VwGH 93/11/0151

VwGH93/11/015123.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des T in K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 22. Juni 1993, Zl. I/7-St-B-9233, betreffend Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
KFG 1967 §64 Abs6;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
KFG 1967 §64 Abs6;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 19. Juni 1992 auf Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung auf Grund seiner im Jahr 1984 im damaligen Jugoslawien erteilten Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 64 Abs. 6 KFG 1967 ist Besitzern einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung auf Antrag insoweit ohne Ermittlungsverfahren eine Lenkerberechtigung mit dem gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, als auf Grund der Vorschriften des Staates, in dem die ausländische Lenkerberechtigung erteilt wurde, bei der Erteilung einer Lenkerberechtigung auf Grund einer österreichischen Lenkerberechtigung von der Feststellung der Erteilungsvoraussetzungen abzusehen ist. Diesem Antrag darf nur stattgegeben werden, wenn der Antragsteller seit länger als sechs Monaten seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat und glaubhaft macht, daß er auf Grund der im Ausland erteilten Lenkerberechtigung seit mindestens einem Jahr Kraftfahrzeuge der Gruppe gelenkt hat, für die die Lenkerberechtigung erteilt wurde, und wenn bei ihm keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit, der geistigen und körperlichen Eignung und der fachlichen Befähigung bestehen.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers damit, daß der von ihm zum Nachweis seiner jugoslawischen Lenkerberechtigung vorgelegte Führerschein eine Fälschung sei. Dies sei durch ein Gutachten der Kriminaltechnischen Untersuchungsstelle der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 29. September 1992 erwiesen. Dem Beschwerdeführer sei es nicht gelungen, diese Annahme zu widerlegen. Der vom Beschwerdeführer vorgelegte Duplikatführerschein (vom 12. November 1992) sei auf Grund der Fälschung ausgestellt worden und damit ohne Bedeutung. Von der Richtigkeit des Gutachtens wäre auszugehen, zumal der Beschwerdeführer es verabsäumt habe, diesem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.

Zunächst ist festzuhalten, daß § 64 Abs. 6 KFG 1967 die Erteilung einer österreichischen Lenkerberechtigung an den "Besitzer einer im Ausland erteilten Lenkerberechigung" vorsieht. Der Antragsteller hat demnach nachzuweisen, daß er Besitzer einer Lenkerberechtigung ist. Wichtigstes Mittel für einen solchen Nachweis wird regelmäßig der Führerschein, also die über die Berechtigung von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde, sein. Der Nachweis kann aber auch auf jede andere Weise erbracht werden, die geeignet ist, die Richtigkeit der Behauptung, Besitzer einer ausländischen Lenkerberechtigung zu sein, zu belegen. Wenn nun auf Grund einer sachverständigen Äußerung davon auszugehen ist, daß der vorgelegte Führerschein gefälscht ist, so ist es dennoch nicht ausgeschlossen, den Nachweis des Bestandes einer Lenkerberechtigung auf andere Weise zu erbringen.

Der Beschwerdeführer hat aber vor allem einen Duplikatführerschein der Stelle, die den angeblich gefälschten Führerschein ausgestellt hat, sowie zwei Bestätigungen (vom 10. und vom 12. November 1992) vorgelegt, wonach der Beschwerdeführer im Jahre 1984 einen Führerschein betreffend Kraftfahrzeuge der Gruppe B mit einer bestimmten Seriennummer (die mit der des angeblich gefälschten Führerscheines übereinstimmt) erhalten hat.

Bei dieser Beweislage hätte die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers nicht ohne weiteres abweisen dürfen. Es lagen ihr zwei Bestätigungen darüber, daß dem Beschwerdeführer die von ihm behauptete Lenkerberechtigung erteilt worden ist, und ein Duplikatführerschein vor. Angesichts dieser Unterlagen tritt die Frage, ob an dem Originalführerschein Änderungen vorgenommen worden sind, in den Hintergrund. Maßgebend ist - wie bereits ausgeführt -, ob der Antragsteller im Besitze einer entsprechenden ausländischen Lenkerberechtigung ist. Wenn ein Antragsteller überhaupt keinen Originalführerschein vorlegen kann, wären Unterlagen wie die vorgelegten durchaus geeignet, den Besitz der Lenkerberechtigung nachzuweisen. Bemerkt wird, daß auch bei der Ausstellung eines österreichischen Duplikatführerscheines nach § 71 Abs. 4 KFG 1967 der aufrechte Bestand der Lenkerberechtigung Voraussetzung ist.

Wenn die belangte Behörde auch auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen Zweifel daran hatte, daß er eine ausländische Lenkerberechtigung besitzt, so hätte sie den Versuch unternehmen müssen, sich - allenfalls unter Hinweis auf das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchungen - mit den in Frage kommenden ausländischen Dienststellen in Verbindung zu setzen, um die Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers überprüfen zu können. Die in der Gegenschrift vertretene Auffassung, das in Rede stehende Gutachten enthebe die Behörde von der Verpflichtung zu einer Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigungen, ist unrichtig.

Die belangte Behörde hat den maßgebenden Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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