VwGH 92/02/0107

VwGH92/02/010717.6.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des Bundes, vertreten durch die Finanzprokuratur, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Jänner 1992, Zl. UVS-03/16/01399/91, betreffend Übertretung der StVO 1960, (mitbeteiligte Partei: S in K; weitere Partei: W), den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art18;
VStG §64 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art18;
VStG §64 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien vom 8. Oktober 1991 wurde über die mitbeteiligte Partei wegen einer am 9. Juni 1991 begangenen Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 24 Abs. 1 lit. b StVO 1960 nach der zuerst zitierten Gesetzesstelle eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 60 Stunden) verhängt.

Mit Schriftsatz vom 18. Oktober 1991 erhob die mitbeteiligte Partei gegen diese Strafverfügung Einspruch, welcher sich ausdrücklich nur gegen den Strafausspruch richtete.

Mit Straferkenntnis vom 21. November 1991 wurde aufgrund dieses Einspruches die über den Mitbeteiligten verhängte Geldstrafe mit S 600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) festgesetzt. Gleichzeitig wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 64 Abs. 2 VStG auferlegt, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 60,-- zu bezahlen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 9. Jänner 1992 bestätigte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien das erstbehördliche Straferkenntnis mit der Abänderung, daß die auf § 64 Abs. 2 VStG gestützte Vorschreibung eines Kostenbeitrages von S 60,-- zu entfallen habe.

Gegen diesen Bescheid - inhaltlich nur gegen den genannten Kostenausspruch - richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor. Sie und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerde ist nicht zulässig.

Zur Begründung ihrer Berechtigung zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde bringt die beschwerdeführende Partei vor, bei der Kostenregelung des § 64 Abs. 1 und 2 VStG handle es sich um eine aus dem Verfahrensrecht abgeleitete formelle Vorschrift, durch die der Gebietskörperschaft, die den Aufwand der Behörde zu tragen habe, zwingend ein 10 %iger Kostenbeitrag zuzufließen habe. Diese Widmungsregelung stelle ihrer Art nach einen subjektiven Rechtsanspruch der Gebietskörperschaft auf Erhalt des Kostenbeitrages dar.

Die mitbeteiligte Partei hält dem entgegen, bei der Bestimmung des § 64 Abs. 2 VStG handle es sich lediglich um eine Zweckbindung bestimmter staatlicher Einnahmen. Die durch den Behördenaufwand belastete Gebietskörperschaft habe nur ein wirtschaftliches Interesse daran, daß ihr bestimmte Einnahmen auch zukämen. Durch den Kostenausspruch im konkreten Verwaltungsstrafbescheid werde in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin nicht eingegriffen; er beeinflusse nur gegebenenfalls indirekt die finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin. Ein subjektives Recht der Gebietskörperschaft, etwa durch Beteiligung am Verwaltungsstrafverfahren zur Wahrung ihres Kostendeckungsanspruches auf den Inhalt eines Verwaltungsstrafbescheides Einfluß nehmen zu können, sei der angeführten Gesetzesbestimmung zweifelsfrei nicht zu entnehmen. Fehle aber der Gebietskörperschaft, eine Einflußmöglichkeit auf das Verwaltungsstrafverfahren, so könne sie auch den dieses abschließenden Verwaltungsstrafbescheid nicht wegen Verletzung eines ihr zustehenden subjektiven öffentlichen Rechts bekämpfen. Insofern hänge die Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgerichtshof sehr wohl mit der Partei- oder zumindest Beteiligtenstellung im Verwaltungsverfahren zusammen. Auch die vom Bundesgesetzgeber zur Wahrung seiner finanziellen Interessen in den Abgabengesetzen geschaffene sogenannte Präsidentenbeschwerde (etwa § 292 BAO) spreche dagegen, dem Bund darüber hinaus auch in jenen Fällen, in denen er bei gleicher Interessenlage eine solche Anfechtungsmöglichkeit nicht vorgesehen habe, diese durch eine ausdehnende Auslegung der allgemeinen Beschwerdevoraussetzungen nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ausnahmsweise doch zu eröffnen.

Nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG - die weiteren Zuständigkeitstatbestände kommen bei dem hier gegebenen Sachverhalt nicht in Betracht - kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Voraussetzung für die Erhebung einer Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof ist somit, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt sein konnte (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 27. Juni 1980, Slg. N.F. Nr. 10.179/A).

Der bloße Umstand, daß das Gesetz eine Leistungspflicht statuiert, begründet noch nicht ein subjektives öffentliches Recht desjenigen, dem die Leistung zugute kommt. Erst wenn das Gesetz dem Berechtigten verfahrensrechtliche Mittel an die Hand gibt, diesen Anspruch auch zu verfolgen, kann von einem subjektiven öffentlichen Recht gesprochen werden (vgl. auch Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Auflage, Seite 266: "Subjektives öffentliches Recht ist demnach die dem einzelnen kraft öffentlichen Rechts verliehene "Rechtsmacht", vom Staat zur Verfolgung seiner Interessen ein bestimmtes Verhalten zu verlangen"). Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang wiederholt ausgesprochen hat, begründet der in Art. 18 B-VG niedergelegte Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung kein subjektives öffentliches Recht, dessen Verletzung mittels Beschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG mit Erfolg angefochten werden könnte (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, dritte Auflage, Seite 416 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Bloß wirtschaftliche Interessen allein, also ohne Hinzutreten einer gesetzlichen Vorschrift, die deren Verfolgung im Verwaltungsrechtswege einräumt, vermögen ein subjektives öffentliches Recht im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nicht zu begründen.

Im Lichte dieser Rechtslage kann der beschwerdeführenden Partei ein vor dem Verwaltungsgerichtshof verfolgbares subjektives öffentliches Recht auf die in § 64 Abs. 2 VStG genannten Kostenbeiträge nicht zugebilligt werden. Zwar normiert diese Bestimmung, daß die im Verwaltungsstrafverfahren einzuhebenden Kostenbeiträge jener Gebietskörperschaft zufließen, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat, doch ist im Gesetz eine Einflußmöglichkeit der Gebietskörperschaft auf die Festsetzung dieser Kostenbeiträge, insbesondere ein entsprechendes Rechtsmittelrecht, nicht vorgesehen.

Mangels Bestehens seines entsprechenden subjektiven öffentlichen Rechtes der beschwerdeführenden Partei ist somit die für die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erforderliche Möglichkeit der Verletzung eines solchen Rechtes durch den angefochtenen Bescheid nicht gegeben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Berechtigung zur ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil die Gegenschrift nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen war.

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