VwGH 93/01/0441

VwGH93/01/044127.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Händschke, Dr. Stöberl und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die gemeinsam erhobenen Beschwerden 1. der S und 2. des H, beide in H, beide vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in D, gegen die Bescheide des BMI vom 20. 10. 1992, Zlen. 4.335.308/2-III/13/92 und 4.335.309/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs3;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs3;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 13.368.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer, ein Ehepaar türkischer Staatsangehörigkeit und kurdischer Nationalität, das am 28. März 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, haben die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 9. Juni 1992, mit denen festgestellt worden war, bei ihnen lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtlinge nicht vor, mit Berufung bekämpft.

Mit den Bescheiden vom 20. Oktober 1992 wies die belangte Behörde die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 17. März 1993, B 2038, 2039/92, die Behandlung der gegen diese Bescheide gemeinsam erhobenen Beschwerden ab und trat diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigebrachten gemeinsamen Beschwerdeergänzung machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Zweitbeschwerdeführer hat in seinem schriftlichen, auch für die Erstbeschwerdeführerin erhobenen Asylantrag und bei seiner Ersteinvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg am 13. April 1992 angegeben, sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in der Schweiz aufgehalten und für sich und seine Familie Asylansuchen gestellt zu haben. Nach Abweisung der Asylansuchen durch die Schweizer Behörden habe er sich noch etwa ein Jahr illegal in der Schweiz aufgehalten. Die Erstbeschwerdeführerin hat bei ihrer Ersteinvernahme unter anderem auf die Angaben des Zweitbeschwerdeführers verwiesen.

Die belangte Behörde hat in beiden Fällen - ausgehend von der Auffassung, daß von ihr im Hinblick auf § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 dieses Gesetz bereits anzuwenden sei - die Versagung von Asyl im wesentlichen gleichlautend damit begründete, daß durch die Abweisung der Asylanträge der Beschwerdeführer in der Schweiz der Versagungsgrund des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei. Gemäß dieser Gesetzesstelle wird Fremden, die bereits einen Asylantrag in Österreich oder in einem anderen Staat, der die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet, gestellt hatten und deren Antrag abgewiesen wurde, kein Asyl gewährt.

Gemäß § 25 Abs. 1 Asylgesetz 1991 sind am 1. Juni 1992 in erster Instanz anhängige Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen sind am 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängige Verfahren nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen.

Für die Beurteilung der Beschwerdefälle von ausschlaggebender Bedeutung ist es, daß die Berufungen der Beschwerdeführer gegen die ihre Asylansuchen abweisenden Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 9. Juni 1992 am 25. Juni 1992 zur Post gegeben wurden und daß somit die die Beschwerdeführer betreffenden Asylverfahren infolge der Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide nach dem 1. Juni 1992 zu diesem Zeitpunkt noch bei der Behörde erster Instanz anhängig waren und frühestens im Zeitpunkt der Einbringung der Berufungen bei der belangten Behörde anhängig geworden sind. Im Hinblick auf die zu § 25 Asylgesetz 1991 entwickelte hg. Rechtssprechung und insbesondere das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf dessen Ausführungen des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, diese bei ihr erst nach dem 1. Juni 1992 anhängig gewordenen Asylverfahren gemäß § 25 Abs. 1 Asylgesetz 1991 nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltenden Rechtslage zu Ende zu führen.

Die in der entgegen der hg. Judikatur erfolgten Anwendung des Asylgesetz 1991 auf die Beschwerdefälle gelegene Rechtswidrigkeit ist deshalb wesentlich, weil einerseits dem Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, der von der belangten Behörde herangezogene Ausschlußgrund des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 fremd war und somit nicht hätte angewendet werden können, und andererseits die belangte Behörde im Hinblick auf das von ihr angenommene Vorliegen dieses Ausschlußgrundes ausdrücklich eine materielle Prüfung des Vorbringens der Beschwerdeführer abgelehnt hat. Damit hat sich aber die aufgezeigte Rechtswidrigkeit zu Lasten der Beschwerdeführer ausgewirkt.

Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des erhobenen Begehrens auf die §§ 47 ff und insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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