - nur dann Feststellungsbescheide erlassen, wenn die Feststellung entweder im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei liegt und die Vorschriften nicht anderes bestimmen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, auf S. 400, E 37a zu § 56 AVG wiedergegebene Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).
Die Beschwerde versucht ein öffentliches Interesse an der Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides mit der Begründung darzutun, daß aufgrund der unrichtigen Kundmachung des Datums der Gemeinderatssitzung vom 27. Juni 1994 nicht ausgeschlossen werden könne, daß die Öffentlichkeit am Besuch dieser Sitzung gehindert worden sei. Die bei dieser Sitzung gefaßten Beschlüsse liefen Gefahr, aufgrund eines Formalfehlers ungültig zu sein.
Unabhängig davon, ob der Fehler bei der öffentlichen Bekanntmachung des Datums der Gemeinderatssitzung tatsächlich diese Folgen nach sich ziehen könnte, hätten jedenfalls die begehrten Feststellungen des Nichtbestehens der Verpflichtung des Beschwerdeführers, auf diesen Fehler hinzuweisen, und der "Art der Verletzung des Gelöbnisses" durch die Nichtbekanntgabe dieses Fehlers darauf keinen Einfluß. Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, daß die Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides nicht im öffentlichen Interesse liegt.
Die Erlassung eines Feststellungsbescheides liegt im rechtlichen Interesse einer Partei, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung ist, was nur dann der Fall ist, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung der Partei zu beseitigen (vgl. die bei Hauer-Leukauf, aaO, S. 400 ff, E. 37a ff zu § 56 AVG wiedergegebene Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts).
Die im vorliegenden Fall begehrten Feststellungen beziehen sich auf die Fragen, ob der Beschwerdeführer vor der am 27. Juni 1994 stattgefundenen Gemeinderatssitzung verpflichtet gewesen wäre, den Bürgermeister auf den bei der Bekanntmachung des Sitzungstermins aufgetretenen Schreibfehler hinzuweisen, und welche "Art der Verletzung des Gelöbnisses" er durch das Unterlassen eines derartigen Hinweises begangen hat. Ein Rechtsanspruch auf Feststellung der Rechtmäßigkeit eines in der Vergangenheit gelegenen Verhaltens, aus welchem (noch) keine rechtlichen Konsequenzen gezogen wurden, besteht jedoch nach den oben dargestellten Grundsätzen nicht.
Sollten dem Beschwerdeführer aus seinem Verhalten vor und bei der Gemeinderatssitzung vom 27. Juni 1994 - in einem behördlichen Verfahren zu konkretisierende - Nachteile erwachsen, kann er sich mit den ihm im diesbezüglichen Verfahren zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen zur Wehr setzen. Dabei kann ihm nicht zum Schaden gereichen, daß er sich gegen die von der Gemeindeaufsichtsbehörde im Schreiben vom 23. August 1994 geäußerte Rechtsansicht nicht (erfolgreich) zur Wehr gesetzt hat. Die Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides dient somit auch keinem rechtlichen Interesse des Beschwerdeführers.
Die Tatsache, daß die Erledigung der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 23. August 1994 in einer periodischen Druckschrift veröffentlicht wurde, vermag entgegen der Beschwerdemeinung daran nichts zu ändern, zumal diese Erledigung - unabhängig davon, ob ihr Bescheidcharakter zukommt - auch durch den begehrten Feststellungsbescheid nicht beseitigt würde.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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