Normen
BAO §294 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs2;
VwRallg;
BAO §294 Abs1;
B-VG Art144 Abs3;
VwGG §28 Abs1 Z5;
VwGG §34 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.990,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war einer von drei Kommanditisten einer Gesellschaft (in der Folge: KG), die ein Luftfahrtunternehmen betrieb. Die erwähnten Gesellschafter hatten auch zahlreiche andere Einkunftsquellen. Die KG und die Kommanditisten ersuchten durch ihren Vertreter 1983 beim Bundesminister für Finanzen (BMF) um die Nachsicht der Hälfte der Einkommensteuer der Kommanditisten der Jahre 1982 bis 1986. Sie führten zur Begründung den hohen Finanzierungsbedarf des Unternehmens, dessen hohen Schuldenstand, die durch S 23a EStG 1972 ab 1982 herbeigeführte Unmöglichkeit eines Verlustausgleiches und das öffentliche Interesse an der Fluglinie an, und verpflichteten sich, die nachgesehenen Steuerbeträge in das Unternehmen zu investieren, keine Privatentnahmen zu tätigen, ihre Geschäftsanteile bis Ende 1986 nicht zu veräußern und dem BMF unverzüglich zur Kenntnis zu bringen, sollten sich aus derzeit nicht absehbaren Ereignissen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens gravierend oder nachhaltig ändern.
Der BMF teilte noch im selben Jahr den Abgabenbehörden durch Erlaß mit, daß im Hinblick auf die Besonderheit der Umstände und den dringenden Kapitalbedarf des Unternehmens den Kommanditisten jeweils nach Einbringung eines entsprechenden Antrages die Hälfte der für die Jahre 1982 bis 1986 vorzuschreibenden Einkommensteuer gemäß S 236 BAO nachgesehen werden könne. Im gegenständlichen Fall würde sich § 23a EStG 1972 für das Unternehmen besonders nachteilig auswirken.
Das Finanzamt erließ hierauf jeweils ab 1984 für die bezeichneten Abgaben jährlich entsprechende Nachsichtsbescheide mit dem Zusatz "gegen jederzeitigen Widerruf". Die Bescheide enthielten keine Begründung.
Als die Bilanz der Gesellschaft für 1983 einen Gewinn von etwas über S 1,000.000,-- aufwies und die den Kommanditisten zugerechneten Einkünfte mit den im Vorjahr nicht ausgleichsfähigen Verlusten verrechenbar waren, teilte dies 1985 das Finanzamt der Oberbehörde mit dem Bemerken mit, daß sich die tatsächliche Wirtschaftslage des Unternehmens im Vergleich zu der vom BMF angenommenen geändert habe. Der BMF teilte hierauf mit, daß dieser einmalige positive Geschäftsabschluß nicht ausreiche, Gewinne für die Jahre 1984 bis 1986 prognostizieren zu können, weshalb kein Anlaß bestehe, von der Weisung aus 1983 abzugehen.
Der Rechnungshof beanstandete in seinem Tätigkeitsbericht (Verwaltungsjahr 1986) die Bewilligung der Abgabennachsicht mit der Begründung als gesetzwidrig, es hätte die Unbilligkeit der Einhebung der Steuer als Voraussetzung für die gewährte Begünstigung gefehlt.
Das Finanzamt berichtete 1989 im Dienstweg dem BMF über die Ertragsentwicklung der KG und die Einkommensentwicklung bei den Kommanditisten mit dem Ersuchen um Weisung wegen eines allfälligen Widerrufs der Steuernachsichten. Die Erteilung einer solchen Weisung wurde im November 1990 mit dem Bemerken abgelehnt, wenn das Finanzamt in einem ordnungsmäßigen Verfahren zum Schluß komme, die erteilten Nachsichten seien zur Gänze oder zum Teil zu widerrufen, so handle es innerhalb seines gesetzlichen Wirkungskreises
Das Finanzamt widerrief die jeweils gewährten Abgabennachsichten für 1983 bis 1986 - eine gleiche Maßnahme für 1982 unterblieb, weil Verjährung angenommen wurde - mit der Begründung, die Erträge des Unternehmens sowie die Einkommen der Gesellschafter hätten sich nicht gemäß der Prognose im seinerzeitigen Nachsichtsantrag an den BMF, sondern wesentlich besser entwickelt. Bei Kenntnis dieser Umstände wäre die Nachsicht nicht gewährt worden, zumal auch infolge des § 23a EStG 1972 unausgleichbare Verluste gar nicht entstanden seien, jedenfalls nicht, wenn man auch noch die Veräußerungsgewinne aus 1988 berücksichtige. Die Interessenabwägung gemäß S 20 BAO falle zugunsten des Widerrufs aus.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Er machte im Berufungsverfahren erneut geltend, daß anläßlich der seinerzeitigen Gespräche mit den Organwaltern der Behörde, die zur Weisung des BMF und zur Abgabennachsicht geführt hätten, in Übereinstimmung mit den Vertretern der KG und der Kommanditisten davon ausgegangen worden sei, daß die Steuernachsichten der Höhe nach nicht absolut nach oben begrenzt seien und der Widerruf nur für den Fall vorgesehen sei, daß die nachgesehenen Beträge nicht widmungsgemäß in die KG eingelegt würden oder auf Grund unvorhergesehener Schwierigkeiten eine Sanierung des Unternehmens trotz der gewährten Nachsichten unmöglich werden sollte. Auch für diesen Fall sei ein Widerruf bereits gewährter Abgabennachsichten, die schon zur Einlage entsprechender Beträge in die KG geführt haben, ausgeschlossen worden. Zum Nachweis für diese Behauptungen berief sich der Beschwerdeführer auf die Vernehmung der seinerzeit tätigen Beamten als Zeugen (vgl. den Hinweis in Seite 9 der Berufung auf den Schriftsatz vom 5. Dezember 1990, in dem auf Seite 2 und 3 das geschilderte Vorbringen gemacht wurde). Der Widerruf der Abgabennachsicht verstoße gegen Treu und Glauben. Die für die Nachsicht maßgeblichen Umstände hätten sich nicht geändert. Ein Grund für den Widerruf läge nicht vor.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie hielt die Vernehmung der angebotenen Zeugen für entbehrlich und folgte auch im übrigen der Ansicht des Finanzamtes. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 11. Juni 1991, B 387/91-3).
Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt, daß die Abgabennachsicht nicht widerrufen werde. Er behauptet in der ergänzten Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die in den Verwaltungsakten liegenden Ausfertigungen der Einkommensteuerbescheide 1985 und 1986 tragen jeweils einen handschriftlichen Vermerk vom 3. April 1991, wonach diese Bescheide infolge einer Betriebsprüfung berichtigt worden seien. Eine solche Bescheidberichtigung hätte nicht die Gegenstandslosigkeit der Beschwerden hinsichtlich des Widerrufs der Abgabennachsichten für 1985 und 1986 zur Folge. Ein Prozeßhindernis liegt daher insofern nicht vor.
Da der Beschwerdeführer in der an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde Gründe nur zum Nachweis der Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten vorgetragen hatte, wurde ihm vom Verwaltungsgerichtshof aufgetragen, die Gründe anzuführen, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof stützt. Die Rückverweisung im ergänzenden Schriftsatz auf die in der Stammbeschwerde vorgetragene Begründung wird diesem Auftrag nicht gerecht. Einzugehen ist deshalb nur auf die in der Beschwerdeergänzung vorgetragenen Gründe. Die Bescheide über die Abgabennachsicht und der Widerrufsvorbehalt sind in Rechtskraft erwachsen. Sie sind also auch rechtliche Grundlage für die Widerrufsbescheide. Für deren Rechtmäßigkeit ist daher die Frage bedeutungslos, ob der Widerrufsvorbehalt im Gesetz gedeckt war.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde verwechsle Ursache und Wirkung, weil sie nicht berücksichtige, daß die Abgabennachsichten dazu geführt hätten, daß die seinerzeitigen Prognosen nicht eingetreten seien, sondern die Ergebnisse der KG und die Einkommen der Kommanditisten günstiger gewesen seien, verletzt das Neuerungsverbot (S 41 VwGG). Dem Verwaltungsgerichtshof ist es daher verwehrt, hierauf einzugehen. Ein entsprechender Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer vor den Abgabenbehörden nicht vorgetragen und hat sich für diese aus der Aktenlage nicht ergeben. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der belangten Behörde in der Gegenschrift, wonach die Kapitalzuführung aus den durch die Abgabennachsichten erwirkten Steuerersparnissen erst 1986 erfolgt sei.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die von ihm seinerzeit im Antrag angeführten Prognosen beträfen nicht Verluste, sondern Investitionsbedarf, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren bekannt war, daß schon das Finanzamt das Vorbringen im Antrag des Jahres 1983 an den BMF als Verlustprognose verstanden hatte, der Beschwerdeführer aber in der Folge vor den Verwaltungsbehörden nichts vorgetragen hat, was gegen dieses Verständnis spräche.
Müßte man annehmen, daß der Widerrufsvorbehalt nicht besonders determiniert war, wäre davon auszugehen, daß nur zureichende sachliche Gründe zur Ausübung des Widerrufs berechtigen (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. September 1989, 87/07/0119). Als sachlicher Grund wäre nicht nur die Unrichtigkeit der von den Antragstellern seinerzeit gegenüber dem BMF entwickelten Prognosen, also gemessen am möglichen Wissensstand im Zeitpunkt ihrer Erstellung, anzusehen, sondern auch eine von dieser Prognose in der Folge wesentlich abweichende Entwicklung von Ergebnissen der KG sowie von Einkommen der Gesellschafter und ein Ausbleiben nachteiliger Wirkungen aus S 23a EStG 1972 für diese. All dies jedoch nur unter der Voraussetzung, daß diese günstigere Entwicklung nicht bereits durch die beabsichtigten positiven Auswirkungen der Abgabennachsicht herbeigeführt wurde und die Kommanditisten nicht auf Grund von Zusagen seitens der Abgabenverwaltung damit rechnen durften, daß eine seinerzeit nicht vorhersehbare Entwicklung in den angeführten Punkten zu keinem Widerruf der Begünstigung führen werde. Andernfalls wäre der Widerruf nämlich ebenfalls unsachlich, weil Treu und Glauben durch den Widerruf verletzt würde, also ein Grundsatz, der ein wesentliches Element des Sachlichkeitsgebotes darstellt. Beides war allerdings nach dem von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Sachverhalt nicht der Fall.
Ausgehend von diesem Sachverhalt wäre die Ermessensübung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, weil die Nachsichtswerber nicht damit rechnen durften, die Begünstigung werde ihnen erhalten bleiben, wenn sich ihr Einkommen oder die Ergebnisse der Gesellschaft unabhängig von den gewährten Abgabennachsichten wesentlich besser als prognostiziert entwickeln und für sie ein Nachteil aus S 23a EStG 1972 nicht entstanden wäre. Sie hätten nämlich die Möglichkeit eines Widerrufs der Abgabennachsicht für diesen Fall voraussehen und in ihre wirtschaftlichen Dispositionen einbeziehen können. Es wäre ihnen dann freigestanden, von der Abgabennachsichtsmöglichkeit Gebrauch zu machen oder den Rettungsversuch an dem Unternehmen überhaupt zu unterlassen, keine weiteren Investitionen darin zu tätigen und andere steuerschonende Dispositionen zu versuchen.
Da sich der Zeitraum der Prognose und der in Aussicht gestellten Abgabennachsicht einheitlich auf die Jahre 1982 bis 1986 erstreckte, würde es nicht gegen die Gesetzmäßigkeit des Widerrufs sprechen, daß dem Finanzamt zu dem jeweiligen Nachsichtszeitpunkt die Ergebnisse der betreffenden vorangegangenen Abgabenjahre bekannt waren. Es ist nämlich möglich, daß erst die Kenntnis der Ergebnisse von 1987 und 1988 zur Überzeugung führen konnte, die Prognose sei nicht eingetreten oder werde nicht eintreten, weil etwa Nachteile aus § 23a EStG 1972 infolge der Ereignisse der Jahre 1987 oder 1988 infolge Möglichkeit eines Ausgleiches mit Gewinnen dieser Jahre nicht endgültig wirksam wurden.
Dem Beschwerdeführer ist allerdings darin beizupflichten, daß die belangte Behörde die Vernehmung der angebotenen Zeugen zum Nachweis der von den Kommanditisten und der Abgabenverwaltung mit der Nachsicht übereinstimmend verfolgten Absichten nicht hätte ablehnen dürfen. Diese Absichten sind nämlich für die Auslegung der Nachsichtsbescheide einschließlich des ihren Inhalt bildenden Widerrufsvorbehaltes von entscheidender Bedeutung. Die Bescheide enthalten keine Begründung. Sie sind auf Grund von Weisungen ergangen. Deshalb ist davon auszugehen, daß die von den Nachsichtswerbern sowie den Repräsentanten der Abgabenverwaltung getroffenen Abmachungen Niederschlag in den Nachsichtsbescheiden finden sollten. Mit einer solchen Überbindung getroffener Vereinbarungen seitens der Oberbehörde an das Finanzamt durften auch die Nachsichtswerber rechnen. Ein Widerruf entgegen diesen Zusagen würde daher dem bereits oben erwähnten Sachlichkeitsgebot widersprechen. Bei nicht eindeutigem Wortlaut eines Bescheides, der dem Steuerpflichtigen Begünstigungen gewährt, ist die Behörde aber verpflichtet, zur Auslegung des Bescheides den Inhalt vorangegangener Verhandlungen mit dem Steuerpflichtigen zu ermitteln, ehe sie die Bewilligung zurücknimmt (vgl. zu Zahlungserleichterungen VwSlg. 209 F/1950). Der Wortlaut der Nachsichtsbescheide ist mangels Begründung und mangels näherer Determinierung des Widerrufsvorbehaltes in der Bescheidausfertigung nicht eindeutig, also auslegungsbedürftig. Der Inhalt der Erlässe des BMF ist, wie der Beschwerdeführer behauptet, nicht vollständig, weil es seinerzeit zu mündlichen Vereinbarungen zwischen der KG und ihren Gesellschaftern einerseits und den Repräsentanten der Abgabenverwaltung gekommen sei, wonach ein Widerruf der zu gewährenden Nachsicht nur in Frage komme, wenn die Nachsichtswerber ihre Pflicht nicht erfüllen, die nachgesehenen Beträge in die Gesellschaft einzulegen und ihre Anteile bis Ende 1986 nicht zu veräußern, oder wenn das Sanierungsvorhaben aus unvorhersehbaren Gründen aussichtslos werden sollte. Für letzteren Fall sei vorgesehen worden, daß die Nachsichtsgewährung allerdings nur für die Zukunft entfallen solle. Sollte dieses Vorbringen richtig sein, so könnte die von der Prognose abweichende, nicht bereits durch die Abgabennachsicht verursachte günstigere Entwicklung der Ertragslage der KG ebensowenig einen Widerrufsgrund darstellen wie die günstigere Einkommensentwicklung bei den Gesellschaftern. Beides wäre nämlich auf Grund des nach dem Inhalt der Vereinbarungen zu verstehenden Widerrufsvorbehaltes als Widerrufsgrund auszuschließen. Die Nachsichtsbescheide müßten als im Sinne der getroffenen Vereinbarung erlassen verstanden werden.
Die für die Aussichtslosigkeit der Beweisführung im angefochtenen Bescheid vorgetragenen Argumente überzeugen nicht. Die Unterlassung einer Weisung des BMF, einen Widerruf nicht vorzunehmen, spricht ebensowenig gegen die Darstellung des Beschwerdeführers wie der Inhalt der seinerzeitigen Erlässe. Das BMF hat sich unter Berufung auf Zuständigkeiten einer Äußerung zur Widerrufsfrage enthalten. Dies kann nicht als Stellungnahme für einen Widerruf gedeutet werden. Von einer Vollständigkeit der schriftlichen Erlässe, in denen seinerzeit Weisungen erteilt wurden, kann nicht mit der nötigen Sicherheit ausgegangen werden. Das im Aktenvermerk vom 29. November 1990 des Finanzamtes festgehaltene Vorbringen des Beschwerdeführers, über einen Widerruf sei seinerzeit nie gesprochen worden, wurde in der Eingabe des Beschwerdeführers vom 5. Dezember 1990 korrigiert und schließt daher die Richtigkeit des Vorbringens in dieser Eingabe ebensowenig aus, wie der Inhalt des anläßlich der Besprechung vom 29. November 1990 vorgelegten Schreibens des ehemaligen Sachbearbeiters des BMF vom 29. Oktober 1990. Auch dieses machte daher die Vernehmung des Beamten als Zeugen nicht entbehrlich. Aus der mit der Beschwerde vorgelegten schriftlichen Erklärung dieses Zeugen vom 14. März 1991 ist entgegen der Meinung der belangten Behörde in der Gegenschrift die Wesentlichkeit der Vernehmung dieses Zeugen für den Ausgang der Sache ersichtlich. Darin heißt es nämlich:
"1. Es wurde einvernehmlich vereinbart, daß die nachgesehenen Abgabenbeträge zur Sanierung der KG in diese eingelegt werden und nach der Einlage nicht entnommen werden. Weiters übernahmen die Gesellschafter die Verpflichtung, ihre Gesellschaftsanteile bis 31.12.1986 nicht zu veräußern. Es herrschte Einvernehmen darüber, daß die Nachsichtszusage bei Einhaltung der vereinbarten Auflagen einzuhalten war. Nur im Falle eines Fehlschlages der Sanierung sollten in Zukunft Abgabennachsichten nicht mehr gewährt werden. Das BMF sollte deshalb über unvorhersehbare Umstände, die eine Sanierung der KG in Frage gestellt hätten, informiert werden. Ein Widerruf bereits gewährter Abgabennachsichten kam auch für diesen Fall nicht in Betracht.
2. Die Nachsichtsgewährung war nach den seinerzeitigen Vereinbarungen nicht auf einen bestimmten Höchstbetrag beschränkt, sondern an die jeweilige Höhe der Einkommen der betroffenen Gesellschafter gekoppelt (Nachsicht jeweils der Hälfte der Einkommensteuer der Gesellschafter in den Jahren 1982 bis 1986). Steigerungen bei Einkommen der Gesellschafter sollten über die Einlage der nachgesehenen Beträge in die KG dem Sanierungszweck zugute kommen.
3. Wenn die vereinbarten Auflagen eingehalten wurden und die Sanierung der KG erfolgreich war, besteht auf Grund der getroffenen Vereinbarung keine Rechtsgrundlage für einen Widerruf der gewährten Abgabennachsichten. Der Fortbestand der KG in privater Hand war das Ziel der Nachsichtseinräumung."
Danach durfte der Widerruf also nur in den erwähnten Fällen erfolgen, nicht also deshalb, weil die Prognosedaten nicht eingetreten sind.
Die Frage, ob wesentliche Berichtspflichten im Sinne des Ergänzungsschreibens vom 27. April 1983 zum Nachsichtsantrag verletzt wurden ("Sollten sich aus derzeit nicht absehbaren Ereignissen die wirtschaftlichen Verhältnisse der KG gravierend oder nachhaltig ändern, so wird dies dem BMF unverzüglich zur Kenntnis gebracht.") läßt sich daher auch erst beurteilen, wenn feststeht, was nach dem Ergebnis der Verhandlungen für den Steuerpflichtigen und die Abgabenverwaltung als Widerrufsgrund in Betracht kam.
Die belangte Behörde hat somit durch Unterlassung der Vernehmung der Zeugen, die von den entscheidenden Besprechungen Kenntnis haben, Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Beachtung sie zu einem für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid hätte gelangen können.
Der angefochtene Bescheid mußte deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufgehoben werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
W i e n , am 10. Dezember 1991
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