Normen
BAO §186 Abs1;
BAO §192;
BauRallg;
BewG 1955 §10 Abs2;
BewG 1955 §11 Abs1;
BewG 1955 §19;
ErbStG §19 Abs1;
ErbStG §20 Abs4;
ErbStG-D 1974 §10;
VVG §1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
VwRallg;
BAO §186 Abs1;
BAO §192;
BauRallg;
BewG 1955 §10 Abs2;
BewG 1955 §11 Abs1;
BewG 1955 §19;
ErbStG §19 Abs1;
ErbStG §20 Abs4;
ErbStG-D 1974 §10;
VVG §1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist zu einem Drittel Erbin nach der am 27. Februar 1987 verstorbenen A. Vererbt wurden u.a. Schottergruben und Teiche, hinsichtlich derer seit vielen Jahren die bescheidmäßige Verpflichtung zur Wiederauffüllung und Humisierung bestand.
Mit dem nur an die Beschwerdeführerin gerichteten vorläufigen Abgaben- und Haftungsbecheid vom 7. November 1988 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien die Erbschaftssteuer gegenüber der Beschwerdeführerin fest und nahm überdies ihre Haftung für die Erbschaftssteuer der beiden Miterben - Gesamtbetrag S 5,567.208,-- - in Anspruch. In der Begründung wurde ausgeführt, daß die mit S 26,142.778,-- (aufgrund eines Privatgutachtens) bezifferten Rekultivierungskosten nicht in Abzug gebracht wurden, weil nur solche Verbindlichkeiten oder Lasten eine Abzugspost bildeten, die bereits am Todestag des Erblassers bestanden hätten und zu deren Leistung der Erblasser verpflichtet gewesen wäre.
Nachdem die Erben bekannt gegeben hatten, daß schon durch die Erblasserin umfangreiche Rekultivierungsmaßnahmen gesetzt worden seien und weitere derartige Maßnahmen in Auftrag gegeben worden seien, erließ das Finanzamt den vorläufigen Abgaben- und Haftungsbescheid vom 24. Oktober 1989, der die Erbschaftssteuer mit S 78.181,-- nannte. Diesen Bescheid hob die belangte Behörde gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO mit Bescheid vom 27. Dezember 1989 auf. Darauf erließ das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern unter Hinweis auf den vorläufigen Bescheid vom 7. November 1988 den endgültigen Abgaben- und Haftungsbescheid gemäß § 200 BAO, in dem wieder die Erbschaftssteuer mit insgesamt S 5,567.208,-- genannt wurde. Ausgehend davon, daß die Erblasserin vor ihrem Ableben keine Rekultivierungsmaßnahmen beauftragt hätte, bilde diese Last, der kein Berechtigter gegenüberstehe, und die dem Erwerber zugute komme, keine Abzugspost.
Der dagegen erhobenen Berufung, in der die zuletzt genannte Tatsachenfeststellung nicht bekämpft wurde, gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Die im Grundbuch ersichtlich gemachte Verpflichtung zur Wiederherstellung und Einebnung der Sand- und Schottergruben begründe keine konkrete Leistungspflicht, die der Sphäre der Erblasserin zugeordnet werden könnte. Unter Wiedergabe eines hg. Erkenntnisses vom 6. Juni 1974, Zl. 1559/73, wurde eine Leistungspflicht (des Erblassers) abgelehnt, wenn es an einem Leistungsempfänger, der als Gläubiger der Verlassenschaft gegenübertritt, fehle. Es könne keine Schuld angenommen werden, die dem Grunde nach schon zum Todeszeitpunkt entstanden sei. Außerdem kämen derartige Leistungen, die dem Zweck der Zuwendung dienten, dem Erben zugute und seien daher gemäß § 20 Abs. 8 Erbschaftssteuergesetz (im folgenden: ErbStG) nicht abzugsfähig.
Über die dagegen erhobene Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht, und die erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Vorauszuschicken ist, daß bei Prüfung des angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zukommt, weil der Verwaltungsgerichtshof nach der Anordnung des § 41 Abs. 1 VwGG nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers, sondern nur ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet (hg. Erkenntnis vom 19. September 1984, VwSlg. N.F. 11.525/verstärkter Senat). Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdepunkt auf die Nichtberücksichtigung der Rekultivierungskosten beschränkt (S 2 3. Absatz), sodaß es eines Eingehens auf die Frage, warum sie zur Haftung für die Steuerschuld der Miterben herangezogen wurde, nicht bedarf.
Gemäß §§ 18, 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt des Todes des Erblassers maßgebend. Allerdings bestimmt § 19 Abs. 2 ErbStG, daß für inländisches Grundvermögen der Einheitswert maßgebend ist, der nach den Vorschriften des zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird. Im vorliegenden Fall ist diese Bewertungsgrundlage unstrittig, sodaß davon ausgegangen werden kann, daß die vom Finanzamt herangezogenen Einheitswerte jene sind, die am letzten Feststellungszeitpunkt vor dem Tod der Erblasserin festgestellt wurden.
Vererbt wurde kein Betrieb, sondern unbebaute Grundstücke; die Bewertung hatte gemäß § 55 Abs. 1 BewG nach dem gemeinen Wert zu erfolgen. Gemäß § 1 Abs. 3 BewG mußten dafür auch die Vorschriften des ersten Teiles des BewG Anwendung finden. Die Beschwerdeführerin zeigt richtig auf, daß die vorliegende Rekultivierungsverpflichtung bei jeder Veräußerung der Grundstücke zu Buche schlagen würde und zu einer entscheidenden Preisreduktion führen würde. Da gemäß § 10 Abs. 2 BewG bei Ermittlung des gemeinen Wertes alle Umstände zu berücksichtigen sind, die den Preis beeinflussen, ist davon auszugehen, daß die hier geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Lasten bereits im Einheitswert ihren Niederschlag finden mußten.
Gemäß § 10 Abs. 2 BewG (gleichlautend: § 9 Abs. 2 dBewG) wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre, wobei alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen sind. Unter der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes im Sinne des § 9 Abs. 2 dBewG sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen, die dem zu bewertenden Wirtschaftsgut arteigen sind. Beispiele hiefür sind bei einem Grundstück: Die Grundstückslage, die Art und das Maß der tatsächlichen und baurechtlich zulässigen Nutzungen des Grundstückes, die Grundstücksgröße, die Grundstücksgestaltung, die Bodenbeschaffenheit, der Erschließungszustand, das Alter, der Bauzustand sowie die Verwendungsmöglichkeit der Gebäude und dergleichen; auch eine baupolizeiliche Auflage ist eine Last, die mit der Beschaffenheit des Grundstückes zusammenhängt und daher bei der Ermittlung des gemeinen Wertes zu berücksichtigen ist (Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögenssteuergesetz, Kommentar15, RZ 3 zu § 9 BewG).
Um genau diesen Kriterien entsprechende, wertbestimmende Belastungen geht es hier: So wurde etwa im Bescheid des Wiener Magistrates, Magistratsabteilung 37 vom 9. September 1950 die Bewilligung zur Errichtung einer Sand- und Schottergewinnungsanlage erteilt; im Punkt 1 der Auflagen ist die Verpflichtung enthalten, nach beendeter Ausbeutung die Grubensohle einzuebnen und die seitlich deponierte Humuserde auf derselben derart aufzubringen, daß das Grundstück entsprechend landwirtschaftlich genützt werden kann. Eine in einem Bewilligungsbescheid enthaltene Auflage ist ein "bedingter Polizeibefehl", der erst dann wirksam wird, wenn der Bewilligungswerber von der ihm erteilten Bewilligung Gebrauch macht (Erkenntnis vom 21. November 1966, Slg. N.F. Nr. 7.028/A). Derartige Auflagen, etwa die einer Baubewilligung beigefügte belastende Nebenbestimmungen, sind Vollstreckungstitel im Sinne des § 1 VVG (Krzizek, System des Österreichischen Baurechts III, 170). Daß von der Bewilligung Gebrauch gemacht, also mit der Abtragung begonnen wurde, ist im vorliegenden Fall unstrittig.
Genauso wie die vorliegende Belastung ist ja auch ein mit dem Grundbesitz verbundenes Recht zur Gewinnung von Schotter bei der Wertermittlung des Grundbesitzes zu berücksichtigen (Erkenntnis vom 11. April 1988, Zl. 87/15/0125 - 131).
Der so ermittelte Einheitswert ist aber jedenfalls die Grundlage für die Bemessung der Erbschaftssteuer (Dorazil, Kommentar zum Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz3, 9.1 zu § 19 ErbStG; Fellner, Erschafts- und Schenkungssteuer, Kommentar8, RZ 95 zu § 19 ErbStG). Einheitswertbescheide als Feststellungsbescheide gemäß § 186 Abs. 1 BAO sind gemäß § 192 BAO für Abgabenbescheide bindend (Reeger-Stoll, BAO5, 293 f). Daher ist die Frage, ob und inwieweit die geltend gemachten Belastungen tatsächlich bei der Einheitswertermittlung Berücksichtigung fanden, hier nicht zu beurteilen (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1991, Zlen. 90/16/0197, 0229, ÖSt z.B 15/1992, S 404 ff, insbesondere S 406 rechts letzter Abs.).
Eine neuerliche Bedachtnahme auf die hier geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Belastungen bei Ermittlung des Umfanges des Erwerbes (§ 20 ErbStG) nach dem "Nettoprinzip" kann jedenfalls nicht mehr erfolgen; die sich aus den vorgelegten Bescheiden und Grundbuchsauszügen ergebenden, seit langem bestehenden Belastungen sind durch die Bewertung abgedeckt. Lasten, die bereits im Einheitswert für das Grundstück mitberücksichtigt sind, sind nämlich nicht mehr nach § 10 dErbStG (im hier maßgeblichen Bereich entsprechend § 20 ErbStG) abzugsfähig (Troll, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Kommentar in der Fassung der
11. Ergänzungslieferung zur dritten Neuauflage RZ 84 zu § 10 ErbStG). Im Urteil vom 11. Juli 1990 (II R 153/57), in welchem es ebenfalls um die Berücksichtigung einer öffentlich-rechtlichen Belastung bei Bemessung der Erbschaftssteuer ging, hat der Bundesfinanzhof ausgesprochen, daß Wertminderungen eines Gebäudes, "etwa unter dem Gesichtspunkt des aufgestauten Reparaturaufwandes", allenfalls bei der Bewertung des Grundstücks im Rahmen der Ermittlung des Einheitswertes und nicht im Verfahren über die Erbschaftssteuerfestsetzung berücksichtigt werden.
Ob damit bereits ALLE sich noch ergebenden Verbindlichkeiten zur Erfüllung dieser Auflagen abgedeckt sind, kann dahingestellt bleiben, weil nach den unbekämpften Feststellungen zum Bewertungsstichtag keine anderen Schulden und Lasten bestanden. Insbesondere lagen weder schuldrechtlich bloß begründete (durch Vertragsabschluß) noch fällige (aufgrund von Werksvollendungen) Werklohnforderungen von Deichgräbern oder sonstigen mit Rekultivierungsmaßnahmen befaßten Unternehmen vor. Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf die Frage, ob über die bestehende öffentlich-rechtliche Verpflichtung hinaus Aufwendungen als Schulden oder Lasten im Sinne des § 20 ErbStG vorlagen oder ob derartige Belastungen bloß der Erhaltung dienten (§ 20 Abs. 8 ErbStG).
Hinsichtlich der geltend gemachten Verpflichtungen kommt es zu einer Anwendung des § 20 Abs. 5 ErbStG überhaupt nicht , sodaß die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben hat. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zuerkennung des Aufwandersatzes in beantragter Höhe gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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