Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
KFGNov 03te Art3;
StVO 1960 §38 Abs5;
VStG §16 Abs1;
VStG §19;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §66 Abs4;
KFGNov 03te Art3;
StVO 1960 §38 Abs5;
VStG §16 Abs1;
VStG §19;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Wien wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung wird als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 2.782,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren des Landes Wien wird abgewiesen.
Begründung
Mit den gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Berufungsbescheiden
1. des Landeshauptmannes von Wien und 2. der Wiener Landesregierung je vom 21. Februar 1991 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 9. März 1989 um 17.18 Uhr 1. in Wien 3, Am Heumarkt 1, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw's, wie bei seiner Anhaltung festgestellt worden sei, keinen Sicherheitsgurt angelegt gehabt, und 2. in Wien 3, an der Kreuzung Johannesgasse - Am Heumarkt als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw's das Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet, sondern sei in die Kreuzung eingefahren, ohne anzuhalten. Er habe hiedurch zu 1. eine Verwaltungsübertretung nach Art. III der 3. Kraftfahrgesetz-Novelle, zu 2. eine solche nach § 38 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen; die in erster Instanz verhängten Geld- und Ersatzarreststrafen wurden herabgesetzt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen beide Bescheide je eine Beschwerde wegen "Rechtswidrigkeit", wobei er dem Inhalt seines Vorbringens nach Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und, was die Strafbemessung anlangt, auch Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machte. Die Beschwerden waren von einem Rechtsanwalt unterschrieben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorliegen von Gegenschriften der belangten Behörden über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. die Erkenntnisse vom 12. April 1983, Zl. 82/11/0252, und vom 12. Februar 1986, Zl. 84/11/0234) kann der Partei das durch § 45 Abs. 3 AVG (§ 24 VStG) gebotene Gehör auch dadurch gewährt werden, daß sie von der Behörde vorgeladen und/oder zur Akteneinsicht aufgefordert wird; nur ist es hiebei notwendig, daß aus der Ladung oder Aufforderung zu erkennen ist, es solle zu den Ergebnissen einer Beweisaufnahme Stellung genommen werden. Dagegen hat die Behörde erster Instanz dadurch verstoßen, daß sie nach Protokollierung der Aussage des Zeugen Manfred Pieler vom 24. Mai 1989 den Beschwerdeführer zwar vorlud, aber als Gegenstand ausschließlich seinen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 24. März 1989 nannte, somit mit keinem Wort auf das Ergebnis der Beweisaufnahme hinwies. Dieser erstinstanzliche Verfahrensmangel wurde aber dadurch saniert, daß dem Beschwerdeführer durch die Möglichkeit, gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis Berufung zu erheben, Gelegenheit gegeben wurde, auch die durch das Ergebnis der Beweisaufnahme aufgeworfenen Fragen an die Berufungsbehörde heranzutragen (siehe dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, unter Nummer 48a und b zu § 45 Abs. 3 AVG zitierten Entscheidungen).
Der Beschwerdeführer hat dies auch in seiner Berufung getan, und zwar hinsichtlich der Übertretung des Kraftfahrgesetzes mit der Ausführung, die Polizisten seien ca. eine Minute nach dem Anhalten des Kraftfahrzeuges des Beschwerdeführers zu diesem gekommen. Der Sicherheitsgurt sei aber nur beim Lenken - nicht also beim Anhalten - eines Fahrzeuges zu verwenden, daher sei die erstinstanzliche Feststellung, der Gurt hätte verwendet werden müssen, nicht nachvollziehbar. Hinsichtlich der Übertretung der Straßenverkehrsordnung brachte der Beschwerdeführer in seiner Berufung vor, der Sicherheitswachebeamte habe nur gesagt, er vermute nämlich, daß der Beschwerdeführer bei Rotlicht in die Kreuzung eingefahren sei. Aus dem Zusammenhalt ergibt sich die Ansicht des Beschwerdeführers als Berufungswerber, eine bloße Vermutung dürfe keine Grundlage für einen Schuldspruch darstellen.
Während sich die Wiener Landesregierung (Seite 2 unten und Seite 3 oben ihres Berufungsbescheides) mit dieser Berufungsausführung dahin auseinandersetzte, der Sicherheitswachebeamte habe auf die Mißachtung des Rotlichtes durch den Beschwerdeführer geschlossen, da er selbst - etwa im rechten Winkel zur Fahrtrichtung des Beschwerdeführers - sein Dienstfahrzeug bereits bei Grünlicht in Bewegung gesetzt habe, als der Beschwerdeführer in die Kreuzung eingefahren sei, ein solcher Schluß des Sicherheitswachebeamten sei insofern zwingend, als nicht für beide Fahrtrichtungen gleichzeitg Grünlicht geleuchtet haben könne, überging der Landeshauptmann von Wien die diesbezügliche Berufungsausführung des Beschwerdeführers mit Stillschweigen, was die Frage anlagt, wieviel Zeit zwischen dem Anhalten des Fahrzeuges des Beschwerdeführers auf Grund vorheriger Aufforderung durch den Sicherheitswachebeamten (§ 97 Abs. 5 StVO) und dem Eintreffen des Sicherheitswachebeamten am Ort des Anhaltens des Fahrzeuges des Beschwerdeführers erfolgte, somit die Frage, ob es dem Beschwerdeführer möglich gewesen wäre, nach dem Anhalten einen vorher angelegt gehabten Sicherheitsgurt abzulegen. Die Ausführung auf Seite 2 oben des Berufungsbescheides des Landeshauptmannes, der Beschwerdeführer habe "bei der Anhaltung den Sicherheitsgurt nicht angelegt" gehabt, ist insofern nicht eindeutig, als nicht geklärt ist, was hiebei unter "Anhaltung" zu verstehen ist, nämlich etweder die Aufforderung hiezu (§ 97 Abs. 5 StVO) oder das tatsächliche Anhalten des Beschwerdeführers im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 26 StVO.
Somit ist in der Frage, ob rechtlich wesentliches Vorbringen der Berufung übergangen wurde, nur dem Bescheid des Landeshauptmannes Rechtswidrigkeit im aufgezeigten Sinne vorzuwerfen, nicht aber dem Bescheid der Landesregierung.
Zur Frage der Strafbemessung:
Beide belangten Behörden sind nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ihrer diesbezüglichen Begründungspflicht genügend nachgekommen. Es ist, vom Standpunkt der verletzten Rechte aus betrachtet, dem Beschwerdeführer verwehrt, zu behaupten, wäre man den diesbezüglichen Angaben des Sicherheitswachebeamten gefolgt, so hätte man - hinsichtlich beider Übertretungen - höhere Strafen verhängen müssen.
Die in der Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes erhobene Rüge, es fehlten Feststellungen über die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers, ist deshalb unbeachtlich, weil der Beschwerdeführer über diese Verhältnisse sowohl im Verwaltungsstrafverfahren als auch in der Beschwerde schwieg, sodaß die Kausalität eines allfälligen diesbezüglichen Verfahrensmangels zum Inhalt des angefochtenen Bescheides nicht erkannt werden kann (vgl. § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Sofern der Beschwerdeführer am Bescheid der Landesregierung rügt, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden für eine Geldstrafe von S 800,-- stehe in einem Mißverhältnis zum Strafrahmen nach § 99 Abs. 3 lit. a StVO (höchstens S 10.000,-- Geldstrafe, Ersatzarreststrafe zwei Wochen), so ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach Geldstrafe und Ersatzarreststrafe nicht nach einem festen Umrechnungsschlüssel zu bemessen sind (Erkenntnis vom 11. Mai 1990, Zl. 90/18/0022 und die dort zitierte weitere Judikatur). Ein erhebliches Mißverhältnis zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der verhängten Ersatzarreststrafe im Sinne der Ausführungen des zitierten Erkenntnisses besteht im vorliegenden Fall nicht, da bei streng arithmetrischer Berechnung die Ersatzarreststrafe immer noch rund 27 Stunden hätte betragen müssen.
In Ansehung der Strafbemessung erwiesen sich somit beide Beschwerden als unbegründet.
Aus den weiter oben angeführten Gründen war der Bescheid dess Landeshauptmannes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben; hingegen war die Beschwerde gegen den Bescheid der Landesregierung gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Da der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmannes im zeitlichen Geltungsbereich der zitierten Verordnung des Bundeskanzlers Schriftsatzaufwand nach der Rechtslage vor dieser Verordnung verzeichnet hatte, hatte es gemäß § 59 Abs. 1 VwGG beim Zuspruch dieses niedrigeren Betrages zu verbleiben. Dem obsiegenden Land Wien war nur der halbe Vorlageaufwand zuzusprechen, da die andere Hälfte auf den unterliegenden Bund entfiel.
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