Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 12. Jänner 1993 an das Arbeitsamt Linz urgierte der Beschwerdeführer die Auszahlung von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung mit der Begründung, daß "im Jänner 1993 eine Auszahlung fällig gewesen wäre". Mit Schreiben vom 19. Jänner 1993 teilte das Arbeitsamt dem Beschwerdeführer mit, daß sein Notstandshilfebezug mit 11. Dezember 1992 wegen Nichteinhaltung der Kontrollmeldung eingestellt worden sei. Da der Notstandshilfebezug gemäß § 10 AlVG bis 10. Dezember 1992 aberkannt worden sei, sei für Dezember 1992 keine Anweisung erfolgt.
Aufgrund einer Krankenstandsbescheinigung vom 10. Februar 1993, wonach der Beschwerdeführer vom 11. Dezember 1992 bis 28. Dezember 1992 arbeitsunfähig war und
ab 14. Dezember 1992 ein tägliches Krankengeld von S 403,--
erhielt, erließ das Arbeitsamt den Bescheid vom 19. Februar 1993 mit folgendem Spruch:
"Aufgrund Ihrer Eingabe wird festgestellt, daß Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld gemäß § 16 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG), BGBl. Nr. 609/1977 in geltender Fassung, für den nachstehend angeführten Zeitraum ruht:
Ab 14.12.1992".
In der Begründung wurde dazu ausgeführt, daß nach der zitierten Gesetzesstelle der Anspruch auf Arbeitslosengeld während des Bezuges von Kranken- oder Wochengeld ruhe. Da der Beschwerdeführer seit 14. Dezember 1992 im Krankengeldbezug stehe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen. Gegen diesen Bescheid richtete der Beschwerdeführer eine Berufung folgenden Wortlautes:
"Betreff: Berufung gegen den Bescheid vom 19.2.1993
Begründung
Wenn der Arbeitslose sich weigert, eine ihm vom Arbeitsamt zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, verliert er für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Der im Bescheid enthaltene Vorwurf ist nicht richtig. Ich ersuche daher meine Bezüge auszuzahlen."
Mit Bescheid vom 22. April 1993 hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides heißt es, daß der Beschwerdeführer seit 1975 beim Arbeitsamt Linz mit einigen Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeislosenversicherung beziehe. Für den 11. Dezember 1992 sei ihm eine Kontrollmeldung vorgeschrieben worden, die er jedoch nicht eingehalten habe. Aufgrund dieses Sachverhaltes sei der Bezug der Leistung unterbrochen worden, wobei das Ende des Unterbrechungszeitraumes dem Arbeitsamt nicht bekannt gewesen sei. Mit Schreiben vom 12. Jänner 1993 habe der Beschwerdeführer die Auszahlung seiner Leistung für Dezember 1992 begehrt. Das Arbeitsamt habe ihm dazu mitgeteilt, daß der Notstandshilfebezug mit 11. Dezember 1992 wegen der nicht eingehaltenen Kontrollmeldung eingestellt worden sei. Aufgrund der am 11. Februar 1993 beim Arbeitsamt Linz eingelangten Krankenstandsbescheinigung sei die Versäumnis der Kontrollmeldung am 11. Dezember 1992 entschuldigt, die Notstandshilfe ab 11. Dezember 1992 im Ausmaß von S 403,-- täglich angewiesen und der bekämpfte Bescheid, mit dem ausgesprochen worden sei, daß der Anspruch des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe ab 14. Dezember 1992 wegen des Bezuges von Krankengeld ruhe, erlassen worden. Am 25. Jänner 1993 habe der Beschwerdeführer neuerlich beim Arbeitsamt persönlich vorgesprochen, weshalb die Notstandshilfe ab diesem Tag wieder zuerkannt worden sei.
Nach Wiederholung des Wortlautes der Berufung und nach Zitierung der angewendeten Rechtsvorschriften vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß der Beschwerdeführer keine Gründe dargelegt habe, die den Berufungsantrag rechtfertigten, zumal ihm die Leistung vom Arbeitsamt nicht wegen der Nichtannahme einer zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung versagt, sondern das Ruhen der Notstandshilfe wegen des Bezuges von Krankengeld ausgesprochen worden sei. Mangels begründeten Berufungsantrages sei daher die Berufung des Beschwerdeführers vom 26. Februar 1993 gemäß § 63 Abs. 3 AVG zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde, worin der Beschwerdeführer vorbringt, unter anderem in seinem Recht auf Entscheidung in der Sache verletzt zu sein.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, worin sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung u.a. einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Die belangte Behörde zieht nicht in Zweifel, daß der Antrag des Beschwerdeführers in seiner Berufung seine "Bezüge auszuzahlen" in diesem Sinn ein ausreichender Antrag ist. Ob dieser Antrag auch begründet ist, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht davon ab, ob die Begründung rechtlich zutreffend oder vertretbar ist, sondern ausschließlich davon, ob daraus entnommen werden kann, womit der Beschwerdeführer meint, seinen Rechtsstandpunkt vertreten zu können (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 492 f, zitierte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung). Eine Berufungsanmeldung bzw. die Ankündigung, erst künftig die Berufung näher begründen zu wollen, ist kein begründeter Berufungsantrag im Sinne der zitierten Vorschrift (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 10. März 1992, Zlen. 92/08/0043, und 92/08/0048, vom 16. Juni 1992, Zl. 92/08/0017, uva).
Im Beschwerdefall trifft zwar zu, daß der Beschwerdeführer die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vom 19. Februar 1993 entweder nicht gelesen oder aber nicht verstanden hat, wie sein Berufungsvorbringen zeigt. Die unzutreffende Begründung seiner Berufung, die an der Begründung des bekämpften erstinstanzlichen Bescheides vorbeigeht, bedeutet aber nicht, daß der Berufung jegliche Begründung fehlen würde. Nur das Fehlen jeglicher Begründung hätte aber die belangte Behörde nach der Rechtsprechung zur Zurückweisung der Berufung berechtigt. Im Beschwerdefall wäre es zwar unter Umständen hinreichend gewesen, wenn die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers unter Hinweis auf sein am Sachverhalt vorbeigehendes Berufungsvorbringen abgewiesen hätte; sie war jedoch nicht berechtigt, die Berufung zurückzuweisen.
Da die belangte Behörde durch die Zurückweisung der Berufung den Beschwerdeführer in seinem Recht auf eine (wenn auch möglicherweise negative) Sachentscheidung verletzt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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