Normen
GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;
GewO 1973 §370 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §39 idF 1988/399;
GewO 1973 §39;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3 idF 1988/399;
GewO 1973 §366 Abs1 Z3;
GewO 1973 §370 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §370 Abs2;
GewO 1973 §39 idF 1988/399;
GewO 1973 §39;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 2. Jänner 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als der gemäß § 370 GewO 1973 verantwortliche gewerberechtliche Geschäftsführer der X-Ges.m.b.H. zu verantworten zu haben, daß in der Zeit von Anfang August 1990 bis 7. November 1991 in der Senkgrube des landwirtschaftlichen Anwesens in Salzburg, A-Straße 5, häusliche Abwässer, die im Rahmen der Ausübung des Kanalräumergewerbes aus den Sickergruben und sonstigen Anlagen bei privaten Hauseigentümern abgepumpt und zwischengelagert worden seien, damit eine nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung genehmigungspflichtige Betriebsanlage betrieben zu haben, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen gewerbebehördlichen Genehmigung zu sein, und hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 3 i. V.m. § 74 Abs. 2 GewO 1973 begangen zu haben. Hiefür wurde über den Beschwerdeführer "gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 Gewerbeordnung" eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (Ersatzarreststrafe 14 Tage) verhängt. Einer gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung gab der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg mit Bescheid vom 27. Juli 1992 keine Folge. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, in der Berufung bringe der Beschwerdeführer vor, daß er im Tatzeitraum nicht gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen sei; ein Parteiengehör zur Wahrung seiner Rechte sei ihm nicht gewährt worden. Der Beschwerdeführer bestreite nicht, daß in der Zeit von Anfang August 1990 bis 7. November 1991 in der Senkgrube des landwirtschaftlichen Anwesens in Salzburg, A-Straße 5, häusliche Abwässer, die im Rahmen der Ausübung des Kanalräumergewerbes aus Sickergruben und sonstigen Anlagen bei privaten Hauseigentümern abgepumpt worden seien, zwischengelagert worden seien. Ebensowenig stelle der Beschwerdeführer in Zweifel, daß es sich hiebei um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage im Sinne der Gewerbeordnung 1973 handle. Die Zu- und Abfahrt der Lieferfahrzeuge könne für die Nachbarn ebenso ein Belästigungsfaktor sein wie allfällige Geruchsbildungen der deponierten Abwässer. Weiters müsse überprüft werden, ob die Betriebsweise nicht zu Gefährdungen des Betreibers selbst (z.B. Gefahr bei Manipulieren mit den Abwässern usw.) führen könne. Auch die Möglichkeit der Beeinträchtigung des Grundwassers bestehe (Manipulation, Lagerung der Abwässer) und wäre nur im Falle einer wasserrechtlichen Genehmigungspflicht im Betriebsanlagenverfahren nicht zu beachten. Daher habe auch die zuständige Gewerbebehörde mit einem Ersuchen an das Strafreferat des Magistrates Salzburg um Einleitung eines Strafverfahrens reagiert, als ihr die Aktivitäten bekanntgeworden seien. Umso unverständlicher sei daher das Schreiben des Magistrates Salzburg an die genannte Gesellschaft vom 9. April 1992, in dem mitgeteilt werde, daß eine Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich sei. Die darin erwähnten Gesichtspunkte stünden mit dem Betriebsanlagenrecht nicht im Einklang, da die Betriebsanlage durchaus geeignet sei, die im § 74 Abs. 2 GewO 1973 genannten Gefährdungen, Belästigungen bzw. Beeinträchtigungen herbeizuführen. Ob die Betriebsanlage genehmigungsfähig im Sinne des § 77 leg. cit. sei, müsse einem Genehmigungsverfahren vorbehalten bleiben. Keinesfalls könne dadurch jedoch eine schuldausschließende Wirkung herbeigeführt worden sein, sei die dem behördlichen Schreiben zugrundeliegende Anfrage doch erst am 2. April 1992, also erst ein halbes Jahr nach dem im Straferkenntnis genannten Tatzeitende, erfolgt. Ebensowenig treffe die Behauptung des Beschwerdeführers zu, er sei im Tatzeitraum nicht gewerberechtlicher Geschäftsführer der in Rede stehenden Gesellschaft gewesen. Laut Gewerberegister sei der genannten Gesellschaft mit Bescheid des Magistrates Salzburg vom 24. Oktober 1989 die Konzession zur Ausübung des Kanalräumergewerbes erteilt und der Beschwerdeführer als gewerberechtlich verantwortlicher Geschäftsführer zur Kenntnis genommen worden. Mit Bescheid des Magistrates Salzburg vom 8. November 1991 sei die Bestellung des neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers F zur Kenntnis genommen worden. Dem sei ein entsprechendes Ansuchen der genannten Gesellschaft zugrunde gelegen. Nun sei es zwar gemäß höchstgerichtlicher Rechtsprechung so, daß das Ausscheiden des gewerberechtlichen Geschäftsführers bereits mit der Beendigung des der Geschäftsführertätigkeit zugrundeliegenden Verhältnisses zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Geschäftsführer erfolge, eine solche Beendigung liege jedoch im vorliegenden Fall nicht vor. Die vom Zeugen F in der Berufungsverhandlung abgegebene Erklärung, daß die Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers auf zwei Jahre beschränkt gewesen sein solle, sei durch keinerlei Unterlagen nachweisbar und wäre im übrigen ohne Beiziehung aller Gesellschafter (E sei eine solche) gesellschaftsrechtlich ungültig. Das Ansuchen an den Magistrat Salzburg um Kenntnisnahme von der Abbestellung des bisherigen Geschäftsführers und Bestellung des neuen Geschäftsführers habe der Zeuge F laut eigenen Angaben ohne Kontaktierung der Gesellschafterin (also ohne Gesellschafterbeschluß) oder des gewerberechtlichen Geschäftsführers abgesandt. Die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft reiche daher auf jeden Fall bis zum 7. November 1991, dem Tag vor der bescheidmäßigen Kenntnisnahme der Änderung in der Person des gewerberechtlichen Geschäftsführers.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.
Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Seinem Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht wegen der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung bestraft zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter anderem vor, er habe in der Berufung gegen das erstbehördliche Straferkenntnis insbesondere geltend gemacht, daß er im fraglichen Zeitraum überhaupt nicht gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen sei. Im Berufungsverfahren hätten zwei mündliche Verhandlungen stattgefunden. Anläßlich der Verhandlung vom 10. April 1992 sei F vernommen worden. Dieser habe vor dem Verhandlungstermin mit ihm Kontakt aufgenommen und ihm versichert, daß er vor der belangten Behörde - den Tatsachen entsprechend - bestätigen werde, daß der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum nicht mehr gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Gesellschaft gewesen sei, sondern daß die Abberufung bereits vor August 1990 erfolgt sei. Die Abbestellung sei dem Gewerberegister allerdings erst wesentlich später bekanntgegeben worden. Auf Grund dieses Telefonates habe er es als nicht für erforderlich gehalten, selbst zur Verhandlung vom 10. April 1992 nach Salzburg anzureisen. Er habe mit einer ausreichenden Klärung der Sachlage durch F rechnen können. Tatsächlich habe F aber am 10. April 1992 zu Protokoll gegeben, daß er sich nicht mehr genau erinnere, zu welchem Zeitpunkt die Abberufung des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer erfolgt sei. Auf Grund dieser überraschenden Wende des Verfahrens habe der Vertreter des Beschwerdeführers die Anberaumung eines weiteren Verhandlungstermines beantragt, um ihm Gelegenheit zur Klärung des Sachverhaltes zu geben. Dieser Antrag sei jedoch abgelehnt worden. Weiters habe er mit Schriftsatz vom 27. April 1992 einen Antrag der genannten Gesellschaft vom 2. April 1992, eine Dichtheitsprobe des Dipl.-Ing. W vom 26. März 1992 und ein Schreiben der Abteilung 1 des Magistrates Salzburg vom 9. April 1992 vorgelegt. Im genannten Schreiben werde ausdrücklich bestätigt, daß eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Senkgrube des landwirtschaftlichen Anwesens in Salzburg, A-Straße 5, nicht erforderlich sei. Die Gewerbebehörde habe einen Ortsaugenschein durchgeführt und festgestellt, daß weder mit einer Lärmbelästigung für die Anrainer noch mit einer unzumutbaren Geruchsbelästigung zu rechnen sei. Die angeführte Dichtheitsprobe habe zu dem Ergebnis geführt, daß die bestehende Abwasseranlage vollkommen dicht sei. Im Hinblick auf diese bereits im Verwaltungsstrafverfahren gestellten Anträge habe aber die belangte Behörde die Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung in gesetzwidriger Weise bzw. auf Grund eines unvollständig erhobenen Sachverhaltes angenommen.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1973 begeht eine Verwaltungsübertretung - die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist -, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.
Gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 sind, wenn die Bestellung eines Geschäftsführers angezeigt oder genehmigt wurde (§ 39), Geld- und Arreststrafen gegen den Geschäftsführer zu verhängen. Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. bereits in seinem Erkenntnis vom 29. Oktober 1975, Slg. N.F. Nr. 8916/A, zur Bestimmung des § 370 Abs. 2 GewO 1973 dargetan hat, trifft bei konzessionierten Gewerben die strafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften den Geschäftsführer erst ab jenem Zeitpunkt, in dem dessen Bestellung als Geschäftsführer genehmigt wird. Daraus, daß der Gewerbeinhaber unter Strafdrohung verpflichtet ist, die Tatsache des Ausscheidens des Geschäftsführers der Behörde anzuzeigen, ergibt sich ferner, daß die Geschäftsführereigenschaft mit dem Ausscheiden - und nicht etwa erst mit der Anzeige des Gewerbeinhabers über das Ausscheiden - endet. Demnach fällt auch die strafrechtliche Verantwortung des Geschäftsführers mit dessen "Ausscheiden" weg, wobei das Tatbestandsmerkmal dieses Begriffes - unabhängig vom zwischen dem Gewerbeinhaber und dem gewerberechtlichen Geschäftsführer bestehenden zivilrechtlichen Verhältnis - auch durch ein "faktisches Ausscheiden oder Entfernen" erfüllt wird (vgl. hiezu die in dem zur inhaltlich gleichartigen Bestimmung des § 137 Abs. 1 GewO 1859 enthaltenen Darlegungen im
hg. Erkenntnis vom 10. November 1952, Slg. N.F. Nr. 2710/A).
Da die belangte Behörde - wie sich aus den vorstehend wiedergegebenen Begründungsdarlegungen des angefochtenen Bescheides über die von ihr im Beschwerdefall angenommene Relevanz gesellschaftsrechtlicher Fragen im Zusammenhang mit der Abberufung des Beschwerdeführers als gewerberechtlicher Geschäftsführer ergibt - dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid schon in Hinsicht auf die Frage der spruchgemäß angenommenen Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers gemäß § 370 Abs. 2 GewO 1973 mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher schon im Hinblick darauf gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es einer Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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