VwGH 92/10/0122

VwGH92/10/012229.10.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des N in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. April 1992, Zl. MA 14 - 399/92, betreffend Übertretung des Arzneimittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles wird auf das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 1992, Zl. 92/10/0017, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. Mai 1990 infolge Verstoßes gegen § 44a lit. a VStG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. Grund hiefür war die mangelhafte Umschreibung der Tat im Schuldspruch dieses Bescheides ("ohne Zulassung im Inland abgegeben"). Daraus war nicht ersichtlich, in welcher Menge, auf welche Weise und wem der Beschwerdeführer zur Tatzeit am Tatort die näher bezeichnete zulassungspflichtige Arzneispezialität abgegeben hatte.

Mit Ersatzbescheid vom 16. April 1992 ergänzte der Landeshauptmann von Wien die Umschreibung der Tathandlung dahingehend, der Beschwerdeführer habe die zulassungspflichtige Arzneispezialität "Ukrain" "ohne Zulassung im Inland dahingehend abgegeben, daß Sie 60 Ampullen der genannten Arzneispezialität an Frau P verkauft haben". Im übrigen entspricht dieser Bescheid dem Schuld-, Straf- und Kostenausspruch des seinerzeit aufgehobenen Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht geltend, die nunmehr vorgenommene Konkretisierung sei verspätet, sie könne daher die seinerzeit unterlaufene Rechtswidrigkeit nicht "sanieren". Die Tat sei am 26. Juli 1988 begangen worden, die Verfolgungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG habe daher am 26. Jänner 1989, somit vor Erlassung des angefochtenen Ersatzbescheides geendet. Nach Ablauf der Verjährungsfrist sei es der Behörde verwehrt, erstmals im Spruch des Ersatzbescheides den Tatvorwurf entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen zu ergänzen. Der Beschwerdeführer beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 31 Abs. 2 leg. cit. - abgesehen von im gegebenen Zusammenhang nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen - sechs Monate. Diese Frist ist u.a. von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist.

Nach § 32 Abs. 2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Eine die Verjährung unterbrechende Verfolgungshandlung im Sinne dieser Gesetzesstelle bildet u.a. das Zurkenntnisbringen einer Anzeige, in der die Tat hinsichtlich aller der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente eindeutig umschrieben ist, mit der Aufforderung zur Rechtfertigung (Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1984, Slg. 11.525/A).

Der Magistrat der Stadt Wien, MA 15, erstattete mit Schreiben vom 22. September 1988 eine Anzeige gegen den Beschwerdeführer wegen verbotener Abgabe einer nicht zugelassenen Arzneispezialität. Wie sich aus der der Anzeige beigelegten Kopie des vom Beschwerdeführer ausgestellten Zahlungsbeleges vom 26. Juli 1988 ergebe, habe er an diesem Tag P 60 Ampullen Ukrain a 5 ml um den Betrag von ingesamt S 28.800,-- verkauft. Der Beschwerdeführer gab am 23. Jänner 1989 vor dem Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 6. und 7. Bezirk, eine ausführliche Stellungnahme zu Protokoll. In der darüber aufgenommenen Strafverhandlungsschrift (Formular Nr. 26 zu §§ 44, 44a VStG) vom selben Tag heißt es einleitend: "Unter Vorhalt der Anzeige gebe ich als Beschuldigter zu meiner Rechtfertigung an:". Die Erstbehörde forderte demnach den Beschwerdeführer im Rahmen einer Strafverhandlung unter Vorhalt der Anzeige, aus der sich alle, der späteren Bestrafung zugrundeliegenden Sachverhaltselemente ergaben, zur Rechtfertigung auf. Dies ist als eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG anzusehen. Da sie innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgenommen wurde und alle für die Tat wesentlichen Sachverhaltselemente umfaßte, ist die Ansicht des Beschwerdeführers nicht berechtigt, die ihm zur Last gelegte Tat sei erstmals im angefochtenen Bescheid, und somit verspätet, ausreichend konkretisiert worden.

Der Beschwerdeführer beruft sich zu Unrecht zur Stützung dieser Ansicht auf das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1988, Zl. 85/18/0120. In dem diesem Erkenntnis zugrundeliegenden Fall wurde eine ausreichend konkrete Tatumschreibung erstmals im Ersatzbescheid vorgenommen; die einzige innerhalb der Frist gemäß § 31 Abs. 1 VStG gesetzte Verfolgungshandlung (Strafverfügung) enthielt - anders als im vorliegenden Fall (Strafverhandlung unter Vorhalt der Anzeige) - keine vollständige Tatumschreibung.

Die Beschwerde ist somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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