Normen
RGV 1955 §2 Abs5;
RGV 1955 §22 Abs1;
RGV 1955 §73;
RGV 1955 §2 Abs5;
RGV 1955 §22 Abs1;
RGV 1955 §73;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Oberrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung.
Er war zur Absolvierung des zweiten Lehrganges der Europaakademie für die Zeit vom 7. September bis 18. Dezember 1992 der Verwaltungsakademie des Bundes dienstzugeteilt.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 1992 ersuchte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf §§ 2 Abs. 3 und 22 RGV um Erstattung der Zuteilungsgebühren, weil der Unterrichtsort - das Anton Hueber-Gewerkschaftshaus - in Purkersdorf (Niederösterreich) liege und die Fahrzeit von seinem Wohnort in Wien 19. insgesamt zweieinhalb Stunden betrage.
Nach Befassung des Bundeskanzleramtes teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 24. März 1993 dem Beschwerdeführer im wesentlichen mit, als Dienstzuteilungsort sei der geographische Standort der Verwaltungsakademie des Bundes anzusehen, sodaß wegen Identität des Dienstzuteilungs- und Dienstortes keine reisegebührenrechtlichen Ansprüche abgeleitet werden könnten. Außerdem betrage die Fahrzeit deutlich weniger als zwei Stunden.
Dem trat der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 25. März 1993 im wesentlichen mit dem Argument entgegen, maßgeblich sei die geographische Lage jener Dienststelle, in der er tatsächlich seinen Dienst zu verrichten gehabt habe. Dies sei im fraglichen Zeitraum das in Purkersdorf/Niederösterreich gelegene Anton Hueber-Haus gewesen. Würde dennoch das Schloß Laudon als Ort der Dienstzuteilung betrachtet werden, müßte dies aber nach sich ziehen, daß dann täglich eine Dienstreise von dort zu der (mehr als 2 km entfernten) Dienstverrichtungsstelle im Anton-Hueber-Haus notwendig geworden wäre. Er ersuche daher um bescheidmäßige Absprache über seine am 21. Dezember 1992 angemeldeten Ansprüche.
Nach Übermittlung einer weiteren Stellungnahme der Dienstbehörde und einer Replik des Beschwerdeführers sprach die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. August 1993 folgendes aus:
"Aufgrund Ihres Antrages vom 25. März 1993 stellt das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung fest, daß Ihnen für die Zeit der Dienstzuteilung an die Verwaltungsakademie des Bundes zum Zwecke der Absolvierung des Lehrganges Europaakademie in der Zeit vom 7. September bis 18. Dezember 1992 gemäß § 73 Reisegebührenvorschrift, BGBl. Nr. 133/1955, in der geltenden Fassung, kein Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz zusteht."
Die belangte Behörde ging dabei in der Begründung davon aus, der Beschwerdeführer sei im Zeitraum vom 7. September bis 18. Dezember 1992 der Verwaltungsakademie des Bundes, Mauerbachstraße 43-45, 1140 Wien, zum Zweck der Absolvierung des Lehrganges Europaakademie dienstzugeteilt gewesen. Die Verwaltungsakademie des Bundes sei gemäß § 1 Verwaltungsakademiegesetz, BGBl. Nr. 122/1975 in der geltenden Fassung, als unselbständige Bundesanstalt eingerichtet und unterstehe unmittelbar dem Bundeskanzler. Die Lehrveranstaltungen der Lehrgänge der Europaakademie an der Verwaltungsakademie des Bundes würden aus Platzgründen nicht im "Hauptgebäude" der Verwaltungsakademie des Bundes (Schloß Laudon, Mauerbachstraße 43-45, 1140 Wien), sondern im Anton Hueber-Haus, Leischinggasse 4, 1140 Wien, abgehalten. Die Liegenschaft, auf welcher sich das Anton Hueber-Haus, Leischinggasse 4, 1140 Wien, befinde, sei - obwohl sie eine Wiener Postanschrift trage - im Ortsgebiet der Gemeinde Purkersdorf, Niederösterreich, gelegen.
Die Verwaltungsakademie des Bundes sei nicht in weitere Dienststellen gegliedert, sodaß auch die Europaakademie an der Verwaltungsakademie des Bundes keine eigene Dienststelle bilden könne. Über die Zulassung zu Lehrgängen der Verwaltungsakademie des Bundes, zu welcher auch die Europaakademie zähle, entscheide der Direktor der Verwaltungsakademie des Bundes (§ 16 Abs. 2 des Verwaltungsakademiegesetzes). Die Aufnahmsprüfung vor Beginn der Europaakademie, welche von Lehrkräften der Europaakademie abgenommen werde, finde im Schloß Laudon statt. Die Lehrgänge der Europaakademie schlössen mit Zeugnissen der Verwaltungsakademie des Bundes ab. Diese würden vom Direktor der Verwaltungsakademie des Bundes ausgestellt und übergeben.
Der Kursleiter der Europaakademie stelle das Bindeglied zwischen den Kursteilnehmern und Vortragenden einerseits und der Organisation der Verwaltungsakademie des Bundes andererseits dar. Er habe im Zuge dessen auch die Möglichkeit, dem Direktor der Verwaltungsakademie des Bundes Mitteilungen über das Verhalten (z.B. Abwesenheiten) einzelner Teilnehmer zu erstatten, sei aber gegenüber den Kursteilnehmern selbst nicht Vorgesetzter im Sinne des § 44 Abs. 2 BDG 1979. Diese Dienstaufsicht im Sinne des BDG 1979 werde vom Direktor der Verwaltungsakademie des Bundes als Leiter der Dienststelle ausgeübt. Als solcher sei er befugt, im Hinblick auf die Kursteilnehmer Handlungen mit dienstrechtlichen Auswirkungen vorzunehmen. Wenn nun anläßlich der "praktischen Belange von Teilnahme und Verhinderung" der Leiter der Europaakademie gerechtfertigte Abwesenheit genehmige, so erfolge dies nur im Namen des Leiters der Verwaltungsakademie des Bundes nach Maßgabe der nachträglichen Billigung. Wenngleich Lehrveranstaltungen (mit Ausnahme der Abwesenheit durch Auslandsdienstreisen im Rahmen des Unterrichts bzw. Unterricht an dislozierten Orten in Wien) im Anton Hueber-Haus abgehalten werden würden, in dem sich auch das Sekretariat und die Bibliothek für den Lehrbetrieb zur Unterstützung des Leiters des Lehrganges befinde, sei demnach trotz der Dislozierung in räumlicher Hinsicht die organisatorische Einheit dieser Dislozierung mit der Dienststelle Verwaltungsakademie des Bundes im Schloß Laudon gegeben. § 73 RGV setze unter anderem voraus, daß die Teilnahme an Lehrveranstaltungen außerhalb des Dienstortes erfolge. Gemäß § 2 Abs. 3 RGV liege eine Dienstzuteilung "im Sinne dieser Verordnung" vor, wenn ein Beamter an einen anderen Ort als dem Dienstort einer Dienststelle zur vorübergehenden Dienstleistung zugewiesen werde und für die Dauer dieser Verwendung entweder der Dienstaufsicht des Leiters dieser Dienststelle unterliege oder mit der Leitung der zugewiesenen Dienststelle betraut werde.
Im Beschwerdefall sei eine Dienstzuteilung an die Verwaltungsakademie des Bundes, Schloß Laudon, Mauerbachstraße 43-45, 1140 Wien, erfolgt. Diese Dienststelle, welche mit der Dislozierung im Anton Hueber-Haus eine organisatorische Einheit bilde, sei im Dienstort des Beschwerdeführers (Wien) gelegen, sodaß gemäß § 73 RGV in Verbindung mit § 2 Abs. 3 leg. cit., aber auch § 2 Abs. 1 (Dienstreise im Sinne der RGV) Ansprüche auf Leistungen nicht bestünden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Reisegebühren nach den Abschnitten II und V der RGV 1955 durch unrichtige Anwendung insbesondere der §§ 2 Abs. 3 und 5, 22 Abs. 5 und 73 dieses Gesetzes sowie durch unrichtige Anwendung der Verfahrensvorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des Spruches des angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß ein abweisender Leistungsbescheid und nicht ein unzulässiger Feststellungsbescheid (vgl. diesbezüglich beispielsweise das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. September 1992, Zl. 91/12/0156) vorliegt.
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer zum Besuch des zweiten Lehrganges der Europaakademie der Verwaltungsakademie des Bundes dienstzugeteilt war. Weiters ist unbestritten, daß die Lehrveranstaltungen grundsätzlich im Anton Hueber-Haus stattgefunden haben. Die belangte Behörde selbst ist davon ausgegangen, daß die Liegenschaft, auf welcher sich das Anton Hueber-Haus befindet - ungeachtet einer Wiener Postanschrift - im Ortsgebiet der Gemeinde Purkersdorf in Niederösterreich liegt (vgl. auch die vom Beschwerdeführer als Beilage im Ermittlungsverfahren vorgelegte Bestätigung des Betreibers des Anton Hueber-Hauses vom 5. Mai 1992). Sie ist allerdings der Auffassung, daß die Dienstzuteilung zur Verwaltungsakademie des Bundes erfolgt sei, diese ihren Sitz in Wien habe, das dislozierte "Anton Hueber-Haus" keine eigene Dienststelle sei, sondern eine organisatorische Einheit mit der Verwaltungsakademie bilde, sodaß deshalb als Dienstort Wien anzusehen sei und daher nach § 73 RGV keine Reisegebührenansprüche zustünden.
Die dem zugrundeliegende Rechtsauffassung trifft nicht zu.
§ 73 der Reisegebührenvorschrift 1955 (die nach § 92 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 als Bundesgesetz in Geltung steht) in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 658/1983, lautet:
"Teilahme an Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen
§ 73. Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung begründet nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz, wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienstortes erfolgt. Wird dem Teilnehmer die Verpflegung unentgeltlich beigestellt, entfällt der Anspruch auf Tagesgebühr für den entsprechenden Kalendertag. Wird dem Teilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, entfällt der Anspruch auf Nächtigungsgebühr."
Nach § 2 Abs. 5 RGV ist der Dienstort im Sinne dieser Verordnung die Ortsgemeinde, in der die Dienststelle liegt, der der Beamte dauernd zur Dienstleistung zugewiesen ist. Bei Ortsgemeinden mit besonders großer räumlicher Ausdehnung kann das Bundeskanzleramt festsetzen, daß als Dienstort nur bestimmte Ortsteile der Ortsgemeinde gelten.
Nach dem klaren Wortlaut des § 73 RGV ist daher entscheidend, ob die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) außerhalb des Dienstortes erfolgt. Lege non distinguente ist aber davon auszugehen, daß auch § 73 RGV vom Dienstortbegriff des § 2 Abs. 5 RGV ausgeht, der jedoch unzweifelhaft einen territorialen Bezug zur Ortsgemeinde herstellt, in der die Dienststelle liegt (vgl. etwa auch die abweichende Bestimmung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe und Anstalten in § 58 RGV). Wenn der Beschwerdeführer aber unbestritten der Verwaltungsakademie des Bundes mit dem Sitz in Wien dienstzugeteilt war und es zutrifft, daß die Lehrveranstaltungen in Purkersdorf/Niederösterreich abgehalten wurden, so hat der Beschwerdeführer an Lehrveranstaltungen teilgenommen, die außerhalb des Dienstortes Wien abgehalten wurden. Auf die organisatorische Einordnung der Einrichtung, in der die Lehrveranstaltung tatsächlich abgehalten wurde und ihr Verhältnis zu jener Stelle, die die Teilnehmer zur Lehrveranstaltung zugelassen hat und deren Dienstaufsicht sie für die Dauer der Lehrveranstaltungen unterliegen, kommt es unter dem Blickwinkel des § 73 RGV nicht an.
Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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