VwGH 93/18/0212

VwGH93/18/02123.5.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der H in T, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 1. März 1993, Zl. 3-28615-91, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AZG §12 Abs1;
AZG;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;
AZG §12 Abs1;
AZG;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (der belangten Behörde) wurde die Beschwerdeführerin in ihrer Eigenschaft als Arbeitgeberin wegen mehrfacher Übertretungen nach § 16 Abs. 3 des Arbeitszeitgesetzes (Überschreitung des höchstzulässigen Ausmaßes der Einsatzzeit von Lenkern in 18 Fällen), § 14 Abs. 2 leg. cit. (Überschreitung des höchstzulässigen Ausmaßes der gesamten Lenkzeit in 18 Fällen) und § 12 Abs. 1 leg. cit. (Nichtgewährung des gesetzlich vorgesehenen Mindestausmaßes an ununterbrochener Ruhezeit in 18 Fällen) schuldig erkannt; es wurden deshalb gemäß § 28 Abs. 1 leg. cit. über sie Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde hält die Verwaltungsstrafverfahren für mangelhaft, weil die belangte Behörde die von der Beschwerdeführerin "beantragte Einvernahme der LKW-Lenker, die angeblich ihre Arbeitszeit überschritten haben, nicht durchgeführt (hat)". Diese Einvernahme wäre notwendig gewesen, "da zwischen der Auswertung der Diagrammscheibe und den ausgefüllten Wochenberichtsblättern meiner Fahrer Differenzen aufgetaucht sind". Die Beschwerdeführerin habe dafür in ihrer Stellungnahme vom 3. Dezember 1991 "das Beispiel des Lenkers B vom 6.6.1991 angeführt".

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Abgesehen davon, daß die für den genannten Lenker herausgestellte längere Anwesenheit im Betriebsgelände (nach seiner Rückkehr von einer Fahrt) entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin jedenfalls als Arbeitszeit zu qualifizieren ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/18/0402), mithin für den Standpunkt der Beschwerde damit nichts zu gewinnen ist, übersieht die Beschwerdeführerin, daß die Anführung eines einzigen Beispieles bei der Vielzahl der ihr angelasteten unterschiedlichen Übertretungen von vornherein nicht geeignet ist, den von der belangten Behörde als maßgeblich angenommenen Sachverhalt - zumal die dazu im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung (S. 5) durchaus nachvollziehbar ist - zu erschüttern. Wenn in der Beschwerde darüber hinaus postuliert wird, daß es der Behörde oblegen wäre, "die Lenker" (offenbar alle betroffenen) "konkret zu jeder angeblichen Überschreitung" zu befragen, da es dann gelungen wäre, "jeden Vorwurf zu entkräften", verkennt die Beschwerdeführerin, daß es im Rahmen der sie treffenden Mitwirkungspflicht an ihr gelegen war, den konkreten Tatanlastungen durch die Behörde ebenso konkrete Darstellungen entgegenzusetzen und hiefür entsprechende Beweise anzubieten. Es geht also nicht, wie die Beschwerde meint, darum, daß die Behörde ein "sehr aufwendiges Verfahren" scheute, sondern darum, daß an einem einzelnen Beispiel demonstrierte, im übrigen aber ganz allgemein gehaltene Gegenbehauptungen nicht ausreichen, die Tatvorwürfe zu entkräften oder die Behörde auch nur zu veranlassen, nun von sich aus die von der Beschwerdeführerin verabsäumten konkreten, detaillierten Angaben beizuschaffen.

Was schließlich den Vorwurf anlangt, die belangte Behörde sei auch dem Antrag der Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, die Lenker darüber zu befragen, "ob von mir als Arbeitgeber alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen gesetzt wurden, die eine Verletzung des Arbeitszeitgesetzes ausschließen und mir daher die Arbeitszeitüberschreitungen nicht vorwerfbar sind", so verkennt die Beschwerde, daß solcherart von Zeugen die Beantwortung einer Rechtsfrage verlangt worden wäre, was nicht deren Aufgabe ist. Es liegt demnach das behauptete behördliche Versäumnis auch in dieser Hinsicht vor.

2. Zu den "das in meinem Betrieb vorherrschende Kontrollsystem" betreffenden Beschwerdeausführungen sei zunächst auf die darauf bezughabenden, sich mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Einklang befindlichen Erwägungen im angefochtenen Bescheid, darüber hinaus auf das die Beschwerdeführerin betreffende hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1992, Zl. 91/19/0201, hingewiesen, in dem sich der Gerichtshof mit inhaltlich übereinstimmendem Beschwerdevorbringen - unter Ablehnung der darin vertretenen Rechtsansicht auseinandergesetzt hat. Dies gilt im besonderen für die in der vorliegenden Beschwerde wiederholte Behauptung der Sinnlosigkeit eines Kontrollsystems in bezug auf die Einhaltung der Arbeitszeit.

3. Mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht einmal behauptet, "daß der Erfolg der angeblichen strafbaren Handlung im Inland eingetreten ist", wozu anzumerken sei, daß ihre Lenker die Arbeitszeit "erst in Deutschland überschritten haben", wird die Beschwerdeführerin auf die ständige hg. Rechtsprechung verwiesen, wonach als Ort der Übertretung jener Ort anzusehen ist, an dem die gesetzliche Vorsorgehandlung unterlassen wurde; dies ist der - im Beschwerdefall in Österreich gelegene - Sitz der Unternehmensführung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Juli 1991, Zl. 19/19/0118).

4. Hinsichtlich der im Grunde des Art. 18 B-VG gegen § 28 des Arbeitszeitgesetzes geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken genügt es, auf das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 91/19/0201 zu verweisen (§ 43 Abs. 2 VwGG). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der genannten Bestimmung zu stellen.

5. Die im Rahmen der Bekämpfung des Strafausspruches aufgestellte Behauptung, es gehe aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor, warum der Unrechtsgehalt der inkriminierten Delikte bedeutend sei, ist unzutreffend. Die in der Beschwerde dazu vermißte Begründung findet sich auf S. 11 des bekämpften Bescheides; sie ist ausreichend.

Mit ihrer Aussage, der Beschwerdeführerin mangle es an jeglicher Schuldeinsicht, nimmt die belangte Behörde erkennbar auf die von ihr - zu Recht - hervorgehobene Tatsache einschlägiger Vorstrafen der Beschwerdeführerin Bezug, ohne diesem Erschwerungsgrund unter dem Titel mangelnder Schuldeinsicht einen weiteren hinzuzufügen.

Was schließlich die kritisierte Bedachtnahme auf eine "generalpräventive Wirkung" der Strafhöhe anlangt, so vermag der Gerichtshof die dazu geäußerten Bedenken der Beschwerdeführerin nicht zu teilen, würde doch - folgte man iher Argumentation - eine Berücksichtigung dieses Strafzumessungskriteriums nur in spektakulären, im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Verfahren in Betracht kommen - eine Einschränkung, die dem mit diesem Kriterium verfolgten Zweck nicht gerecht würde.

6. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die beauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - somit auch ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages hinsichtlich einer weiteren Beschwerdeausfertigung und ohne Durchführung der beantragten Verhandlung - als unbegründet abzuweisen.

7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

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