Normen
AVG §38;
AVG §8;
NatSchG NÖ 1977 §25 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §25 Abs4;
NatSchG NÖ 1977 §25;
NatSchG NÖ 1977 §4;
NatSchG NÖ 1977 §5;
UmweltschutzG NÖ 1984 §11 Abs1;
VwRallg;
AVG §38;
AVG §8;
NatSchG NÖ 1977 §25 Abs1;
NatSchG NÖ 1977 §25 Abs4;
NatSchG NÖ 1977 §25;
NatSchG NÖ 1977 §4;
NatSchG NÖ 1977 §5;
UmweltschutzG NÖ 1984 §11 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Bescheid vom 1. April 1992 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Mödling der mitbeteiligten Partei gemäß § 25 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 5500-3 (im folgenden: Nö NSchG), den Auftrag, im Zusammenhang mit der konsenslos durchgeführten Errichtung eines Blockhauses auf der Parzelle 848/2, KG Y, im Landschaftsschutzgebiet Wienerwald im Grünland, den gesetzmäßigen Zustand durch Abtragung der Wände und Mauern der Baulichkeit bis auf das Niveau der angrenzenden Grundflächen und durch Einschlagen der Kellerdecken bzw. Abdeckung von Senkgruben innerhalb von 6 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides herzustellen.
Die Mitbeteiligte erhob Berufung, in der sie im wesentlichen vorbrachte, nur Instandsetzungsarbeiten zur Behebung von Baugebrechen, jedoch keine Umbauten bzw. Zubauten im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 1 Nö NSchG am bestehenden Blockhaus durchgeführt zu haben. Die für das Berufungsverfahren wesentliche Frage, ob die am gegenständlichen Blockhaus durchgeführten Arbeiten nur als "Instandsetzung bzw. Sanierung" bzw. als "Neu-, Zu- oder Umbau" zu qualifizieren seien, sei in einem beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahren nach der niederösterreichischen Bauordnung ebenfalls die entscheidende Frage.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde das naturschutzbehördliche Berufungsverfahren gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des unter der Zl. AW 92/05/0047 (gemeint: Zl. 92/05/0240) beim Verwaltungsgerichtshof "anhängigen Abbruchverfahrens nach der Nö Bauordnung" aus. Nach der Begründug sei es aufgrund des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens verwaltungsökonomisch sinnvoll, das naturschutzbehördliche Berufungsverfahren bis zur Klärung dieser Frage durch den Verwaltungsgerichtshof auszusetzen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Mitbeteiligte hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerdelegitimation der Umweltanwaltschaft des Landes Niederösterreich hängt nach § 11 des Nö Umweltschutzgesetzes, LGBl. Nr. 8050-1, davon ab, ob ein behördliches Verfahren im Vollzugsbereich des Landes ein solches ist, das auch die Vermeidung einer erheblichen und dauernden Schädigung der Umwelt zum Gegenstand hat. Diese Voraussetzungen treffen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf Verfahren nach den §§ 4 und 5 (iVm § 25) Nö NSchG zu (vgl. die Erkenntnisse vom 29. Februar 1988, VwSlg. 12.662/A, und vom 20. Jänner 1992, Zl. 91/10/0095). Das dem Beschwerdefall zugrundeliegende Verfahren ist dabei ein solches nach § 5 iVm § 25 Nö NSchG. Sind die Voraussetzungen des § 11 des Nö Umweltschutzgesetzes für die Parteistellung der Umweltanwaltschaft gegeben, dann hat diese nicht nur das Recht, im amtswegig eingeleiteten Verfahren als Partei beigezogen zu werden, sondern auch das Recht, solche Verfahren zu initiieren (vgl. das bereits genannte Erkenntnis vom 20. Jänner 1992). Der Umweltanwaltschaft kommt daher auch Parteistellung zu, wenn solche Verfahren nach § 38 AVG ausgesetzt werden. Die Beschwerdelegitimation der Umweltanwaltschaft des Landes Niederösterreich ist daher gegeben.
Die Beschwerde ist aus folgenden Überlegungen auch
berechtigt:
§ 38 AVG lautet:
"Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheide zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."
Unter einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG ist eine für die Entscheidung der Verwaltungsbehörde präjudizielle Rechtsfrage zu verstehen, über die als Hauptfrage von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten oder auch von derselben Behörde, jedoch in einem anderen Verfahren, zu entscheiden ist. Die Beantwortung der Vorfrage liefert ein unentbehrliches Tatbestandsmoment für die Entscheidung in der Hauptsache (vgl. das Erkenntnis vom 15. September 1969, VwSlg. 7632/A).
Der Verwaltungsgerichtshof steht dabei zur Verwaltungsbehörde nicht in einem solchen Verhältnis, wie es der Gegenüberstellung von Verwaltungsbehörde und Gericht im § 38 AVG zugrundeliegt. Dies im wesentlichen deshalb, weil der Verwaltungsgerichtshof - außer im Falle einer Säumnisbeschwerde (um eine solche handelt es sich bei der von der belangten Behörde genannten anhängigen Beschwerde zur Zl. 92/05/0240 nicht) - nicht berufen ist, eine Sachentscheidung zu fällen (vgl. das Erkenntnis vom 2. Juli 1948, VwSlg. 475/A). Da das anhängige Bescheidprüfungsverfahren kein "Verfahren bei der zuständigen Behörde" im Sinne des § 38 AVG ist, mangelte es an dieser Voraussetzung für eine bescheidmäßige Aussetzung. Daran vermögen auch die Ausführungen in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei unter dem Gesichtspunkt der "Verwaltungsökonomik" nichts zu ändern.
Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß die Frage des Abbruches der streitgegenständlichen Baulichkeit nach baurechtlichen Vorschriften keine Vorfrage nach § 38 AVG für das naturschutzrechtliche Wiederherstellungsverfahren bildet.
Aufgrund dieser Erwägungen belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
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