Normen
AVG §42 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §11 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §4;
AVG §42 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §11 Abs1;
EnergiewirtschaftsG 1935 §4;
Spruch:
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 7. Juli 1990 wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 20. Juli 1990 wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. Juli 1990 erteilte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten der mitbeteiligten Partei "im Zusammenhalt mit den Bestimmungen der Verordnung vom 27.9.1939, GBlfdLÖ 1381/1939 aufgrund der Bestimmungen des § 4 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes GBlfdLÖ Nr. 156/1939 in der Fassung der Verordnung vom 27.9.1939 DRGBl 1938-I Seite 150 sowie der übrigen zu diesem Gesetz ergangenen und derzeit in Geltung stehenden energiewirtschaftsrechtlichen Bestimmungen, Verordnungen, Anordnungen und Erlässe sowie letzlich im Zusammenhalt mit den §§ 40 ff AVG 1950" die energiewirtschaftsrechtliche Bewilligung für den Bau der Verlängerung der Pittental Erdgas-Hochdruckleitung zur Versorgung des Gebietes von Aspang-Markt unter Vorschreibung zahlreicher Bedingungen und Auflagen.
Mit Bescheid vom 20. Juli 1990 traf der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten "gemäß § 11 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes GBlfdLÖ Nr. 156/1939 in Verbindung mit Art. 4 der zweiten Verordnung über die Einführung des Energiewirtschaftsrechtes in der Ostmark vom 17. Jänner 1940, GBlfdLÖ Nr. 18/40, weiters in sinngemäßer Anwendung der übrigen, zu diesem Gesetz erlassenen Verordnungen, Erlässe und Anweisungen sowie der Vorschriften des Eisenbahnenteignungsgesetzes vom 18. Feber 1878, in der Fassung des Art. 52 des Verwaltungsentlastungsgesetzes, BGBl. Nr. 277/25, sowie in Verbindung mit § 2 des Rechtsüberleitungsgesetzes StGBl Nr. 6/1945" die Feststellung, die Entziehung oder Beschränkung von Rechten am Grundeigentum der Beschwerdeführerin durch zwangsweise Einräumung (näher bestimmter) Dienstbarkeitsrechte sei zulässig. Der Landeshauptmann von Niederösterreich könne aufgrund dieser Zulässigkeitsfeststellung die beantragte zwangsweise Einräumung dieser Dienstbarkeitsrechte im Enteignungsweg aussprechen und die dafür zu leistende Entschädigung festsetzen. Gleichzeitig wurde die Einwendung der Beschwerdeführerin, die Führung der Erdgas-Hochdruckleitung über ihre Grundstücke sei nicht zwingend notwendig, da es andere Möglichkeiten für den Bau der Erdgasleitung gäbe, als mit dem Charakter des gegenständlichen behördlichen Verfahrens unvereinbare Einwendung zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, er habe mit Bescheid vom 7. Juli 1990 festgestellt, daß die gegenständliche Erdgas-Hochdruckrohrleitung zur Versorgung der Region Aspang als Teil des in Niederösterreich aufzubauenden Erdgasversorgungssystems der öffentlichen Versorgung mit Primärenergie in der Form von Erdgas diene. In diesem Bescheid sei jene Trasse genehmigt worden, die nach Prüfung aller denkbaren Varianten in optimaler Weise und technisch einwandfrei dem öffentlichen Versorgungsinteresse entspreche. In diesem Genehmigungs-(Baubewilligungs-)verfahren gemäß § 4 EnWG wären daher alle Einwendungen vorzubringen gewesen, die sich auf die Führung und Gestaltung der Trasse beziehen. Soweit solche Einwände dort versäumt worden seien, könnten sie in diesem Verfahren nicht nachgeholt werden, da das öffentliche Interesse für die genehmigte Trasse dort bereits festgestellt worden sei. Es habe sich somit die rechtliche Notwendigkeit ergeben, die Einwendung, es gäbe andere Möglichkeiten für den Bau der Erdgasleitung, sodaß es nicht zwingend notwendig sei, diese über die Grundstücke der Beschwerdeführerin zu bauen, als nicht verhandlungsgegenständlich in diesem Verfahren zurückzuweisen. Das gegenständliche Verfahren habe vielmehr eindeutig ergeben, daß aufgrund der Feststellungen des Genehmigungs-(Baubewilligungs-)bescheides die dort festgelegte Trasse in der die Grundstücke der Beschwerdeführerin berührenden Form dem öffentlichen Versorgungsinteresse zweckmäßig und wirtschaftlich entspreche. Das gegenständliche Verfahren habe auf dieser grundsätzlichen Festlegung ergeben, daß die Realisierung der Erdgas-Hochdruckleitung auf dieser Trasse dem allgemeinen Besten diene und die zwangsweise Einräumung der im Spruch umrissenen Dienstbarkeitsrechte dem Grund und dem Umfang nach geeignet und ausreichend seien, diesem öffentlichen Versorgungsinteresse zu dienen. In Wahrung des öffentlichen Interesses gemäß den Kriterien des Energiewirtschaftsgesetzes für die öffentliche Versorgung sei daher festzustellen, daß nach vergeblichen Vergleichsbemühungen die zwangsweise Einräumung der im Spruch genannten Dienstbarkeitsrechte im Enteignungsweg aus Gründen des öffentlichen Wohles zulässig sei.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften und beantragten, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Verweigerung der in Rede stehenden Genehmigung und auf Unterbleiben der Zulässigkeitserklärung der Enteignung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe im Zuge des Verwaltungsverfahrens einerseits die Einwendung erhoben, es sei nicht zwingend notwendig, die Erdgasleitung über ihr Grundstück zu bauen, es gäbe andere Möglichkeiten für den Bau der Erdgasleitung. Andererseits habe sie erklärt, gegen die vorgesehene generelle Trasse der Erdgas-Hochdruckleitung sowie gegen die Errichtung derselben keinen Einwand zu erheben unter der Voraussetzung, daß ihre Entschädigungsforderungen, wie sie in der Niederschrift mit dem Grundeinlöser der mitbeteiligten Partei schriftlich festgelegt worden seien, erfüllt würden. Es lägen demnach zwei Einwendungen vor, über welche zu befinden und inhaltlich abzusprechen die angefochtenen Bescheide unterlassen hätten. Es gehe nicht an, bloß über die technische Machbarkeit der von der mitbeteiligten Partei eingereichten Trassierung der Erdgasleitung abzusprechen und den Einwand der Beschwerdeführerin, es sei eine andere Trassierung ohne Verletzung ihrer Eigentumsrechte möglich, bei Seite zu schieben. Wenn es die mitbeteiligte Partei unterlassen habe, andere Möglichkeiten darzutun, wäre es Sache der belangten Behörde gewesen, vor Bescheiderlassung einen Sachverständigen zu beauftragen, der weniger einschneidende Möglichkeiten darzulegen gehabt hätte. Lediglich wenn dieses Beweismittel keine andere Möglichkeit erbracht hätte, wäre es denkbar gewesen, die von der mitbeteiligten Partei vorgesehene Trassierung zu genehmigen. Eine Enteignung sei grundsätzlich nur zulässig, wenn die Sache nicht privatrechtlich erworben werden könne. Auch im eingeleiteten Enteignungsverfahren gehe die Einigung stets vor. Die Beschwerdeführerin habe schon in der allerersten Tagsatzung auf die zwischen ihr und der mitbeteiligten Partei getroffene Einigung hingewiesen, in welcher ausdrücklich über die Entschädigung für die Einräumung der Dienstbarkeit einerseits und für die Zerstörung von Bäumen andererseits so detailliert abgesprochen worden sei, daß sogar die Mehrwertsteuer ihren Niederschlag gefunden habe. Es handle sich dabei nicht um eine "verpönte Neuerung" weil die Beschwerdeführerin ja auf die Einigung und die Niederschrift schon in der Tagsatzung vom 14. Juli 1990 ausdrücklich hingewiesen habe. Der belangten Behörde wäre es verwehrt gewesen, Enteignungsmaßnahmen zu Lasten der Beschwerdeführerin bescheidmäßig zu verfügen, wenn zwischen ihr und der mitbeteiligten Partei Einigung erzielt worden sei.
Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 7. Juli 1990 richtet, nicht zulässig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. N.F. Nr. 10.511/A).
Eine derartige Möglichkeit der Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin durch den Bescheid vom 7. Juli 1990 ist nicht gegeben:
Gemäß § 42 Abs. 1 AVG finden, wenn eine mündliche Verhandlung durch Anschlag in einer Gemeinde oder auch durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung bekannt gemacht wurde, Einwendungen, die nicht spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht wurden, keine Berücksichtigung und es wird angenommen, daß die Beteiligten dem Parteiantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilden, zustimmen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, liegt eine dem § 42 AVG entsprechende Einwendung nur dann vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1958, Slg. N.F. Nr. 4.683/A).
Im vorliegenden Fall beraumte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten aufgrund des Antrages der mitbeteiligten Partei auf energiewirtschaftsrechtliche Bewilligung der in Rede stehenden Erdgasleitung mit Kundmachung vom 18. Juni 1990 eine örtliche mündliche Verhandlung für den Gemeindebereich Aspangberg/St. Peter für den 4. Juli 1990 an. In dieser Verhandlung gab die Beschwerdeführerin folgende Erklärung ab:
"Gegen die vorgesehene generelle Trasse der Erdgas-Hochdruckleitung sowie gegen die Errichtung derselben wird kein Einwand erhoben unter der Voraussetzung, daß meine Entschädigungsforderung, wie sie in der Niederschrift mit dem Grundeinlöser mit Herr Ing. H schriftlich festgelegt worden ist, von der EVN erfüllt wird".
Diese Erklärung ist keine Einwendung im obigen Sinne, weil darin nicht die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht wird. Entsprechend der in § 42 Abs. 1 AVG festgelegten Rechtsfolge ist daher die Zustimmung der Beschwerdeführerin zu diesem Projekt anzunehmen.
Ausgehend von dieser Zustimmung kann es keine Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin bedeuten, wenn die belangte Behörde diesem Projekt die beantragte Genehmigung erteilte.
Da somit durch den Bescheid vom 7. Juli 1990 subjektive öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt sein können, war die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde entsprechend der eingangs dargestellten Rechtslage wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 11 Abs. 1 Energiewirtschaftsgesetz, GBlfdLÖ Nr. 156/1939, stellt der Reichswirtschaftsminister (nunmehr der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten; vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1970, Zl. 180/69) die Zulässigkeit der Enteignung fest, soweit für Zwecke der öffentlichen Energieversorung die Entziehung oder die Beschränkung von Grundeigentum oder Rechten am Grundeigentum im Wege der Enteignung erforderlich wird.
In diesem Verfahren kann der Erforderlichkeit der Enteignung nicht mit der Behauptung entgegen getreten werden, es sei nicht nur das in Aussicht genommene, sondern auch ein anderes Grundstück für das Vorhaben geeignet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1953, Slg. N.F. Nr. 3.215/A). Denn über diese Frage wurde bereits mit dem nach § 4 leg. cit. ergangenen Bescheid rechtsverbindlich abgesprochen (vgl. das hg. Erkenntis vom 21. Mai 1959, Zlen. 1019, 1020/56).
Mit Rücksicht auf diese Rechtslage bildet es keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn der Bundesminister in dem über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung gemäß § 11 Abs. 1 EnWG für das in Rede stehende Bauvorhaben ergangenen Bescheid vom 20. Juli 1990 die Einwendung der Beschwerdeführerin, die Führung der fraglichen Erdgasleitung über ihr Grundstück sei nicht zwingend notwendig und es gäbe andere Möglichkeiten für den Bau der Erdgasleitung, zurückwies.
Als aktenwidrig erweist sich das Vorbringen, die Beschwerdeführerin habe bereits in der Tagsatzung vom 4. Juli 1990 auf eine zwischen ihr und der mitbeteiligten Partei getroffene Einigung hingewiesen. Abgesehen davon, daß diese Tagsatzung nicht im Verfahren über den Antrag der mitbeteiligten Partei nach § 11 EnWG, sondern in jenem über den Antrag nach § 4 leg. cit. stattfand, enthält die von der Beschwerdeführerin relevierte Erklärung lediglich einen Hinweis auf die von ihr gegenüber der mitbeteiligten Partei erhobenen Entschädigungsforderungen, nicht aber die Behauptung, darüber sei bereits eine Einigung erzielt worden. Das das Zustandekommen einer privatrechtlichen Vereinbarung über die Einräumung der in Rede stehenden Rechte behauptende Vorbringen bildet daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung, weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 20. Juli 1990 wendet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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