Normen
AVG §8;
AWG 1990 §1 Abs2 Z3;
AWG 1990 §1;
AWG 1990 §17 Abs2;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
MüllG Bgld §19 Abs2;
MüllG Bgld §20 Abs2;
MüllG Bgld §20 Abs5;
MüllG Bgld §20 Abs6;
AVG §8;
AWG 1990 §1 Abs2 Z3;
AWG 1990 §1;
AWG 1990 §17 Abs2;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
MüllG Bgld §19 Abs2;
MüllG Bgld §20 Abs2;
MüllG Bgld §20 Abs5;
MüllG Bgld §20 Abs6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Gemeinde beantragte mit Schreiben vom 14. August 1990 die Einleitung eines müllrechtlichen Bewilligungsverfahrens für die von ihr geplante Bauschuttdeponie auf dem Grundstück Nr. 1660/1 KG P. Der Beschwerdeführer wendete ein, er könne als Nachbar und Grundeigentümer der geplanten Errichtung deswegen nicht zustimmen, weil die bloße geologische Eignung des Grundstückes als Schutz vor negativen Auswirkungen nicht ausreichend sei. Er befürchte die Störung des Jagdbetriebes. Er erteile keine Zustimmung und werde diesen Widerspruch solange aufrechterhalten, bis eine öffentliche Ausschreibung und eine basisdemokratische Entscheidungsfindung in der Bevölkerung stattfindet. Er werde ein Alternativprojekt vorlegen.
Anläßlich der Verhandlung vom 14. März 1991 erklärte die Vertreterin des Beschwerdeführers, daß eine negative Beeinträchtigung des Grundwassers befürchtet werde und daß sich die beabsichtigte Anschüttung in der ebenen Landschaft negativ auf das Landschaftsbild auswirke. Anläßlich dieser Verhandlung wurde festgestellt, daß das betreffende Grundstück ca. 3,5 km außerhalb der Ortschaft an den Gemeindegrenzen P - D liege. Es werde derzeit landwirtschaftlich genutzt und stelle sich als nahezu ebene Fläche dar. Der als Deponieareal vorgesehene Teil des Grundstückes weise eine Fläche von 17.200 m2 auf; das gesamte Deponievolumen solle rund 55.000 m3 betragen. Die bei der Verhandlung anwesenden Amtssachverständigen für Wasserbau, Geologie und Landwirtschaft erklärten, daß bei Einhaltung der von ihnen vorgeschlagenen Auflagen unter dem Gesichtspunkt der von der Behörde wahrzunehmenden öffentlichen Interessen gegen das Vorhaben keine Einwände bestünden.
Mit Bescheid vom 5. Februar 1992 bewilligte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See gemäß § 20 des Burgenländischen Müllgesetzes 1980 die beantragte Errichtung einer Bauschuttdeponie unter Vorschreibung der von den Sachverständigen geforderten Auflagen. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen wurde auf ein Gutachten des Amtssachverständigen für Geologie und Wasserbau verwiesen, wonach eine Beeinträchtigung des Grundwassers auszuschließen sei.
In seinem als Berufung anzusehenden Schreiben vom 4. März 1992 erklärte der Beschwerdeführer, daß er die ersatzlose Aufhebung des Bescheides beantrage, weil er bezüglich des Deponieprojektes ein Verfahren "im Widerstreit" bei der Landesregierung eingereicht habe. Das österreichische Abfallwirtschaftsgesetz ziele auf Abfallvermeidung und nicht vorrangig auf Abfalldeponierung ab. Die geplante Errichtung sei nicht umweltgerecht; weil ein ökologisch sinnvolleres und ökonomisch günstigeres Projekt existiere, hätte im Zuge einer Umweltverträglichkeitsprüfung das eine gegen das andere Projekt bewertet werden müssen. Er verlange die Neuaufnahme des Verfahrens in der Art, daß das gemeindeeigene Projekt und das Projekt Jagdgesellschaft im Widerstreit verhandelt und einer Umweltverträglichkeits- und Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge. Das Burgenländische Müllgesetz sehe eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vor, sodaß eine rechtswidrige Unterlassung im erstinstanzlichen Verfahren nicht erkannt werden könne. Gleiches gelte für das "Widerstreitverfahren". Die Berufungsbehörde sei nur über jene Angelegenheit zu entscheiden befugt, die den Gegenstand des Bescheides der Unterinstanz gebildet habe, weshalb es ihr verwehrt sei, Anträgen des Beschwerdeführers, die offensichtlich nur in einem Wasserrechtsverfahren zu berücksichtigen seien, näher zu treten.
Mit der vorliegenden Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf gesetzmäßige Anwendung des Burgenländischen Müllgesetzes und des Abfallwirtschaftsgesetzes verletzt. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und
erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die vorliegende Genehmigung wurde nach § 20 des Burgenländischen Müllgesetzes, LGBl. Nr. 15/1980 (im folgenden: MüllG) erteilt; diese Bestimmung war im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde geltendes Landesrecht, weil erst durch das Burgenländische Abfallwirtschaftsgesetz 1993, LGBl. Nr. 10/1994, das Müllgesetz außer Kraft gesetzt wurde. Die Frage der Verdrängung durch § 29 des (Bundes-)Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990 (im folgenden: AWG) stellt sich schon deshalb nicht, weil das Volumen von 100.000 m3 nicht erreicht wird und das Projekt auch keine Deponie i.S. des § 29 Abs. 1 Z. 4 AWG betrifft.
Die Absätze 1 bis 6 des § 20 MüllG lauten wie folgt:
"Bewilligung, Verfahren
(1) Die Errichtung, Änderung und Erweiterung einer Müllbeseitigungsanlage (einschließlich der Müllzwischenlagerstätten, Müllsammelstellen und Umladestationen) sowie die Änderung der Müllart bedarf - unbeschadet der nach anderen Gesetzen erforderlichen behördlichen Bewilligungen - einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde.
(2) Vor der Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Bewilligung ist eine mit einem Augenschein verbundene mündliche Verhandlung durchzuführen. Zur mündlichen Verhandlung sind alle Beteiligten und Parteien wie Nachbarn, sowie Planverfasser, beteiligte Behörden, Sachverständige, insbesondere ein Amtssachverständiger für Wasserbauangelegenheiten, für Sanitätswesen und Raumplanung, allenfalls für Naturschutz zu laden. Die Planungsunterlagen sind den Ämtern, die diese Sachverständigen entsenden, mindestens 3 Wochen vor Ausschreibung der mündlichen Verhandlung zu übermitteln.
(3) Dem Verfahren, insbesondere der mündlichen Verhandlung sind zu Grunde zu legen:
- a) der Nachweis des Eigentums oder die schriftliche Zustimmung des Grundeigentümers, sofern der Bewilligungswerber nicht Grundeigentümer ist, und ein Verzeichnis der Grundeigentümer und Nachbarn;
- b) vorhandene Baupläne und Baubeschreibungen bzw. allenfalls bereits vorliegende Bewilligungen;
c) der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der Gemeinde;
- d) eine technische Beschreibung mit Angaben über Umfang, Betriebsweise und Ausführung der geplanten Müllbeseitigung sowie allenfalls alle anderen für die Beurteilung der Anlagen erforderlichen Angaben (wie geologische, hydrologische Gutachten u. dgl.);
- e) ein Landkarten- und Katasterplanausschnitt, in dem der Standort der Anlage eingetragen und die geographische Umgebung ersichtlich ist;
- f) die Pläne in geeignetem Maßstab, in denen die gesamte Anlage im Grund- und Aufriß dargestellt ist.
(4) Bei der Errichtung von geordneten Deponien sind lediglich die in Abs. 3 lit. a, c, d und e erforderlichen Unterlagen beizubringen, soferne keine Baulichkeiten oder technischen Anlagen errichtet werden.
(5) Nachbarn im Sinne der Abs. 2 und 3 sind alle Personen, die wegen ihres räumlichen Naheverhältnisses zur Anlage durch diese gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte durch ein solches Naheverhältnis gefährdet werden können. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich nur vorübergehend in der Nähe der Anlage aufhalten und nicht im Sinne des vorhergehenden Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch auch die Eigentümer von Grundstücken und Gebäuden (wie Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten, Heimen und Schulen), auf bzw. in denen sich regelmäßig Personen aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen. Ein räumliches Naheverhältnis im Sinne dieses Absatzes ist höchstens bis zu einer Entfernung von 300 m vom äußersten Rand der Anlage anzunehmen.
(6) Die Bewilligung gemäß Abs. 1 ist zu erteilen, wenn die Anlage den Vorschriften der §§ 3 und 19 sowie dem Müllplan (§ 32) entspricht. Die Bewilligung ist an Bedingungen und Auflagen zu binden oder nur befristet zu erteilen, soweit dies zur Erfüllung gesetzlicher Vorschriften erforderlich ist."
§ 3 MüllG bezieht sich allerdings nur auf den hier (wegen der Begriffsbestimmung in § 2 MüllG) nicht gegenständlichen Haus- und Sperrmüll. Gemäß § 19 Abs. 2 MüllG ist die Art der öffentlichen Müllbeseitigungsanlage (geordnete Deponie, Kompostierungsanlage, Müllverbrennungsanlage oder Müllverwertungsanlage u.dgl.) unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse und den Stand der technischen Entwicklung nach den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit festzusetzen. Nach Abs. 3 dieser Bestimmung soll die Anlage so eingerichtet sein, daß auch einzelne Arten von Sondermüll beseitigt bzw. verwertet werden können.
Der Beschwerdeführer leitet seine Parteistellung aus § 20 Abs. 5 MüllG ab. Gemäß § 8 AVG sind Parteien Personen, insoweit sie an einer Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. § 8 AVG knüpft also an das Bestehen materieller Berechtigungen an und verleiht dem Berechtigten die prozessuale Stellung als Partei (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 122). Von sogenannten Legalparteien oder Formalparteien ist die Rede, wenn die Vorschriften des materiellen Verwaltungsrechts bestimmten Personen ausdrücklich Parteistellung einräumen (Walter-Mayer, aaO, Rz 126). Aus der ausdrücklichen Einräumung der Parteistellung folgt aber noch keine Einräumung subjektiver öffentlicher Rechte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Februar 1988, Slg. Nr. 12662/A).
Abgesehen davon, daß sich die (formelle) Parteistellung des beschwerdeführenden Nachbarn nur bei großzügigster Auslegung des § 20 Abs. 2 MüllG ergibt ("alle Beteiligten und Parteien wie Nachbarn"), kann die Frage, ob sich aus dem MüllG insgesamt, insbesondere aus § 20 Abs. 5 ableiten läßt, daß dem Nachbarn irgendwelche subjektiven Rechte zustünden, auf sich beruhen: Der Beschwerdeführer beruft sich nämlich gar nicht darauf, daß er die im § 20 Abs. 5 MüllG genannten Gefährdungen und Belästigungen hintanhalten will.
Der Beschwerdeführer vermeint, ein von ihm vorgelegtes Gegenprojekt würde insbesondere den Anforderungen des § 1 AWG besser entsprechen. Selbst wenn man aus diesem Vorbringen entnimmt, der Beschwerdeführer würde den Stand der technischen Entwicklung des eingereichten Projektes (§ 19 Abs. 2 MüllG) anzweifeln, ist dem Gesetz kein Nachbarrecht darauf zu entnehmen, daß eine Müllbeseitigungsanlage gemäß § 20 Abs. 6 nur unter den in § 19 Abs. 2 MüllG genannten Erfordernissen bewilligt werden darf.
Es kann zwar den Beschwerdeausführungen grundsätzlich dahingehend zugestimmt werden, daß die besonderen Bestimmungen des AWG für die Behandlung von Bauschutt landesrechtliche Bestimmungen verdrängen (Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG; siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. März 1992, G 231/91). Aus der Genehmigung einer Deponie - § 1 Abs. 2 Z. 3 letzter Satz AWG erlaubt ja letztlich auch die Deponierung - ergibt sich aber keinesfalls, daß Bauschutt nicht dem § 17 Abs. 2 AWG entsprechend behandelt werden müsse.
Im übrigen war allein das von der Mitbeteiligten eingereichte Projekt Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Abgesehen von der beschränkten Parteistellung des beschwerdeführenden Nachbarn schafft das hier anzuwendende Recht - wie im übrigen auch das AWG - keinen Anspruch auf Behandlung eines Alternativprojektes. Die Beschwerde erwies sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 AWG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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