VwGH 92/10/0085

VwGH92/10/008511.11.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat in der Beschwerdesache der IM und des AM in N, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in K, gegen die Erledigungen des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft 1. (zu Zl. 92/10/0085) vom 14. November 1991, Zl. 26.039/903-IID15b/91, betreffend Entzug der staatlichen Prüfnummer F 1 und Ausschluß vom Exportverfahren, und 2. (zu Zl. 92/10/0086) vom 18. Oktober 1991, Zl. 26.039/904-IID15b/91, betreffend Entzug der staatlichen Prüfnummer F 2, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §7;
AVG §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WeinG 1985 §31;
AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
AVG §7;
AVG §9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
WeinG 1985 §31;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unzulässig zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 6.070,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 4. März 1991 verlieh der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem "Weingut IM z. Hd. Hr. AM" die staatliche Prüfnummer F 1 für 11.500 Liter Grüner Veltliner, Donauland-Carnuntum, Qualitätswein 1990.

Mit der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 14. November 1991 - gerichtet an das "Weingut IM

z. Hd. Hr. AM" - entzog der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (belangte Behörde) diesem gemäß § 31 Abs. 9 Z. 4 des Weingesetzes 1985, BGBl. Nr. 444, das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer. Die bereits angebrachten staatlichen Prüfnummern seien entsprechend § 31 Abs. 11 leg. cit. von den in "Ihrer" Verfügungsgewalt befindlichen Flaschen zu entfernen (Spruchpunkt 1.). Laut Spruchpunkt 2. verlautbare die belangte Behörde gemäß § 31 Abs. 12 des Weingesetzes den Entzug der staatlichen Prüfnummer im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" auf "Ihre Kosten". Gemäß § 56 Abs. 7 des Weingesetzes 1985 in der Fassung der Weingesetz-Novelle 1988, BGBl. Nr. 298, wurde das "Weingut IM" von diesem Exportverfahren für zwei Jahre ausgeschlossen (Spruchpunkt 3.).

In der Begründung wurde im wesentlichen darauf hingewiesen, daß nach dem Untersuchungsergebnis der durch die Bundeskellereiinspektion aus dem Rückstellmuster entnommenen Probe eine Zugehörigkeit der bei der Zollabfertigung gezogenen amtlichen Probe zu dem im Rahmen der Erteilung der staatlichen Prüfnummer vorgestellten Produkt auszuschließen sei. Die Divergenzen hinsichtlich relativer Dichte und des Extrakt- und Säurekomplexes ließen sich mit dem im Zuge der Einreichung zur staatlichen Prüfnummer erstellten Befund nicht zur Deckung bringen. Dieser Sachverhalt werde auch durch das Untersuchungsergebnis einer weiteren, durch die Bundeskellereiinspektion "beim Weingut M" entnommenen Probe unterstützt. Die Untersuchungsergebnisse des Gutachtens der Höheren Bundeslehr- und Versuchsanstalt Klosterneuburg - es handelt sich um ein von AM vorgelegtes Gutachten - deckten sich mit den amtlichen Gutachten und bestätigten daher ebenfalls den angeführten Sachverhalt.

Dagegen richtet sich die zur Zl. 92/10/0085 erhobene Beschwerde.

2. Mit einer als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 26. Februar 1991 verlieh der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem "Weingut IM z. Hd. Hr. AM" die staatliche Prüfnummer F 2 für 2.000 Liter Rheinriesling, Qualitätswein 1990, Wagram-Donauland, Fels/Wagram.

Mit der als "Bescheid" bezeichneten Erledigung vom 18. Oktober 1991 - gerichtet an das "Weingut IM

z. Hd. Hr. AM" - entzog der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (belangte Behörde) diesem gemäß § 31 Abs. 9 Z. 4 des Weingesetzes 1985 das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer F 2. Die bereits angebrachten staatlichen Prüfnummern seien gemäß § 31 Abs. 11 leg. cit. von den in "Ihrer" Verfügungsgewalt befindlichen Flaschen zu entfernen (Spruchpunkt 1.). Laut Spruchpunkt 2. verlautbare die belangte Behörde den Entzug der staatlichen Prüfnummer gemäß § 31 Abs. 12 des Weingesetzes 1985 im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" auf "Ihre Kosten".

In der Begründung wurde wiederum auf das Untersuchungsergebnis der amtlich gezogenen Probe verwiesen, wonach sich zu dem ursprünglich zur staatlichen Prüfnummer eingereichen Wein Divergenzen im Extrakt-, Säure- und So2-Komplex ergeben hätten, sodaß eine substantielle Zugehörigkeit des überprüften Produktes zum ursprünglich vorgestellten auszuschließen sei.

Dagegen richtet sich die zur Zl. 92/10/0086 erhobene Beschwerde.

3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und jeweils eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat wegen des persönlichen und sachlichen Zusammenhanges die Verbindung der Beschwerden zur gemeinsamen Erledigung beschlossen:

Die Beschwerden wurden zunächst vom "Weingut IM" erhoben. Aufgrund eines Verbesserungsantrages wurde diese Bezeichnung dahin präzisiert, daß die Beschwerden von IM und AM erhoben würden. Beim "Weingut IM" handle es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb, wobei die Erstbeschwerdeführerin die Weinproduktion innehabe und der Zweitbeschwerdeführer in seinem Namen den Weinhandel führe. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringen die Beschwerdeführer dabei im wesentlichen vor, Partei eines Verwaltungsverfahrens nach § 8 AVG könne nur eine physische oder eine juristische Person sein. Die in Beschwerde gezogenen Bescheide der belangten Behörde richteten sich jedoch an das "Weingut IM". Das "Weingut IM" könne nicht als "Person" im Sinne des § 8 AVG bezeichnet werden.

Diesem Vorbringen kommt aus folgenden Überlegungen im Ergebnis Berechtigung zu:

Nach § 31 Abs. 1 des Weingesetzes 1985 ist die staatliche Prüfnummer das Zeichen, das dazu bestimmt ist, österreichischen Qualitätswein zu kennzeichnen.

Der Antrag auf Erteilung der staatlichen Prüfnummer hat gemäß § 31 Abs. 4 des Weingesetzes 1985 idF. der Novelle BGBl. Nr. 372/1986 u.a. Name, Betriebsnummer und Anschrift des Verfügungsberechtigten sowie Angaben über die Aufbewahrungsart des Weines zu enthalten.

Über den Antrag auf Erteilung der staatlichen Prüfnummer hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gemäß § 31 Abs. 7 leg. cit. unter Heranziehung einer Untersuchungsanstalt (§ 50) so rasch als möglich, längstens jedoch innerhalb von fünf Wochen zu entscheiden.

Unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 9 leg. cit. hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft dem Verfügungsberechtigten das Recht zur Verwendung der staatlichen Prüfnummer zu entziehen.

Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden.

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach Abs. 2 der genannten Regelung nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

Gemäß § 10 Abs. 4 leg. cit. kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich u.a. um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder handelt und Zweifel über Bestand und Umfang nicht obwalten.

Im Beschwerdefall ist nach Lage der Verwaltungsakten davon auszugehen, daß in der Rubrik "Zuname/Vorname oder Familienname des Antragstellers (Verfügungsberechtigten)" des Antragsformulars auf Erteilung einer staatlichen Prüfnummer "Weingut IM" eingetragen worden ist. Als "Bevollmächtigter" wurde "AM" genannt. Im Hinblick auf die in diesem Zusammenhang ebenfalls angeführte Betriebsnummer ist daher der Antrag als von der Erstbeschwerdeführerin gestellt anzusehen, da auch nur in diesem Fall eine Bevollmächtigung des Zweitbeschwerdeführers sinnvoll erscheint.

Eine Vollmacht des Zweitbeschwerdeführers in diesem Verwaltungsverfahren war im Zeitpunkt der Verleihung der staatlichen Prüfnummern allerdings nicht ausgewiesen, was die belangte Behörde in ihren Gegenschriften ausdrücklich eingesteht. Ein Fall des § 10 Abs. 4 AVG liegt offensichtlich nicht vor.

Der Zustellung einer als Bescheid intendierten Erledigung an einen nicht ausgewiesenen Vertreter als Empfänger kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtswirksamkeit zu (vgl. z.B. die Beschlüsse vom 16. Oktober 1989, Zl. 89/10/0167, und vom 14. Mai 1990, Zl. 90/19/0153). Da auf Grund der getroffenen Zustellverfügung "Empfänger" dieser Erledigungen im Sinne der zustellrechtlichen Vorschriften der Zweitbeschwerdeführer war, liegt weder ein Fall des § 7 des Zustellgesetzes noch ein solcher des § 9 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. über die Heilung von Zustellmängeln (vgl. dazu den bereits zitierten Beschluß vom 16. Oktober 1989, mit weiteren Judikaturhinweisen) vor. Im Beschwerdefall ist daher davon auszugehen, daß eine rechtswirksame Verleihung von staatlichen Prüfnummern gar nicht erfolgt ist. Daß von der Bezeichnung "Weingut IM" etwa (noch) andere Verfügungsberechtigte (z.B. der Zweitbeschwerdeführer) erfaßt wären, ist in der Beschwerde nicht behauptet worden und nach Lage der Verwaltungsakten nicht ersichtlich. Im übrigen würde es auch in diesem Fall an einer Bevollmächtigung des Zweitbeschwerdeführers fehlen.

Aus denselben Überlegungen sind auch die angefochtenen "Bescheide" nicht rechtswirksam erlassen worden und gehören daher ebenfalls nicht dem Rechtsbestand an: Das jeweilige Verfahren zur Entrichtung der staatlichen Prüfnummer wurde lediglich mit dem auch in diesem Verfahren nicht als Bevollmächtigten ausgewiesenen Zweitbeschwerdeführer geführt. Die als Bescheid intendierten angefochtenen Erledigungen sind an das "Weingut IM z. Hd. Hr. AM" gerichtet und wurden entsprechend der gleichlautenden aktenkundigen Zustellverfügung der belangten Behörde wieder an das "Weingut IM z. Hd. Hr. AM" zugestellt. Die aus den Richtlinien ersichtliche Übernahme der beiden Erledigungen durch die Erstbeschwerdeführerin konnte, wie etwas weiter oben dargelegt, eine rechtswirksame Bescheiderlassung gegenüber der Erstbeschwerdeführerin nicht bewirken.

Die Beschwerden richten sich somit gegen Verwaltungsakte, die keinerlei Rechtswirkung entfalten und daher nicht mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof angefochten werden können.

Die Beschwerden sind daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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