Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §58 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
LDG 1984 §58 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,--binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin steht als Hauptschullehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Ihre Dienststelle ist die Hauptschule X.
Am 28. September 1990 wurde die Beschwerdeführerin von einem ehemaligen Schüler mit einem Messer gefährlich bedroht und genötigt, diesen mit dem Auto zu führen. Sie erlitt dadurch eine traumatisch bedingte Neurose.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführerin über ihren Antrag ein Karenzurlaub vom 1. September 1991 bis einschließlich 31. August 1992 gemäß § 58 Abs. 1 und 2 LDG 1984 bewilligt.
Die Beschwerdeführerin beantragte mit Eingabe vom 10. April 1992 die Verlängerung dieses Karenzurlaubes um ein weiteres Schuljahr (1. September 1992 bis 31. August 1993).
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag ab. Die Bescheidbegründung hat folgenden Wortlaut:
"Nach § 58 Abs. 1 des LDG 1984 kann einem Landeslehrer auf Ansuchen ein Karenzurlaub gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Da derzeit im Tiroler Schuldienst ein Mangel an Hauptschullehrern, insbesondere in den Gegenständen Deutsch und Englisch, in denen Sie geprüft sind, besteht, ist diese Voraussetzung nicht gegeben. Im übrigen wurde Ihnen aus dem selben Grund bereits ein Karenzurlaub für das Schuljahr 1991/92 gewährt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die im Beschwerdefall angewendete Bestimmung über den Karenzurlaub der Landeslehrer im § 58 Abs. 1 des Landeslehrerdienstrechtsgesetzes - LDG 1983, BGBl. Nr. 302 - hat in ihrem Absatz 1 folgenden Wortlaut:
"Dem Landeslehrer kann auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen."
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu den inhaltsgleichen Bestimmungen des § 75 Abs. 1 BDG 1979 und des § 75 Abs. 1 des Richterdienstgesetzes (RDG) ausgesprochen hat, ist aus dem Wortlaut dieser Normen abzuleiten, daß das Gesetz die Gewährung eines Karenzurlaubes für den Fall ausdrücklich untersagt, daß ihr zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, sie in allen anderen Fällen jedoch dem freien Ermessen der für die Entscheidung zuständigen Dienstbehörde anheim stellt (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1988, Zl. 87/12/0077, und vom 19. Februar 1992, Zl. 90/12/0156). Ob der Karenzurlaubsgewährung zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, ist von der Behörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen.
Die belangte Behörde begründet ihre Annahme, daß der begehrten Gewährung von Karenzurlaub für die Dauer eines Jahres zwingende dienstliche Gründe entgegenstünden, ausschließlich damit, daß derzeit im Tiroler Schuldienst ein Mangel an Hauptschullehrern, insbesondere in den Gegenständen Deutsch und Englisch, in denen die Beschwerdeführerin geprüft sei, bestehe.
Die Beschwerdeführerin bringt dagegen vor, das Gesetz erfordere dienstliche Gründe. Solche könnten sich immer nur auf die Erfordernisse der Dienststelle beziehen. Ein genereller Mangel an Hauptschullehrern in bestimmten Gegenständen stelle keinen zwingenden dienstlichen Grund dar, einen Karenzurlaub nicht zu gewähren. Zwingend sei ein dienstlicher Grund auch nur dann, wenn keine andere Möglichkeit bestehe, die dienstlichen Erfordernisse an der Dienststelle zu erfüllen, als durch die Nichtgewährung des Karenzurlaubes. Dies habe die belangte Behörde nicht dargetan. Sie habe darüber auch kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt.
Dem Beschwerdevorbringen kommt schon insofern Berechtigung zu, als die bloß aus drei Sätzen bestehende Begründung des angefochtenen Bescheides den aus den Verfahrensbestimmungen resultierenden Begründungserfordernissen (vgl. §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 1 DVG) nicht entspricht. Gemäß § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, zu begründen und gemäß § 60 AVG sind in dieser Begründung des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Diese Begründungserfordernisse schließen auch die Verpflichtung der Behörde mit ein, in der Bescheidbegründung in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzulegen, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen wurde (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1991, Zl. 90/12/0294 und die dort zitierte Judikatur).
Diesen Erfordernissen genügt der angefochtene Bescheid nicht.
Die belangte Behörde hätte näher darzulegen gehabt, aus welchen konkreten Umständen für die Beschwerdeführerin während der vorgesehenen karenzurlaubsbedingten Abwesenheit vom Dienst kein geeigneter Ersatz namhaft gemacht werden könne (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1992, Zl. 90/12/0156) und daher der Bewilligung des Karenzurlaubes zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.
Daß der Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen bereits ein einjähriger Karenzurlaub nach ihrem Krankenstand gewährt worden war, steht der neuerlichen Gewährung eines Karenzurlaubes nach dem Gesetz nicht entgegen. Einer Berücksichtigung dieser Tatsache kann nur allenfalls im Ermessensbereich Bedeutung zukommen. Dabei wäre aber auch der aktuelle Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin zu prüfen und ihr im Rahmen des Parteiengehörs Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, wobei auf § 8 Abs. 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes hingewiesen wird, wonach die Behörde im Dienstrechtsverfahren die zum Vorteil und Nachteil der Partei dienenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu berücksichtigen hat.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid gelangt wäre, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, wobei das Mehrbegehren an Ersatz von Stempelgebühren abzuweisen war, weil die Gebühren nur im Ausmaß der entstandenen Gebührenpflicht, nicht aber für die Vergebührung einer überzähligen Beschwerdeausfertigung zuerkannt werden können.
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