VwGH 93/18/0109

VwGH93/18/010925.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des C in T, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. Jänner 1993, Zl. St 135-6/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §47;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
ZustG §22 Abs1;
AVG §37;
AVG §47;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
ZustG §22 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (der belangten Behörde) vom 26. Jänner 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels vom 28. September 1992, mit dem gegen den Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 und 2 Z. 6 und 7 in Verbindung mit § 4 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum 28. September 2002 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen wurde, gemäß § 66 Abs. 4 in Verbindung mit § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß dem Rückschein nach der bezeichnete Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels am 28. September 1992 dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen zugestellt worden sei. Gehe man von der Richtigkeit dieses Zustelldatums aus, habe die Rechtsmittelfrist mit Ablauf des 12. Oktober 1992 geendet. Die Berufung gegen diesen Bescheid sei aber erst am 13. Oktober 1992 zur Post gegeben worden. Der Beschwerdeführer behaupte, den Bescheid tatsächlich erst am 1. Oktober 1992, dem Tag seiner Abschiebung erhalten zu haben. Das Datum auf dem Rückschein, das nicht von ihm eingesetzt worden sei, müsse nachträglich, möglicherweise auch irrtümlich, mit 28. September 1992 vermerkt worden sein. Zur Stützung dieses Vorbringens habe der Beschwerdeführer vorgebracht, daß sein Rechtsvertreter am 29. September 1992 vormittags in der zuständigen Abteilung der Bundespolizeidirektion Wels interveniert habe, wobei ihm Einsicht in eine Niederschrift gewährt, allerdings nicht gesagt worden sei, daß gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot erlassen werde. Es wäre seinem Vertreter wohl zweifellos mitgeteilt worden, wenn damals tatsächlich schon der angefochtene Bescheid erlassen und zugestellt worden wäre. Der Rechtsvertreter sei daher auch sehr überrascht gewesen, als ihm bei seiner Intervention am 1. Oktober 1992 vormittags erklärt worden sei, daß der Beschwerdeführer bereits mit einem Transportauto zum Flughafen Schwechat unterwegs sei. Daß dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nicht mitgeteilt worden sei, daß das Aufenthaltsverbot schon erlassen worden sei, führe die Bundespolizeidirektion Wels darauf zurück, daß der Rechtsvertreter zum damaligen Zeitpunkt noch nicht als Vertreter ausgewiesen gewesen sei. Tatsächlich sei in der Stellungnahme vom 4. November 1992 auch ausgeführt, die Vollmacht habe erst vor seinem Abflug am Flughafen Wien eingeholt werden können. Die Bundespolizeidirektion Wels habe sogar zwei Zeugen namhaft gemacht, daß die Zustellung tatsächlich schon am 28. September 1992 erfolgt sei. Die belangte Behörde glaube allerdings, auf die Einvernahme der beiden Zeugen insofern verzichten zu können, als die Bundespolizeidirektion Wels in einem an die Grenzkontrollstelle der Bundespolizeidirektion Schwechat gerichteten Schreiben vom 29. September 1992 ausgeführt habe, daß gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot, befristet bis 28. September 2002 bestehe. Aus diesem Wortlaut ergäbe sich, daß die Bundespolizeidirektion Wels schon am 29. September 1992 davon ausgegangen sei, daß gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot bestehe, was darauf hinweise, daß die Zustellung des Bescheides noch vor dem 29. September 1992 erfolgt sein müsse. Es sei auch durchaus plausibel, daß unmittelbar nach der am 28. September 1992 mit Beginn um

11.35 Uhr erfolgten niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers der Bescheid verfaßt und ihm noch am selben Tag im Gefangenenhaus zugestellt worden sei. Die Behauptungen des Beschwerdeführers gegenüber seinem Rechtsvertreter über das Datum der Zustellung ließen sich mit dem objektiv gegebenen Akteninhalt nicht in Einklang bringen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erblickt eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften darin, daß die belangte Behörde über den Vorgang der Zustellung des Bescheides der Bundespolizeidirektion Wels an ihn keinerlei Beweise abgeführt habe, obwohl er sowohl in seiner Berufung als auch in seiner Stellungnahme zum Beweisergebnis im Berufungsverfahren vom 2. Dezember 1992 ausdrücklich vorgebracht habe, daß ihm der Bescheid vom 28. September 1992 erst am Tage seines Abtransportes zum Flughafen Wien-Schwechat, also am 1. Oktober 1992, im Polizeigefangenenhaus in Wels zugestellt worden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ausspricht, zu prüfen, ob die Zustellung des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt ist.

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde die Verspätung unter Bezugnahme auf den Rückschein, wonach der Bescheid der Bundespolizeidirektion Wels am 28. September 1992 dem Beschwerdeführer zu eigenen Handen zugestellt worden sei, bejaht. Auf diesem Rückschein fehlt jedoch die Beurkundung durch den Zusteller im Sinne des § 22 Abs. 1 ZustG. Ein Zustellnachweis, für den die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit spricht, liegt demnach nicht vor. Wird in einem solchen Fall die Zustellung bestritten, dann hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung nachzuweisen, etwa durch zeugenschaftliche Vernehmung des Zustellers. Dieser Verpflichtung ist die belangte Behörde nicht nachgekommen. Der Hinweis der belangten Behörde auf das Schreiben der Bundespolizeidirektion Wels vom 29. September 1992 an die Bundespolizeidirektion Schwechat, wonach gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot befristet bis 28. September 2002 bestehe, stellt den geforderten Nachweis nicht her. Dieses Schreiben enthält weder Angaben zur Tatsache, noch zum Zeitpunkt der Zustellung. Auch die im angefochtenen Bescheid vertretene Auffassung der belangten Behörde, es sei durchaus plausibel, daß unmittelbar nach der am 28. September 1992 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers der Bescheid verfaßt und ihm noch am selben Tag zugestellt worden sei, ist kein Beweis, sondern eine bloße Annahme. Die belangte Behörde hat somit den von der Behörde erster Instanz behaupteten Zeitpunkt der Zustellung, ohne Nachweise zu erbringen, ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Durch die Unterlassung des Nachweises des Zeitpunktes der Zustellung hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Der angefochtene Bescheid ist somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

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