Normen
EMRK Art8;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs1 litd;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs1;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs3;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs4;
VStG §1 Abs1;
VStG §7;
EMRK Art8;
SittenpolG Vlbg 1976 §18 Abs1 litd;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs1;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs3;
SittenpolG Vlbg 1976 §4 Abs4;
VStG §1 Abs1;
VStG §7;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer - durch Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - schuldig erkannt, er habe
"als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X-Gesellschaft m. b.H. und somit als das zur Vertretung der zitierten Gesellschaft nach außen berufene Organ gemäß § 9 VStG 1950 dadurch vorsätzlich Gelegenheit zum Anbieten der gewerbsmäßigen Unzucht gewährt, indem (er) N am 15. Juni 1990 im Zeitraum von 0.05 Uhr bis 2.00 Uhr Räumlichkeiten im Haus F, M-Gasse 1 (Y) zur freien Verfügung überlassen habe(n), obwohl (ihm) bekannt war, daß sich N zur Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht anbot."
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 lit.d des Vorarlberger Sittenpolizeigesetzes, LGBl. Nr. 6/1976 (in der Folge: SPG), begangen. Über den Beschwerdeführer wurde deshalb eine Geldstrafe in der Höhe von S 7.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Wochen) verhängt.
Nach der Begründung stehe folgender Sachverhalt fest: Am 15. Juni 1990, kurz nach Mitternacht, hätten F. und T. das Nachtlokal "Y" betreten. Bereits am Eingang seien sie von zwei weiblichen Personen begrüßt worden, wovon eine N gewesen sei. Sie hätten sich gemeinsam an einen Tisch gesetzt, worauf sich jene weibliche Person, deren Name nicht habe festgestellt werden können, T. zur Durchführung eines Geschlechtsverkehrs in einem Separee angeboten habe. Sie habe erklärt, daß T. hiefür einen Betrag in der Höhe von S 500,-- zu bezahlen habe und eine Flasche Sekt zum Preis von S 1.300,-- bestellen müsse. T. sei noch darauf aufmerksam gemacht worden, daß der Besuch im Separee mit einer halben Stunde limitiert sei, es sei denn, daß eine weitere Flasche Sekt bestellt werde. Danach hätten sie sich gemeinsam in ein Separee begeben. N. habe F. ebenfalls angeboten, ein Separee aufzusuchen, um dort unzüchtige Handlungen vorzunehmen. Diese Feststellungen stützten sich auf die Aussagen der Zeugen T. und F., die die Identität von N. anhand eines Lichtbildes festgestellt hätten. Aus der Art, in der sich N. dem Zeugen F. zur Vornahme unzüchtiger Handlungen angeboten habe, gehe hervor, daß sie in der Absicht gehandelt habe, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Das gegenständliche Nachtlokal werde von einer Betriebs-GmbH betrieben, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei. Aufgrund der gesamten Art der Betriebsführung sowie insbesondere aufgrund der Tatsache, daß die Separees nur bei gleichzeitigem Konsum einer Flasche Sekt und jeweils nur für die Dauer einer halben Stunde benützt werden dürften, stehe für die belangte Behörde fest, daß im Beschwerdefall eine organisierte Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht vorliege. Dies sei nur mit Wissen und Billigung des Geschäftsführers denkbar. Der Beschwerdeführer habe daher vorsätzlich gehandelt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht und das Anbieten hiezu ist, soweit nicht Ausnahmen infolge einer Bewilligung gemäß § 5 zugelassen sind, nach § 4 Abs. 1 SPG verboten.
Gemäß § 4 Abs. 2 SPG ist, soweit nicht Ausnahmen auf Grund einer Bewilligung gemäß § 5 zugelassen sind, die Gewährung oder Beschaffung von Gelegenheiten, insbesondere die Überlassung von Räumen, zur Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht oder zum Anbieten hiezu untersagt.
Nach § 4 Abs. 4 leg. cit. ist Anbieten im Sinne der Abs. 1 und 2 jedes Verhalten, das auf die Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung gewerbsmäßiger Unzucht abzielt.
Nach § 18 Abs. 1 lit. d SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer vorsätzlich Gelegenheit zu gewerbsmäßiger Unzucht gemäß § 4 Abs. 2 gewährt oder beschafft, sofern nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt.
Nach dem Vorarlberger SPG wird nur die Ausübung der gewerbsmäßigen Unzucht und das Anbieten hiezu unter Strafe gestellt. Dabei wohnt dem Begriff der Gewerbsmäßigkeit das Merkmal der Öffentlichkeit inne. Durch die Gewerbsmäßigkeit der Unzucht hört die sexuelle Betätigung auf, eine private zu sein, da einer unbeschränkten Öffentlichkeit die Kenntnisnahme möglich ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1991, Zl. 91/10/0112, mit Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes).
Gewerbsmäßig ist die Unzucht gemäß § 4 Abs. 3 SPG, wenn sie in der Absicht betrieben wird, sich durch ihre wiederkehrende Ausübung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Das Erfordernis der Gewerbsmäßigkeit kann auch bei einer einmaligen Handlung dann als erfüllt angesehen werden, wenn sie in der Absicht ausgeübt wird, sich dadurch eine ständige oder doch für längere Zeit wirkende (zusätzliche) Einnahmsquelle zu verschaffen und dies in der einen Tathandlung zum Ausdruck kommt (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 1992, Zl. 91/10/0175).
Ein mündliches - allgemein (nach dem Inhalt) verständliches - Anbot zur Ausübung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs fällt unter den Begriff der Anbahnung, mag dies auch unter vier Augen erfolgt sein (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Juli 1984, Zlen. 84/10/0147, 0148).
Der Verwaltungsgerichtshof kann der belangten Behörde im Rahmen der ihm zustehenden beschränkten Beweiswürdigungskontrolle (vgl. z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht entgegentreten, wenn sie aufgrund der festgestellten Tatumstände - professionelles Verhalten der Animierdamen im Zuge ihrer sonst im Lokal ausgeübten Erwerbstätigkeit - die Frage der Gewerbsmäßigkeit bejaht hat (vgl. dazu im übrigen auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 93/10/0014).
Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden, wenn er die Auffassung vertritt, nur perverse sowie gleichgeschlechtliche Handlungen fielen unter den Begriff der "Unzucht". Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist darunter vielmehr die Preisgabe des eigenen Körpers für sexuelle Zwecke, zur Befriedigung des Partners (in gewerbsmäßiger Absicht vorausgesetzt), zu verstehen, wozu insbesondere die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs zählt (vgl. das Erkenntnis vom 14. Oktober 1991, Zl. 91/10/0112). Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß keine Unzucht vorliege, wenn der Geschlechtsverkehr in einem Separee durchgeführt werde, die Öffentlichkeit ausgeschlossen sei und niemand diese Tätigkeit beobachten könne, findet im Gesetz keine Deckung. Wie bereits oben ausgeführt, hört durch die Gewerbsmäßigkeit der Unzucht die sexuelle Betätigung auf, eine private zu sein, da einer unbeschränkten Öffentlichkeit die Kenntnisnahme möglich ist. Es kann dahinstehen, ob sich Gäste mit Animierdamen lediglich zur Vornahme von sexuellen Handlungen in ein Separee zurückziehen; die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten
Gründe ("... um dort bei angenehmer Unterhaltung ungestört ein
teures Getränk zu sich zu nehmen") erweisen sich im Beschwerdefall allerdings als wenig überzeugend, da sich nach den Ermittlungsergebnissen eine Unterhaltung mit den Animierdamen aufgrund ihrer geringen Deutschkenntnisse sehr mühsam gestaltete (vgl. die Zeugenaussagen vor der Bezirkshauptmannschaft vom 4. Juli 1990).
Der Beschwerdeführer ist nach seinem eigenen Vorbringen handelsrechtlicher Geschäftsführer; als solcher ist er für die Einhaltung der maßgebenden landesgesetzlichen Bestimmungen, also auch für die Einhaltung des Sittenpolizeigesetzes, verantwortlich (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 2. Juli 1990, Zl. 90/19/0109 u.a.).
Dem Beschwerdeführer kann auch nicht gefolgt werden, wenn er die Auffassung vertritt, ein Täter bleibe straffrei, wenn die Verwaltungsübertretung durch einen agent provocateur (im Beschwerdefall die Zeugen F. und T.) verursacht wird (vgl. dazu die Erkenntnisse vom 27. Jänner 1953, VwSlg. 2834/A, und vom 27. Jänner 1984, Zl. 83/10/0026).
Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Auspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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