Normen
BAO §293 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §18 Abs2;
GdO NÖ 1973 §42 Abs3;
LAO NÖ 1977 §216;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BAO §293 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
GdO NÖ 1973 §18 Abs2;
GdO NÖ 1973 §42 Abs3;
LAO NÖ 1977 §216;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 27. Oktober 1987 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Beschwerdeführer aus Anlaß der Abteilung eines Grundstücks auf acht Bauplätze Aufschließungsbeiträge in der Höhe von insgesamt S 1.121.526,-- vor.
Über Antrag des Beschwerdeführers wurde aufgrund des Beschlusses des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. April 1988 mit Bescheid des Stadtvorstandes (Stadtrates) vom 10. Mai 1988 die Stundung der Aufschließungsbeiträge für die genannten Grundstücke "bis zur erstmaligen Bebauung" gewährt. Der diesem Bescheid zugrunde liegende, über Antrag des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde gefaßte Beschluß des Stadtrates war demgegenüber dahin gegangen, die Stundung "bis zu deren" (d.s. die Grundstücke) "Verbauung bzw. bis zum Abverkauf" zu gewähren. Bei der Ausfertigung des Beschlusses wurde diese Wortfolge jedoch ausgelassen.
1.2. Mit Bescheid des Stadtamtes der mitbeteiligten Stadtgemeinde "als Abgabenbehörde erster Instanz" vom 27. Jänner 1992 wurde sodann der am 10. Mai 1988 ausgefertigte Bescheid des Stadtrates dahingehend berichtigt, daß es zu lauten habe, "bis zur erstmaligen Bebauung bzw. bis zum Abverkauf auszusetzen (zu stunden)".
1.3. Gegen diesen Berichtigungsbescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche vom Gemeinderat der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 19. Oktober 1992 abgewiesen wurde. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des vorstehend dargestellten Sachverhalts aus, daß nach § 161 Abs. 1 NÖ Abgabenordnung 1977 (im folgenden: NÖ AO 1977) für die Bewilligung einer Zahlungserleichterung maßgeblich sei, ob die sofortige Entrichtung einer Abgabe für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre. Den Ausschlag für die Stundung hätten somit die persönlichen Verhältnisse des Abgabepflichtigen gegeben. Die Gewährung der Stundung sei auf einen Rechtsnachfolger nicht ex lege ausdehnbar. Eine Stundungsbewilligung bis zur Verbauung durch einen nachfolgenden Eigentümer erscheine wenig sinnvoll. Es sei zu bezweifeln, daß für den Beschwerdeführer nicht klar gewesen sein sollte, daß der Stadtrat der mitbeteiligten Gemeinde die Stundung wohl nicht lediglich bis zu einem Zeitpunkt gewähren wollte, dessen Eintritt sie ja schon aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers von vornherein als ungewiß betrachten mußte. Zur Argumentation des Beschwerdeführers bezüglich der Verkürzung der Stundungsfrist wurden Überlegungen hinsichtlich der Möglichkeit des Widerrufs begünstigender Bescheide angestellt und schließlich festgehalten, daß die Erwägungen der Abgabenbehörde für den Berichtigungsbescheid durchaus nachvollziehbar seien und der bei der Bescheidausfertigung unterlaufene Fehler offensichtlich wirklich auf einem Versehen beruht habe.
1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer (erkennbar) in seinem subjektiven Recht verletzt erachtet, daß die bescheidmäßig festgesetzte Stundungsfrist nicht ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen durch Berichtigungsbescheides verkürzt wird. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat auf diese Gegenschrift repliziert.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Das Beschwerdevorbringen setzt sich eingehend mit den Voraussetzungen auseinander, die gegeben sein müssen, damit nach § 216 NÖ AO 1977 eine Berichtigung eines Abgabenbescheides vorgenommen werden kann, und bestreitet das Vorliegen dieser Voraussetzungen.
2.2. Ungeachtet der Frage, ob die Berichtigung des Bescheides gemäß § 216 NÖ AO 1977 zulässig war (vgl. zu der Frage der Berichtigung von offenkundigen Versehen, insbesondere zum Problem, woraus die Unrichtigkeit des Bescheids ableitbar sein muß, z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. März 1994, Zl. 92/17/0133), erweist sich der angefochtene Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes bereits aus folgenden, vom Verwaltungsgerichtshof von Amts wegen wahrzunehmenden Gründen als rechtswidrig:
2.3. § 216 NÖ AO 1977 lautet:
"§ 216
Die Abgabenbehörde kann in ihrem Bescheid unterlaufene Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automatischen Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen."
§ 216 NÖ AO 1977 entspricht § 293 Abs. 1 BAO, demzufolge die Behörde ebenfalls Schreib- und Rechenfehler und andere Unrichtigkeiten unter den näher genannten Voraussetzungen berichtigen kann. Gemeinsam ist beiden Bestimmungen, daß sie eine Zuständigkeit der Abgabenbehörde festlegen. Die (bescheidmäßige) Berichtigung hat daher durch jene Behörde zu erfolgen, die den zu berichtigenden Bescheid erlassen hat (vgl. Ritz, BAO, Rz 12 zu § 293). Die Berichtigung von Bescheiden höherer Instanzen durch Unterbehörden scheidet schon deshalb aus, weil § 216 NÖ AO 1977 von "der Abgabenbehörde" und den Unrichtigkeiten "in ihrem Bescheid" spricht.
2.4. Der zu berichtigende Bescheid wurde vom Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde erlassen. Der Berichtigungsbescheid, der Gegenstand des hier angefochtenen Vorstellungsbescheides war, wurde vom Stadtamt der mitbeteiligten Stadtgemeinde unter ausdrücklicher Berufung auf die Stellung als "Abgabenbehörde erster Instanz" ausgefertigt und auch namens des Stadtamtes gefertigt (das Stadtamt wurde mit Verordnung des Gemeinderats der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 9. Dezember 1988, kundgemacht durch Anschlag an den Amtstafeln des Rathauses, gemäß § 18 Abs. 2
NÖ Gemeindeordnung, LGBl. 1000, zum Organ der Gemeinde bestellt). Es ist aus dem vorgelegten Akt auch nicht ersichtlich und in dem Berichtigungsbescheid nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Erledigung lediglich die Ausfertigung eines Beschlusses des Stadtrates darstellte (vgl. im übrigen zu den Anforderungen an eine derartige Intimierung das hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 82/17/0068). Der Berichtigungsbescheid vom 27. Jänner 1992 ist daher dem Stadtamt der mitbeteiligten Stadtgemeinde zuzurechnen. Die Zuständigkeit des Gemeindeamts im Falle der Bestellung zum Organ erstreckt sich nach § 42 Abs. 3 der Gemeindeordnung auf die Entscheidungen und Verfügungen "in allen behördlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in erster Instanz". Aus dieser Zuständigkeit kann aber nicht abgeleitet werden, daß das Gemeindeamt auch entgegen der oben dargestellten Rechtslage zur Berichtigung von Bescheiden anderer Gemeindeorgane gemäß § 216 NÖ AO 1977 zuständig wäre.
2.5. Damit ergibt sich, daß entgegen § 216 NÖ AO 1977 nicht die bescheiderlassende Behörde den Berichtigungsbescheid erlassen hat. Das Stadtamt war zur Berichtigung im Sinne des § 216 NÖ AO 1977 unzuständig. Es braucht daher im Beschwerdefall nicht der Frage nachgegangen werden, ob die Entscheidung über die Gewährung von Zahlungserleichterungen gemäß § 36 Z. 3 NÖ Gemeindeordnung, LGBl. 1000, von der Zuständigkeitsbestimmung des § 42 Abs. 3 NÖ Gemeindeordnung erfaßt ist (wofür lege non distinguente der Wortlaut spräche) oder nicht (wofür die teleologische Auslegung sprechen könnte, da die Einräumung von Zuständigkeiten für Kollegialorgane als Wille des Gesetzgebers gedeutet werden könnte, daß bestimmte Angelegenheiten aufgrund ihrer besonderen Bedeutung von den entsprechenden Kollegialorganen behandelt werden sollen). Weder die Berufungsbehörde, noch die belangte Behörde haben diesen Mangel, der als Mangel der Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen gewesen wäre, wahrgenommen. Die belangte Behörde hat daher ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtwidrigkeit belastet, der Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft einerseits die eigens angesprochene Umsatzsteuer, da in den Pauschalbeträgen Umsatzsteuer bereits berücksichtigt ist; andererseits war Stempelgebührenersatz nur für drei Ausfertigungen der Beschwerde (a S 120,--) und eine Bescheidbeilage (S 30,--) zuzusprechen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)