Normen
BauO NÖ 1976 §113 Abs2;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z4;
BauRallg;
VwRallg;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2;
BauO NÖ 1976 §2 Z5;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z1;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z4;
BauRallg;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführerin gehören die Grundstücke Nr. 884/2 und Baufläche .180, EZ 332, KG G, die sich nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde im Grünland befinden. Auf der Baufläche wurde um 1919 ein Holzhaus errichtet. Am 27. September 1990 beantragte die Beschwerdeführerin die baubehördliche Bewilligung zur Renovierung des Hauses samt angebautem Schuppen und Veranda und legte dazu einen Einreichplan vor. Mit Schreiben vom 12. November 1990 teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin mit, daß dieses Ansuchen unter Hinweis auf den § 98 Abs. 1 lit. a Nö Bauordnung gemäß § 98 Abs. 2 abgewiesen werden müsse, weil nach dieser Bestimmung ein Antrag ohne Bauverhandlung abzuweisen ist, wenn er dem Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan widerspreche.
Am 13. August 1991 stellte der Vizebürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde bei einem Lokalaugenschein fest, daß südseitig über die ganze Gebäudebreite eine Schiebetüre aus Glas montiert und westseitig ein neues Fenster installiert sei. Vor dem Gebäude sei Dämmaterial und seien Dachziegel gelagert. Der ausführende Baumeister hätte angegeben, zu Baumaßnahmen beauftragt zu sein.
Am 21. November 1991 fand eine Verhandlung, die zum Zweck einer "besonderen Beschau" amtswegig anberaumt worden war, an Ort und Stelle statt. Die zur Verhandlung geladene Beschwerdeführerin war durch den Bauführer vertreten. Das Gebäude konnte nur von außen besichtigt werden, da der Vertreter der Beschwerdeführerin keine Schlüssel hatte. Zunächst wurde der Bauzustand beschrieben. Der Verhandlungsleiter wies darauf hin, daß im Jahre 1981 das Gebäude von einem Bausachverständigen besichtigt und als nicht mehr sanierbar eingestuft worden sei. Nach dieser Beschreibung sei der Stiegenaufgang an der Südseite vorhanden, es hätte das Haus keine Fundamente mit Ausnahme von Viereckfundamenten aufgewiesen. Damals seien die Außenwände vermorscht gewesen und hätten faustgroße Öffnungen gehabt. Es seien keine Fenster und Türen vorhanden gewesen.
Der anwesende Bausachverständige erstattete bei dieser Verhandlung nachstehendes Gutachten:
"Mit Ausnahme des Stiegenaufganges sind sämtliche raumbildenden Gebäudeteile offensichtlich zur Gänze erneuert. Es konnten an keiner Stelle Anhaltspunkte für Bauteile festgestellt werden, die aus dem Jahre der Errichtung stammen. Es handelt sich somit um ein neues Gebäude, das mit dem ursprünglichen Objekt nur mehr die Bauform und die Größe gemeinsam haben."
Der anwesende Vertreter der Beschwerdeführerin gab an, es seien lediglich entsprechend einem Bescheid vom 30. April 1984 Baugebrechen behoben worden.
Mit Bescheid vom 16. Jänner 1992 ordnete der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a Nö Bauordnung den Abbruch dieser Baulichkeit an. Die gesetzten Baumaßnahmen könnten im Hinblick auf den früheren Zustand, wie er insbesondere am 9. Juni 1981 festgestellt worden sei, nicht als Instandsetzungsarbeiten gewertete werden. Es liege daher ein Umbau vor, der gemäß § 19 Nö Raumordnungsgesetz nicht zulässig sei. Eine Baubewilligung liege nicht vor und dürfe auch nicht erteilt werden.
In ihrer Berufung verwies die Beschwerdeführerin auf den Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. April 1984, wonach ihr die Behebung von Baugebrechen am gegenständlichen Objekt gestattet worden sei und nur Neu-, Zu- oder Umbauten am bestehenden Objekt einer baubehördlichen Bewilligung bedürften. Sie habe keine Neu-, Zu- oder Umbauten vorgenommen, sondern nur Sanierungsarbeiten. Umbauarbeiten, wie von ihr (offenbar am 27. September 1990) beantragt, habe sie nicht vorgenommen.
Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde gab dieser Berufung mit Bescheid vom 7. April 1992 keine Folge und setzte für den Abbruch der Baulichkeit eine Frist bis 30. November 1992. Schon aus dem Antrag vom 27. September 1990 sei ersichtlich, daß die Beschwerdeführerin Sanierungsarbeiten, wie seinerzeit im Bescheid vom 30. April 1984 bewilligt und bis 31. Oktober 1984 angeordnet, nicht durchgeführt habe. Die nach der abweisenden Stellungnahme der Baubehörde erster Instanz vom 12. November 1990 trotzdem durchgeführten Baumaßnahmen könnten nicht als Ausführung des Berufungsbescheides vom 30. April 1984 interpretiert werden. Die Beschwerdeführerin könne sich für ihre derzeitigen Arbeiten auf keinerlei Berechtigungen berufen.
Auch in ihrer dagegen gerichteten Vorstellung macht die Beschwerdeführerin geltend, daß sie nur Arbeiten, die ihr aufgrund behördlichen Auftrages (Bescheid vom 30. April 1984) vorgeschrieben worden seien, durchgeführt habe. Der nunmehr angefochtene Vorstellungsbescheid vom 28. Juli 1992 wurde der früheren Vertreterin der Beschwerdeführerin am 7. August 1992 zugestellt; vom 31. Juli 1992 stammt eine bei der belangten Behörde am 3. August 1992 eingelangte Eingabe, mit der die Vorstellung ergänzt und Fotos und eine Urkunde vorgelegt wurden. Weiters wird darin die Vorlage einer gutächtlichen Stellungnahme eines Ziviltechnikers angekündigt, welche tatsächlich am 31. August 1992 erfolgte. Mit Bescheid vom 12. August 1992 führte die belangte Behörde eine Berichtigung ihres Bescheides vom 28. Juli 1992 insoferne durch, als auf Seite 3 vorletzter Absatz der bisherige Text:
"... nicht rechtmäßig ..." durch die Worte:
"... nicht unrechtmäßig ..." ersetzt wurde.
Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung damit, daß sich bei der am 21. November 1991 durchgeführten Verhandlung ergeben hätte, es seien mit Ausnahme des Stiegenaufganges sämtliche raumbildenden Gebäudeteile zur Gänze erneuert worden und es handle sich um ein Gebäude, das mit dem ursprünglichen Objekt nur mehr die Bauform und die Größe gemeinsam gehabt hätte. Die Arbeiten seien daher als Neubau zu qualifizieren, es könne von Sanierungsarbeiten nicht mehr gesprochen werden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 19 Abs. 4 Nö Raumordnungsgesetz 1976 (i.d.F. LBGl. 8000-5; im folgenden: ROG) dürfen Neu-, Zu- und Umbauten nur errichtet werden, wenn sie für eine Nutzung nach Abs. 2 erforderlich sind; § 19 Abs. 2 zählt als derartige Nutzungen auf: die land- und forstwirtschaftliche Nutzung, für familieneigene Wohnbedürfnisse der Inhaber land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, für Grüngürtel, für Schutzhäuser, für im Grünland erhaltenswerte Bauten, für Materialgewinnungsstätten und dazugehörige Deponien, für Gärtnereien und Kleingärten, für Sportstätten, für Friedhöfe und Parkanlagen, für Campingplätze, für Müllablagerungsplätze und Lagerplätze aller Art. Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 Nö Bauordnung 1976 (i.d.F. LBGl. 8200-6; im folgenden: BO) bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde die Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden. Gemäß § 98 Abs. 2 BO ist ein Antrag (gemäß § 92 BO) ohne Bauverhandlung abzuweisen, wenn er der Festlegung der Widmungs- und Nutzungsart im Flächenwidmungsplan widerspricht. Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a BO hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerkes anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist.
Das Grundstück .180 befindet sich unbestrittenermaßen im Grünland; die Beschwerdeführerin beruft sich nicht darauf, daß ihr Gebäude für eine der im § 19 Abs. 2 ROG genannten Nutzungen erforderlich wäre. Nach den im Verwaltungsverfahren getroffenen Feststellungen liegt ein Neubau vor, für den keine Baubewilligung erteilt wurde und auch nicht erteilt werden kann.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das Gebäude, welches Gegenstand mehrerer Verfahren in den Jahren 1981 bis 1984 war, ein konsentierter Altbestand war. Der Abbruchauftrag bezieht sich aber nicht auf ein Gebäude aus 1919, sondern auf einen Neubau. Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Tatsachenfeststellung und behauptet, sie habe nur die im Berufungsbescheid vom 30. April 1984 aufgetragenen (oder bewilligten) Behebungen von Baugebrechen ausgeführt; sie gibt richtig wieder, daß auch in diesem Bescheid ausgesprochen worden sei, es dürfe zu keiner Substanzveränderung kommen und es bedürfe ein Neu-, Zu- oder Umbau einer Baubewilligung.
Zu der im angefochtenen Bescheid getroffenen Tatsachenfeststellung, mit Ausnahme des Stiegenaufganges seien sämtliche raumbildenden Gebäudeteile zur Gänze erneuert worden und es handle sich um ein Gebäude, das mit dem ursprünglichen Objekt nur mehr die Größe gemeinsam habe, gelangte die belangte Behörde aufgrund eines mängelfreien Verfahrens und einer durchaus schlüssigen Beweiswürdigung. Vorauszuschicken ist, daß die Beschwerdeführerin zur Verhandlung vom 21. November 1991 nachweislich geladen wurde und bei der Verhandlung auch vertreten war. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 39 Abs. 2 AVG) findet dort ihre Grenze, wo es der Mitwirkung der Partei bedarf und diese eine solche Mitwirkung unterläßt (siehe die Nachweise zur Mitwirkungspflicht bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 363 ff). Diese Mitwirkungspflicht hat die Beschwerdeführerin gröblichst verletzt, indem sie der Behörde anläßlich dieser Verhandlung keinen Zutritt zum Gebäude ermöglichte. Inwieweit die Befundaufnahme anläßlich dieser Verhandlung unvollständig gewesen sein soll, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen. Der Feststellung aufgrund des Gutachtens, es seien sämtliche raumbildenden Teile erneuert worden, wird nicht entgegengetreten; vielmehr ergibt sich aufgrund des der Vorstellungsbehörde vorgelegten Privatgutachtens, wonach die Außenwände durch neue Holzbalken ersetzt wurden, ein Streifenfundament aus Beton hergestellt wurde, neue Isolierglasfenster eingesetzt wurden, das Dach (Dachstuhl und Eindeckung) erneuert wurde und die Fußböden neu hergestellt wurden, eine Bestätigung des Amtssachverständigengutachtens, wonach sämtliche raumbildenden Gebäudeteile zur Gänze erneuert worden seien.
Die Beschwerdeführerin ist offenbar der Auffassung, eine vollständige Erneuerung nahezu sämtlicher Gebäudeteile, soweit nur die äußeren Umrisse des Gebäudes unverändert bleiben, stelle eine bloße Instandsetzung dar. Die Erneuerung sämtlicher raumbildenden Teile kann aber schon deshalb keine "Instandsetzung" sein, weil es keinen Unterschied machen kann, ob zuerst das alte Haus vollständig abgetragen und ein neues - wenn auch mit denselben Ausmaßen - errichtet wird, oder ob sukzessive Teile durch neue Teile ersetzt werden. Wenn auch § 2 BO keine Definition für die im § 92 Abs. 1 Z. 1 und 4 genannten Vorhaben (Neu-, Zu- und Umbauten bzw. Instandsetzungen) enthält, so bietet doch die Gebäudedefinition des § 2 Z. 5 BO (Bauwerk mit Dach und zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann) einen deutlichen Hinweis darauf, daß durch die Erneuerung von Wänden, des Bodens und des Daches ein NEUES Gebäude im Sinne des § 92 Abs. 1 Z. 1 BO geschaffen wird.
Zum Begriff der Instandsetzung gehört es nämlich, daß nur jeweils schadhafte Teile durch Ausbesserung der Schäden oder der Ersetzung einzelner Bausubstanzen wieder in einen den Anforderungen entsprechenden Zustand versetzt werden, nicht aber die gesamte Anlage beseitigt und durch eine gleichartige Neuanlage ersetzt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 1991, Zl. 90/10/0132, m.w.N.). Auch im Geltungsbereich der Nö Bauordnung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Neuerrichtung des Fundaments, des dreiseitigen Umfassungsmauerwerkes und der Dachkonstruktion samt Dacheindeckung eines Schuppens einen Neubau bilde und von einer Renovierung keine Rede sein könne (siehe das Erkenntnis vom 16. Oktober 1990, Zl. 90/05/0112).
Da die Beschwerdeführerin somit im Grünland einen Neubau errichtet hat, erging der Abbruchauftrag zu Recht. Auf die behauptete Aktenwidrigkeit, wonach die Behörde "offenbar" von einem in einem Zuge erfolgten Neubau ausgegangen sei, muß schon deshalb nicht eingegangen werden, weil die Beschwerdeführerin selbst zubilligt, (auch) 1991 Baumaßnahmen gesetzt zu haben.
Damit erwies sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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