Normen
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 litb;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
EStG 1988 §22 Z1 litb;
ZivTG §5 Abs1;
ZivTG §5;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1 litb;
EStG 1972 §22 Abs1 Z1;
EStG 1988 §22 Z1 litb;
ZivTG §5 Abs1;
ZivTG §5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Absolvent einer Höheren Technischen Lehranstalt, Fachrichtung Hochbau, und führt die Standesbezeichnung "Ingenieur". Nach Ablegung der Baumeisterprüfung wurde ihm die Baumeisterkonzession verliehen. Er studierte überdies an der Hochschule für Welthandel und erwarb den akademischen Grad "Diplomkaufmann".
Im Zuge einer über die Streitjahre 1986 bis 1988 durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - neben hinsichtlich ihrer Beurteilung nicht strittigen Einkünften als Vortragender - Einkünfte als gerichtlicher Sachverständiger für das Bau- und Liegenschaftswesen erzielte. Nach dem Prüfungsbericht habe der Beschwerdeführer in dieser Eigenschaft hauptsächlich Gutachten über die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken bzw. die Bestimmung der mit einem bestimmten Mietobjekt erzielbaren Mieten erstellt.
Nach einer entsprechenden Anfrage der Prüferin teilte die zuständige Ingenieurkammer in einem Schreiben vom 18. März 1990 mit, der Beschwerdeführer erbringe vom Berechtigungsumfang nach § 5 Abs. 1 Ziviltechnikergesetz allein Leistungen nach lit. e dieser Gesetzesstelle, nämlich Gutachten, Schätzungen und Berechnungen. Für das Berufsbild des Ziviltechnikers sei es geradezu atypisch, daß er sich nur mit der Erstellung von Gutachten beschäftigt. Eine derartige Tätigkeit würde ihn in einem Ausmaß von den typischen und im wirtschaftlichen Leben tatsächlich auszuübenden Planungstätigkeiten entfremden, daß er seinem Berufsbild nicht mehr entsprechen könne.
Die Prüferin vertrat die Meinung, es handle sich bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Sachverständiger nicht um einen dem Ziviltechnikerberuf ähnliche Tätigkeit und qualifizierte die Einkünfte daraus als solche aus Gewerbebetrieb.
In der Berufung gegen die nach der Betriebsprüfung erlassenen Bescheide wurde nach ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung, die zur Abgrenzung zwischen freiem Beruf und Gewerbebetrieb ergangen ist, die Meinung vertreten, die Tätigkeit solcher Sachverständiger, welchen die Einordnung in § 22 Abs. 1 Z. 1 EStG 1972 verwehrt werde, sei als sonstige selbständige Arbeit im Sinne der Z. 2 dieser Gesetzesstelle anzusehen.
In einer die Berufung ergänzenden Eingabe vom 26. September 1990 wurde insbesondere die Auffassung vertreten, es genüge bei dem anzustellenden Vergleich mit der Berufstätigkeit eines Ziviltechnikers, wenn EINE typische Tätigkeit eines Ziviltechnikers ausgeübt werde.
In einer weiteren Berufungsergänzung vom 7. November 1990 wurde zum Sachverhalt ausgeführt, der Beschwerdeführer habe z. B. in einer Vormundschaftssache die Angemessenheit der Reparaturarbeiten für eine Althaussanierung zu prüfen gehabt. Hiefür sei eine komplette Kosten- und Leistungsaufstellung notwendig gewesen, welche Tätigkeit einem planenden Baumeister bzw. einem Ziviltechniker ähnlich sei. Auch seien in § 26 Abs. 2 Z. 9 lit. b Wohnungseigentumsgesetz für Hochbau zuständige Ziviltechniker mit den für dieses Fach allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen hinsichtlich der Nutzwertfestsetzung gleichgestellt worden.
Mit dem in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde wies insbesondere darauf hin, daß die Arbeit des Beschwerdeführers hauptsächlich in der Erstellung von Gutachten auf dem Gebiet des Bau- und Liegenschaftswesens bestehe. Es werde der Wert und Preis von Wirtschaftsgütern (primär von Liegenschaften) oder von Unternehmerleistungen (Angemessenheit von Sanierungskosten bei Wohnhäusern und Honorarnoten von Hausverwaltern) festgestellt. Eine solche Tätigkeit sei der eines Ziviltechnikers nicht ähnlich.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluß vom 25. Februar 1992, B 1275/91-3, abgelehnt. Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 16. April 1992, B 1275/91-5, wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören gemäß § 22 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1972 in der für die Streitjahre 1986 bis 1988 geltenden Fassung unter anderem Einkünfte aus der Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker und aus einer ähnlichen freiberuflichen Tätigkeit. Nach § 22 Z. 1 lit. b EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit unter anderem Einkünfte aus der Berufstätigkeit der staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker oder aus einer unmittelbar ähnlichen Tätigkeit.
Abgesehen von einer hinsichtlich ihrer Qualifizierung nicht in Streit stehenden Vortragstätigkeit hat der Beschwerdeführer in den Streitjahren ausschließlich Gutachten als Sachverständiger für das Bau- und Liegenschaftswesen erstellt. Eine solche Tätigkeit stellt einen Teilbereich der Befugnisse nach § 5 des auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Ziviltechnikergesetzes BGBl. Nr. 146/1957 dar.
§ 5 Abs. 1 ZTG lautet:
"Inhalt und Umfang der Befugnisse.
§ 5. (1) Die Architekten, Ingenieurkonsulenten und
Zivilingenieure sind auf Grund ihrer Befugnisse in allen Zweigen ihres Fachgebietes berechtigt:
- a) zur Verfassung von Projekten, Plänen, Leistungsverzeichnissen und Voranschlägen;
- b) zur Überwachung und Leitung der Herstellung baulicher, technischer und betrieblicher Anlagen und Einrichtungen sowie deren Abrechnung und Abnahme (Kollaudierung);
- c) zur laufenden Überprüfung und Überwachung von maschinellen Anlagen und Betriebseinrichtungen, Revisionen und Betriebskontrollen, sofern nicht durch gesetzliche Vorschriften eine besondere Befugnis gefordert wird;
- d) zur Beratung und Durchführung von fachtechnischen Untersuchungen und Überprüfungen aller Art sowie Betriebsrationalisierungen;
- e) zur Abgabe von Gutachten, Schätzungen und Berechnungen;
- f) zur fachtechnischen Überprüfung der von anderer Seite verfaßten schriftlichen oder planlichen Unterlagen;
- g) zur berufsmäßigen Vertretung von Parteien vor Behörden sowie öffentlich-rechtlichen Körperschaften einschließlich der Verfassung von Eingaben in technischen Angelegenheiten und zur berufsmäßigen Beratung in allen in das Fachgebiet einschlägigen Angelegenheiten;
- h) zur Durchführung der mit vorstehenden Tätigkeiten zusammenhängenden Messungen."
Für die Feststellung der Ähnlichkeit einer Tätigkeit mit einem der in den angeführten einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen genannten Berufe genügt es zwar im Sinne der ständigen Rechtsprechung, daß die Tätigkeit in ihrem wirtschaftlichen Gehalt und ihrem äußeren Erscheinungsbild mit einer Tätigkeit vergleichbar ist, die ihrerseits zweifelsfrei zu den im Gesetz bezeichneten freien Berufen zählt, obwohl sie nur einen Teilbereich einer weitergehenden Berufsbefugnis umfaßt. Umfaßt die Tätigkeit nur einen Teilbereich eines umfassenden Berufsbildes (hier eines Ziviltechnikers), so ist für das Vorliegen des Ähnlichkeitstatbestandes entscheidend, ob das Tätigkeitsbild in seiner Gesamtheit mit jenem Tätigkeitsbild vergleichbar ist, das ÜBLICHERWEISE die Tätigkeit entsprechend spezialisierter Ziviltechniker kennzeichnet (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Mai 1992, 87/13/0205, mit weiterem Hinweis).
Bei Betrachtung des im § 5 Abs. 1 ZTG enthaltenen Kataloges an Tätigkeiten ist eine gewisse Stufenordnung dieser Tätigkeiten erkennbar. In lit. a ist dem Berufsbild eines Architekten, Ingenieurkonsulenten und Zivilingenieurs das Verfassen von Projekten, Plänen, Leistungsverzeichnissen und Voranschlägen vorangestellt. Es folgen in lit. b die Ausübung der Bauaufsicht, weiterhin eine Überprüfungs- und Überwachungstätigkeit, eine Untersuchungstätigkeit, sodann die Abgabe von Gutachten etc., schließlich die berufsmäßige Vertretung und letztlich die Durchführung der mit den anderen Tätigkeiten zusammenhängenden Messungen. Schon aus dieser im Gesetz enthaltenen Beschreibung des Berufsbildes eines Ziviltechnikers ist damit erkennbar, daß die planende Tätigkeit für das Berufsbild des Ziviltechnikers wesentlich ist. Im Erkenntnis vom 13. Mai 1992, 90/13/0293 - auf das sich der Beschwerdeführer in seiner Replik auf die Gegenschrift der belangten Behörde selbst stützt - wurde ausgesprochen, daß die vom damaligen Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten ungeachtet ihrer Spezialisierung auf einen Teilbereich der den Ziviltechnikern eingeräumten Befugnisse im Stadium der Planung erbracht wurden und damit dem Kernbereich der üblichen Ziviltechnikertätigkeit zuzuordnen waren. Demgegenüber ist nach der im Falle des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls vom 13. Mai 1992, 87/13/0205, erfolgten Beweisaufnahme eine Spezialisierung auf eine Bauaufsicht (vgl. § 5 Abs. 1 lit. b ZTG) für einen Ziviltechniker nicht üblich.
Im Streitfall hat der Beschwerdeführer - ebenso wie im Falle des zuletzt genannten Erkenntnisses - keine planende Tätigkeit, sondern vielmehr allein die in lit. e des § 5 Abs. 1 ZTG angeführte Tätigkeit ausgeübt. Nach der im Beschwerdefall von der Abgabenbehörde eingeholten Auskunft der zuständigen Ingenieurkammer ist es für das Berufsbild eines Ziviltechnikers geradezu atypisch, daß er sich nur mit der Verfassung von Gutachten beschäftigt. Die hiefür gegebene Begründung, die Tätigkeit entfremde von der typischerweise auszuübenden Planungstätigkeit, erscheint schlüssig. Daraus folgt, daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht dem Berufsbild eines Ziviltechnikers entspricht, wie es üblicherweise in Erscheinung tritt. Die Ähnlichkeit dieser Tätigkeit bezieht sich nur auf eine atypisch eingeschränkte, nicht aber auf die berufstypische Tätigkeit des Berufsangehörigen. Die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit kann damit nicht als eine einem Ziviltechniker ähnliche Tätigkeit angesehen werden.
Der Beschwerdeführer bringt demgegenüber vor, es gebe Ziviltechniker - ebenso wie etwa Wirtschaftstreuhänder - die überwiegend oder sogar ausschließlich als Sachverständige tätig werden, ohne ihre Qualifikation zu verlieren. Dem ist entgegenzuhalten, daß eine Einschränkung der Berufstätigkeit in unüblicher Weise in jedem Berufszweig vorkommen kann. Trifft dies zu, so übt der Erwerbstätige seinen Beruf nicht mehr berufstypisch aus. Seine Tätigkeit entspricht dann nicht dem Berufsbild, wie es üblicherweise in Erscheinung tritt. Übt eine berufsfremde Person eine Tätigkeit aus, die einer solchen eingeschränkten Berufstätigkeit ähnlich ist, so bezieht sich die Ähnlichkeit eben nur auf eine atypisch eingeschränkte, nicht aber auf die berufsbildtypische Tätigkeit des Berufsangehörigen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. August 1992, 91/13/0120).
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die ihm als konzessioniertem Baumeister zustehende Befugnis zu Planungstätigkeiten geht schon deswegen ins Leere, weil es im Beschwerdefall auf die im Streitzeitraum tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ankommt.
Da auf den Beschwerdefall allein die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes anzuwenden sind, ist nicht maßgeblich, daß das Gebührenanspruchsgesetz nicht zwischen der Gewerbesteuer unterliegenden Sachverständigen und nicht gewerbesteuerpflichtigen Sachverständigen unterscheidet. Ebensowenig ist die für die beschwerdegegenständliche Frage die Qualität der Gutachten von entscheidender Bedeutung. Auch aus dem Umstand, daß eine Nutzwertfestsetzung nach § 28 Abs. 2 Z. 8 lit. b des Wohnungseigentumsgesetzes 1975 sowohl von einem Ziviltechniker als auch einem für Hochbau allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen erstellt werden kann, kann der Beschwerdeführer im Hinblick auf die völlig unterschiedliche Zielsetzung des WEG 1975 nichts für den Streitfall gewinnen, zumal damit eben auch im WEG 1975 ausdrücklich zwischen einem Ziviltechniker und einem Sachverständigen für Hochbau unterschieden wird.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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