VwGH 92/18/0439

VwGH92/18/043912.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 3. September 1992, Zl. Frb-4250/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z3;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §107;
StGB §125;
StGB §71;
StGB §83;
VwRallg;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z1;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z2;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z3;
EMRK Art8 Abs2;
StGB §107;
StGB §125;
StGB §71;
StGB §83;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 3. September 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, ein auf § 3 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. 75/1954 in der Fassung BGBl. Nr. 575/1987, (FrPolG) gestütztes, bis 31. Dezember 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das "Gebiet der Republik Österreich" erlassen.

Der Beschwerdeführer sei vom Bezirksgericht Bludenz mit Urteil vom 21. Juni 1991 wegen der Vergehen der Körperverletzung und der Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 3.600,--, im Nichteinbringungsfall zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Tagen, bedingt auf drei Jahre rechtskräftig verurteilt worden. Mit Straferkenntis der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 27. Juni 1991 sei er wegen Übertretung des Art. IX Abs. 1 Z. 1 EGVG mit S 1.500,-- rechtskräftig bestraft worden. Mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 25. November 1991 sei der Beschwerdeführer wegen § 107 Abs. 2 StGB zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Geldstrafe von

150 Tagessätzen a S 200,-- rechtskräftig verurteilt worden. Bereits nach der ersten gerichtlichen Verurteilung sei dem Beschwerdeführer für den Fall, daß er weiterhin strafrechtlich oder verwaltungsstrafrechtlich negativ in Erscheinung trete, die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes angedroht worden. Insbesondere die Tatsache, daß der Beschwerdeführer, nachdem er wegen eines Rechtsbruches zur Rechenschaft gezogen worden sei, die vermeintlichen Anzeiger mit dem Umbringen bedroht habe, lasse darauf schließen, daß bei ihm ein erhöhtes Aggressionspotential vorhanden sei. Die Annahme, daß ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde, sei somit zweifelsohne gerechtfertigt.

An persönlichen und familiären Verhältnissen sei zu berücksichtigen gewesen, daß der Beschwerdeführer nach einem Aufenthalt in Österreich von Juli 1972 bis Dezember 1974 seit August 1989 wieder hier lebe. Darüber hinaus hielten sich die Ehegattin und die Kinder des Beschwerdeführers seit September 1991 im Bundesgebiet auf. Der Beschwerdeführer sei derzeit als Bauhilfsarbeiter beschäftigt. Von einer Integration im Bundesgebiet könne nicht gesprochen werden, zumal der Beschwerdeführer erst seit drei Jahren wieder in Österreich aufhältig sei und nur sehr schlecht Deutsch spreche. Auch der Umstand, daß sich seine Gattin und seine Kinder seit ca. einem Jahr im Bundesgebiet aufhielten, sei nicht von allzu großer Bedeutung. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wögen daher unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.

Die Zulässigkeit einer Abschiebung des Beschwerdeführers nach Jugoslawien sei im Aufenthaltsverbotsverfahren nicht zu berücksichtigen gewesen. Darauf sei nach § 13a FrPolG erst im Fall der Abschiebung (§ 13 leg. cit.) Bedacht zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gerichtete Beschwerde, mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1

Z.2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer ist im Jahr 1991, von der Beschwerde unbestritten, zweimal rechtskräftig verurteilt worden, und zwar das erste Mal (u.a.) wegen Körperverletzung gemäß §§ 83 ff StGB, das zweite Mal wegen gefährlicher Drohung gemäß § 107 Abs. 2 StGB. Bei Körperverletzung und gefährlicher Drohung handelt es sich um auf der gleichen schädlichen Neigung beruhende strafbare Handlungen (vgl. LEUKAUF-STEININGER, Kommentar zum Strafgesetzbuch3, § 71 RN 6). Damit ist vom Beschwerdeführer - wie von der Erstbehörde zutreffend beurteilt - der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 dritter Fall FrPolG verwirklicht worden; dies mit der Folge, daß eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. vorliegt und die dort näher umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Wege der direkten Subsumtion des Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers unter § 3 Abs. 1 FrPolG zu diesem Ergebnis gelangt ist, bedeutet keine Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers.

2. Die von der belangten Behörde im Grunde des § 3 Abs. 3 FrPolG vorgenommene Interessenabwägung ist nicht mit der in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeit behaftet. Der mehrfache Hinweis auf die Kriegssituation in Bosnien - der Beschwerdeführer stamme von dort und gehöre der muslimischen Volksgruppe an - und die daraus resultierende Unmöglichkeit dort Arbeit und Unterkunft zu finden geht fehl, da über die Frage, wohin der Beschwerdeführer allenfalls abgeschoben wird (vgl. § 13 FrPolG) im bekämpften Bescheid nicht abzusprechen, folglich dieser Aspekt auch nicht in die Interessenabwägung nach § 3 Abs. 3 FrPolG einzubeziehen war. Die Behauptung, daß die Familie des Beschwerdeführers bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes niemanden habe, der für ihren Unterhalt sorge, läßt außer acht, daß die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung den Beschwerdeführer auch außerhalb Österreichs trifft. Die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers, vor allem aber seiner Gattin und seiner Kinder, ist noch relativ kurz; die Interessenabwägung entscheidend zu seinen Gunsten beeinflussendes Gewicht maß die belangte Behörde diesem Umstand zu Recht nicht zu. Auf der anderen Seite ist der Umstand, daß dem Beschwerdeführer nach seiner ersten gerichtlichen Verurteilung die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für den Fall weiterer Gesetzesverstöße angedroht wurde, durchaus geeignet, die gegen einen weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sprechenden öffentlichen Interessen zu verstärken.

3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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