VwGH 92/10/0409

VwGH92/10/040923.1.1995

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des M in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land und Forstwirtschaft vom 10. August 1992, Zl. 18.322/09-IA8/92, betreffend Parteistellung in einem Rodungsverfahren (mitbeteiligte Partei:

Österreichische Bundesbahnen, Direktion Villach, 10.-Oktober-Straße 20, 9500 Villach), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
ForstG 1975 §14 Abs2;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs5 litd idF 1987/576;
AVG §8;
ForstG 1975 §14 Abs2;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §19 Abs5 litd idF 1987/576;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal/Drau vom 25. Februar 1992 wurde der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur befristeten Rodung mehrer Teilflächen des Grundstückes Nr. 1586 der KG O erteilt.

Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. Juni 1992 mit der Begründung zurückgewiesen, daß dem Beschwerdeführer im Rodungsverfahren eine Parteistellung nicht zukomme. Nach dem Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen sei der Beschwerdeführer Eigentümer der Waldparzelle Nr. 332/1 der KG O. Die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft bewilligte Rodungsfläche (Teilfläche 1 - L) liege südlich der Waldparzelle des Beschwerdeführers. Im Zuge eines Ortsaugenscheins habe festgestellt werden können, daß zwischen der Rodungsfläche und der Waldparzelle des Beschwerdeführers eine mit 1,0 Fichte der I Altersklasse (Wuchshöhe 3 bis 5 m) voll bestockte Waldfläche auf der Parzelle der mitbeteiligten Partei verbleibe. Der geringste Abstand zum Grundstück des Beschwerdeführers betrage ca. 23 m.

Der Beschwerdeführer erhob auch gegen diese Entscheidung Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Nach Wiedergabe der §§ 19 Abs. 5 lit. d und 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz des Forstgesetzes 1975 (in der Folge: ForstG) verwies die belangte Behörde auf den Umstand, daß der geringste Abstand zwischen der Waldparzelle des Beschwerdeführers und der Rodungsfläche nach den Feststellungen des forsttechnischen Amtssachverständigen sowie nach dem Lageplan mehr als 20 m betrage. Diese Fläche sei nach den Ausführungen des forsttechnischen Amtssachverständigen bestockt, sodaß § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz FortG, welcher durch den Hinweis auf § 1 Abs. 1 lediglich unbestockte Flächen in die Berechnung einbeziehe, nicht anwendbar sei. Dies bedeute, daß die Waldfläche des Beschwerdeführers nicht unmittelbar an die Rodungsfläche angrenze. Dem Beschwerdeführer komme daher im gegenständlichen Rodungsverfahren keine Parteistellung zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist darauf hinzuweisen, daß im Beschwerdefall das Forstgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 576/1987 anzuwenden ist, und nicht, wie der Beschwerdeführer meint, in der Stammfassung BGBl. Nr. 440/1975. Die Parteistellung des Beschwerdeführers war daher nach § 19 Abs. 5 lit. d ForstG (und nicht nach § 19 Abs. 4) zu beurteilen.

Gemäß § 19 Abs. 5 lit. d ForstG sind im Rodungsverfahren Parteien im Sinne des § 8 AVG der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist.

Nach § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz leg. cit. sind allfällige zwischen den Waldflächen liegende, unter § 1 Abs. 1 nicht fallende Grundflächen von weniger als 10 m Breite nicht einzurechnen.

Unter "angrenzenden Waldflächen" sind unmittelbar angrenzende Waldflächen zu verstehen. Daneben kommt zufolge des hiebei zu berücksichtigenden § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz ForstG auch dem Eigentümer und dem dinglich Berechtigten nicht unmittelbar angrenzender Waldflächen Parteistellung zu, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist. Es kommt somit auch den genannten Personen Parteistellung zu, wenn die jeweils dazwischen liegende Fläche weniger als 10 m breit und nicht bestockt (unbestockte Waldfläche oder Nichtwaldfläche) ist (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21. November 1994, Zl. 93/10/0197). Daraus kann jedoch nicht - wie die belangte Behörde dies offensichtlich tut - der Schluß abgeleitet werden, daß den Eigentümern und dinglich Berechtigten keine Parteistellung zukommt, wenn zwischen der Rodungsfläche und dem nachbarlichen Wald eine bestockte Waldfläche (auch unter 10 m Breite) liegt. Damit würde nämlich der mit der Einräumung der Parteistellung an Eigentümer bzw. dinglich Berechtigte benachbarter Wälder verfolgte Zweck vielfach verfehlt. Dieser besteht darin, dem genannten Personenkreis die Durchsetzung ihres durch § 14 Abs. 2 und 3 ForstG gewährleisteten Interesses am Deckungsschutz für ihren Wald in einem Rodungs(bewilligungs)verfahren zu ermöglichen. Der Deckungsschutz erfaßt gemäß § 14 Abs. 3 erster Halbsatz einen 40 m breiten Streifen des angrenzenden Waldbestandes. Eine Rodung innerhalb dieses Schutzstreifens (hier: bis auf 23 m heran) vermittelt daher Parteistellung iSd § 19 Abs. 5 lit. d ForstG, es sei denn, daß zwischen der zu rodenden Fläche und dem benachbarten Wald eine mindestens 10 m breite nicht bestockte Fläche liegt (vgl. das bereits erwähnte Erkenntnis vom 21. November 1994).

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit; dieser war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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