Normen
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6 Z2;
KStG 1966 §8 Abs4;
BAO §167 Abs2;
EStG 1972 §6 Z1;
EStG 1972 §6 Z2;
KStG 1966 §8 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende GmbH, ein Leasingunternehmen, dessen Anteile im Alleineigentum einer anderen GmbH stehen, war im Streitzeitraum (1981) ihrerseits Alleingesellschafterin einer weiteren GmbH (im folgenden als Tochtergesellschaft bezeichnet). Aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages übernahm die Beschwerdeführerin den im Jahr 1981 von ihrer Tochtergesellschaft erwirtschafteten Verlust von ca. S 18 Mio. Unbestritten ist, daß mangels Vorliegens einer wirtschaftlichen Verflechtung kein Organschaftsverhältnis besteht.
Die Beschwerdeführerin machte den von ihr übernommenen Verlust der Tochtergesellschaft als Betriebsausgabe geltend und vertrat im Verwaltungsverfahren die Auffassung, daß, selbst wenn die Verlustübernahme als Einlage zu beurteilen wäre, die als zusätzlicher Aufwand für die Anschaffung der Beteiligung zu aktivieren wäre, gleichzeitig eine Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert vorgenommen werden müßte, weil die Beteiligung durch die Verlustübernahme keine Werterhöhung erfahren habe. Da die Behandlung der Verlustübernahme als Betriebsausgabe zum gleichen Ergebnis führe, sei dieser Weg der Bilanzierung gewählt worden.
Demgegenüber vertrat die Abgabenbehörde im wesentlichen die Auffassung, daß die "Zuschüsse" der Beschwerdeführerin an ihre Tochtergesellschaft (gemeint ist der übernommene Verlust) nicht als "verlorene Zuschüsse" beurteilt werden könnten. Vielmehr handle es sich dabei um eine "Überbrückungshilfe für die Anfangsphase". Der Verlust sei nämlich darauf zurückzuführen, daß den über die Laufzeit eines Leasingvertrages gleichbleibend hohen Mieterträgen in der Anfangsphase hohe Refinanzierungskosten gegenüberstünden, die für den Verlust ausschlaggebend seien. In der Folge sei jedoch mit Gewinnen aus dem Leasinggeschäft zu rechnen.
Diese divergierenden Standpunkte führten zu einem Berufungsverfahren und letztlich zu einem Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgerichtshof, der den damals angefochtenen Bescheid der belangten Behörde mit Erkenntis vom 29. April 1992, 90/13/0229, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufhob. Der Gerichtshof begründete seine Entscheidung durch Verweis auf sein Erkenntnis vom selben Tag, 90/13/0228, im wesentlichen damit, daß die belangte Behörde ihre oben dargelegte Auffassung, bei Leasinggeschäften führe der Refinanzierungsbedarf anfangs typischerweise zu Verlusten, denen aber im Laufe der nachfolgenden Perioden Gewinne aus den Leasingraten gegenüberstünden, der Beschwerdeführerin nicht zur Stellungnahme mitgeteilt habe. Dadurch sei das Parteiengehör verletzt worden, weil der Beschwerdeführerin die Gelegenheit genommen worden sei, sich zu diesem Beweisergebnis zu äußern. Außerdem habe die Beschwerdeführerin "ein beachtliches Indiz für die behauptete Minderung der Teilwerte ihrer Beteiligungen ins Treffen geführt", indem sie auf das Ausmaß des Verlustes und das in Relation dazu geringe Stammkapital der Tochtergesellschaft hingewiesen habe.
Im fortgesetzten Verfahren brachte die Beschwerdeführerin, nachdem ihr im Sinne des oben zitierten Erkenntnisses Parteiengehör gewährt worden war, vor, es sei zwar grundsätzlich richtig, daß bei Leasinggeschäften zunächst Verluste auftreten, denen in späteren Perioden Gewinne gegenüberstünden. Dennoch müsse das zunächst große und erst gegen Ende der Vertragsdauer geringer werdende Risiko Berücksichtigung finden. Aufgrund der Struktur der Debitoren sei es bereits am Bilanzstichtag (31. Dezember 1981) fraglich gewesen, ob es zur "Umkehr des Leasingeffektes", d.h. zur späteren Realisierung von Gewinnen kommen werde. So sei im großen Umfang in die strukturell äußerst schwache Textilbranche investiert worden. In der Folge sei es verschiedentlich zu Insolvenzen der Leasingnehmer gekommen. Es habe sich daher bei dem übernommenen Verlust keinesfalls um einen bloßen Anlaufverlust gehandelt, sondern um einen nachhaltigen wirtschaftlichen Verlust, der eine entsprechende Abschreibung der Beteiligung auf den niedrigeren Teilwert erforderlich mache.
Die belangte Behörde wies darauf hin, daß in späteren Perioden eintretende Ereignisse (Insolvenzen) bei der stichtagsbezogenen Teilwertabschreibung keine Berücksichtigung zu finden hätten. Die Beschwerdeführerin werde daher aufgefordert, jene Leasingnehmer namhaft zu machen, die bereits am Bilanzstichtag mit ihren Leasingraten in Verzug gewesen seien. Auch möge das Verhältnis dieser Außenstände zu den bezahlten Leasingraten bekanntgegeben werden.
Mit Schreiben vom 14. Mai 1993 brachte die Beschwerdeführerin vor, daß die zum 31. Dezember 1981 ausstehenden Leasingraten aus der Bilanz ersichtlich seien. Das Verhältnis zu den bezahlten Leasingraten könne "aufgrund des großen zeitlichen Abstandes nicht mehr im einzelnen ermittelt werden". Es sei aber auch nur von eingeschränkter Bedeutung. Das Erfordernis einer Abschreibung der Beteiligung auf ihren niedrigeren Teilwert wäre nämlich nur dann nicht zu bejahen, wenn die Verlustübernahme in gleichem Ausmaß zu einer Werterhöhung der Beteiligung geführt hätte. Es widerspreche jedoch jeder Wirtschaftslogik, daß sich der Wert der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch die Übernahme von Verlusten dieser Gesellschaft in gleichem Ausmaß erhöhe. Vielmehr werde mit der Verlustübernahme nur erreicht, daß der Beteiligungswert erhalten bleibe. Eine genaue Ermittlung des Beteiligungswertes wäre nur durch eine Unternehmensbewertung zum Stichtag 31. Dezember 1981 möglich gewesen. Dabei wären nicht nur die bereits am Bilanzstichtag eingetretenen Forderungsausfälle, sondern alle bestehenden Risken zu berücksichtigen gewesen. Bei einem Großteil der Leasingnehmer sei das betreffende Anlagegut an eine Fondsgesellschaft verkauft, danach rückgemietet und an den betreffenden Leasingnehmer verleast worden. Bei Ausfall eines Leasingnehmers wäre die Tochtergesellschaft weiterhin verpflichtet gewesen, die Miete an die Fondsgesellschaft zu bezahlen. Der Umstand, daß die Abgabenbehörde seinerzeit kein ausreichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, dürfe nicht dazu führen, die Beschwerdeführerin zu verpflichten, Daten für einen bereits elf Jahre zurückliegenden Zeitraum vorzulegen. Dennoch werde von seiten der Beschwerdeführerin versucht werden, eine Unternehmensbewertung auf den Stichtag 31. Dezember 1981 durchzuführen. Aufgrund des großen zeitlichen Abstandes sowie des Umstandes, daß die zwischenzeitig ausgeschiedene Geschäftsleitung nicht unmittelbar zur Verfügung stehe, könne diese Berechnung allerdings nicht kurzfristig bis zum 20. Mai 1993 durchgeführt werden.
Ohne diese in Aussicht gestellte Unternehmensbewertung abzuwarten oder der Beschwerdeführerin eine Frist hiefür zu setzen, wies die belangte Behörde die Berufung ab. Die Beschwerdeführerin sei im November 1980 gegründet worden; der Beteiligungserwerb - ein exakter Zeitpunkt hiefür ist den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen - sei demnach relativ kurze Zeit vor dem Stichtag für die beantragte Teilwertabschreibung erfolgt. Je kürzer der zeitliche Abstand zwischen dem Zeitpunkt des Beteiligungserwerbes und dem Bilanzstichtag sei, desto stärker sei die Vermutung der Übereinstimmung von Teilwert und Anschaffungskosten und desto größer seien die Anforderungen für den Nachweis einer allfälligen Teilwertminderung. Die Beschwerdeführerin habe nicht ausreichend glaubhaft gemacht, daß teilwertmindernde Umstände vorliegen. Die beispielsweise Aufstellung befürchteter Forderungsausfälle genüge nicht. Gegen die behauptete Fondskonstruktion spreche, daß entsprechende Mietaufwendungen im Rechenwerk der Tochtergesellschaft nicht aufschienen. Vor allem aber spreche gegen die Teilwertabschreibung, daß der Verlust der Tochtergesellschaft großteils (mit rund S 13 Mio) auf die Inanspruchnahme von Investitionsfreibeträgen zurückzuführen sei. Die in Aussicht gestellte Unternehmensbewertung erscheine "wenig erfolgversprechend", weil die Beschwerdeführerin nach eigenen Angaben selbst nicht mehr über entsprechende Unterlagen verfüge.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Vorerkenntnis hat der Gerichtshof das Ausmaß des streitgegenständlichen Verlustes und sein Verhältnis zum Stammkapital der Tochtergesellschaft als "beachtliches Indiz" für die behauptete Teilwertminderung bezeichnet. Dessen ungeachtet bleibt die belangte Behörde dabei, die Beschwerdeführerin habe ihrer Verpflichtung "teilwertmindernde Umstände zumindest glaubhaft zu machen" nicht entsprochen. Im Gegenteil: Das Ausmaß der Überschuldung der Tochtergesellschaft, hervorgerufen durch Verlust und geringe Kapitalausstattung, wird von der belangten Behörde im Rahmen der Argumente gegen das Vorliegen teilwertmindernder Umstände angeführt, ohne daß sie dies in irgendeiner Weise begründet. Außerdem ist der angefochtene Bescheid, wie bereits die Erstentscheidung, mit einer Verletzung des Parteiengehörs belastet:
Zum einen schenkt die belangte Behörde dem Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend die Fondskonstruktion keinen Glauben, weil im Rechenwerk der Tochtergesellschaft keine entsprechenden Mietaufwendungen ausgewiesen seien. Da die Beschwerdeführerin gerade in dieser Konstruktion, bei der die verleasten Wirtschaftsgüter an eine Fondsgesellschaft verkauft und wiederum rückgemietet wurden, ein Argument für den geringen Teilwert ihrer Beteiligung erblickt hat, wäre ihr diese ihrem Vorbringen widersprechende Darstellung des Ergebnisses der Beweisaufnahme gemäß § 183 Abs. 4 BAO zur Kenntnis zu bringen gewesen. Gleiches gilt für die ebenfalls erstmals im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, der übernommene Verlust der Tochtergesellschaft sei vor allem auf eine aufwandswirksame Bildung des Investitionsfreibetrages von rund S 13 Mio zurückzuführen. Auch hier hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren Gegenteiliges behauptet, nämlich, daß der Verlust nicht auf bloße Buchverluste, "die den Wert der Beteiligung in Wirklichkeit nicht mindern", zum Beispiel steuerbegünstigte Sonderabschreibungen, zurückzuführen sei, sondern auf tatsächlichem Aufwand beruhe.
Der Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung zur Gewährung von Parteiengehör wird hier umso deutlicher, als die belangte Behörde der letztgenannten Feststellung entscheidende Bedeutung beimißt (vgl. die Wortfolge: "Vor allem spricht aber gegen eine Teilwertabschreibung ...").
Als weitere Rechtswidrigkeit ist der belangten Behörde anzulasten, daß sie sich über das Beweisanbot der Beschwerdeführerin, eine Unternehmensbewertung durchführen zu lassen, mit der lapidaren Begründung hinweggesetzt hat, dies erscheine "wenig erfolgversprechend". Abgesehen davon, daß darin eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung zu erblicken ist, muß der auch von der belangten Behörde hervorgehobene Umstand, der eine solche Bewertung nicht unwesentlich erschwert, nämlich der zeitliche Ablauf von mehr als elf Jahren, zu einem guten Teil auf die Dauer des Berufungsverfahrens zurückgeführt werden, wobei allein vom Einlangen der Berufung beim Finananzamt am 3. Dezember 1984 bis zum Ergehen der ersten Berufungsentscheidung mit Datum 26. Juli 1990 mehr als fünfeinhalb Jahre vergangen sind und die Verwaltungsakten keinen Hinweis darauf enthalten, daß dies am Verhalten der Beschwerdeführerin gelegen sein könnte. Es geht nicht an, einen solcherart eingetretenen Zeitablauf zum Anlaß zu nehmen, um eine angebotene Beweisführung für einen entsprechend lange zurückliegenden Zeitpunkt als "wenig erfolgversprechend" abzutun, zumal auch die belangte Behörde nicht bestreitet, daß mit einer Unternehmensbewertung der für ihre Entscheidung maßgebende Sachverhalt aufgeklärt werden könnte.
Schließlich sieht sich der Gerichtshof noch veranlaßt darauf hinzuweisen, daß die Grundthese, von der die belangte Behörde auszugehen scheint, nämlich, daß ein zeitnaher Anschaffungsvorgang dafür spreche, daß der Teilwert des angeschafften Wirtschaftsgutes noch seinen Anschaffungskosten entspricht, für den Beschwerdefall deswegen nicht aussagekräftig ist, weil die als "nachträgliche Anschaffungskosten" beurteilte Verlustübernahme auf nach der Anschaffung eingetretene Verluste zurückzuführen ist. Nicht eine Abschreibung der ursprünglichen Anschaffungskosten auf einen niedrigeren Teilwert, sondern die Frage, ob die bereits erworbene Beteiligung durch den später eingetretenen Verlust und dessen Übernahme durch die Beschwerdeführerin eine Werterhöhung erfahren hat, sodaß die Aktivierung der Verlustübernahme zu keinem überhöhten Wertansatz der Beteiligung führte, ist im Beschwerdefall zu entscheiden.
Aus vorstehend angeführten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben, ohne daß es eines Eingehens auf das weitere Beschwerdevorbringen bedurfte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. September 1998
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