VwGH 92/02/0183

VwGH92/02/018321.10.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des A in P, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 6. April 1992, Zl. I/7-St-K-9198, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §9 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs2 litc;
VStG §44a Z1;
StVO 1960 §9 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs2 litc;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Lenker eines Pkws am 22. Februar 1990 um 7.26 Uhr an einem bestimmten Ort in Perchtoldsdorf nicht vor dem Schutzweg angehalten, um dem darauf befindlichen Fußgänger das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn auf dem Schutzweg zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 2 lit. c, § 9 Abs. 2 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Spruch betreffend eine in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. c StVO begangene Verwaltungsübertretung jene zum Tatbild dieser Übertretung zählenden konkreten Umstände zu enthalten, die die besondere Gefährlichkeit der Verhältnisse bzw. die besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern ausmachen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1991, Zl. 90/02/0198). Diesen Anforderungen wird der Spruch des angefochtenen Bescheides nicht gerecht. Auch die Behinderung eines Fußgängers auf einem Schutzweg ist nur dann nach § 99 Abs. 2 lit. c StVO strafbar, wenn besonders gefährliche Verhältnisse (oder besondere Rücksichtslosigkeit) gegeben waren (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1966, Zl. 498/66). Entsprechende zusätzliche Sachverhaltselemente hat die belangte Behörde aber nicht angeführt.

Der angefochtene Bescheid ist daher wegen mangelhafter Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat im Sinne des § 44a lit. a VStG inhaltlich rechtswidrig und schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Aus verfahrensökonomischen Gründen sei noch folgendes bemerkt: Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen reichen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes noch nicht aus, um die Verwirklichung des Tatbildes nach § 9 Abs. 2 StVO zu bejahen. Die belangte Behörde hat zunächst die Darstellung des Beschwerdeführers, mit ca. 30 km/h gefahren zu sein, übernommen. Sie hat weiters seine Verantwortung, vor dem Schutzweg hätten sich abgestellte Busse befunden, nicht in Zweifel gezogen; die ungefähre Breite dieser Busse steht nicht fest. Auch über Positionen von Fußgängerin und Pkw des Beschwerdeführers wurden keine eindeutigen Feststellungen getroffen. Nach der Aussage des Meldungslegers, dem die belangte Behörde offenbar Glauben schenkt, hat sich die Fußgängerin 3 m vom Fahrbahnrand entfernt befunden, als der Beschwerdeführer an ihr in einem Abstand von ca. 1,50 m vorbeifuhr. Bei dieser Sachlage kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß sich der Beschwerdeführer pflichtwidrig verhalten hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Für eine Replik zur Gegenschrift besteht kein Anspruch auf zusätzlichen Ersatz von Schriftsatzaufwand; dieser wurde (insgesamt) in der verordneten Höhe zugesprochen. Für die überzählige dritte Beschwerdeausfertigung gebührt kein Stempelgebührenersatz.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte