VwGH 93/04/0097

VwGH93/04/009720.12.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. April 1993, Zl. 311.710/2-III/5/93, betreffend Ansuchen um Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §13 Abs1 Z1;
GewO 1973 §13 Abs1 Z2;
GewO 1973 §13 Abs1 Z3;
GewO 1973 §13 Abs1 Z4;
GewO 1973 §13 Abs5;
GewO 1973 §26 Abs4;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
StGB §146 Abs2;
StGB §146;
StGB §147 Abs2;
GewO 1973 §13 Abs1 Z1;
GewO 1973 §13 Abs1 Z2;
GewO 1973 §13 Abs1 Z3;
GewO 1973 §13 Abs1 Z4;
GewO 1973 §13 Abs5;
GewO 1973 §26 Abs4;
GewO 1973 §87 Abs1 Z1;
StGB §146 Abs2;
StGB §146;
StGB §147 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 5. April 1993 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 31. Oktober 1988 um Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung "gemäß § 26 Abs. 2 i.V.m. § 26 Abs. 4 GewO 1973" abgewiesen. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, gegen den Beschwerdeführer liege ein Gewerbeausschlußgrund gemäß § 13 Abs. 5 GewO 1973 vor, weil er handelsrechtlicher Geschäftsführer der S-Handelsgesellschaft mbH in W, gewesen sei, über deren Vermögen mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien der Konkurs eröffnet worden sei. Der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Juli 1989, bestätigt mit Urteil des OLG Wien vom 9. April 1990, wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe in der Dauer von 7 Monaten und 20 Tagen unter Bedachtnahme auf die Urteile des Strafbezirksgerichtes Wien vom 7. Jänner 1985, rechtskräftig seit 1. Februar 1985, des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. Juli 1986, und des Strafbezirksgerichtes Wien vom 14. Jänner 1988, rechtskräftig seit 18. Jänner 1988, verurteilt worden. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB sei die über ihn verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen worden. Der Beschwerdeführer sei deshalb schuldig gesprochen worden, weil er 1982 in Wien mit dem Vorsatz, sich und/oder Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte von Versicherungsunternehmen jeweils kurze Zeit nach den im folgenden angeführten angeblichen Unfallszeitpunkten durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, es lägen Schadensereignisse vor, derentwegen Ersatzansprüche wegen der Beschädigung von Sachen durch Verwendung von Kraftfahrzeugen zu Recht erhoben oder die Versicherungsunternehmen zu Leistungen auf Grund von Kasko-Versicherungsverträgen verpflichtet würden, zu Zahlungen zu Gunsten der Firma F-Gesellschaft m.b.H., somit zu Handlungen verleitet habe, die Versicherungsunternehmen in den den Zahlungen entsprechenden Beträgen am Vermögen (Schadenshöhe etwa S 185.000,--) geschädigt hätten. Bei der Strafbemessung sei als mildernd das der Wahrheitsfindung dienende Geständnis, die teilweise Schadensgutmachung und das Wohlverhalten der länger zurückliegenden Tatbegehung, als erschwerend hingegen das Zusammentreffen fünf strafbarer Handlungen (inklusive des Faktums der Verurteilung vom 7. Juli 1986) derselben Art und die Tatbegehung längere Zeit hindurch angenommen worden. Nach der Aktenlage sei der Beschwerdeführer schon mit Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 18. Juni 1982, rechtskräftig seit 22. Juni 1982, wegen § 198 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Wochen bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt worden. Mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 7. Jänner 1985 sei er wegen § 64 (§ 63 Abs. 1/1) Lebensmittelgesetz zu 20 Tagessätzen a S 300,--, ferner mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. Juli 1986 wegen §§ 12, 146, 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bedingt, Probezeit 3 Jahre, und mit Urteil des Strafbezirksgerichtes Wien vom 14. Jänner 1988 wegen § 64 (§ 63 Abs. 1/1) Lebensmittelgesetz zu 20 Tagessätzen a S 150,-- verurteilt worden. Unter Anführung der maßgeblichen Gesetzesstellen führte die belangte Behörde hiezu aus, die strafbaren Handlungen, welche zur Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Urteil vom 24. Juli 1989 geführt hätten, erfüllten den Tatbestand des § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973. Die sich in den strafrechtlich geahndeten Verfehlungen manifestierende Vorgangsweise des Beschwerdeführers, welcher schon einmal wegen strafbarer Handlungen gemäß §§ 12, 146 und 147 Abs. 3 StGB rechtskräftig verurteilt worden sei, und das daraus zu gewinnende Persönlichkeitsbild ließen mit Rücksicht darauf, daß die Ausübung eines Gastgewerbes mannigfaltige Gelegenheit zu strafgesetzwidrigem, insbesondere gegen fremdes Vermögen gerichtetem Verhalten biete, die Befürchtung gerechtfertigt erscheinen, daß der Beschwerdeführer eine gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen werde. Daran vermöge auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe volle Schadenswiedergutmachung geleistet und sich seit nahezu 10 Jahren wohl verhalten, nichts zu ändern. Die durch konkrete Umstände objektivierte Rechtfertigung dieser Befürchtung ergebe sich nämlich schon im Hinblick auf das durch die in Rede stehenden strafbaren Handlungen ersichtlich gewordene Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers. Der Umstand, daß die Strafe durch das Landesgericht für Strafsachen Wien bedingt nachgesehen worden sei, falle nicht ins Gewicht, da zwischen der Verpflichtung des Strafgerichtes, unter bestimmten Voraussetzungen die verhängte Strafe unter Bestimmung einer Probezeit nachzusehen und der Aufgabe der Verwaltungsbehörde, eine Gewerbeberechtigung unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu erteilen bzw. eine darauf gerichtete Nachsichtserteilung unter bestimmten Voraussetzungen zu verweigern, keine normativ beachtliche Antinomie zu erblicken sei, da die Gewerbebehörde mit der Ausübung des konkreten Gewerbes im Zusammenhang stehende Umstände zu prüfen habe. Da es somit im Anwendungsbereich des § 13 GewO 1973 auf das bei der Ausübung eines Gewerbes zu gewärtigende Verhalten der Person ankomme, sei die Tatsache, daß das Gericht die mit dem gegenständlichen Urteil über den Beschwerdeführer verhängte Strafe bedingt nachgesehen habe, für das gegenständliche Verfahren ohne Relevanz, auch wenn sich die zuständige gewerbliche Interessensvertretung nicht gegen die Nachsichtserteilung ausgesprochen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1973 verletzt. In Ausführung des so verstandenen Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, die belangte Behörde habe die umfangreichen Ausführungen des Beschwerdeführers dazu, weshalb eine Nachsicht vom Gewerbeausschluß auf Grund des § 26 Abs. 2 GewO 1973 gerechtfertigt sei, nicht behandelt, weil sie von einem weiteren Ausschlußgrund gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 iSd § 26 Abs. 4 leg. cit. ausgegangen sei. Dem für diesen Ausschlußgrund herangezogenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Juli 1989 liege ein strafrechtliches Verhalten des Beschuldigten zugrunde, welches von ihm vor nahezu 10 Jahren gesetzt worden sei. Er selbst sei in untergeordneter Rolle an diesen Versicherungsdelikten beteiligt gewesen und habe den Wandel seiner inneren Einstellung dadurch dokumentiert, daß er volle Schadenswiedergutmachung geleistet und sich seit Tatbegehung wohl verhalten habe. Wäre nicht wegen einer Vielzahl der an den strafbaren Delikten Beteiligten eine derart außergewöhnliche Verzögerung durch das Strafgericht eingetreten, wären diese Verurteilungen bereits getilgt. Die belangte Behörde habe es unterlassen, auf die Eigenart der (konkreten) strafbaren Handlungen einzugehen und auch auszuführen, weshalb nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei. Die Straftat, wegen der die Verurteilung erfolgt sei, habe mit den Gegebenheiten bei der Ausübung des Gastgewerbes nichts zu tun. In Anbetracht eines danach von ihm erfolgten Wohlverhaltens über nahezu 10 Jahre hätte die belangte Behörde konkret dartun müssen, weshalb sie dennoch zu der Ansicht gelangt sei, daß die Ausübung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten sei. Die belangte Behörde hätte sich nicht damit begnügen dürfen, das Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers einzig und allein aus der strafbaren Handlung zu gewinnen, da die Bestimmung des § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 auf beide Fakoren abstelle.

Der Beschwerde kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu.

Gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, hat die Behörde (§ 346 Abs. 1 Z. 2) bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 5 die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung zu erteilen, wenn auf Grund der Umstände, die zu dem Antrag auf Eröffnung des Konkurses oder zu den Anträgen auf Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der betreffenden juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes geführt haben und nach der Persönlichkeit der natürlichen Person erwartet werden kann, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen ist die Nachsicht gemäß Abs. 1, 2 oder 3 nicht zu erteilen, wenn andere Ausschlußgründe gemäß § 13 vorliegen als jene, für die die Nachsicht erteilt werden soll.

Gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ist, wer wegen einer vorsätzlichen, mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung von einem Gericht verurteilt worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen, wenn die Verurteilung noch nicht getilgt ist und nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Im vorliegenden Fall ging die belangte Behörde im Sachverhaltsbereich davon aus, daß der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB verurteilt worden ist. Ausgehend davon erscheinen hinsichtlich dieser Handlungen, derentwegen der Beschwerdeführer strafgerichtlich verurteilt wurde, die Ausschließungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 gegeben. Daß die als erwiesen angenommenen strafbaren Handlungen mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind und die diesbezügliche Verurteilung noch nicht getilgt ist, wird vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die behördliche Annahme der Tatbestandserfüllung nach § 13 Abs. 1 GewO 1973 vor allem insoweit, als der angefochtene Bescheid auch vom Vorliegen der Tatbestandsmerkmale "nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist" im Schlußteil des § 13 Abs. 1 GewO 1973 ausging.

In Hinsicht auf dieses Tatbestandselement hatte die belangte Behörde bei Prüfung der Frage der Erfüllung des im letzten Halbsatz des § 13 Abs. 1 GewO 1973 vorgesehenen Tatbestandsmerkmales der Befürchtung, der Verurteilte werde die gleiche oder eine ähnliche Straftat bei Ausübung des Gewerbes begehen, zufolge der damit im Zusammenhang getroffenen gesetzlichen Anordnung, sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen, wobei auf den Umstand der erfolgten gerichtlichen Verurteilung abzustellen war (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1981, Slg. N.F. Nr. 10375/A u.a.).

Es ist nun nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde - ohne daß es weiterer Ermittlungen bedurft hätte und daß ihr ein Begründungsmangel anzulasten wäre - im Hinblick auf die der Straftat gemäß §§ 146 und 147 Abs. 2 StGB zugrundeliegende Vorgangsweise (mehrere strafbare Handlungen derselben Art über einen längeren Tatbegehungszeitraum), die Höhe des Schadensbetrages und der bereits früher erfolgten Verurteilung wegen des versuchten schweren Betruges, somit eines Deliktes, welches auf der gleichen schädlichen Neigung beruhte, auf ein Persönlichkeitsbild des Beschwerdeführers schloß, das die Begehung gleicher oder ähnlichen Straftaten bei Ausübung des Gewerbes befürchten läßt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1990, Zl. 90/04/0021). Was die Eigenart des nach § 13 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 tatbestandsmäßigen strafbaren Verhaltens des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146 und 147 Abs. 2 StGB betrifft, so ist im Hinblick auf die mit der Ausübung des Gewerbes (hier: Gastgewerbe) verbundenen Kontakte mit Gästen und die damit gebotenen Gelegenheiten die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten zu befürchten. Unter Bedachtnahme auf diese Umstände war es auch nicht rechtswidrig, die betreffende aus dem Persönlichkeitsbild abgeleitete Befürchtung im Hinblick auf den zwischen der letztmaligen Verwirklichung des Tatbestandes und der Erlassung des angefochtenen Bescheides gelegene Zeitraum von fast 10 Jahren nicht als hinfällig geworden zu betrachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 92/04/0102).

Ausgehend davon ist es im Hinblick auf die Bestimmung des § 26 Abs. 4 GewO 1973 nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erfüllung der beantragten Nachsicht nicht als gegeben erachtete.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesonders deren Art. III Abs. 2.

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