Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §6;
BAO §115 Abs1;
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §6;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er Körperschaft- und Gewerbesteuer für die Jahre 1981 und 1982 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH ist mit anderen Kapitalgesellschaften konzernmäßig verflochten. Ein Teil dieser Gesellschaften, die vornehmlich das Leasinggeschäft betreiben, hat sich in verschiedenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof dadurch beschwert erachtet, daß Verluste von Tochtergesellschaften, zu deren Übernahme sie aufgrund von Ergebnisabführungsverträgen verpflichtet waren, bei ihnen nicht gewinnmindernd berücksichtigt wurden (vgl. z.B. die unter den hg. Zlen. 90/13/0228, 90/13/0229, und 93/13/0181 protokollierten Beschwerdefälle). Während die jeweils belangte Behörde im wesentlichen die Auffassung vertrat, es handle sich bei den Verlustübernahmen um aktivierungspflichtige zusätzliche Anschaffungskosten der betreffenden Beteiligungen, waren die beschwerdeführenden Gesellschaften der Ansicht, daß die Verlustübernahme zu keiner Werterhöhung ihrer Beteiligung geführt habe, sodaß vom diesbezüglich aktivierten Betrag eine aufwandswirksame Teilwertabschreibung vorzunehmen sei.
In allen bisher vom Gerichtshof entschiedenen Fällen (siehe die oben zitierten Zahlen) wurden die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Als Verfahrensmangel wurde dabei insbesondere die Verletzung des Parteiengehörs festgestellt, weil dadurch der maßgebende Sachverhalt, nämlich die Frage, ob die Verlustübernahme zu einer (aktivierungspflichtigen) Werterhöhung der Beteiligung geführt habe, nicht ausreichend geklärt erschien.
Auch im Beschwerdefall besteht Streit darüber, welche steuerlichen Auswirkungen sich daraus ergeben, daß die Beschwerdeführerin Verluste ihrer insgesamt vier Tochtergesellschaften übernommen hat, wobei außer Streit steht, daß mangels wirtschaftlicher Eingliederung in keinem der Fälle ein Organschaftsverhältnis bestand.
Der maßgebende Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Im Zuge einer Betriebsprüfung für die Jahre 1981 und 1982 vertrat die Prüferin die Auffassung, daß die Verlustübernahmen erfolgsneutral zu behandeln seien, weil sie aktivierungspflichtige (zusätzliche) Anschaffungskosten der jeweiligen Beteiligung darstellten.
In der Berufung gegen die dieser Rechtsansicht folgenden Abgabenbescheide brachte die Beschwerdeführerin vor, bei den übernommenen Verlusten handle es sich um echte, nachhaltige Vermögenseinbußen und nicht um Verluste, die auf steuerbegünstigte Sonderabschreibungen zurückzuführen seien.
Im weiteren Berufungsverfahren wurden sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von der Betriebsprüferin im wesentlichen dieselben Rechtsstandpunkte eingenommen, wie im Berufungsverfahren, das dem hg. Erkenntnis vom 30. September 1998, 93/13/0181, zugrunde lag und eine Gesellschaft desselben Konzernes betraf; auf die Sachverhaltsdarstellung dieses Erkenntnsses wird daher insoweit verwiesen. Vor allem wurde von der Beschwerdeführerin auch die Auffassung vertreten, daß der für eine Teilwertabschreibung maßgebende Wert der Beteiligungen nur durch eine entsprechende Unternehmensbewertung festgestellt werden könnte. Eine solche wurde trotz der erheblichen, auf Zeitablauf zurückzuführenden Schwierigkeiten in Aussicht gestellt.
Ohne diese in Aussicht gestellten Unternehmensbewertungen abzuwarten oder hiefür eine Frist zu setzen und auch ohne von Amts wegen eine durch Fakten entsprechend untermauerte Bewertung der Beteiligungen vorzunehmen, wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung in diesem Punkt, der allein vor dem Verwaltungsgerichtshof strittig ist, ab. Sie verwies darauf,
daß "der gegenständliche Sachverhalt ... auch bei der Muttergesellschaft der Beschwerdeführerin ... strittig" gewesen
sei, und zitierte das diesbezügliche hg. Erkenntnis vom 29. April 1992, 90/13/0228, mit dem der Gerichtshof den damals angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung damit, daß es der Beschwerdeführerin oblegen gewesen sei, teilwertmindernde Umstände glaubhaft zu machen. Dies habe sie jedoch nicht in ausreichendem Maße getan. Der amtswegigen Ermittlungspflicht sei entsprochen worden. Diese erschöpfen sich in nachstehenden Ausführungen:
"Auch aus den ... Bilanzübersichten sind keine Anhaltspunkte für eine Minderung des Teilwertes zu den Bilanzstichtagen 31. Dezember 1981 bzw. 1982 erkennbar. ...
Die in der Bilanz der A-GmbH zum 31. Dezember 1982 ausgewiesenen Einzelwertberichtigungen zu Kundenforderungen - rund S 1,900.000,-- bei einem Gesamtbetrag der Kundenforderungen von rund S 12,700.000,-- - rechtfertigen nach Ansicht des Senates ebenfalls nicht die Vornahme einer Teilwertabschreibung im Betrag von rund S 11,000.000,--".
Die belangte Behörde übersieht zunächst, daß es nicht um eine Abschreibung der ursprünglichen Beteiligungswerte auf niedrigere Teilwerte geht, sondern darum, ob die Übernahme der Verluste oder andere Umstände zu entsprechenden Werterhöhungen geführt haben. Nur wenn dies zu bejahen gewesen wäre, hätten die zu aktivierenden Verlustübernahmen zu keinem überhöhten Wertansatz der Beteiligungen geführt, sodaß eine korrigierende Teilwertabschreibung nicht in Betracht gekommen wäre.
Nun hat die Beschwerdeführerin betont, daß nur mit Unternehmensbewertungen Aufschluß über die tatsächlichen Werte der Beteiligungen gewonnen werden könnte. Gleichzeitig hatte sie derartige Unternehmensbewertungen in Aussicht gestellt. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Beweisanbot überhaupt nicht auseinandergesetzt. In der Gegenschrift vertritt sie die Auffassung, die Beschwerdeführerin hätte bereits bei Einbringung der Berufung im Jahr 1984 Gelegenheit gehabt, dieses Beweisanbot zu stellen; das nunmehrige Vorbringen sei als Versuch einer Verfahrensverzögerung zu werten, zumal auch nicht mehr erwartet werden könne, daß eine Unternehmensbewertung betreffend einen mehr als zehn Jahre zurückliegenden Bilanzstichtag noch durchführbar sei.
Diese Ausführungen in der Gegenschrift sind nicht geeignet, den der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangel, der im Ignorieren des Beweisanbotes betreffend die Unternehmensbewertungen liegt, als unerheblich anzusehen. Denn die Verantwortung der belangten Behörde, es sei nicht zu erwarten, daß eine Unternehmensbewertung nach mehr als zehn Jahren noch durchführbar sei, stellt eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung dar, die überdies deswegen seltsam anmutet, weil der von der belangten Behörde eingewendete Zeitablauf letztlich die Vermutung zum Ausdruck bringt, nach einem entsprechend langen Rechtsmittelverfahren sei der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt nicht mehr feststellbar. Eine auf derartigen Vermutungen beruhende Ablehnung von Beweismitteln kann mit den gesetzlichen Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren nicht in Einklang gebracht werden, zumal sich den Verwaltungsakten kein Hinweis daraus entnehmen läßt, daß die lange Verfahrensdauer auf eine Verzögerungstaktik der Beschwerdeführerin zurückzuführen war.
Der angefochtene Bescheid erweist sich demnach als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 4. November 1998
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)