VwGH 94/01/0775

VwGH94/01/07756.9.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des R, vormals P, geb. C, in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Oktober 1994, Zl. 4.194.068/2-III/13/94, betreffend Feststellung gemäß § 5 Abs.1 Z. 3 Asylgesetz 1991, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;
FlKonv Art33 Abs2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art1 AbschnC Z5;
FlKonv Art33 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Februar 1984 wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) sei. Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. Oktober 1994 wurde jedoch gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 festgestellt, daß hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen "der Jugosl. Föderation" - der Tatbestand des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention eingetreten sei (Spruchpunkt 1.), sowie gemäß § 37 Abs. 5 Fremdengesetz festgestellt, daß die Voraussetzungen des § 37 Abs. 4 dieses Gesetzes vorlägen (Spruchpunkt 2.).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich des Spruchpunktes 1. in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz 1991 verliert ein Flüchtling das Asyl unter anderem, wenn festgestellt wird, daß hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist. Nach Art. 33 Abs. 2 der Konvention kann der Vorteil des Art. 33 Abs. 1 von einem Flüchtling nicht in Anspruch genommen werden, der aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes darstellt oder der, wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt, eine Gefahr für die Gemeinschaft des betreffenden Landes bedeutet. Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention kennt demnach zwei Tatbestände, die nebeneinander bestehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/01/0900).

Die belangte Behörde hat den Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides lediglich damit begründet, daß neun, im einzelnen näher angeführte gerichtliche Verurteilungen des Beschwerdeführers vorlägen. Es handle sich hiebei zum Großteil um Delikte, die nicht als geringfügig zu bezeichnen seien. Auf Grund dessen und auf Grund seiner oftmaligen Straffälligkeit sei offenkundig, daß bei ihm die Hemmschwelle in bezug auf die Begehung strafbarer Handlungen derart gering sei, daß nicht anzunehmen sei, daß sich der Beschwerdeführer pro futuro der Rechtsordnung der Republik Österreich gemäß verhalten werde. Er stelle daher aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich dar, womit der Tatbestand des Art. 33 Abs. 2 erster Fall der Genfer Flüchtlingskonvention erfüllt sei.

Damit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt, kann doch nur dann eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes aus gewichtigen Gründen angenommen werden, wenn ganz spezifische Umstände vorliegen, die eine Gefahr für die Sicherheit des Aufenthaltslandes darstellen können, worunter Umstände zu verstehen sind, die sich gegen den Staat richten und dessen Bestand gefährden (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis zur Zl. 93/01/0900). Daß derartige Umstände vorliegen, wurde von der belangten Behörde nicht festgestellt, zumal dieses geschützte Rechtsgut von keinem der vom Beschwerdeführer begangenen strafbaren Handlungen, derentwegen er verurteilt wurde, betroffen war. Die belangte Behörde ist aber auf Grund des von ihr als erwiesen angenommenen Sachverhaltes auch nicht zum Ergebnis gelangt, daß der Beschwerdeführer wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sei und nunmehr eine Gefahr für die Gemeinschaft seines Aufenthaltslandes darstelle (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Jänner 1995, Zl. 94/01/0746, insbesondere hinsichtlich des Begriffes des "besonders schweren Verbrechens" im Sinne des Art. 33 Abs. 2 zweiter Fall der Genfer Flüchtlingskonvention, wobei - abgesehen von der durch die belangte Behörde diesbezüglich anzustellenden Zukunftsprognose - für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar ist, daß der Beschwerdeführer wegen eines solchen rechtskräftig verurteilt worden sei).

Der angefochtene Bescheid war somit in seinem Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, wobei bemerkt wird, daß hinsichtlich seines Spruchpunktes 2. eine gesonderte Entscheidung zur Zl. 95/18/0843 ergehen wird.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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